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Blick in die Zukunft

«Die Ukraine muss siegen.» Und wie wird’s wirklich?

Beim Blick in die Zukunft herrscht weitgehend Einfallslosigkeit. Geboren aus Schwarzweissdenken kann man sich Prognosen nur in Schwarzweiss vorstellen. Dadurch wird das Zerrbild der Gegenwart in die Zukunft extrapoliert.

Ihr freiwilliger Beitrag für ZACKBUM

Da aber ein militärischer Sieg der Ukraine doch allgemein als unwahrscheinlich gilt, wird halt gerudert. Der Heldenpräsident Selenskij wird unbedingt mit allen nötigen Waffen versorgt, um den russischen Invasoren möglichst schmerzlich Widerstand leisten zu können – und sie zu guter Letzt aus dem Land zu werfen.

Das führt zwar zu bedauerlichen Kollateralschäden in der ukrainischen Bevölkerung und Infrastruktur, zu unermesslichem Leid und Zerstörung, aber die Alternative wäre nur, wie das ein Historiker in unnachahmlicher Dummheit behauptet, dem Präsidenten zu raten, er solle aufgeben.

Und das wiederum würde den Appetit des wahnsinnigen Verbrechers im Kreml stimulieren, der sich anschliessend noch Transnistrien, vielleicht Moldau, warum nicht Polen unter den Nagel reissen will. Deshalb muss der zur lokalen Militärmacht abgerüstet werden, was dadurch gelingt, dass möglichst viel von seinem Kriegsgerät vernichtet wird.

Das zukünftige Ziel muss unbedingt sein, dass die territoriale Integrität der Ukraine erhalten bleibt und sich Russland völlig zurückzieht, auch von der Krim. Anschliessend wird die Ukraine in die EU und die NATO eintreten, womit weitere Überfälle durch Russland ausgeschlossen sind.

Weiter im rosaroten Bild

Als Zeichen der europäischen Solidarität werden nicht nur Waffenlieferungen getätigt und geschenkt, es werden auch bedingungslos ukrainische Flüchtlinge aufgenommen. Die Schweiz sollte angesichts besonderer Umstände nicht so zickig auf ihrer Neutralität bestehen. Immerhin hat sie sich allen Sanktionen angeschlossen und nimmt auch freiwillig wohl bis zu 200’000 Flüchtlinge mit dem Sonderstatus S auf.

Die werden von der Schweizer Bevölkerung begeistert empfangen, wie nie zuvor zu Hause aufgenommen und fast als Familienmitglieder akzeptiert. Schliesslich handelt es sich um Miteuropäer, hochqualifiziert und überwiegend weiblich, meistens von einer kleineren oder grösseren Kinderschar begleitet. Dem entsprechenden Ansturm muss natürlich das Schul- sowie das Sozialsystem der Schweiz gewachsen sein. Ein Unmensch, der da von Kosten und Sekundärfolgen in der reichen Schweiz spricht.

Sobald der Endsieg über Russland errungen ist, werden grössere Teile der Flüchtlinge wieder in die Ukraine zurückströmen, so wie das ja auch bei den Ungarn und den Tschechen der Fall war. Der Wiederaufbau des Landes wird zu grossen Stücken durch beschlagnahmte Vermögenswerte reicher Russen im Ausland finanziert, zudem muss sich natürlich Russland daran beteiligen.

Als Gegenleistung hat die Ukraine schon versprochen, dass sie dann die letzten Reste von Korruption, Oligarchenherrschaft, pseudodemokratischen Veranstaltungen, willkürlicher Machtausübung beseitigen wird. Selbst Präsident Selinksij wird mit gutem Beispiel vorangehen und seine Millionenbesitztümer im Ausland offenlegen, vielleicht sogar verkaufen, um das Geld dann zu spenden.

Das ist der märchenhafte Ausblick des Mainstreams. Die Wunschvorstellung aller kalten Krieger und Kriegsgurgeln, die dafür grosse Teile der aktuellen Wirklichkeit einfach ausblenden.

Zurück in die realistische Zukunft

Denn das alles wird natürlich nicht passieren. Ein realistisches Zukunftsbild sieht so aus: als ersten Schritt wird es einen Waffenstillstand geben. Umso schneller, desto besser für die Zivilbevölkerung der Ukraine. Danach werden Verhandlungen beginnen, ohne Vorbedingungen. Wie vom Altmeister der amoralischen Realpolitik Henry Kissinger – und nicht nur von ihm – bereits skizziert, werden diese Verhandlungen damit enden, dass die Krim und die beiden Donbass-Provinzen russisch bleiben, sowie ein Landzugang zur Krim. Die Ukraine wird zumindest auf absehbare Zeit nicht in die NATO eintreten und höchstens den normalen, zeitraubenden Weg in die EU einschlagen.

Da Russland mehrfach wortbrüchig geworden ist, was seine Versprechen betrifft, die Grenzen der Ukraine anzuerkennen und zu respektieren, wird die territoriale Integrität der Ukraine von der NATO garantiert werden. Diese Kröte muss Putin schlucken, der sich ohne Not in eine Position manövriert hat, in der er nur verlieren kann. Die Frage ist nur, wo die Schwelle zum für ihn erträglichen Verlieren liegt.

Die anfängliche Begeisterung über und die Solidarität mit ukrainischen Flüchtlingen wird – wie bei früheren Flüchtlingswellen mit Willkommenskultur und allem – schnell nachlassen. Beispiele von Missbrauch, von Ausnützen, von Betrug, von Unwilligkeit, sich zu integrieren und auch bescheidene Angebote zu akzeptieren, werden zunächst als fremdenfeindliche SVP-Propaganda denunziert, sickern aber zunehmend in die öffentliche Meinungsbildung ein. Wie meist hat hier «Inside Paradeplatz» ein feines Näschen für die Vorboten zukünftiger Entwicklungen.

Die Belastungen der Schweizer Solzialsysteme werden diskutiert, die Bevorteilung von Flüchtlingen gegenüber notleidenden Schweizern kritisiert. Absurde Forderungen wie die, dass in der Schweiz Sondersteuern für sogenannte Kriegsgewinner erhoben werden sollen, deren Ertrag dann der Ukraine zugute kommen muss, fachen die kritische Debatte zusätzlich an.

Eine Wende wird sich immer deutlicher abzeichnen

Viele Familien, die gutgläubig Plätze angeboten haben, werden sich immer lautstärker darüber beschweren, dass sie versprochene Unterstützung nicht erhalten und stattdessen im Stacheldraht von Behörden und Bürokratie verröcheln, bzw. selbst in gröbere finanzielle Probleme geraten.

Die Meinungsträger, die von jeglichem Nachgeben abraten und die ewigen schiefen Vergleiche mit dem Appeasement gegenüber Hitler ziehen, werden zunehmend verstummen. Insbesondere, da Russland, in die Ecke gedrängt, immer unverhohlener mit dem Einsatz von zumindest taktischen Atomwaffen droht. Und immer deutlicher macht, dass es die Ausrüstung der ukrainischen Streitkräfte mit westlichem Militärgerät als Annäherung an eine direkte Intervention der NATO in der Ukraine empfindet.

Immerhin sind die Dummschwätzer verstummt, die noch vor Kurzem die Errichtung einer Flugverbotszone über der Ukraine, garantiert durch die NATO, oder gar ein direktes militärisches Eingriffen des Bündnisses forderten.

Es gibt die Zukunftsprognose, die auf der fantasievollen Weltsicht beruht: wenn Wünsche wahr werden. Es gibt die Zukunftsprognose, die sich nach einer heilen, gerechten, moralisch intakten Weltvorstellung ausrichtet. Es gibt die Zukunftsprognose, die in typisch eurozentristischer Selbstfixierung davon ausgeht, dass die ganze Welt nicht nur den Einmarsch verurteilt, sondern auch bei wirtschaftlichen oder politischen Sanktionen gegen Russland dabei sei. Dabei stehen hier den europäischen Staaten plus USA, Japan, Australien und Neuseeland die überwältigende Mehrheit von über 150 Nationen gegenüber, die sich in keiner Form an Sanktionen beteiligen. Darunter Schwergewichte wie China und Indien.

Medien machen immer wieder die gleichen Fehler

Auch das Denunzieren von realistischen Zukunftsprognosen als zu nachgiebig, feige, gar als Ausdruck der Übernahme russischer Positionen, als Einladung für den Kreml, weitere Eroberungszüge zu riskieren, ist unnütz. Damit werden zwar weiterhin die Mainstreammedien bespielt, aber die machen den gleichen Fehler wie in ihrer Berichterstattung über die Pandemie.

Eine zu einseitige, zu meinungsstarke, zu wenig faktenbasierte, ausgewogene und umfassende Berichterstattung stösst den Konsumenten ab. Muss er dafür noch bezahlen, fragt er sich zunehmend, welchen Gegenwert er in Form von Einheitsbrei, ewig gleichen Kommentaren, markigen Kriegsrufen und unablässigen Verurteilungen Russlands bekommt.

Wie bei der Pandemie übergehen die Mainstreammedien gefloppte Prognosen kleinlaut. Die russische Wirtschaft wird demnächst zusammenbrechen. Der Rubel wird ins Bodenlose fallen. Russland wird schwerste Verluste mit seinen Rohstoffexporten erleiden. Die russische Bevölkerung wird in zunehmendem Leidensdruck beginnen, massiv gegen ihre Regierung zu protestieren. Der Veretdigungsminister ist abgetaucht, vielleicht schon abgesetzt, oder im Straflager. Oder liquidiert. Putin ist nicht nur wahnsinnig, sondern auch krank. Geschwächt. Innerhalb des Kremls wird bereits über seine Nachfolge nachgedacht. Nur ein ausgeklügeltes Sicherheitsdispositiv hat bislang verhindert, dass ein erfolgreiches Attentat verübt wurde.

Früher gab es die journalistische Berufsgattung des Kremlastrologen. Das waren die Kenner und Spezialisten, die aus kleinsten Anzeichen (wer steht wo bei Paraden, hustet der Generalsekretär, wieso wurde das Politbüromitglied schon seit zwei Wochen nicht mehr in der Öffentlichkeit gesehen) die ganz grossen Linien zogen. Nur war damals der Ruf der Medien noch viel weniger als heute ramponiert.

Neben Putin steht nun allerdings schon der zweite Verlierer eindeutig fest. Wieder einmal die sogenannten Qualitäts- und Bezahltitel, die für gutes Geld schlechte Ware liefern.

 

 

Leichenfledderei beim Tagi

Schritt eins: erfinde einen Skandal. Schritt zwei: knutsch den toten Skandal, solange es geht.

Immerhin, von ihren Untaten im Zusammenhang mit dem Ausschlachten gestohlener Geschäftsunterlagen weiss Tamedia: eine Kampagne haut mehr rein als ein einzelner Artikel. Das gilt auch für Arthur Rutishausers Lieblingsthema: der Fall Vincenz.

Das galt auch für Salome Müller mit Dutt und Gendersternchen an den unmöglichsten Orten. Aber die ist ja verstummt, schade aber auch. Doch Mario Stäuble, den anderen halben Unterchefredaktor, den gibt es noch, und der will auch mal. Darf er.

Zunächst wurden im Bundesasylzentrum unerträgliche Zustände entdeckt. Fast noch schlimmer als auf jeder beliebigen Redaktion von Tamedia. Schikane, verletzte Menschenwürde von allen Beteiligten, furchtbar.

Ob das wirklich so ist, ist genauso unklar wie die Frage, ob auch nur eines der Beispiele für sexistische Grobheiten bei Tamedia tatsächlich stattgefunden hat oder nicht. Das ist möglich, genauso, wie es inakzeptable Zustände im Asylzentrum geben könnte. Konjunktiv. Aber Konjunktiv war früher im Journalismus.

Neue, erschütternde Bilddokumente aus der Tamedia-Redaktion (oben)
und dem Bundesasylzentrum (unten).

Heute ist Methode «Republik». Man sammle ein paar anonyme Denunziationen, drehe die zu einem Riesenskandal hoch – und lege nach. Solange es halt geht, bis die ganze Story mit einem Winseln verröchelt. Aber wer will am Anfang schon ans Ende denken.

Exklusiv: der neue Newsroom des «Tages-Anzeiger». Nachbau von der «Republik».

Schlag auf Schlag – ins Wasser

Wir haben nun bereits das «Zürcher Asylzentrum in der Krise». Ob es von seiner Krise weiss? Nicht so wichtig, Politiker haben bereits Lunte gerochen, nehmen Witterung auf, fangen wie der pavlovsche Hund an zu sabbern, wenn das Glöcklein «Skandal» klingelt, weiss Tamedia:

«Politikerinnen und Politiker fordern eine Aufarbeitung der Missstände im Zürcher Bundesasylzentrum.»

Das konnte nun der Kindersoldat in seiner Verrichtungsbox im Newsroom erledigen. Den Satz aus dem Archiv holen, abstauben und am richtigen Ort Bundesasylzentrum einsetzen.

Kollegen kümmern sich derweil um die Stimulation des Wettbewerbs: nur der Politiker mit dem schärfsten Quote kommt in die Kränze. Und der Sieger ist diesmal Willi Wottreng, AL-Gemeinderat: «Es darf nicht sein, dass mitten in der Stadt Zürich unter Oberaufsicht des Bundes ein rechtsfreier Raum entsteht.»

Wahnsinn, also doch Abu Ghureib in Zürich? Es steht zu befürchten, wenn man Wottreng folgen will:

«Die Nationale Kommission für Verhütung von Folter sollte dem Zentrum dringend einen Besuch abstatten.» Echt jetzt?

Echt jetzt. «In Schweizer Bundesasylzentren kommt es laut Amnesty International immer wieder zu Gewalt gegen Asylsuchende durch Sicherheitsleute.» Sekundiert das recherchierstarke Gassenmagazin «Surprise». Also recherchiert wurde nichts, aber Alicia Giraudel von Amnesty International habe ein Jahr lang geforscht. Ergebnis: «das Bild eines verbreitet respektlosen und gewalttätigen Umgangs mit schutzsuchenden Menschen. Die Übergriffe reichen von psychischer Gewalt und Diskriminierung bis hin zu Fällen von massiver körperlicher Misshandlung.

Bei den schwersten Misshandlungen könnten die Kriterien für Folter erfüllt sein.»

Sowohl AI wie «Suprise» wissen natürlich, dass der Wahrheitsgehalt dieser Behauptungen nicht so wichtig ist. Wichtig ist, dass man damit 15 Minuten öffentliche Aufmerksamkeit erobert, Erregungsbewirtschaftung nennt sich das im Fachjargon. Darin sind AI, «Surprise», das auch schon mal einen «künstlerischen» Mordaufruf gegen Köppel abdruckte und sich dann dafür entschuldigte, Greenpeace oder die «Republik» sich einig: muss sein. Sonst kommt man doch gar nicht in die Schlagzeilen der anderen. Dass dann alle sogenannten «Skandale» bei der «Republik» jämmerlich verröcheln, was soll’s.

Zum Beispiel «Globegarden». Oder Angola. Oder Vincenz.

Das letzte Beispiel war «Globegarden». Unerträgliche Zustände beim grössten Betreiber von Kitas in der Schweiz. Kinder fallen vom Wickeltisch, gehen verloren, werden mangelernährt, von überforderten, schlecht bezahlten Mitarbeitern. Und? Nichts und. Politiker forderten, wie immer sprungbereit, Ämter amteten, und? Ein bei einer renommierten Kanzlei in Auftrag gegebener Untersuchungsbericht ergab: nichts. Null, nada. Hatte die «Republik» wenigstens die Grösse, das zu vermelden? Ach was, wozu auch. Wäre zu sehr seriöser Journalismus. Stattdessen ein vor Arroganz und Unbelehrbarkeit triefendes Statement gegenüber ZACKBUM: «Es liegen keine Fehler vor, die wir nicht bereits am Ende des Textes richtiggestellt haben.»

In einer wahren Kampagne machte Tamedia einen schweizerisch-angolanischen Geschäftsmann nach Strich und Faden fertig. Bereichert sich an der korrupten Oberschicht Angolas, während dort Kinder mit Hungerbäuchen in Elendsvierteln vegetieren. Firmengeflecht, mögliche Steuerhinterziehung, Prozesse und Untersuchungen sind weltweit im Gange. Und? Nichts und. Alle Untersuchungen wurden ergebnislos eingestellt, alle Prozesse auch – oder vom Geschäftsmann gewonnen. Dessen Unternehmen ist futsch, die Angestellten entlassen, der Mann selber gebrochen. Wenigstens eine Entschuldigung? Ach was, wie sagte der verantwortlich-verantwortungslose Tamedia-Schreiber Brönnimann: ist doch nicht unsere Verantwortung, wenn aufgrund unserer Artikel Staatsorgane und andere tätig werden.

Ob sich Rutishauser bei Pierin Vincenz entschuldigen wird? Nicht im Traum. Gibt’s denn keine gute Nachricht aus dem Haus der schlechten Nachrichten? Leider nein:

Da zuckten Tamedia-Männer zusammen.

«Geliebter Tages-Anzeiger»? Ist das nicht ein wenig übergriffig, sexistisch, unangemessen für eine Mitunterzeichnerin des Protestbriefs? Aber viel erschreckender ist die Drohung: «mein vorerst letzter Artikel». Hartegesottene Reporter beim Tagi, die keinen Gang in die Elendsviertel der Schweizer Flüchtlingspolitik scheuen, sollen auf offener Werdstrasse zusammengebrochen sein, als sie das lasen. Mit Weinkrämpfen.

Will uns Blumer damit sagen, dass sie ihren Herzallerliebsten fragen könnte, ob er ihr statt des nächsten Handtäschchens als neues Spielzeug den Tagi kauft? Wäre doch super, Bindella inseriert, Blumer kommentiert. Der Leser? Der zieht sich mit einer doppelten Portion Tiramisu runter und ballert sich mit Bindella-Weinen den Kopf weg.