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Immer wieder Sonntag

Das übliche Morgengrauen …

Eigentlich wollte ZACKBUM mit der «NZZam Sonntag» beginnen. Aber wir rauschten, ohne durch bemerkenswerte Inhalte aufgehalten zu werden, bis zu Seite 16 durch. Dort lasen wir, dass Patti Basler abtrete. Doch zu früh gefreut: sie macht nur eine überlange Sommerpause. Aber man nimmt heutzutage, was man kriegen kann.

Das ist auch das Motto von Nicole Althaus. Sie erfreut den Leser mit einer bahnbrechenden Erkenntnis des «Verhaltensforschers Joonghwan Jeon von der University of Texas in Austin». Zu der kam er zwar schon 2007, dafür aber als Erster: «Mater semper certa est». Für die wenigen Nicht-Lateiner unter unseren Lesern: «die genetische Abstammung von der Mutter ist sicher, die des Vaters nicht.»

Was Althaus eigentlich sagen will: sofern es zu keiner Verwechslung im Spital kommt, weiss die Mutter, dass das ihr Baby ist. Der Vater so spontan nicht. Es geht hier allerdings nicht um die genetische Abstammung des Vaters, sondern vielleicht darum, dass es einen Gentest bräuchte, um seine Vaterschaft zu beweisen. Oder so. Aber mit bahnbrechend neuen Erkenntnissen ist es eben so eine Sache, da verrutscht die Sprache schon mal gerne. Oder aber, verflixt, es handelt sich hier um Frauensprache, die dem Mann weder genetisch noch sonst wie leicht erschliessbar ist.

Dann kommt eine Story, die sozusagen einen Kontrapunkt gegen den drohenden Hitzesommer setzen will: «Immer mehr Frauen lassen ihre Eizellen einfrieren». Also genauer: in einer Einfrierklinik waren es früher «eine Frau alle paar Monate», nun seien es pro Woche «zwischen fünf bis zehn Frauen». Wenn das mal kein Trend ist.

Voll im Trend ist auch R. James Breiding. Er will dem harmlosen Leser am Sonntagmorgen einen solchen Schrecken einjagen, dass dem das Gipfeli aus der Hand fällt: «Wie die Schuldenkrise die Welt in den Abgrund reissen könnte». Merke, lieber Leser: Titel die «wie Blabla könnte» enthalten, plus das Wort Abgrund, sind ein klarer Hinweis für: überblättern.

Putzig ist hingegen der Titel «Die Brust versiegt». Also nicht wirklich, industrielle Säuglingsnahrung ist einfach weiter auf dem Siegespfad. Schrecklich ist hingegen diese News: «Vögel meiden die Schweiz». Aber immerhin, der Eieranschlag auf eine «Autorperson» ist der NZZaS keine Zeile wert. Dafür hat sie halt Jan Weiler mit seiner unendlichen Fortsetzungsgeschichte. Also sie ist bei Folge 13 angelangt, kommt einem aber unendlich vor.

Während sich Patti Basler* wenigstens direkt, allerdings früh in die Sommerpause abmeldet, tut das die «SonntagsZeitung» ebenfalls früh, dafür indirekt:

Typisch Tamedia, die wollen einem auch alles vermiesen. Scheint mal die Sonne, wird der fehlende Regen bemängelt – oder die hohen Preise bejammert.

Dann fordert Arthur Rutishauser den Skalp von Barbara Schmid-Federer. Institution Schweizerisches Rotes Kreuz, überfordert, nicht denkbar, dass sie sich noch halten könne. Mal schauen.

Dann kommen wir zu einem Höhepunkt für jeden Schweizer Leser. Das grosse Interview, der Hammer, die Themen, der Gesprächspartner, der Wahnsinn. Boris Herrmann, Nicolas Richter und Robert Rossmann vereinen die guten Kräfte, um den Eidgenossen ein Gespräch zu schenken. Nun sind die Drei im Sold der «Süddeutschen Zeitung» in München, und nicht mal dort interessiert brennend, was der deutsche «Oppositionsführer» (so würde man ihn in Deutschland allerdings nicht nennen) Friedrich Merz so zu sagen hat. Ob er den Geist Adenauers beschwören wolle, wird Merz einleitend gefragt. Wetten, dass kaum ein Schweizer Leser sich für die Antwort interessiert? Überblättern …

Dann weiss Bettina Weber sozusagen Intimes vom frischgebackenen und fehlgestarteten republikanischen Präsidentschaftskandidaten Ron DeSantis, inzwischen schon gerne DeSaster genannt: er höre «nur auf seine Frau». Wahnsinn, da kommt endlich mal einer ohne grossen Beraterstab aus. Oh, DeSantis hat einen grossen Beraterstab? Ach was.

Woran merkt man sonst, dass anscheinend schon Ende Mai das Sommerloch gähnt? Wenn im «Fokus» der Chef-Butler (eine Frau, darf man die heute in der SoZ noch Chef-Butler nennen? Wo bleibt die Genderpolizei? Weiss das Birrer, wieso hat Tobler nicht eingegriffen) des Dolder Grand interviewt wird. Auch hier war das grosse Interview mal eine Institution. ZACKBUM rätselt aber: Chef-Butlerin? Chefin-Butlerin? ChefIn-Butler*? Wo bleiben die Gender-Päpste und -Päpstinnen, wenn man sie mal braucht.

Und so nebenbei. Dieser Gender-Lapsus erinnert doch daran, dass es auch der SoZ scheissegal ist, dass eine leitende Mitarbeiterin über Jahre hinweg von einem Hassmob verfolgt wurde, angeführt von der hasserfüllten Kämpferin gegen Hass im Internet, haarklein aufgezeigt in einer mehrteiligen Serie über interne Chatprotokolle. Aber  Jolanda Spiess-Hegglin ist halt nicht in der SVP

Die Spargelsaison neigt sich so langsam dem Ende zu; höchste Zeit, die jährliche Sommerlochstory zu schreiben: «Wie viel Arbeit wirklich hinter dem Trendgemüse steckt». Hinter? Hm.

Dann will Rutishauser, das Bauernopfer auf dem Kriegspfad, auch noch den Skalp von Tidjane Thiam. Beziehungsweise an dessen Bonus: «Karin Keller-Sutter hat fünf gute Gründe, seinen Bonus zurückzufordern.» Wetten, dass sie es nicht tut?

Apropos Sommerloch im Mai: «Richtig essen für ein langes Leben», abgestaubter Stehsatz.

Eigentlich wollte ZACKBUM die erste Ausgabe unter neuer Leitung des «SonntagsBlick» genauer anschauen. Aber:

Es gibt Gähnreflexe, die fast in einer Kiefersperre enden.

Kaum hat man die überwunden, liest man, was Reza Rafi höchstpersönlich recherchiert hat: «Schweiz will Andrei Melnitschenko loswerden», behauptet er. Und will wissen: «Der Russe verbringe zu viel Zeit im Ausland und nicht an seinem gesetzlichen Wohnsitz, womit er die Bedingungen (für eine Niederlassung C, Red.) nicht mehr erfülle

Nun wird’s etwas peinlich, wenn man dem Chefredaktor des SoBli Nachhilfeunterricht in Faktenkenntnis erteilen muss. Melnitschenko steht auf der EU-Sanktionsliste, die von der Schweiz gehorsam übernommen wird. Seine Frau übrigens auch, obwohl EU-Bürgerin. Also ist ihm die Einreise in die Schweiz verwehrt.

Das ist nun tatsächlich ein kafkaeskes Problem. Ein Besitzer der Niederlassung C darf sich, auf Antrag, bis zu zwei Jahre am Stück im Ausland aufhalten. Allerdings sollte er danach wieder zurückkehren. Wie kann das nun Melnitschenko tun, der zwar als langjähriger Aufenthalter, Mieter und bedeutender Steuerzahler, der sich in der Schweiz nie etwas zu Schulden kommen liess und jegliche Nähe zu, geschweige denn Unterstützung von Putin bestreitet, dieser Vorschrift seiner Niederlassung entsprechen?

Das wäre eigentlich die interessante Frage gewesen. Aber Rafi ist nicht für interessante Fragen zuständig, sondern blödelt halt im Text vor sich hin. Man kann also konstatieren, dass er das Niveau seines Vorgängers problemlos tieferlegt. Unter die Relevanzschwelle, unter jede Schwelle. Unterirdisch.

*Nach Leserhinweis korrigiert …

Wumms: Wolfgang Koydl

Ein gescheiterter Sprachkritiker der WeWo fehlte noch.

Der CDU-Chef Friedrich Merz fand in der Talkshow «Lanz» klare Worte. «Leute, die in Deutschland nichts zu suchen haben», hätten einen überwiegenden Anteil an den Silvesterkrawallen. Merz verfolgt das Problem in die Schule zurück, wo es «verbale Gewalt» gegen Lehrer und vor allem Lehrerinnen gebe. Wiesen die dann die Gören zurecht, kämen Väter in die Schule, die sich das verbäten.

8-Jährige in den Schulen, 15 Jährige auf den Strassen, die «nicht bereit sind, sich an die Regeln zu halten». Sie hätten «in diesem Land nichts zu suchen», schlussfolgert Merz glasklar. Mit solchen Worten handelt er sich in Deutschland garantiert eine Reihe von Strafanzeigen ein und wird als Populist, gar Rassist beschimpft, der keine Ahnung davon habe, wie sinnvolle Integration gehe.

Also klare Kante, sehr klare Kante für einen führenden deutschen Politiker. Könnte man aus Sicht der «Weltwoche» eigentlich nur applaudieren und zustimmen.

Eigentlich, denn Koydl will Merz noch unbedingt rechts überholen. Denn für die Beschreibung dieser männlichen Schüler verwendete Merz das passende Wort «Paschas». Das kann ihm Koydl aber nicht durchgehen lassen:

«Mit seiner Wortwahl verniedlicht und verharmlost CDU-Chef Merz die entfesselten Migranten, die bei den Silvester-Krawallen Polizisten und Sanitäter attackierten

Man fragt sich schon, ob und wo Koydl Deutsch gelernt hat. Mit dem Paschas meinte Merz die 8-jährigen Schüler, die nun nicht wirklich an vorderster Front Polizisten und Sanitäter (und auch Feuerwehrleute) attackierten.

Wie Merz allgemeinverständlich ausführte, fängt hier an der Schule an, was dann später so auf der Strasse endet. Kann nicht so schwer zu kapieren sein. Ausser, man will nicht und sucht einen billigen Vorwand, um seine eigenen Parteipräferenzen durchblitzen zu lassen: Merz «eiert herum. Wähler gewinnt er damit nicht. Die wissen, wer von Anfang an klare Worte gegen die Massenmigration fand

Vernunftbegabte Leser gewinnt man so auch nicht. Die wissen, wie hohl solche absichtlich missverstehende Polemik klingt.