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Hilfe, mein Papagei onaniert: Putin-Versteher

Die Sonntagspresse arbeitet sich weiter am Thema ab.

«Dirk Baier ist Professor und Leiter des Instituts für Delinquenz und Kriminalprävention an der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften.» Selten hat sich einProfessor so hemmungslos um Kopf und Kragen geredet wie Baier in einem Interview der SoZ.

Schon der Titel-Quote ist von seltener Dümmlichkeit: «Putin-Versteher können gefährlich sein.» Das mag ja sein, gilt aber verschärft auch für Nicht-Versteher. «Linksextremismus» und «Anti-Amerikanismus» seien «Anknüpfungspunkte» fürs Putin-Verstehen, weiss der Professor. Sollte man als Erwachsener die nun einfach in Ruhe lassen? «Niemals: Krieg, Mord und Totschlag – das geht überhaupt nicht!», also müsse man denen gut zureden. Noch schlimmer: «Es gibt auch Putin-Versteher mit einem Hang zu Verschwörungstheorien.» Die können dann durch Grossereignisse «enthemmt» werden, was sich in «Anschlagsplänen» auf den deutschen Gesundheitsminister und der «Entführung des Schweizer Impfchefs Christoph Berger» sowie allgemeiner Gewaltbereitschaft zeige.

Man muss leider mal wieder sagen, dass ein Professorentitel keinesfalls automatisch Logik und sinnvolle Aussagen ermöglicht. Die Schweizer Entführung hatte nach heutigem Wissensstand überhaupt nichts mit Verschwörungstheoretikern zu tun, dass die enthemmt würden, ist genauso unbelegte Behauptung wie die Verknüpfung mit Linksradikalismus. Das ist alles unwissenschaftliches Geschwurbel. Stattdessen fehlt eine griffige Definition, was denn nun für den Professor ein «Putin-Versteher» genau ist.

Bekäme der Herr so etwas als Seminararbeit oder Vortrag abgeliefert, er würde es seinem Studenten (hoffentlich) um die Ohren hauen. Aber um einen schönen Auftritt in der SoZ mit Riesenfoto zu kriegen, da bedient er alle Klischees, Vorurteile und Behauptungen, die man in der SoZ gerne hören möchte.

Für SoZ-Verhältnisse erstaunlich neutral wird das hier gemeldet:

Es wird immerhin berichtet, dass die Schweiz etwas in den heutigen Zeiten Ausserordentliches macht: sie hält sich an ihre Gesetze, in diesem Fall ihre Waffenexportgesetze.

Aber irgendwie war es der SoZ damit nicht so wohl, also gab sie dem alten GSoA-Aktivisten Jo Lang ausführlich Gelegenheit, zwischen Pazifismus, Waffenlieferungen ja oder nein und ähnliche Fragen herumzurudern. Unwidersprochen bleibt auch hier seine Aussage:

Auch hier fällt es keinem der Interviewer ein, zurückzufragen, ob sich die Schweiz dann nicht mehr an ihre eigenen Gesetze halten sollte. Das kommt halt davon, wenn Interviewten und Interviewer ein gewisser Konsens eint.

Wenn Reza Rafi im «SonntagsBlick» das Editorial schreiben darf, weiss man, dass der Schweizer Rechtsstaat nicht unbeschädigt bleibt. Diesmal regt er sich darüber auf, dass ein Sicherheitsexperte und ehemaliger Oberst der Schweizer Armee sowie Ex-Mitarbeiter des Nachrichtendiensts gern gesehener und gehörter Experte im Zusammenhang mit der Ukraine ist.

Dabei wagt aber Jacques Baud, nicht die gleiche Meinung wie Rafi zu vertreten. Oder in den Worten des strikten Verteidigers der Meinungsfreiheit Rafi: «Baud argumentiert streckenweise ziemlich genau auf der Linie des Massenmörders Wladimir Putin». Unerhört, was sagt denn «Viola Amherds Verteidigungsministerium»? Unerhörtes: «Es steht jedem Schweizer frei, seine eigene Meinung zu äussern und eine frühere Arbeitsbeziehung zu erwähnen.»

Da muss Rafi den Kopf schütteln: «Mit anderen Worten: dem Staat sind die Hände gebunden.» Offenkundig findet Rafi das ziemlich blöd, denn mit ungebundenen Händen könnte der Staat doch dafür sorgen, dass alle frei ihre Meinung sagen dürfen – solange sie mit der von Rafi übereinstimmt. Aber leider, leider: «Hierzulande darf jeder einstige Uniformträger gegen die Obrigkeit opponieren, indem er etwa die Sichtweise des Kreml verbreitet.»

Kleine Staatsbürgerkunde für den stv. Chefredaktor des SoBli: genau so ist es. Und das ist gut so. Schliesslich darf auch Rafi seinen Unsinn verzapfen, und dem Staats sind die Hände gebunden. Obwohl der Journalist offenbar meint, Meinungsfreiheit bedeute, frei seine Meinung zu äussern. Rafis seine, wohlgemerkt. Aber der ist nun, trotz anderer Selbstwahrnehmung, keinesfalls die «Obrigkeit».

Selbst wenn man Lust hat, nach diesem Schocker noch weiter im SoBli zu blättern, spätestens auf Seite 9 ist’s dann endgültig fertig:

Da zitiert Frank A. Meyer doch tatsächlich Ludwig Uhland, um seine ewig gleiche Leier von der Abhängigkeit der Schweiz von der EU und der NATO mal mit einem Dichterwort zu verbrämen.

Dagegen stellen wir doch ein Wort von Karl Kraus: «Keinen Gedanken haben und ihn ausdrücken können, das macht den Journalisten aus

Fehlt noch die NZZaS? Stimmt, allerdings: der Chefredaktor ist (hoffentlich) in den Ferien. Aline Wanner schreibt eine «Medienkritik», die eigentlich eine Kritik an der SVP ist. Rafaela Roth hat ein längeres Stück im «Hintergrund».  Und im Kultur-Teil wird die deutsche Grossintellektuelle Nena interviewt, mit der stolzgeschwellten Einleitung: «Seit Beginn der Pandemie gab sie keine Interviews mehr. Für uns machte sie am Zermatt Unplugged Festival eine Ausnahme.»

Der NZZaS-Leser dürfte darüber nicht wirklich begeistert sein, denn er darf Flachheiten lesen wie: «Ich bin trotzdem voller Zuversicht. Dass wir bald in Frieden leben werden. Und zwar diesmal richtig, auch wenn das jetzt naiv klingt und viele es anders sehen.» Noch nicht übel geworden? Dann noch das:

«Wir können uns jetzt für die Liebe entscheiden. Daran glaube ich.»

Die NZZaS auf den Spuren von «Bravo». Dass wir das noch erleben müssen …

Wumms: Frank A. Meyer

Geist und Geld, eins davon regiert die Welt.

Ringiers Hausgespenst, der Weltenlenker und Denker Frank A. Meyer führt im Blatt der gehobenen Intelligenz eine Kolumne. Aus Gründen, die nur ihm erfindlich sind, bemüht er sich um die Klärung Schweizer Probleme mit einem Autorenporträt, das ihn mit verdunkelten Brillengläsern vor dem Brandenburger Tor zu Berlin zeigt. Aber soll wohl den SoBli-Leser von seiner Weltläufigkeit überzeugen.

Ein Jugendfoto von Meyer in Berlin.

Aktuell nimmt er sich der «Politik des Friedens nach dem Motto «Wandel durch Handel», die neue Formel der zivilisierten Welt für den Umgang mit der unzivilisierten Welt, auf dass sich jene schliesslich ebenfalls zivilisieren möge» an. Als zivilisiert gilt für Meyer offenbar die Schweiz und Deutschland, unzivilisiert im Besonderen sind Russland und China. Etwas geschichtsvergessen, der Herr.

Eben «Business as sual». Das sei ein «Irrglaube», gar «eine gefährliche Praxis im Umgang mit Diktaturen und Despotien», donnert Meyer aus dem sicheren Schützengraben der deutschen Hauptstadt.

Da ist ihm offenbar etwas der Kontakt zur Geschäftsrealität in der Schweiz abhanden gekommen. Genauer zum «Business as usual» seines Brötchengebers. Denn Ringier ist inzwischen ein internationaler Konzern geworden, der in Ungarn freundlich mit dem Potentaten Orban umgeht. In Serbien gegen die Diskriminierung des Tenniscracks Djokovic schimpft.

2017 hat sich Ringier, aus rein geschäftlichen Gründen, von Ringier China Co. Ltd. verabschiedet. Man wolle sich mehr auf die Aktivitäten in Myanmar und Vietnam konzentrieren. Bekanntlich zwei lupenreine Demokratien, wie vielleicht Altkanzler Schröder sagen würde, den Meyer als teuren Berater zu Ringier lotste und gerne als Schmuckleiste bei seinen sogenannten «Dîner républicain» begrüsste.

Ringier ist auch in Ghana, Senegal, Nigeria, Kenia, Uganda oder der Elfenbeinküste tätig. Da ist es für den Medienkonzern sicher eine Erleichterung, dass Meyer am Schluss seiner Suada zum Ergebnis kommt: «Business mag Business sein. Politik jedoch ist mehr. Politik ist Verantwortung.»

Vielleicht könnte der Hauskolumnist auch mal Verantwortung in seinem eigenen Laden übernehmen. Aber das hat er in seiner jahrzentelangen Karriere dort immer gefliessentlich vermieden.

Flops produzieren ja, dafür geradestehen – niemals. Grosse Reden schwingen – immer. Praktisch umsetzen – niemals.

Hilfe, mein Papagei onaniert

Auch sonntags. Die beiden Konkurrenzblätter im Schnelldurchlauf.

Man soll ZACKBUM nicht eine Fokussierung auf das einzige Intelligenzblatt am Sonntag vorwerfen können. Daher – für unsere Leser tun wir (fast) alles – die Höhepunkte aus dem «SonntagsBlick» und der «Sonntagszeitung».

 

Hä?

Hä?

Es folgen 21 Pandemie-Seiten, als hätte der SoBli wirklich Schiss, dass das Thema dann mal erledigt sei.

Hä?

Wir dachten, er habe am 21. Dezember 2021 angefangen.

Hä?

Wem das bekannt vorkommt: copy/paste ist immer besser als selbst recherchieren.

Hä?

Wenn man Angstschweiss in Buchstaben giesst, kommt so etwas heraus.

Hä?

Da will der «Sonntagszeitung»-Leser nun aber unbedingt hin. Massenweise. Echter Service.

Hä?

Die modebewusste Dame (auch für Non-Binäre und Diverse geeignet) trägt diese schmucke Verhüllung mit Perlenkette.

Hä?

Wie man ein Interview mit der frischgebackenen NZZaS-Kolumnistin Patti Basler führen kann, ohne sie zu fragen, ob sie ihren «Penissimo»-Schwachscherz immer noch lustig findet …

Hä?

Wenn aus Angstschweiss ein Inserat entsteht …

War das alles bei der SoZ? Leider ja. Ausser dem immer wieder gerne genommenen Thema, dass in Altersheimen Alte gequält werden. Aber das ist Januar-Loch im Februar.

Nutzwert, Nutzwert, Nutzwert

Fakten, Fakten, Fakten – und an den Leser denken.

So soll der ehemalige Chefredaktor des deutschen Magazins «Focus» seine Mannschaft angefeuert haben. Immerhin gelang es ihm zum ersten Mal in der Nachkriegsgeschichte, eine Konkurrenz zum «Spiegel» in den Markt zu stemmen.

Nutzwert, das ist das andere Schlagwort, zum Dreiklang werden diese Handlungsanleitungen mit «den Leser dort abholen, wo er ist».

Dem Nutzwert hat sich insbesondere das inzwischen flachbrüstige Boulevardblatt «Blick» verschrieben. Etwas abseitig hat es für Frank A. Meyer Nutzwert, weil nur dort seine Weltenlenker-Kolumnen abgedruckt werden. Wann es ihm passt, worüber es ihm passt, wie lange es ihm passt.

Dabei wird weniger an den Leser gedacht, hier aber schon:

Zürcher, Genfer: sofort umziehen!

Und auch den richtigen Kanton wählen!

Oder doch gleich ins Tessin zügeln.

Pastarezept gibt’s obendrauf.

Und immer an die weiblichen Leser denken …

Zweierlei Mass

Einfordern, was man selbst nicht einhält: so sind die Medien.

Nehmen wir an, im Bankenwesen wird die Öffentlichkeit mit der Mitteilung überrascht, dass der CEO sich mit dem VR-Präsidenten darauf «verständigt» habe, «das Arbeitsverhältnis aufzulösen». Per sofort.

Dazu hiesse es nur knapp: «Über die Gründe wurde Stillschweigen vereinbart.» Garniert wird diese Meldung mit der üblichen Lobhudelei, welche grossartige Arbeit der CEO geleistet habe, dass sein Abgang bedauert und für die Zukunft alles Gute gewünscht werde.

Sofort würden die Medien Fragen stellen. Aufklärung fordern. Darauf bestehen, dass bei einer solchen Personalie, einem Abgang per sofort, aus heiterem Himmel, die Öffentlichkeit das Recht habe, die Gründe zu erfahren.

Es würden Gerüchte kolportiert, Vermutungen angestellt, Indizien zusammengetragen, ein Zerwürfnis, Fehlverhalten, Krach, Krieg, Machtkampf hineininterpretiert.

Es würden ungenannte, aber wohlinformierte Quellen zitiert, gerne auch mehrere, voneinander unabhängige. Es würde über die ungenügende Kommunikation lamentiert, Beschwerde geführt, dass man das doch nicht so mitteilen dürfe, wenn man keine üblen Gerüchten aufkommen lassen möchte.

Es würde also Gezeter und Zirkus aufgeführt, bis sich die Medien wieder beruhigt hätten und einem anderen Thema zuwendeten.

Überschätzt, verschätzt, tendenziell mal weg.

Geht es aber um eine Personalie in eigener Sache, dann wird verkniffen und schmallippig die Öffentlichkeit mit einer Ankündigung abgespeist, die alle Fragen offen lässt.

Denn es ist natürlich offenkundig und unbestreitbar: Wenn es im obersten Kader eines Unternehmens zu einem sofortigen Abgang kommt, wenn es gewaltig gekracht hat und man den Abgänger das Gesicht wahren lassen möchte, indem man – aber nur ganz dezent – andeutet, dass er sich «verständigt» habe, in Wirklichkeit aber verständigt worden ist – dann hätten alle Stakeholder das Recht, mehr zu erfahren.

Geht es um eine persönliche Verfehlung? Gab es strategische Differenzen? War sein Leistungsausweis ungenügend? Wollte Wanner nicht länger den Reputationsschaden hinnehmen, der durch Hollensteins unermüdliches Eintreten für JSH entstand? Wurde der Widerstand in den Redaktionen zu gross?

Traute sich Patrik Müller, endlich die Frage zu stellen: er oder ich? Hielt sich Hollenstein für den nächsten Frank A. Meyer? Gab er einmal zu viel einen besserwisserischen, ungebetenen Ratschlag? Musste ein weiterer Jubel-Artikel über JSH auf der Zielgeraden abgefangen werden?

Oder fragte man sich schlichtweg: Was macht der Mann eigentlich für das viele Geld? Fragte man sich: mal angenommen, der ist weg, was würde dann fehlen? Oder sah man ein: mit dem so eingesparten Geld könnten sich Wanners noch ein paar Rebstöcke leisten? Lieber Rebensaft als Hollenstein?

Erschwerend kommt noch hinzu: wie und wann wollte man das eigentlich kommunizieren? Denn erst aufgeschreckt durch eine Anfrage der «Weltwoche» kam CH Media in die Gänge und pustete die nichtssagende Mitteilung raus.

Die in den eigenen Blättern kommentarlos und gehorsam abgedruckt wurde, sonst keine Resonanz fand.

So sicher wie das Amen in der Kirche: Selbst nach dem Abgang von Hollenstein, das ist keine zusätzliche Milliarde Steuergelder wert.

Sonntag, 26. Dezember

Die Höchststrafe für Sonntagsblätter.

Am 25. Dezember das Blatt für den 26. Dezember vorbereiten müssen, mit Informationslage 24. Dezember, das ist nun echt hart. Da könnte man sich etwas einfallen lassen – oder daran scheitern. Wenn das die Wahl ist, weiss der Schweizer Journalismus, was zu tun ist.

Der Dreizack der mehr oder minder gepflegten Langeweile sah so aus:

 

Früher hatte «Frontseite» noch eine gewisse Bedeutung.

Ein Zusammenhang zwischen Artikel und Inserat wäre rein zufällig.

Zum Glück gibt’s den Rückblick. Sonst müsste man noch Peach Weber interviewen. Oh, das tat man.

Der SoBli hätte auch titeln können: Uns ist alles ins Abflussrohr gegurgelt.

Immerhin: Frank A. Meyer zerlegt gekonnt Philipp Loser von Tamedia. Ist aber auch keine Kunst.

So sieht eine Seite aus, wenn man nicht schreiben will: Die Alternative wäre ein Katzenfoto gewesen.

Auch die NZZaS begibt sich in die Niederungen des Sauglatttismus.

Ein Loblied auf Queen Elizabeth II.: Das wollte man unbedingt schon mal in der NZZaS lesen. Aber eher vor 50 Jahren.

Aber wir haben noch ein Absackerchen. ZACKBUM warnt schon lange, dass die Auswirkungen des Virus auf die Hirntätigkeit dringend genauer untersucht werden müssten. Felix E. Müller beweist das aufs Erschreckendste.

Schon im Titel seiner Medienkolumne hat er danebengegriffen. Aber der Reihe nach. Er sieht zwei Herangehensweisen an die Corona-Berichterstattung. Die Medien hätten versuchen können, «mit sachlicher Information den Wissensstand zu verbessern». Leider fällt ihm kein Beispiel dafür ein. Oder er ist zu bescheiden, die NZZaS zu erwähnen.

Aber da gab es auch die dunkle Seite der Macht, der sowohl die Linken wie auch die Rechten anheim fielen, nämlich die «Erregungsbewirtschaftung»: «In der linken Ausprägung hiess dies, Weltuntergangsstimmung zu verbreiten oder extreme Prognosen zu Opferzahlen als wahrscheinliche Entwicklung darzustellen. Das rechte Lager dagegen hämmerte dem Publikum ein, sämtliche Prognosen seien falsch und alle Massnahmen der Behörden absurd.»

Das ist schon eine gewagte Vereinfachung, mit der sich Müller den gar nicht NZZ-liken Titel «terrible simplificateur» einhandelt. Aber nun wird’s leicht absurd:

«Diese Berichterstattung hat längst das leninistische Kommunikationsmodell der Agitprop übernommen, mit dem die Kommunisten den Boden für die Revolution vorzubereiten suchten.»

Im Sinne eines Rosta-Fensters des grossen Revolutionsdichters.

Echt jetzt? Linke wie Rechte frönen dem Agitprop? Majakowski lässt grüssen? Kann Müller einen negativen Corona-Test vorweisen? Ist er geboostert? Wenn nein, warum nicht?

Seine Spalte kommt zum Ende, er muss leider schliessen. Das geht natürlich nur mit einer conclusio, wie der ehemalige Gymilehrer gerne sagen würde: «Der Unterschied zwischen den beiden journalistischen Prinzipien macht den Unterschied zwischen einem verantwortungsvollen und einem verantwortungslosen Journalismus aus.»

Der Unterschied macht den Unterschied aus? Hallo? Brennt da im Oberstübchen noch ein Licht? Will niemand den schreibenden Rentner vor sich selbst schützen, vor weiteren Beschädigungen?

Schelte vom Hausgespenst

Lasst endlich Bürger Horta-Osório in Ruhe.

Das nennt man Pech. Nun hat die «Blick»-Familie endlich mal wieder einen hübschen Skandal ausgegraben. Alles drin, was auf dem Boulevard Spass macht. Ein im wahrsten Sinne des Wortes abgehobener Bankenlenker, Privatjets, Wichtigkeit, pfeift auf Quarantäneregeln, hält sich wohl für etwas Besseres.

Es sieht zwar so aus, als gelänge es nicht, Antonio Horta-Osório damit vom bequemen Sessel des VR-Präsidenten der angeschlagenen Credit Suisse zu lupfen. Aber ein guter Versuch war’s. Ist’s noch, denn es wird weiterhin leise nachgemopst.

Das findet aber allerhöchstes Missfallen im Hause Ringier. Besserwisser Frank A. Meyer benützt seine SoBli-Kolumne, um den eigenen Leuten die Kappe zu waschen. «Ein fehlbarer Bürger», überschreibt er milde gestimmt seine Verteidigungsrede.

Ein Bankmanager habe sich angeblich unmoralisch verhalten, es werde sein Rücktritt gefordert, beobachtet Meyer übellaunig. Und was macht sein Hausorgan daraus:

«Es gehört zur moralingetränkten Medienmentalität, dass jedes fehlerhafte oder gar unanständige Verhalten einer irgendwie herausgehobenen Person eilfertig zum Sündenfall hochstilisiert wird.»

Hui, nehmt das, ihr moralingeschwängerten Medienmentalen. So geht das ja nicht, donnert Meyer: «Die Überhöhung des Managertums ist grotesk

Was soll denn der «Blick» machen? Denn von Meyer lernen, heisst bekanntlich siegen lernen und Erfolg haben. Schliesslich hat er schon höchstpersönlich gigantische Zeichen im Journalismus gesetzt. Zum Beispiel … öhm, also zum Beispiel, hüstel, na, räusper, hm, da waren ja nur Flops auf seinem langen Lebensweg bei Ringier.

Nun gut, aber man kann dennoch Ratschläge erteilen:

«Der Bürger António Horta-Osório soll sich in Zukunft benehmen wie andere Bürger: möglichst anständig – und ein wenig bescheidener. Das genügt. Mehr moralische Aufmerksamkeit gebührt seinem Alltagsverhalten nicht.»

Schreib Dir das hinter die Ohren, Christian Dorer. Denn es ist wohl immer noch nicht ratsam, im Hause Ringier bei Meyer in Ungnade zu fallen. Gerade vor Weihnachten.

Dorer, lass das, wird von höherer Warte dekretiert.

 

 

 

Sprich mit mir!

Wenn das Neue uralt ist: «Interview by Ringier», die Greisengeburt.

Andy Warhol war ein genialer Selbstvermarkter. Davon zeugt auch die 1969 von ihm gegründete Zeitschrift «Interview». Damals ein Wurf, die Urzelle aller Zeitgeist- und Lifestyle-Magazine.

Die heutige Version des Geniestreichs von Warhol vor mehr als 50 Jahren.

Inzwischen eher ermattet gibt es das Blatt noch heute, in einer Schrumpfauflage von knapp 40’000 verkauften Exemplaren. Es gibt auch zum Beispiel «The Talks», rein virtuell gemacht.

Eine Interview-Plattform unter vielen im angelsächsischen Raum.

Die Idee, Interviews und nichts als Interviews zu bringen, ist uralt. Das ist natürlich noch kein Grund, sie nicht zu kopieren. Man wird dann sehen, ob «Interview by Ringier» allfällige Namensklagen abwehren kann.

Leichtes Gedrängel in der IGE-Datenbank, die geistiges Eigentum verwaltet und schützt.

Mehr als die üblichen Vorschusslorbeeren

«Dieses neue Magazin ist eine Herzensangelegenheit von Verleger Michael Ringier, Ringier CEO Marc Walder und mir»,

sagt Alexander Theobald, CEO Ringier Axel Springer Schweiz AG. Bei Herzensangelegenheiten ist es immer so eine Sache; ein weiches Herz kann leicht zu einer weichen Birne führen, wie man weiss.

Das erste Cover mit unserem Lieblings-Balljungen.

Absolut eine Herzensangelegenheit ist es mal für Marc Walder. Denn Susanne Walder – Qualifikation: unbekannt – ist neben dem alten Kämpfer Werner de Schepper die Chefin des Blatts. De Schepper wurde dafür extra von der serbelnden «Schweizer Illustrierte» abgezogen.

Links verhaltenes, rechts breites Lächeln.

Nun also der Wurf mitsamt allen Geburtswehen, die Schlimmes ahnen lassen. «Print only, 148 Seiten für die besten Köpfe der Schweiz». Auflage satte 130’000 Exemplare, die den Abonnenten von «Bilanz» und «SI» zugehalten werden – oder für 12 Franken am Kiosk erworben werden können.

Die beiden Magazine verfügen über insgesamt 94’500 Abonnenten, laut WEMF. Also träumt Ringier davon, 35’500 Exemplare am Kiosk abzusetzen. Oder wie das Susanne Walder formuliert: «In einer Zeit, in der Social Media viel Raum einnimmt, und die Digitalisierung alles beschleunigt, dürfte dieses Bekenntnis zu Print & Tiefe seinen Platz finden.»

Was können wir erwarten?

ZACKBUM ist immer und prinzipiell begeistert, wenn in diesen elenden Zeiten des Sparjournalismus ein neues Produkt auf den Markt geworfen wird. ZACKBUM gesteht, dass ihm kein Vorabexemplar zugehalten wurde, die Meinungsbildung also alleine aufgrund der Medienmitteilung und des bereits bekannten Inhalts erfolgt.

Allerdings wird es ZACKBUM eher schummrig dadurch.

«Das Heftkonzept und die hochstehende künstlerische Gestaltung von «Interview by Ringier» stammen vom international bekannten Kreativdirektor Beda Achermann, der exklusiv für «Interview by Ringier» das Design und die Fotosprache entwickelt und seine Kontakte zu den Weltbesten in Kunst und Fotografie in die Realisation dieses Heftes eingebracht hat.»

Achermann ist zweifellos ein begabter Altmeister des Magazindesigns und wir halten grösste Stücke auf ihn. Allerdings: billig liegt ihm nicht so. Und den «Weltbesten» in Kunst und Fotografie auch nicht. Eine Annie Leibovitz zum Beispiel muss man sich leisten können, das kann nicht jeder.

Teuer, teurer, am teuersten: Interview mit Maja Hoffmann.

Dass Achermann seinem alten Hang zu Handschrift-Typo und -Titel nachlebt, nun gut, die Räder sind hier bereits mehrfach erfunden worden. Aber das sind ja sozusagen die Formalien, wie steht es denn um den Inhalt?

Welche Talking Heads werden denn dem staunenden Publikum vorgeführt?

Peter Sloterdijk ist bekanntlich in der Lage, aus dem Stand tief Philosophisches zu eigentlich jedem Thema zu sagen. Frank A. Meyer ist bekanntlich immer auf der Suche nach einer hochstehenden Plattform, die dann in den Orkus fährt. Wie «Die Woche», wie «Cicero». Denn «Kolumnist SonntagsBlick», das entspricht schon nicht seinem Selbstverständnis.

Kann man so machen, muss man nicht so machen.

Unser Kulturminister Alain Berset, der Musik bekanntlich besonders zugetan, führt ein Gespräch mit Stephan Eicher, «exklusiv für «Interview by Ringier»». Interessant, wofür unser Gesundheitsminister Zeit findet während der Corona-Pandemie. Es dürfte wohl auch eine Premiere sein, dass ein amtierender Bundesrat sich als Mitarbeiter eines Magazins verdingt.

Links breites Lächeln, rechts auch: Feier zur Lancierung.

Nomen est omen:

«Ein anderes Highlight ist die Begegnung von Verleger und Kunstsammler Michael Ringier mit dem Künstler Urs Fischer in dessen Atelier in New York, fotografiert von Roe Etheridge.»

Immerhin, zwei von drei Namen sind richtig geschrieben, und wer kennt denn auch Roe Ethridge. Allerdings wollen wir von ZACKBUM uns bei korrekter Schreibung von Namen nicht zu weit aus dem Fenster lehnen.

Nur die hellsten Köpfe der Schweiz

Auf dem Cover schliesslich prangt unser aller Roger Federer, sicher auch einer der hellsten Köpfe der Schweiz, dessen Ansichten mindestens so interessant sind wie die von Martina Hingis. Aber die war schon vergeben.

 

Die Bälle sind hell, der Kopf auch?

Sobald der Inhalt dem Pleps zugänglich ist, werden wir uns gerne nochmals drüberbeugen – in der wildentschlossenen Hoffnung, dass all diese Warnsignale sich in Wohlgefallen auflösen werden. Denn es sei dem Ringier-Verlag, also dem Schweizer Kleinpartner des grossen Axel Springer Verlags, gegönnt, endlich einmal, zum ersten Mal überhaupt, ein hochklassiges Produkt nicht nur auf den Markt zu werfen, sondern nicht gleich dem frühen Kindstod beiwohnen zu müssen.

Wie heisst’s doch so richtig: die Hoffnung stirbt zuletzt.

Vielleicht ist es uns noch vergönnt zu erfahren, was diese beiden sprechenden Pudel als Icon im Logo der neu-alten Zeitschrift bedeuten sollen:

Pudelwohl? Des Pudels Kern? Pudeltanz?

Tut Dummheit weh?

Burka-Verbot oder -gebot. Was ist besser, richtiger, korrekt?

Es war knapp, aber immerhin wurde die Initiative «Ja zum Verhüllungsverbot» mit 51,2 Prozent der Stimmen und von 18 Ständen angenommen. Gegen den erbitterten Widerstand eines Teils der fehlgeleiteten Frauenbewegung.

Von einem «bedenklichen Signal an alle Minderheiten», brabbelte Tamara Funiciello, Co-Präsidentin der SP-Frauen. Die Feministin in ihrem Lauf hält weder Ochs noch Esel auf: «Wir müssen Frauen das Recht lassen, anzuziehen, was sie wollen.»

Daraufhin distanzierten sich die SP-Frauen lautstark von ihrer Präsidentin. Ach was, wenn wir in der besten aller Welten leben würden, wäre das vielleicht so. Auch Markus Somm schloss sich den Gegnern eines Burkaverbots an: «bringt nichts», befand er so kurz wie bündig wie falsch.

Gut, dass Somm weitgehend unter Ausschluss der Öffentlichkeit im «Nebelspalter» seine «Leitartikel» verfasst. Da hält sich das Leiden daran in überschaubaren Grenzen.

Schlimmer geht immer

Den absoluten Rekordversuch in Sachen schiere Dummheit stellte aber, wer sonst, Daniel Binswanger in der «Republik» auf:

«Nikab-Trägerinnen in Europa sind typischer­weise unabhängige und selbst­bestimmte Frauen, die ihren Fundamentalismus gegen den Willen ihrer Familie praktizieren.»

Dumm bis in die Haarspitzen: Binswanger.

Ja, das wurde hier vor Kurzem bereits zitiert, aber das kann man nicht häufig genug erwähnen. Auf etwas verschlungenen Wegen kam auch Nicole Althaus, Mitglied der Chefredaktion der NZZ, zu einer brüllend dummen Schlussfolgerung: «Ein liberaler Staat darf etwas nicht einfach deshalb verbieten, weil es manchen als unmoralisch scheint.»

Knapp daneben; ein liberaler Staat muss es zulassen, dass auch ein solcher Unsinn öffentlich verzapft werden kann. Das müssen wir ertragen.

Müssen wir das?

Eine unverhohlene Drohung sprach damals Pascal Gemperli aus, Sprecher der Föderation Islamischer Dachorganisationen in der Schweiz:

«Wir wissen nicht, was als nächstes kommt. In Frankreich haben wir nach der Einführung des Verhüllungsverbots einen Anstieg der Gewalt erlebt.»

Bis hierher kann man sich verzweifelt fragen, wieso Dummheit nicht wehtut. Vielleicht deswegen, weil sonst in der Chefredaktion der NZZ, im Präsidium der SP-Frauen, in den Redaktionsfluchten der «Republik», in den sauerstoffarmen Büros des «Nebelspalter» Schmerzensschreie das Arbeiten verunmöglichen würde.

Und die Steinzeit-Taliban in Afghanistan?

Nun errichten vor den Augen der Welt die Steinzeitfundamentalisten in Afghanistan zum zweiten Mal ihr Terrorregime. Es wird genauso scheitern wie der erste Versuch, denn von religiösen Wahnvorstellungen beherrschte Machtsysteme halten sich nur mit Gewalt an der Macht, verbreiten Elend, Armut, Depression und verhüllen all das, was Fortschritt ausmacht, mit dem schwarzen Tuch des Fanatismus.

Das lässt sich noch steigern. Im gleichen «SonntagsBlick», in dem der langjährige Kämpfer gegen islamische Frauenverachtung Frank A. Meyer wieder austeilt, darf ein «Sprecher» der Taliban seinen Unsinn verbreiten:

«Wir haben bereits betont, dass die Rechte der Frauen im Rahmen des islamischen Rechts geschützt werden.

Alle Frauen, die sich zum Islam bekennen, sind verpflichtet, ihren Körper zu bedecken. Sei dies mit einer Burka, einem Hidschab, einem Nikab oder sonst einem Kleidungsstück.»

Denn im Gegensatz zu westlichen Medien und ihren Dummschwätzern haben die Taliban dazugelernt. Bilder von malträtierten Körpern, aufgeknüpft als blutige Masse Mensch, das ist schlecht fürs Geschäft und fürs Image. Lieber süsse Lügen auftischen, sich scheinliberal auch kritischen Fragen stellen und ungerührt antworten, was der Westen hören möchte: «Es hat keine Hinrichtungen oder aussergerichtliche Tötungen gegeben. Wir wollen Frieden und Sicherheit.»

Das Dummkopf-Interview.

Der schlecht vorbereitete Interviewer kann dem keine konkreten Beispiele entgegenhalten, also lässt er diesen Unsinn unwidersprochen stehen.

ZACKBUM fordert sicher nicht die Einführung der Scharia in der Schweiz. Aber angesichts der unbestreitbaren Tatsache, dass in Afghanistan auch für jeden Trottel offenkundig ist, welche Funktion die Körperverschleierung von Frauen hat, müsste die Frage doch erlaubt sein:

Abgesehen davon, dass sich Funiciello, Neuhaus, Binswanger und einige andere mal wieder unsterblich lächerlich gemacht haben: hat das keinerlei Konsequenzen? Dass sie selbst schmerzfrei sind, beweisen sie mit jeder öffentlichen Äusserung. Aber sie repräsentieren doch gleichzeitig etwas. Immerhin die Frauenorganisation der grossen, alten SP. Den Führungszirkel der bedeutendsten Zeitung der Schweiz. Ein Organ, das sich angeblich der Rettung der Demokratie und allem Edlen und Schönen verschrieben hat. Eine der drei grossen Sonntagszeitungen.

Selbstbestimmt, frei und liberal am Strand.

Da hört man keinerlei Widerworte, Richtigstellungen, Korrekturen? Nicht einmal Schmerzensschreie? Das beweist: Dummheit tut nicht weh. Das beweist aber auch: Einsicht, Erkenntnisvermögen, Dazulernen: unbekannte Begriffe.

Vorsicht! Der Mann hört Stimmen

Lukas Bärfuss muss seine Medikamente abgesetzt haben. Seither flüstert es um ihn herum.

Diese Fehleinschätzung könnte von Nora Zukker sein: «Er ist der wichtigste zeitgenössische Schweizer Schriftsteller», trötet der «SonntagsBlick». Und erweist sich damit einmal mehr als das Blatt der Armen im Geiste; der Ungebildeten, Unfähigen und Möchtegerns.

Letzthin hat der SoBli eine unselige Vorliebe für letztklassige Schriftsteller entwickelt. Da wäre mal der «Zürcher Schriftsteller Thomas Meyer». Der nimmt angeblich «Stellung zu Lebensfragen». Duftnote:

«Mein neuer Freund furzt ständig. Nicht vor anderen Leuten, aber wenn wir zu zweit zu Hause sind. Ich finde das eklig. Er meint, das sei doch natürlich. Und er fühle sich halt wohl mit mir. Was soll ich tun?»

Der nötige Beweis, dass das nicht rabenschwarze Satire ist …

Das wollen wir eigentlich nicht wissen und eilen mit zugehaltener Nase zum nächsten Weltenlenker im SoBli. Richtig, da kann es nur einen geben:

«Wie im Strassenverkehr: Wer verkehrt fährt, ist auf die Vernunft der anderen angewiesen. Wer ist hier Geisterfahrer – die Schweiz oder die 27 EU-Nationen?» Mit diesem schiefen Bild fordert auch Frank. A. Meyer die Dichterkrone in der aktuellen Ausgabe des SoBli. Aber, leider, leider, sie bleibt ihm – genau wie die Anerkennung in intellektuellen Kreisen – verwehrt.

Quadriga, Lächeln, unmögliche Jacketfarbe: der Geisterfahrer im Bild. Ähm, im «Blick».

Denn unschlagbar meldet sich mal wieder der wichtigste Schriftsteller der Schweiz mit «einem Essay» zu Wort. Hier verlassen wir allerdings schnell den Bereich von Spass und Tollerei. Betreten stattdessen den dunklen Grenzbezirk zwischen fehlendem Genie und dräuendem Wahnsinn.

Offenbar ist es dem SoBli noch nicht aufgefallen, dass der Titel Schriftsteller nicht durch das Verfassen von sortierten Buchstaben verdient wird. Auch nicht dadurch, dass der wirkliche Schriftsteller Georg Büchner Opfer einer Massenvergewaltigung durch eine Jury wird, die in völliger Umnachtung nicht die Fähigkeiten, sondern die Gesinnung von Lukas Bärfuss mit dem gleichnamigen Preis entwürdigt hat.

Nichts. Ausser der hier Abgebildete ist der Nachbar …

Seither arbeitet Bärfuss daran, mit weiteren Sprachverbrechen die Jury inständig zu bitten, sich diese Fehlentscheidung doch nochmal zu überlegen. Der neuste Versuch: Der Essay «Das Flüstern». Schon der erste Satz beinhaltet eigentlich alles, was es braucht, um den Autor als Dumpfschwätzer zu entlarven:

«Ein Flüstern geht durch dieses Land, die Schweiz, und es wird lauter mit jedem Tag.»

Dürfen wir vorstellen: der gehende Flüsterer. Wer ihm begegnet, neige sein Haupt – oder wende sich mit Grausen ab. «Durch dieses Land, die Schweiz», dieses nachgeschobene, nachgestellte, verstellte Substantiv soll Dichterschwere und tiefes Grübeln simulieren. Löst allerdings nur den ersten Lachreflex aus. Der dann in immer lauteres Kichern übergeht. Denn erstens probiert Bärfuss diesen Manierismus (Nora Zukker, das ist eine Stilart im, ach nö, forget it) nochmal aus «wird lauter mit jedem Tag». Zweitens; wenn ein Geflüster immer lauter wird, was wird es dann?

Psychogene Taubheit? Schwerhörigkeit? Oder Schlimmeres?

«Anschwellender Bocksgesang» nannte das mal Botho Strauss (Nora Z..., aber wozu). Das war immerhin mal ein Dichterwort, hier ist es nur das Wort eines Leichtmatrosen des Gedankens, der nicht mal ein Sprachbild hinkriegt, ohne sich dabei lächerlich zu machen. Aber er ist so stolz auf diesen Einfall, diesen Durchfall, so verliebt darin, in dieses Wort, das nachgestellte, das bedeutungsschwangere, das aber in ständiger Fehlgeburt durch das Essay geistert, dass er davon nicht lassen kann. «Das Flüstern geht auch durch die Umweltverbände», «wir hören dieses Flüstern, wenn es um unsere Gesundheit geht». Nein, Lukas Bärfuss, nein, wer dieses Flüstern hört, ist nicht gesund, hat zumindest einen Gehörschaden. Ist es F44.6 (psychogene Taubheit), ist es F80.2 (Worttaubheit), ist es Schwerhörigkeit, autistisches Verhalten? Das müsste einer Differenzialdiagnose überlassen werden, aber ich bin zwar promoviert, ein Doktor, aber Mediziner, das bin ich nicht.

Grimmig, so schaut der Dichter auch hier, in diesem Foto.

Aber, wie weiter, geht es, mit dem Dichter, mit Bärfuss? «Selbst in den Gewerkschaften setzt langsam das Flüstern ein». Oh, liebe Gewerkschafter, stellt endlich die Megaphone ab, lauscht stattdessen auf das einsetzende, umhergehende, anschwellende Flüstern in euch. Denn «das Flüstern» wird eigentlich überall «lauter». Aber was flüstert es denn? Nun, zum Beispiel: «Migration ist nicht zuerst ein Schaden, nicht zuerst ein Problem.» Stimmt; das unterscheidet Migration vom Dichterwort eines Bärfuss.

«Bei jenen, die sich an die Neunzigerjahre des vergangenen Jahrhunderts erinnern, wird das Flüstern bisweilen zum lauten Rufen»; meiner Treu, das wird ja nun eine Apotheose, Aristophanes lässt grüssen (Lukas Bärfuss, das war ein griechischer, aber lassen Sie sich das vielleicht von Nora Zukker erklären).

Achtung, Durchzug! Fenster schliessen

Denn nun legt Bärfuss auf den Tisch die Karten, als hätte er umzustellen gelernt die Worte vom alten Jedi-Meister Yoda, dieser Muppetshow-Puppe aus War Stars: «Sollten wir nicht einmal erfahren, was mit unseren Volksrechten, was mit unseren Sozialwerken, was mit unseren Institutionen, mit unserer Wirtschaft, Bildung und mit unserer Kultur geschehen würde, wenn die Schweiz – ja, wenn die Schweiz Mitglied würde in der Europäischen Union? Wäre es nicht an der Zeit, sich von allen Ängsten zu befreien, die stereotypen Vorwürfe des Landesverrats zu ignorieren»?

Die Zeit ist jetzt, der Ort ist hier: «Es öffnet sich gerade ein Fenster, es wird sich wieder schliessen, wenn ihr nicht dafür sorgt, dass dieses Flüstern eine Stimme bekommt, eine laute, in den Betrieben, den Schulen, den Wohngemeinschaften und den Einfamilienhäusern, in den Universitäten und den Hochschulen, eine Stimme ganz angstfrei und mutig:

die Schweiz als 27. Mitglied der Europäischen Union!»

Kommet herbei, ihr Menschen in diesem Land, der Schweiz, findet zum gemeinsamen Flüstern, zur Stimme, besinnt euch auf Mut und Angstfreiheit, «verpasst nicht noch einmal die Chance».

Ich aber erhebe die Stimme, die meine, vom Flüstern zum lauten ängstlichen, todesmutigen Ruf: wer kann Bärfuss heilen? Wer kann ihm vorher verbieten, die deutsche Sprache weiter zu schänden? Ist denn der SoBli nicht schon mit zwei anderen Schriftsetzern geschlagen, braucht es da wirklich noch einen dritten im Bunde? Ich weiss, den beigestellten Fotos von Bärfuss muss man entnehmen, dass er sich dagegen wehren würde, gegen das, mit diesen Metzgerhänden, den seinen, diesem grimmigen Blick im Antlitz, dem unrasierten. Aber um unser aller geistiger Gesundheit willen: stellt den Mann endlich ab! Bitte. Er soll doch einen zweiten Dichterwohnsitz in Paris haben. Die Franzosen halten das aus, bestimmt. Wir aber, wir nicht.