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Wumms: Fabienne Riklin

Ein Bärendienst für die ukrainischen Flüchtlinge.

Tamedia-Redaktorin Riklin will den Geflüchteten eine Stimme geben. Also erteilt sie Olena Andreyeva in Tamedia das Wort. Was meint die dazu, dass ein Berater des ukrainischen Präsidenten Selenskyj die Flüchtlinge aufgefordert hat, in ihr Land zurückzukehren?

Vielleicht ist Riklin auch ein ausgekochtes Luder, denn zunächst einmal stellt sie im Artikel klar, dass die 66’000 Ukrainer in der Schweiz pro Jahr eine runde Milliarde kosten und das vor allem deswegen, weil nur 21 Prozent von ihnen im erwerbsfähigen Alter einen Job haben.

Andreyeva studierte Germanistik in der Ukraine, unterrichtete dort an einer Privatschule und kam 2022 in die Schweiz, wo sie «bis letzten Herbst» auch unterrichtete. Also zurzeit arbeitslos ist. Sie findet die Idee des Beraters Leschtschenko überhaupt nicht toll. Auf die geht sie gar nicht erst ein, stattdessen geht sie auf die Person los. Er werde «niemals das Schicksal der Flüchtlinge verstehen, da er nie seinen Job, sein Einkommen oder sein Zuhause verloren hat». Zudem sei er schon unter dem damaligen Präsidenten Poroschenko Grossverdiener gewesen und sitze im Aufsichtsrat der «korruptionsanfälligen Eisenbahngesellschaft Ukrzaliznytsia». Also ein typischer ukrainischer Politiker.

Der behaupte doch, es sei sicher in Kiew. «Vielleicht in seiner Wohnung, aber sicher nicht dort, wo die breite Bevölkerung wohnt.» Sie selbst könne sich «nicht vorstellen, in nächster Zeit in die Ukraine zurückzukehren. Meine Familie ist darauf angewiesen, dass ich einen guten Lohn verdiene und sie von hier aus unterstützen kann.»

Fazit: wieso genau sie geflüchtet ist, weiss man nicht. Ob sie etwas Materielles verloren hat oder ihre Stelle in der Ukraine, man weiss es auch nicht. Dass es in Kiew nicht sicher sei, behauptet sie bloss. Statt inhaltlich auf den Berater einzugehen, der den Verlust vieler Menschen für die ukrainische Wirtschaft befürchtet, denunziert sie ihn als typischen korrupten Politiker. Es störte sie aber bis 2022 nicht, in einem solchen Staat zu leben.

Und am Schluss sagt sie ganz offen, worum es geht. Sie müsse ihre Familie in der Ukraine unterstützen, natürlich von der Schweiz aus, denn die Gehälter in der Ukraine sind viel niedriger. Also brauche sie «einen guten Lohn», obwohl sie trotz besten Deutschkenntnissen und Qualifikationen arbeitslos ist.

Soll mit diesem Beitrag Verständnis für das Schicksal geflüchteter Ukrainer geschaffen werden – oder will Riklin sie in die Pfanne hauen, indem sie sie sich frisch von der Leber weg ins Elend reden lässt?

Man weiss es nicht, vermutet aber im Zweifel für die Angeklagte, dass Riklin den Beitrag als völkerverbindend meint.

Sudan? Falscher Ort

Und falsche Hautfarbe. Ausserdem zu weit weg.

Seit dem 15. April tobt im Sudan ein Krieg zwischen zwei verfeindeten Warlords, die um die ganze Macht im Land kämpfen. Die «Sudan Armed Forces» unter Abdel Fattah al-Burhan stehen den «Rapid Support Forces» unter Hemedethi gegenüber. Beide verfügen über jeweils rund 100’000 Kämpfer.

Konservativ geschätzt wurden bereits mehr als 2000 Menschen getötet, über 6000 verwundet. Eine Million Menschen sind auf der Flucht. Die wenigen Spitäler sind grösstenteils nicht mehr in Betrieb, Nahrungsmittel, Wasser, Medizin und Treibstoff sind extrem teuer geworden.

Natürlich kochen auch diverse ausländische Mächte dort ihr Süppchen, darunter ein libyscher Warlord, die Wagner Truppe, Ägypten, Äthiopien und die Vereinigten Arabischen Emirate. China, der französische Konzern TotalEnergies oder der US-Multi Chevron Corporation kümmern sich um die Ausbeutung der Ölvorräte des Landes.

Also alles in allem ein Desaster mit Hunderttausenden von Vertriebenen, Verhungernden, Elenden. Nur: ab und an poppt eine Meldung in den Medien auf. Aber gibt es ernsthafte Anstrengungen, den Konflikt zu befrieden? Sollen die Warlords mit Sanktionen zur Räson gebracht werden? Wird Druck auf alle Länder ausgeübt, die die Kriegstreiber mit Waffen und Ausrüstung versorgen? Fordert wenigstens Fabian Molina die sofortige Aufnahme von ein paar tausend Flüchtlingen?

Ach wo. Warum ist das so? Auch wenn es alle Gutmenschen, die am liebsten in einer ukrainischen Flagge eingewickelt schlafen, entrüstet abstreiten würden: interessiert niemanden wirklich. Schwarzafrika. Elendsloch. Immer das Gleiche. Neger, Pardon, Schwarze, Pardon, PoC metzeln sich ab. Kein blauäugiger Weisser weit und breit. Keine Lichtgestalt vorhanden, im Kampf gegen den Bösewicht. Zu kompliziert. Zu weit weg. Man kann sich doch nicht um alles kümmern.

Sonntagssommerloch

Zugegeben, es ist hart, wenn alle anderen in der Badi liegen …

Da wird sogar die NZZaS schwach und pflegt Sauglattismus auf der Front:

Macht irgendwie Sinn. Viele Dinosaurier waren Vegetarier. Aus verfaulenden Dinosauriern entstand Öl. Wird als Treibstoff in Autos gekippt. Aber werden die nun auch zu Fossilen? Und wenn ja, wird Öl draus? Oder Gras? Daraus ergibt sich die Frage, ob man auch bei der NZZaS verbotene Substanzen raucht

Aber immerhin, nebendran hat das Sonntagsblatt mal wieder einen Knaller zu bieten: «SVP-Nationalrat kassierte heimlich ein Einkommen». Das gehe aus einem internen E-Mail-Verkehr hervor. Das wird heisse Köpfe geben, und das bei dieser Sommerhitze. Sicherlich kommt dann als Fortsetzung die Enthüllung, dass das auch in der SP, in der Mitte, bei den Grünen, den Grünliberalen – und gar bei der FDP der Fall ist. Da capo.

Wenn wir schon bei Parteipolitik sind: sympathisiert die NZZaS im Zweifelsfall mit der FDP? Gut, die Frage ist etwa so intelligent wie: macht Wasser nass? Daher gibt es auf der Front schön ausbalanciert auch noch eine Watsche Richtung SP: «Der zweite Bundesratssitz der SP ist gefährdet. Interne Kritiker schlagen Alarm.» Was sie extern via NZZaS tun. Auch hier sind wir sicher, dass der gleiche Artikel über die FDP erscheinen wird, denn auch deren zweiter Sitz wackelt

Wir müssen dann bis Seite 15 durchhalten, um wieder ein Stückchen Sauglattismus bewundern zu dürfen, denn der Chefredaktor himself verlässt seinen angestammten Platz auf Seite 2 und kalauert: «Für die Schweiz schlägt die Kilowattstunde der Wahrheit.» Das ruft nach Fortsetzungen: «Das Ölglas ist nur halbvoll.» Oder: «Ohne Gas kein Spass». ZACKBUM empfiehlt allerdings einen staatsmännischen Auftritt des Chefredaktors und erinnern ihn an den unerreichten Klassiker aus dem Hause NZZ: «Ordnungspolitischer Zwischenruf». Höchstens steigerbar zu «Ordnungspolitischer Weckruf». Denn merke: «Blick TV» war gestern …

Auf S. 23 zeigt die NZZaS dann, was eine fotografische Handschrift ist:

Man beachte: auf dem Cover steht der Mann links, hier rechts. Wunderbar, nur: wo bleibt die Frau? He? Typisches männliches Rollenbild, Frauen können nicht autofahren. Ein klarer Fall für die Gender-Beauftragte im Hause NZZ. Von allen weiteren Gendern, mühsam zusammengefasst unter divers, wollen wir gar nicht reden. Auf jeden Fall erwarten wir einen geharnischten Protest betroffener NZZ-Mitarbeiterinnen. Vielleicht sogar von Mitarbeiter:innen. Mitarbeiter!innen? Mitarbeiten*den*? Wie auch immer.

Heiss, Sommerloch, wo gähnt es bei der NZZaS am vernehmlichsten? Hier:

Das ist mit Verlaub ein Thema, das von unsterblicher Zeitlosigkeit ist. Gestern, vorgestern, heute und morgen aktuell bleibt. Diese Erkentnis ist so uralt, dass sie eigentlich auch schon ein Fossil geworden ist. Wir warten auf die Fortsetzungen: So schaffen wir den Weltfrieden. Mit diesen Mitteln liesse sich die Klimaerwärmung stoppen. So wird der Fundamentalismus milde. Oder: Wenn alle Chinesen gleichzeitig hopsen, gibt’s ein Riesenerdbeben.

Nächster Beitrag aus dem Sommerloch. Man nehme: eine starke Typolösung, persönliche Betroffenheit des Autors, ein herzzerreissendes Thema und viel Nutzwert. Et voilà:

Man ist hin und  hergerissen, ob das böse Wort vom Schicksalsporno hier zutrifft oder nicht.

Und als Absackerchen eine Merkwürdigkeit:

 

Martina Läubli geht hier der Frage nach, wie es Autorinnen in die Bestsellerliste schaffen. Eventuell mit geschicktem Marketing? Die aufgeführte Christine Brand, «erfolgreichste Krimiautorin der Schweiz», zeigte vor Kurzem in der NZZaS, dass Bestseller nur begrenzt mit literarischer Qualität zu tun haben müssen, so schlecht war der Artikel geschrieben. Claudia Schumacher hat sich über die Jahre in der WeWo und seit Neuerem bei Tamedia einen Ruf als Beziehungskolumnistin erschrieben. Die Dritte im Bunde arbeitete jahrelang im Journalismus, auch bei der NZZ, bis sich Seraina Kobler selbstständig machte und seit 2020 in schöner Regelmässigkeit einen Roman über dies und das publiziert. Die «schönsten Wald- und Wiesensträusse» oder «Zürich-Krimi» im immer noch marketingstarken Diogenes erschienen …

Die Autorin Martina Läubli wiederum ist Redaktionsleiterin von «Bücher am Sonntag», die NZZaS-Beilage, und schreibt selbst über eher nicht bestsellerverdächtige Themen: «Subjekt mit Körper. Die Erschreibung des Selbst bei Jean-Jacques Rousseau, Karl Philipp Moritz und W.G. Sebald».

Bleibt noch ausgewogen Platz für die Konkurrenz? Ein Plätzchen für die SoZ:

Solche zwei Coverstorys kann man nur als Verzweiflungstat im Hitzestau verstehen:

Aber schön, dass es keinen Tomatenmangel im Sommer gibt.

Wer nun meint, das sei doch eine stramme Ansage unserer Bundesrätin, sollte sich dann das Titelquote des Interviews zu Gemüte führen:

Und wir dachten, das könne jemand garantieren. Man beachte auch die weichste aller Politiker-Schwurbelformulierungen: «kann nicht ausschliessen». ZACKBUM kann auch nicht ausschliessen, dass wir diesen Winter noch erscheinen werden. Wir wollen aber die Leser vor Einschränkungen schützen. Ehrenwort.

Dafür kann die Konferenz von Lugano jetzt schon als voller Erfolg gewertet werden:

Unter vier Augen! Ganz persönlich! Im gleichen Raum! Nur: wer will schon ein Gespräch mit Flinten-Uschi, der blonden Betonfrisur aus deutschen Landen, die auf die undemokratischste Art überhaupt EU-Kommissionspräsidentin wurde. Ohne für das Amt zu kandidieren. Aber das wird Cassis sicherlich nicht ansprechen.

Und wo gähnt hier das Sommerloch am lautesten? Voilà:

Der letzte der ganz grossen Welterklärer erklärt die Welt. Peter Scholl-Latour schaut von oben zu und denkt sich sicherlich: Ach, Erich Gysling, das hätte ich aber viel besser hingekriegt.

Und der SoBli?

Den Chefredaktor mussten wir ja schon zurechtweisen. Was der SoZ ihre Sommaruga ist, ist dem SoBli seine Keller-Suter:

Auch hier prasseln im Sommerloch ungeheuerliche neue Erkenntnisse wie ein warmer Regenschauer auf uns ein: Die Bundesrätin «rechnet mit mehr Flüchtlingen». Da haben sich doch alle verrechnet, die mit weniger rechneten …

 

 

Zeichen setzen

Wenn ein klares Signal gegeben wird, ist der Tiefpunkt erreicht.

Solidarität. Zeichen setzen. Stellung beziehen. Nein zu. Klatschen für das Pflegepersonal. Tanken für den Frieden. Einstehen für. Fordern. Russen raus aus der Ukraine. Putin nein. Sanktionen ja. Neutralität, nein danke. Stoppt den Krieg.

Geht’s noch blöder? Immer:

Nein, das ist kein Fake; die Dame ist wirklich so bescheuert.

Nach all den kriegerischen und vollmundigen Solidaritätsbekundungen mit dem ukrainischen Volk wird’s nun interessant werden. Denn das Volk kommt zu uns. In Scharen.

Zunächst trifft’s wie immer die Anrainerstaaten. Also Rumänien, Moldau, Ungarn, Polen, Slowakei. Offenbar sind schon Zehntausende über die Grenzen geströmt – und mit offenen Armen empfangen worden. Was angesichts der bekannten Abscheu vor Flüchtlingsströmen, vor allem in Ungarn, die Theorie erledigt, dass es sich um den Ausdruck von Fremdenfeindlichkeit oder gar Rassismus handle.

Wohin mit den Flüchtlingen?

Allerdings ist die Ukraine nicht nur ziemlich gross, sondern hat auch rund 42 Millionen Einwohner. Allen Männern von 18 bis über 60 Jahre ist es verboten, die Flucht zu ergreifen. Aber sollte zehn Prozent der Bevölkerung einfallen, vor der russischen Aggression zu fliehen, sprechen wir von über 4 Millionen.

Vielleicht zur Erinnerung: Zu Zeiten von «wir schaffen das» musste Europa mit etwas mehr als einer Million Flüchtlinge fertigwerden, die über ein Jahr verteilt hereinströmten. Das brachte dann die Willkommenskultur schnell an ihre Grenzen. Es wird auch in der Schweiz interessant werden, zu welchen persönlichen Anstrengungen all die Ukraine-Solidaritätstruppen fähig sein werden.

Bei den Debatten im Jahre 2015, als es um gelebte Solidarität und gegen Ausgrenzung ging, herrschte immer tiefes, betretenes Schweigen, wenn allgemeine Solidaritätsbekundungen mit der Frage konfrontiert wurden, ob man dann wohl auch nichts gegen die Errichtung eines Asylzentrums in seinem eigenen Quartier einzuwenden habe.

Inzwischen ist es mal wieder soweit. 10’000 afghanische Flüchtlinge aufnehmen? Ach was, das war gestern. Vergessen, vorbei, war da mal was? Aber die Zahl, die ist irgendwie gut. Also fordern die üblichen Verdächtigen in einem «offenen Brief» an den Bundesrat die Aufnahme von ukrainischen Flüchtlingen. Wie viel dürfen’s denn sein? Richtig geraten, 10’000.

Unterschreiben ja, handeln auch?

Fast 20’000 Unterschriften sind hier bereits zusammengekommen. Organisiert wird das von Publicbeta, einer linken Campain-Truppe. Lustig ist, dass auch die GSoA zu den Unterstützern gehört. Die bekanntlich die Schweizer Armee abschaffen wollte oder will. Braucht’s in einem friedlichen Europa doch nicht mehr.

Alle Unterzeichner fordern auf jeden Fall den Bundesrat auf, «10’000 Schutzsuchende aus der ukrainischen Krisenregion aufzunehmen. Unser Land muss zudem legale Zugangswege schaffen, über die schutzbedürftige Menschen sicher und unversehrt in die Schweiz gelangen.»

Das habe «in enger Zusammenarbeit mit den Kantonen, den Gemeinden und der Zivilgesellschaft» zu erfolgen. Das wird auch interessant werden: Die Unterzeichneten sind offensichtlich Repräsentanten der Zivilgesellschaft. Da würde uns doch sehr interessieren, wie die sich hier einbringen wollen. So oberhalb einer Pipifax-Unterschrift unter eine Forderung.

Interessant ist auch die Forderung nach «legalen Zugangswegen». Bekanntlich hat die Schweiz keine direkte Grenze mit der Ukraine. Auf dem Landweg müssen die Flüchtlinge mindestens zwei weitere Länder durchqueren. Heisst das, dass die Schweiz diese Staaten um freies Geleit für «unsere» Flüchtlinge bitten sollte? Dann wird an der Schweizergrenze gezählt. 9998, 9999, 10’000. Sorry, Schluss, das war’s für den Moment. Echt jetzt?

Einen kleinen Einwand hätte ZACKBUM deshalb: sind 10’000 nicht zu wenig? Angesichts von Millionen? Wollen wir da nicht gleich noch eine Null drauflegen? Das kann doch für eines der reichsten Länder der Welt kein Problem darstellen.