Die Pest im Internet
Online-Kommentare ersetzen die Kritzeleien auf Klowänden.
Grosse (und auch kleine) Medien müssen inzwischen Algorithmen oder auch Studenten einsetzen, um der Wellen von Unflat Herr zu werden, die gegen sie anbranden.
Zunächst wissen die meisten Kommentarschreiber nicht, dass das Publikationsorgan auch für diese Inhalte haftet. Man muss nun nicht gleich wie die beiden deutschen Politiker Habeck und Baerbock Hunderte von Anzeigen lostreten. Der Grüne Habeck sorgte für grosse Beachtung, als er gegen eine lustige Fotomontage vorging, die eine Schwarzkopf-Werbung mit seinem Konterfei versah und drunter «Schwachkopf» schrieb.
Kommentare lassen sich in sieben Kategorien unterteilen.
– die lobenden, immer gerne genommen
– die Besserwisser, die lediglich ihre Gesinnungsblase spazieren führen
– die kritischen, die häufig frei von jeder Sachkenntnis Whataboutism absondern
– die Kommentare auf Kommentare, die sich verhaken und nichts mehr mit dem Kommentierten zu tun haben
– die sachdienlichen, die interessante Aspekte hinzufügen
– die korrigierenden, denn niemand ist unfehlbar
– die mit Schaum vor dem Maul, die hemmungslos und frei jeglichen Anstands belfern
Drohungen («wir wissen, wo Sie wohnen», «wir werden Sie zum Schweigen bringen») werden gerne direkt per gefakter E-Mail-Adresse oder selten sogar per Brief abgeschossen.
Jede Person, die sich öffentlich äussert, muss durch diesen Schlamm waten.
Vor allem die Wäffler verstecken sich gerne feige hinter einem Pseudonym. Die Deppen wissen nicht, dass man sie mit wenig Aufwand über Ihre IP-Adresse dingfest machen könnte.
Unter ihnen gibt es wahnhaft Obsessive, die immer den gleichen Stuss absondern. Da gibt es einen Zené Reyer, der seine absurde Behauptung, der Autor schreibe positive Kommentare selbst, einfallslos repetiert. Und repetiert. Oder einen Victor Brunner, der immerhin mit seinem Namen genauso manisch faktenfreie Kritik übt.
Man hofft, dass das wenigstens therapeutischen Nutzen hat und die armen Schweine, die sich die Lektüre von Artikeln antun, die sie zutiefst hassen, wenigstens nicht in der Wirklichkeit ausrasten.
Zwei Artikel, die ZACKBUM auf Inside Paradeplatz jüngst veröffentlicht hat, bieten Anschauungsmaterial.
Natürlich möchte ein Autor wissen, was denn die Leser von seinen Werken halten. Die Lektüre sämtlicher Kommentare, unabhängig von der Kategorie, löst in erster Linie Belustigung aus. Und Besorgnis, welch elendes Leben einige wohl führen müssen, dass sie ständig in verbale Bluträusche geraten, die in oft holprigem Deutsch abreagieren und grimmige Befriedigung empfinden, wenn sie sich veröffentlicht sehen.
Ein Beispiel soll für viele andere stehen. Wie kommt jemand auf die Idee, unter dem nicht mehr taufrischen Pseudonym «Zack Dumm» abzusondern: «Zeyer tut sich vermehrt als Blödschwafler hervor. Schade. Er ruhe in Frieden.»
ZACKBUM besitzt zwar einen Doktortitel, aber wir sind nicht Arzt. Dennoch sei die hobbypsychologische Analyse gewagt: der feige Anonymus (generisches Maskulin) müsste sich dringend eine sinnvolle Aufgabe im Leben suchen. Selbst ausagierte Ausbrüche dieser Art können zu Magengeschwüren und Herzrhythmusstörungen führen.
Ganz abgesehen davon, dass eine solche Beschimpfung samt Wunsch nach Ableben des Autors keinen erkennbaren Beitrag zu Erkenntnisgewinn leistet.
Zum Brüllen komisch sind auch die Kommentatoren, die sich lauthals über Zensur beschweren, wenn eine Absonderung von ihnen, die offensichtlich justiziablen Inhalts war, nicht veröffentlicht wird. Sie missverstehen Meinungsfreiheit als das Recht, ungehemmt ins Internet zu rülpsen. Vermeintlich haftungsfrei.
ZACKBUM hat sich ein paar Mal den Spass gemacht, besonders üble Gestalten, die Ehrverletzungen und Verleumdungen publiziert sehen wollten, mit einer Rückmeldung zu beglücken, durch das gewählte Pseudonym hindurch. Das wurde dann mit erschrecktem Schweigen beantwortet.
Es ist ein altbekanntes Phänomen: anonym macht auch Feiglinge mutig. Wer sich verborgen wähnt, verliert alle Hemmungen und meint, die Welt habe auf seine Ergüsse gewartet.
Ein Autor möchte Resonanz, er will nicht in den luftleeren Raum schreiben. Andererseits möchte er eigentlich nicht wissen, welche kranken Gestalten durch die Welt wanken und seine Artikel lesen.
Immerhin: hier auf ZACKBUM kommt es immer seltener vor, dass Kommentare in den Papierkorb wandern.Man kann also mit strenger Hand Remedur schaffen.