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Wumms: Fabienne Kinzelmann-Opel

Eine bedeutende feministische Stimme erhebt sich.

Kinzelmann-Opel ist ein journalistisches Schwergewicht. Ihre Selbstbeschreibung lässt kein Klischee aus: «Digital- und Print-Journalistin mit unternehmerischer Denkweise und redaktioneller Erfahrung in Deutschland, der Schweiz und den USA. Brennt für gutes Storytelling, mutige Ideen und dafür, Dinge nach vorne zu bringen

Inzwischen sei sie «internationale Korrespondentin» bei der «Handelszeitung». Ob die das weiss? Dort ist sie im Impressum einfach als Nummer zwei unter «Internationale Wirtschaft» aufgeführt.

Eigentlich müsste sie dort Chefredaktorin, wenn nicht Editor at Large sein, bei dem Vorleben: «Zuvor war ich die führende Auslandsredakteurin für Blick und SonntagsBlick, eine der größten Schweizer Tages- und Sonntagszeitungen. Ich schrieb Analysen, Porträts und Interviews für Print und Online, berichtete bei brisanten Themen live vor Ort oder analysierte im Studio und verantwortete kanalübergreifend die Auslandsberichterstattung mit einem besonderen Schwerpunkt auf den USA, Europa, dem Klimawandel und sozialen Bewegungen. Zudem entwickelte und schrieb ich einen eigenen Newsletter über US-Politik

«Führende Auslandredaktorin» beim «Blick» ist nicht schlecht; dabei hat sie wohl sich selbst geführt …

Zudem ist sie noch «Co-Präsidentin des Vereins Qualität im Journalismus». In dieser Eigenschaft röhrt sie auf «persoenlich.com»: «Missbrauchsfälle zeigen strukturelles Versagen». «Strukturell», das ist auch so ein Allerweltswort wie «resilient» oder «zukunftsfähig». Auf die Frage, was bei den «Corona-Leaks» schief gelaufen sei, rudert sie qualitätsvoll um die Wahrheit herum: «Die richtige Frage wäre gewesen: Hat ein Bundesrat ein einzelnes Medienhaus bevorzugt – oder schlicht sein Departement nicht im Griff? Stattdessen schoss die Branche auf sich selbst, besonders auf den Ringier-Verlag. Aus meiner Sicht war da viel Neid dabei. Ich habe damals selbst für die Blick-Gruppe gearbeitet und bin sicher voreingenommen, aber ich habe ja live mitgekriegt, wie die Kolleginnen und Kollegen gearbeitet haben, was für gute Kontakte sie geknüpft haben.»

So kann man das auch sehen. Und wie steht es mit den Affären um Christian Dorer und Werner De Schepper; zwei Mitarbeiter, die unter dubiosen Umständen abgesägt wurden? «Ich möchte mich nicht zu Einzelfällen äussern. Denn diese zeigen immer auch ein strukturelles Versagen: Es gibt ein Umfeld, das absichtlich oder unabsichtlich nicht genau hinschaut oder gewisse Verhaltensweisen akzeptiert oder sogar fördert.»

Ein strukturelles Versagen liegt hier wohl eher beim Management, das Karrieren ruiniert, ohne eine nachvollziehbare Begründung dazu zu liefern. Huldvoll verzichtete «persoenlich.com» darauf, Kinzelmann-Opel zu fragen, wie sie im Rahmen von strukturellem Versagen die Berichterstattung der «Blick»-Familie beispielsweise zum Thema Till Lindemann qualifizieren würde. Da musste der «Blick» schleunigst einen Artikel löschen und ein liebedienerisches Interview mit dem Anwalt des Rammstein-Sängers veröffentlichen. Das war sicherlich kein Ruhmesblatt des Qualitätsjournalismus.

Ebenso wenig wie dieses Watteinterview mit einer Angeberin …

 

Quo vadis, NZZ?

Neben viel Intelligentem gibt es immer wieder bestürzend Dummes.

Der Kommentar «Noch nie ging es Frauen so gut» von Birgit Schmid in der NZZ strotzt vor Intelligenz, gutem Sprachgebrauch und Argumenten. Sie zerlegt die neue Weinerlichkeit, zu der europäischer, Schweizer Feminismus denaturiert ist. Je mehr er Phantomschmerzen bejammert, desto hysterischer wird er.

Damit zeigt Schmid auch durchaus Mut; logisch, wird ihr kleines Wunderwerk in feministischen Kreisen mit finsterem Schweigen beantwortet; dort bereitet man sich bereits auf den «Frauenstreiktag» am 14. Juni vor.

Auch viel Mut zeigt Andreas Rüesch mit seinem NZZ-Kommentar «Mehr Freiheit, weniger Neutralität». Allerdings ist es bei ihm Mut zur offen gezeigten Dummheit. Im Titel missbraucht er den alten FDP-Slogan «Mehr Freiheit, weniger Staat». Wie soll nun aber mehr Freiheit durch weniger Neutralität entstehen? Angesichts des Ukraine-Kriegs diagnostiziert Rüesch in der Schweiz «zwei Lager: die Fundamentalisten und die Schlaumeier». Mit diesen beiden abwertenden Begriffen meint er die Verteidiger der strikten Neutralität, die auch gegen Wirtschaftssanktionen gegen Russland seien. Und diejenigen, die eine «Lockerung» der Neutralität anstrebten, damit die Ukraine sogar mit Waffenlieferungen direkt oder indirekt unterstützt werden könnte.

Beides sei falsch, denn: «Neutralität ist nur so lange etwas wert, als sie vom Ausland anerkannt und geschätzt wird. Das trifft je länger, je weniger zu», weiss Rüesch, bleibt aber jeden Beweis dafür schuldig. Stattdessen greift er weit in die Geschichte zurück und wiederholt Altbekanntes, von 1689 an. Dann springt er schnell zur Nachkriegsordnung nach 1945, lässt aber beispielsweise den Vertrag von Versailles von 1919 aus, in dem die Neutralität der Schweiz «zum Zweck der Aufrechterhaltung des Friedens» anerkannt wurde.

Nach dieser selektiven Auswahl aus der Geschichte meint Rüesch, durch Wiederholung werde sein Argument besser: «Unter dem Eindruck des Ukraine-Krieges nähert sich das ausländische Verständnis für die schweizerische Neutralität jedoch dem Nullpunkt. Aus den USA und der EU hagelt es Kritik an einer Politik, die als unsolidarisch und egoistisch betrachtet wird. Der ganze Westen hat sich angesichts der Bedrohung aus Russland einen Ruck gegeben, nur die Schweiz scheint die Zeitenwende zu verschlafen.»

Deutschland zum Beispiel hat sich den Ruck gegeben, die eigenen Waffenexportgesetze über Bord zu werfen; die USA geben sich gerade den Ruck, die Lieferung von Kampfflugzeugen nicht mehr kategorisch auszuschliessen. Aber die Schweiz habe die «Zeitenwende verschlafen», dass Rechtsstaatlichkeit keine Rolle mehr spielen soll. Was für ein aufeinandergestapelter Unsinn.

Repetitiv salbadert Rüesch, dass auch «befreundete Staaten» angeblich «befremdet» darüber seien, was immerhin Bundesrat Alain Berset bei seinem Besuch in Deutschland mal wieder klargestellt hat: die Schweiz hält sich an ihre Gesetze. Punkt. Befremden, Kritik daran, dass die Schweiz ein Rechtsstaat ist, das sollte nun niemanden, auch Rüesch nicht, ernsthaft ins Wanken bringen.

Völlig unverständlich wird er, wenn er sogar einen «wachsenden Reputationsverlust» befürchtet, wenn «die Schweiz die Krise auszusitzen versucht und auf ihrer Tradition beharrt». Himmels willen, ist denn nun auch in der NZZ alles erlaubt? Das Befolgen von Gesetzen, die Anwendung der vertragliche garantierten Neutralität, mit der die Schweiz im Übrigen durch zwei Weltkriege hindurch nicht schlecht gefahren ist, sei nun «aussitzen» und «beharren auf Traditionen»? Soll man also nicht länger auf der Tradition beharren, die Bundesverfassung und andere Gesetze ernst zu nehmen und ihnen nachzuleben, auch wenn das als «aussitzen einer Krise» missverstanden wird?

Behauptungen statt Argumente, nun läuft Rüesch in die Zielgerade ein: «Eines ist klar: Die Neutralität hat ihre ursprüngliche Raison d’être längst verloren.» Wem ist das klar, wieso sollte das so sein, was hat sich geändert? «All dies ist passé, da unsere Nachbarn längst in Frieden miteinander leben. Die Schweiz ist nicht mehr neutral, weil sie damit einer Staatsräson folgt, sondern weil die Neutralität Teil einer kaum noch hinterfragten nationalen Identität geworden ist.»

Unsere Nachbarn leben zurzeit in Frieden miteinander. Entweder glaubt auch Rüesch an das Ende der Geschichte, oder aber, das könnte sich im Verlauf der kommenden Jahrzehnte durchaus wieder ändern. Man denke nur an die vielen internen Probleme, die sich in Italien, Frankreich, aber auch Deutschland aufstapeln.

Oder verlängern wir Rüeschs Gedankengang nicht in die Zukunft, sondern in die Vergangenheit. Laut ihm hätte sich die Schweiz also auch spätestens ab 1939 einen Ruck geben sollen, nicht länger auf überkommenen Traditionen verharren, den Zweiten Weltkrieg nicht «aussitzen», sondern die «Freiheit von Europa» nicht zuletzt mit Waffenlieferungen an die Alliierten stärken sollen? Selbst Rüesch sollte dazu in der Lage sein, sich auszumalen, was das bewirkt hätte …

Was wäre denn heute die Alternative zur angeblich obsolet gewordenen Neutralität? Da wirft Rüesch den nicht gerade originellen Begriff der «Bündnisfreiheit» in die Runde. Genauer: Die Schweiz könne «gefahrlos ihre Politik der dauernden Neutralität aufkündigen und zu einer fallweisen, «einfachen» Neutralität übergehen».

Jetzt ist die Katze aus dem Sack. Neutralität von Fall zu Fall. Das passt zu Rechtsstaatlichkeit von Fall zu Fall.  Und wer oder was entscheidet, wann man es mal nicht so eng sehen sollte mit der Neutralität? «Der jetzige Fall eines Aggressionskrieges in Europa, der auch Schweizer Interessen mit Füssen tritt, wäre das Paradebeispiel einer solchen Konstellation.»

Pardon, welche Schweizer Interessen werden durch die kriegerischen Auseinandersetzungen zwischen Russland und der Ukraine «mit Füssen getreten»? Laut Rüesch in erster Linie die Interessen der Schweizer Rüstungsindustrie: «Die Schweiz bliebe frei von Bündnispflichten, aber sie gewänne ungeahnte Freiräume in der Verfolgung ihrer Interessen hinzu, erlöst aus der Zwangsjacke ihrer bisherigen Aussenpolitik. Zugleich öffnete sich ein Weg, um die Freiheit Europas zu stärken – mit der Lieferung von Militärmaterial an die Ukraine, die in ihrem Überlebenskampf auch auf die Schweiz angewiesen ist

Ohne Schweizer Hilfe könnte die Ukraine ihren Überlebenskampf verlieren, mit ihr gewinnen? Welch ein unfassbarer Unsinn.

«Zwangsjacke, erlöst, Freiheit» für Waffenhändler und -hersteller? Was für ein armseliges Bild soll die Schweiz abgeben, wenn es nach Rüesch ginge. Glücklicherweise geht es nicht nach ihm; aber dass ausgerechnet die NZZ ihm den Platz einräumt, diesen Anschlag auf die Fundamente des Schweizer Rechtsstaats zu unternehmen und ungeniert die Interessen der Schweizer Rüstungsindustrie zu vertreten, das ist beunruhigend.

 

Du nix verstan?

Kann man Feminist und Rassist sein? Aleksandra Hiltmann weiss Rat.

Es gibt anscheinend einen Sturm im Wasserglas. Denn die deutsche Autorin Sophie Passmann hat in einem Interview etwas gesagt. Wer in die Sektensprache des modernen Feminismus nicht eingeweiht ist, hat vielleicht etwas Mühe, den Satz zu verstehen: «Wenn Redaktionen im Namen des Antirassismus eine schwarze Frau zum vermeintlichen Sprachrohr von rassistischen Erfahrungen in Deutschland machen, führt das dazu, dass wieder nur ein Standard reproduziert wird: Wer spricht am lautesten, am funkiesten in ein Interview­mikrofon hinein

Item, das sei rassistisch, ein Shitstorm brandete über die Autorin, die sich beleidigt aus der Erregungsmaschine Twitter zurückzog. Hat niemand so richtig verstanden, aber nun will Tamedia-Autorin Aleksandra Hiltmann einordnen. Und ZACKBUM darf eine Fortsetzung zum Thema «Tagi-Leser sind Masochisten und zahlen dafür, dass sie gequält werden» schreiben.

Denn die Mit-Rädelsführerin der unbelegten Verleumdungen von 78 Tamedia-Frauen äussert nun Unverständliches über Unverständliches. Den diesen Shitstorm auslösenden Satz mag sie gar nicht zitieren, sie setzt offenbar voraus, dass der jedem Tagi-Leser geläufig ist:

Soweit ZACKBUM Hiltmann verstanden hat, findet sie es wichtig und richtig, dass Passmann für diese Aussage, die eigentlich keiner versteht, kritisiert wird. Denn: «Unkonstruktive Kommentare bedeuten nicht, dass sämtliche Kommentare zu einem Thema unangebracht oder nichts wert sind.» Das mag wahr sein, nur: na und?

Bisher können selbst alte, weisse Männer vielleicht noch folgen. Ab hier wird’s dann schwierig: «Es geht darum, wie oft und wo People of Color, Women of Color, im Feminismus, in den Medien und in der Öffentlichkeit repräsentiert sind – oder eben nicht.» Hier wird’s dann unmöglich: «Es geht um Intersektionalität, also darum, dass es Menschen gibt, die verschiedenen Unterdrückungsmechanismen gleichzeitig ausgesetzt sind.»

Nun wird’s zur unverhohlenen und offenen Quälerei des Lesers (doch, da müsst Ihr durch; hier ist’s wenigstens gratis):

«Es geht also auch um weisse Privilegien, ebenso um weissen Feminismus. Also «einen Feminismus, der die Interessen weisser Frauen ins Zentrum stellt» und der «einer Gruppe zugutekommen soll, die in vielerlei Hinsicht privilegiert ist», das heisst oft auch Frauen, die keine Behinderungen haben und über genügend finanzielle Ressourcen verfügen, formulierte es die Autorin, Afrikawissenschaftlerin und Lehrbeauftragte Josephine Apraku neulich beim deutschen Radiosender Cosmo. Privilegiert aber vor allem auch deswegen, weil weisse Frauen zwar benachteiligt werden von patriarchalen Strukturen, nicht aber von rassistischen. Women of Color hingegen sowohl als auch.»

Weisse Frauen leiden unter dem Patriarchat, sind aber privilegiert und haben keine Behinderungen. Andersfarbige Frauen werden doppelt benachteiligt, behauptet Hiltmann. Das nennt man Schwarzweissdenken.

Aber im Ernst: wie kann es ein Publikumsmedium zulassen, das von seinen Konsumenten Geld einfordert, dass ein solches Sektengeschwätz ungefiltert Hunderttausenden Lesern serviert wird? Wo bleibt da die vielgerühmte Qualitätskontrolle? Traut sich denn kein zurechnungsfähiger Blattmacher (m,w,d) mehr, solche Hirnrissigkeiten abzulehnen? Oder soll das ein Belastungstest sein, wie stark man das Publikum quälen kann, bis es schreiend das Weite sucht?

Wohin dieser Sektenwahnsinn führt, zeigt gerade ein absurdes Theater, dass der «Tages-Anzeiger» doch tatsächlich zur Frontmeldung macht:

Das Stürmchen im Wasserglas: In einer Alternativbeiz zu Bern genossen Alternative ein Alternativkonzert. Bis das in der Pause abgebrochen wurde. Ein Musiker unpässlich geworden? Stromrechnung nicht bezahlt? Kä Luscht? Nein, schlimmer. Ein paar Gäste hätten sich beschwert, dass es ihnen «unwohl» geworden sei. Zu viel geschluckt? Falsches geraucht? Nein, schlimmer. Ihnen sei unwohl, weil ihnen die «kulturelle Aneignung» einiger Mitglieder der Band übel aufgestossen sei. Die seien nämlich weiss, aber trügen Dreadlocks und spielten Reggae. Nun dürfen diese Stinklocken offenbar nur nicht-weisse Jamaikaner tragen. Oder so. Auf jeden Fall entschuldigten sich die Veranstalter und beklagen «Sensibilisierungslücken».

Nein; ZACKBUM hat keine verbotenen Substanzen inhaliert, so etwas kann man nicht halluzinieren oder erfinden. Aber damit ist der Wahnsinn ja noch nicht zu Ende. Nach Hiltmann serviert das Qualitätsmedium Tagi diesen Stuss seinen Lesern auf Seite eins. Denn diese Debatte habe nun auch die Schweiz erreicht. Nein, diese Debatte findet nur innerhalb kleinster Sektenzirkel von verpeilten Fanatikern statt.

Und wenn dem Tagi im Sommerloch wirklich keine Story mehr einfällt, hätten wir zumindest einen Alternativtitel für die Front zu bieten: «Käufer, verpisst euch und lest was Anständiges». Das wäre wenigstens ehrlich.

Man prügelt nicht den Köppel zum Scherz

Denn dann gibt es eine Coverstory in der WeWo.

Roger Köppel ist in einem Alter (57), in dem man sich langsam Gedanken um Werte, Sinn, Liebe und Vergänglichkeit macht. Solange man die dem lieben Tagebuch anvertraut, ist das auch völlig okay. Leider ist Köppels Tagebuch öffentlich, also sorgte er mit einer Seite Liebesgedöns für Fremdschämen und musste hier unter die kalte Dusche gestellt werden.

Zusammen mit einigen Leidens- und Altersgenossen. Da Köppel immer gerne wider den Stachel löckt, konnte er sich diesen Satz nicht verkneifen: «Jede grosse Liebe beginnt mit einem Nein der Frau. Und nur der Mann, der die Kraft hat, durch den Todesstreifen seiner Verneinung zu marschieren, qualifiziert sich für das Glück, das die ersehnte Frau für ihn verkörpert.»

Mitten in der «Nur ja heisst ja» oder «nein ist nein»-Debatte darüber, was konsensualer Sex ist und was Vergewaltigung, wusste er natürlich genau, dass er damit einen Aufschrei in feministischen Kreisen und im Haltungsjournalismus provoziert.

Der dröhnte ihm dann offenbar doch so in den Ohren, dass er sich sagte: na warte. Und so sieht dann das Na-warte aus:

Für nicht so ganz bildungsbürgerlich Sattelfeste erklärt die WeWo im «Intern», was es mit diesem Gemälde über «Dante und Beatrice» so auf sich hat. Es ist bezeichnend für das verbiesterte Niveau der Debatte, dass seine bewusste Provokation mit dem Nein Geheule und Gebrüll auslöste, dabei aber kaum jemand sich über das gestelzte Geschwurbel in seinem Text lustig machte:

«… sich uneingeschränkt hingebend, eintaucht in einen warmen Ozean des Vertrauens, der totalen Innigkeit, wo die Grenzen zwischen Ich und Du verschwimmen, …, zweisam vereint, auch in der körperlichen Verfliessung, … dem Materiellen, Fleischlichen entrückten Glückseligkeit …»

Weil aber Köppel (meistens) cleverer als seine Gegner ist, benützt er nun die beste Waffe gegen fanatischen Kampffeminismus. Denn unabhängig vom Thema einigt Extremisten, Fanatiker und Gläubige eine Eigenschaft: sie sind völlig humorlos und spassfrei.

Also lässt Köppel die britische Bestseller-Autorin Kathy Lette einen humorvollen, witzigen, schalkhaften, spielerischen Essay schreiben:

Die Autorin, wegen ihres unermüdlichen Einsatzes für Gleichberechtigung und Menschenrechte mit einer Ehrendoktorwürde ausgezeichnet, kann leider nicht als Verräterin am eigenen Geschlecht denunziert werden, die dumme Männerfantasien bedient. Zudem beherrscht sie eine Kunst, die im deutschen Sprachraum selten, in der Schweiz nicht einmal in Spurenelementen vorhanden ist: das wie ein gepflegtes Salongespräch dahinplaudernde Essay, das nicht belehrt, nicht fuchtelt, sondern amüsant-intelligent unterhält.

Man kann sich dem Charme der Autorin schlecht entziehen:

«Also, was wollen Frauen? Nichts Besonderes: gute Brustmuskulatur, Doktortitel, Knackarsch, eine nichtsexistische Einstellung, gebräunte Haut, belesener Penis, die Fähigkeit, etwas mit mangetout zu machen, Krokodile im Ringkampf zu bezwingen, an einer echten Beziehung interessiert zu sein, aber auch an Sex, der einer Frau das Knochenmark schmelzen lässt – das ist doch wirklich nicht zu viel verlangt von einem Milliardär.
Nein, eine Frau möchte einen Mann, der perfekt genug ist, um zu verstehen, warum sie es nicht ist. Sie möchte einen Mann, der wortgewandt ist. Oft hat sie das Gefühl, ihr Dünndarm sei mitteilungsfreudiger als ihr Lebenspartner. Wortspiele sind das beste Vorspiel. Nichts erregt eine Frau mehr als ein Mann mit einem pulsierenden Riesending – dem zwischen seinen Ohren.»

Es ist sozusagen ein Aufruf zur Entbiesterung und Entkrampfung der Debatte. In der Hoffnung publiziert, dass es uns in der Schweiz erspart bleibt, wie in Schweden vor dem Geschlechtsakt beiderseitig eine Einverständniserklärung unterzeichnen zu müssen.

Denn neben allem Spass und aller Tollerei gilt: wenn sich Kirche oder Staat zu sehr in intim Zwischenmenschliches einmischen, kommt das nie gut. Wenn Fanatikerinnen das fordern, muss ihnen mit allen (erlaubten) Mitteln entgegengetreten werden.

Schwarzweiss-TV

«10 vor 10» gibt rechtsradikalen Feministinnen eine Plattform.

Ganze 5 Minuten warf «10 vor 10» auf, um Schweizer Mitglieder der Gruppe «Némésis» zu porträtieren. Sie kämpfen «gegen sexuelle Belästigung von Einwanderern». Die seien nicht ausschliesslich, aber doch überwiegend für solche Belästigungen vor allem im Ausgang verantwortlich, berichtet eine «Sarah» vor laufender Kamera.

Es wird zwar eine kritische Stimme dagegengeschnitten, aber auch Saida Keller-Messahli bestätigt das verquere Frauenbild von muslimischen Männern.

Am Schluss des Berichts wird versöhnlich angemerkt, dass solche «Gegenbewegungen» immerhin eine «Debatte anstossen» würden.

Der SoBli veröffentlichte daraufhin am Sonntag eine Recherche, die den rechtsradikalen Hintergrund diverser Aktivistinnen, darunter auch «Sarah», ausleuchtet. Vor allem weist der SoBli darauf hin, dass es sich hier um einen Ableger der gleichnamigen Gruppierung aus Frankreich handelt. Dort nimmt die Gründerin von «Némésis» kein Blatt vor den Mund: «Wir müssen die weissen Männer erbittert verteidigen.»

In ihren Auftritten in den sozialen Medien gibt sich «Sarah» als militante Rechtsradikale zu erkennen, hat ihre dort geposteten Fotos allerdings entschärft. So habe sie ein Foto gelöscht, weiss der SoBli, «von einem gemeinsamen Abend mit drei Freunden. Einer von ihnen trägt einen Pullover mit dem SS-Totenkopf, das Truppenzeichen von einer besonders berüchtigten Division von Hitlers Schutzstaffel.» Einer kriminellen Verbrecherorganisation, die an vorderster Front für die Judenvernichtung zuständig war.

Dazu habe «Sarah» geschrieben: «Zusammen mit den Legenden.» Das alles macht die Anliegen der jungen Frauen nicht von vornherein verächtlich. Es ist auch durchaus richtig, einen Bericht über ihre Aktivitäten im Schweizer Nachrichtenmagazin zu bringen. Ziemlich schräg wird es allerdings, wenn diese Hintergründe nur ungenügend oder gar überhaupt nicht ausgeleuchtet wurden.

Man überliess es einer Islamforscherin und einer Genderprofessorin, sozusagen die wissenschaftliche Einordnung zu liefern. Damit meinte SRF, der Ausgewogenheit Genüge getan zu haben.

Wie aber SoBli nachwies, fehlte es dem Bericht dramatisch an Hintergrundrecherche; so fehlte auch jede Frage an die interviewte Aktivistin, was es denn mit ihren Verbindungen in die rechtsradikale Szene auf sich habe.

Das ist ziemlich peinlich für SRF, das mit insgesamt 3000 Mitarbeitern eigentlich Manns (und Fraus) genug sein sollte, um einen so langen Bericht in seinem Nachrichtenmagazin sorgfältig vorzubereiten. Aber es kann ja mal passieren, dass etwas durch die Lappen geht. Oder dass die ideologische Brille –Feminismus ist gut, mit welcher Konnotation auch immer – dunkle Flecken hat.

Aber es wäre wohl das Allermindeste, auf einen Recherchebericht des SoBli zu reagieren. Aber die jüngsten Medienmitteilungen von SRF beschäftigen sich nur mit Ankündigungen in eigener Sache und Jubelmeldungen.

Qualitätskontrolle, das ist eines der Schlagwörter, mit denen sich sogenannte Qualitätsmedien vom schlechten Rest abgrenzen wollen. Allerdings wird nur allzu selten die Qualität auch kontrolliert. Und wenn, ist das Ergebnis von vornherein klar: alles super, alles wunderbar, alles hohe Qualität.

Früher war TV in Schwarzweiss, und die Welt war bunt. Heute ist TV farbig, bildet aber eine schwarzweisse Welt ab.

«100 Liter Milch produziert»

ZACKBUM ist hart im Nehmen. Aber das war fast zu viel.

Das, was früher einmal «Das Magazin» war, heute aber nur noch so heisst, führt den Leser in nichts weniger als in das «Herz der Finsternis». So heisst ein Roman von Joseph Conrad, genial übertragen und verfilmt von Francis Ford Coppola mit «Apocalypse now».

Da spricht Kurtz, niedergesäbelt, als Summe des Lebens, seines Erlebens die Worte «the horror, the horror». Niemals war Marlon Brando eindringlicher als in dieser Rolle. Nun fragt sich sicherlich männiglich und auch fraulich, wer war Conrad, was ist «Das Herz der Finsternis», und wer sind denn die anderen Figuren und Namen?

ZACKBUM fühlt mit.

Aber das wollen wir Paula Scheidt, Finn Schlichenmeier und Franziska* Schutzbach nicht vorwerfen. Scheidt ist Redaktorin beim «Magazin», Schlichenmeier Autor bei der «Zürcher Studierendenzeitung» (was besonders schmerzt, weil wir uns noch an den «ZS», den «Zürcher Student» erinnern, als deutsche Syntax und richtiger Sprachgebrauch noch etwas bedeuteten). Schutzbach hingegen ist «eine der wichtigsten feministischen Stimmen der Schweiz».

Doppeldeutiges im Lead, aber was soll’s.

Der breiten Öffentlichkeit wurde diese feministische Kreische durch Aussagen wie diese bekannt: «Keine Anzeigen mehr in der Weltwoche, Taxiunternehmen und Fluggesellschaften sollten keine Rechtsnationalen mehr transportieren, Veranstaltungsorte und Hotels keine SVP-Parteizusammenkünfte mehr in ihren Räumlichkeiten zulassen. Mikrofone können auch einfach ausgeschaltet werden. Fernsehsender müssen keine rechten Talkgäste einladen. Zeitungen nicht mehr über sie berichten.» Ausserdem outete sie sich als Antidemokratin,

indem sie Redeverbot oder Boykott für «rechtsnationale Politiker» forderte, selbst wenn «diese gewählt wurden».

Auf die Frage von «watson», ob sie als Taxifahrerin Roger Köppel am Strassenrand stehenlassen würde, antwortete sie: «Ja, ich denke schon

Eine ellenlange Würdigung der Antidemokratin

Anschliessend ruderte sie zurück, das habe sie nur satirisch gemeint. Zudem treibt sie sich im Umfeld der hassbereiten Kämpferin gegen Hass und Hetze im Internet, Jolanda Spiess-Hegglin, herum. Also eine, sagen wir mal etwas kompromittierte Stimme des Feminismus. Das hindert «Das Magazin» aber nicht daran, ihr neustes Buch mit einem ellenlangen Interview zu würdigen.

Der Titel lautet «Die Erschöpfung der Frauen. Wider die weibliche Verfügbarkeit». An die männliche Erschöpfung beim Lesen eines solch wirren Gesprächs denkt Frau aber nicht. Die (uralte) These in einem Satz: Durch Doppelbelastung sind Frauen erschöpft. Sowohl im Beruf wie im Privaten. Wie äussert sich das? Nun, Frau muss an den Geburtstag des Arbeitskollegen denken oder «im Büro die Blumen giessen».

Echt jetzt? «Genau», sagt Schutzbach, «es existiert also eine gewisse Gefahr auszubrennen, die klar mit historisch gewachsenen Geschlechterrollen zusammenhängt.» Dann gibt Schutzbach tiefe Einblicke in die privaten Aufgaben von Frauen: «Ein kranker Grossvater muss auch nachts zur Toilette begleitet werden, ein Kleinkind wird nie geplant krank, sondern immer unvorhergesehen.»

Frau als Opfer oder als Kunstwerk?

Wie wahr, und da sich der Mann in solchen Fällen einfach umdreht und weiterschnarcht, den kranken Opa ins Bett urinieren lässt, kümmert sich halt die Frau. Aber auch die Interviewerin verblüfft mit speziellen Ursachen von Erschöpfung:

«Manchmal erwähne ich, dass ich nach der Geburt meiner Zwillinge innerhalb von vier Monaten weit über hundert Liter Milch mit meinen Brüsten produziert habe. Alle reagieren überrascht.»

Wo liegt die Wurzel der Erschöpfung? Bei Adam Smith, ungelogen

Aber genug der Erschöpfung, wo liegen eigentlich die Wurzeln des Übels? Überraschung, bei Adam Smith. Echt wahr. Der war nebenbei der Begründer der modernen Wirtschaftslehre und schrieb mit «Der Wohlstand der Nationen» ein bahnbrechendes und bis heute nachwirkendes Werk. Aber aus feministischer Sicht ist etwas ganz anderes an seinem Leben bemerkenswert:

«Der Wegbereiter des heutigen Wirtschaftsliberalismus hat sein Leben lang bei seiner Mutter gewohnt. Sie hat alle Mahlzeiten gekocht, seine Wäsche gewaschen, das Arbeitszimmer geputzt. Er hätte merken müssen, dass seine Produktivität erst durch eine Frau möglich wird, die hunderte von Stunden gratis arbeitet. Aber nichts davon ist in seine Theorien eingeflossen.»

Kochte, wusch und putzte nicht: Adam Smith

Nun, genauer gesagt lebte Smith (1723 bis 1790) als Erwachsener von 1767 bis 1776 im Haus seiner Mutter. Da die Familie nicht unvermögend war, ist eher weniger anzunehmen, dass sich seine Mutter – und nicht Bedienstete – um Küche, Wäsche und Putzen kümmerten. Aber wieso soll man sich von der Realität feministisches Geschwurbel kaputtmachen lassen.

Aber gut, deswegen schrieb wohl Smith diese Werk und nicht seine Mutter, sie war einfach erschöpft. Wie kann man dem abhelfen? «Wir sollten Familienarbeit als Projektmanagement betrachten.» Aha, sonst noch Ratschläge? Aber immer: «Zwanzig Stunden Erwerbsarbeit pro Woche muss reichen.»

Wir gestehen alles

Nun müssen wir ein Geständnis machen. Eigentlich, Berichterstatterpflicht kann herausfordernd sein, wollten wir bis zum bitteren Ende durchstehen. Als dann noch Rollenbilder, Catcalling, Penisneid und all das Panoptikum der feministischen Uralt-Topoi kamen, verzichteten wir auch aufs Querlesen und beschlossen, dass unsere Erschöpfung nur durch den sofortigen Abbruch der Lektüre kuriert werden kann.

Gnadenlos erschöpfend: Franziska* Schutzbach.

Vielleicht wiederholen wir uns, aber: eine Redaktion, die nicht nur eine Titelgeschichte über Schamlippen zulässt, sondern auch einen solchen Sprachmüll seitenweise über den Leser ausgiesst, hat jede Kontrolle über den Inhalt ihres Organs verloren. Sie hat ihre eigentliche Aufgabe, die Leserbespassung oder zumindest -unterhaltung, völlig aus den Augen verloren. Und durch Leserquälen ersetzt. In einem Ausmass, um das sich eigentlich der Gerichtshof für Menschenrechte kümmern müsste.

*Red. Nach Leserhinweis korrigiert. ZACKBUM fordert seinen Redaktor auf, sich zur Strafe einen Monat lang Arthur Zeyer zu nennen.