Fragen
Man wird ja wohl noch fragen dürfen.
Es gibt die bestialischen Anschläge der Terrorgruppe Hamas in Israel. Das sind – sollten sich alle Berichte bewahrheiten – besonders widerliche Kriegsverbrechen. Die Reaktion Israels mit einer totalen Blockade des Gazastreifens ist ebenfalls ein Kriegsverbrechen. Das dort nur «menschliche Tiere» leben, wie der israelische Verteidigungsminister gesagt hat, disqualifiziert ihn. Die Gräueltaten der Hamas beweisen, dass für diese fundamentalistischen Fanatiker Israelis ebenfalls keine Menschen sind.
Wo das alles enden wird, wieso es angefangen hat, wer welchen Nutzen daraus zieht, das sind interessante und bislang unbeantwortete Fragen.
Die wichtigste aller Fragen ist aber eine ganz einfache. Dieser Überfall musste von langer Hand vorbereitet werden. Man bastelt nicht mal so schnell ein paar tausend Raketen mit Reichweite und Vernichtungspotenzial. Man trainiert nicht mal so schnell ein paar hundert zu allem entschlossene Kämpfer und rüstet sie mit ausreichend Waffen und Munition aus.
Der israelische Geheimdienst Mossad ist bekannt dafür, dass er über grosse Fähigkeiten zur Infiltration verfügt und insbesondere im Gazastreifen ein ganzes Netzwerk von Informanten und Agenten unterhält. Nicht selten wurden kleine und kleinste Terrorattacken rechtzeitig gestoppt, die Beteiligten liquidiert.
Auch wenn es immer wieder einzelnen Selbstmordattentätern gelungen ist, sich in Israel in die Luft zu sprengen, dürfte wohl die Mehrzahl dieser Versuche gar nicht erst bis zur Ausführungsreife gekommen sein.
Aus all diesen Gründen ist es vollkommen unverständlich, wie die Hamas, zwar konspirativ aufgebaut, aber dennoch sicherlich den Möglichkeiten und Methoden der Ausforschung der Israelis haushoch unterlegen, einen solchen gewaltigen Anschlag über Monate hinweg vorbereiten konnten – und dabei unentdeckt blieb.
Wenn die Raketen vom Iran zur Verfügung gestellt wurden, mussten sie klandestin in den Gazastreifen geschafft werden. Keine Gegend der Welt wird genauer überwacht, nirgendwo wird besser kontrolliert, was hineinkommt – und hinausgeht. Dass sich Ägypten als Helfershelfer des Irans (oder Syriens) hingegeben haben sollte, ist sehr unwahrscheinlich.
Sollten die Raketen im Gazastreifen hergestellt worden sein, brauchte es die Anlieferung aller Rohstoffe von aussen. Genauso verhält es sich mit der Bewaffnung der Mordbanden.
Alleine die logistische Arbeit, alle Vorbereitungen für den Tag X zu treffen, alle Kommandostrukturen aufzubauen, alle Waffen an ihre Einsatzorte zu bringen, das ist nicht möglich mit einem Dutzend Organisatoren. Kommunikationswege, menschliches Versagen, Verräter, Kollaborateure, die angesichts der Grausamkeit der Durchführung kalte Füsse bekommen, Mitwisser, die plötzlich nicht mehr darauf vertrauen, nach dem Märtyrertod von Dutzenden von Jungfrauen im Paradies empfangen zu werden – all das sind mögliche Quellen für die Aufklärung.
Dass die Hamas eine militant-fundamentalistische Organisation von Fanatikern ist, die Israel zerstören wollen, ist jedem bekannt, der nicht zu ihren Sympathisanten gehört oder wie Geri Müller meint, dass das kein Terroristen seien. Dass die meisten Palästinenser ebenfalls nicht das Existenzrecht Israels akzeptieren, weiss auch jeder, der nicht in der Freunschaftsgesellschaft Schweiz – Palästina ist, wie die SP-Genossen Carlos Sommaruga als Präsident und Fabian Molina als Mitläufer.
Wenn es jemand sicher weiss, dann ist es der Mossad. Nach der CIA soll er der mannstärkste Auslandgeheimdienst der Welt sein. Ihm sind in der Vergangenheit grosse Coups gelungen; nicht zuletzt die Verfolgung und Liquidierung fast aller Drahtzieher und Täter des Terroranschlags auf israelische Sportler während der Olympischen Spiele in Deutschland 1972.
Und hinter dem Rücken eines solchen Geheimdiensts soll es der Hamas gelungen sein, einen solchen Angriff zu planen, vorzubereiten und umzusetzen?
Israel hat um Gaza herum einen Hightech-Zaun gebaut, gegen den die DDR-Mauer Kinderkram war. Kameras, Radar, Wachtürme, Drohnen, Sensoren, ein fast unüberwindliches Hindernis, brüstete sich Israel. Zumindest würde kein Versuch, den Zaun zu überwinden, unentdeckt bleiben. Ein paar Planierraupen reichten dann, um ihn plattzumachen. Wusste das das israelische Militär?
Wie war es möglich, dass ein paar hundert wenngleich fanatische Kämpfer mehr als 24 Stunden einige Ortschaften in Israel in ihrer Gewalt behalten und dort ungestört wüten konnten? Die israelische Armee ist eine der am besten ausgerüsteten und mit modernsten US- und selbst produzierten Waffen ausgestattete Streitkraft. Jeder Soldat weiss, dass in dieser Gegend jederzeit der Ernstfall drohen kann.
Überrascht, nicht damit gerechnet, keine Anzeichen gesehen, aus heiterem Himmel. Dass mal wieder alle sogenannten Nahost-Spezialisten im Chor diese Adjektive von sich geben, geschenkt.
Aber das israelische Verteidigungsministerium wurde wirklich so auf dem falschen Fuss erwischt? War nicht in der Lage, die immer gefährdeten Ortschaften und Kibbuze nahe am Gazastreifen zu schützen, bzw. ihren Bewohnern rasch zu Hilfe zu kommen?
Der israelische Ministerpräsident, den nur die Immunität seines Amtes davor bewahrt, im Knast zu landen, hat angekündigt, dass die Hamas ausradiert werden soll, alle ihre Mitglieder liquidiert würden. Das hingegen war als Reaktion absolut vorhersehbar.
Es ist nur noch nicht ganz klar, wie das in die Tat umgesetzt werden soll. Mit Aushungern? Mit Luftschlägen? Mit der Zerstörung der Infrastruktur im Gazastreifen? Mit einem Einmarsch mit Bodentruppen und dem selbst von den USA gefürchteten Häuserkampf à la Mogadischu?
Alle diese Fragen haben mal wieder eines gemeinsam: es gibt keine Antworten darauf. Obwohl doch vor allem das angebliche völlige Versagen des Geheimdienstes alleine Anlass genug wäre, dass sich die meisten sogenannten Investigativjournalisten der Welt darauf stürzen müssten.
Aber wer nicht einmal zweifelsfrei herauskriegt, wer das Sabotageattentat auf Nordstream 2 verübt hat, wird wohl auch hier scheitern.