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Neues vom Qualitätsjournalismus

«Prawda»-Bärtschi ist unermüdlich.

Sein grauenhafter Kommentar «Weichenstellung für den unabhängigen Qualitätsjournalismus» hat gute Chancen, als schlimmste Fehlleistung des Jahres an das Schandmal der höchsten Peinlichkeit genagelt zu werden.

Darüber hat es der Oberchefredaktorin Raphaela Birrer offenbar die Sprache verschlagen. Der gröbste Kahlschlag aller Zeiten in ihrer Redaktion, der dummdreiste Kommentar von Bärtschi, wäre es nicht angebracht, dass die oberste Redaktionsleitung mal einen Ton sagt? Ihrer Rumpfmannschaft Mut zuspricht, vielleicht gar gelinde Kritik übt? Aber doch nicht Birrer; dazu bräuchte es Rückgrat …

Die von Bärtschi publizistisch geleiteten Frauen und Männer von Tamedia, durch seine träfen Worte zu höchster Leistung und grandioser Motivation angestachelt, beschäftigen sich vornehmlich mit der Frage: trifft es mich oder trifft es dich beim nächsten Rausschmeissen zur Steigerung der Qualität?

Nebenher blubbern sie noch so etwas wie Artikel raus. Dabei begeben sie sich auch mal ins Reich des Raunens, der Andeutungen, der Leserverwirrung:

Die beiden Recherchiercracks Catherine Boss und Oliver Zihlmann machen etwas Originelles. Sie gehen mit einer unvollendeten Story an die Öffentlichkeit. An der ETH gebe es Vorwürfe «gegen einen renommierten Professor». Worum es allerdings genau geht, das zu beschreiben «verbietet das Bezirksgericht Zürich auf Antrag des Professors hin», wie es in leicht holprigem Deutsch einleitend heisst.

Qualitätsjournalismus würde bedeuten, dass man halt noch solange wartet, bis dieses Hindernis aus dem Weg geräumt ist. Aber doch nicht im Qualitätsblatt Tagi. Da wird nur etwas von «unangemessenem Verhalten» gemurmelt.

Dafür wird gleich eine Kampagne draus gemacht:

Und noch einer:

Da darf natürlich die selbsternannte Feministin nicht fehlen, die zwecks Gleichberechtigung die Offenlegung der Löhne fordert, nur nicht des eigenen. Also plappert Kerstin Hasse:

Ausser dieser wohlfeilen Forderung hat sie eigentlich nichts zu bieten. Denn sie kritisiert, dass Personen, die einen Vorgesetzten anschuldigen, ihre Anonymität aufgeben müssen. Andererseits räumt sie ein: «Gleichzeitig muss sich ein kritisierter Vorgesetzter auch gegen Vorwürfe wehren können. Und das kann er nur, wenn er weiss, worum es geht.» Das war beim via Spiess-Hegglin an die Öffentlichkeit durchgestochenen Protestbrief von erregten Tagi-Frauen, zu denen allerdings Hasse nicht gehörte, anders. Sie unterzeichneten zwar mit Namen, aber alle angeführten Beispiele von angeblichen sexistischen Belästigungen erfolgten anonym, wodurch kein einziger verifiziert – oder falsifiziert werden konnte.

Wohlgemerkt: es handelt sich hier um bislang nicht bewiesene Anschuldigungen von anonymen Denunziantinnen, während der Beschuldigte sagt, dass nichts davon zutreffe. Theoretisch würde da die Unschuldsvermutung gelten, aber wenn man gerne endlich mal wieder «Skandal» quäken möchte, kann man sich um solchen Pipifax doch nicht kümmern.

Nutzwert, Ratgeber, Leserbedürfnis, hat wahrscheinlich die publizistische Leiter nach unten gemurmelt, voilà, sagt die Redaktion:

Allerdings übersteigen solche Höchstleistungen im Banalen ihre Leistungsfähigkeit (wahrscheinlich nicht herzhaft gefrühstückt, die Sparrunde ist auf den Magen geschlagen). Also muss Johanna Adorján ran, die ihr Frühstück bei der «Süddeutschen Zeitung» verdient.

Noch mehr Nutzwert? Aber bitte:

Das Beste an dieser Ansammlung von Banalitäten: sie ist hausgemacht, Matthias Schüssler ist (noch) auf der Payroll von Tamedia.

Aber auch auf höchster Ebene nimmt man sich eines brennend aktuellen Themas an, das die Mehrheit der LeserInnen* dort abholt, wo sie nicht sind:

Denn der Tagi wüsste ja nicht, was er ohne die «Tages-Anzeigerin» machen würde. Hier blödeln Annik Hosmann und Kerstin Hasse als «Host» (was immer das sein mag), während Sara Spreiter die Produzentin macht. Daraus entstehen über 31 Minuten Gequatsche, die man problemlos als Folterinstrument verwenden könnte. Da gesteht jeder alles, wenn man es nur abschaltet.

Der SZ-Journalist Martin Wittmann hat ebenfalls den Blick fürs Wesentliche:

Das ist eine Frage, die unbedingt einmal beantwortet werden musste. Sozusagen mit einem Griff ins Klo.

Einen neuen Gipfel des Bauchnabeljournalismus erklimmt Nadine Jürgensen:

Selten, aber möglich: TA-Korrespondent Fabian Fellmann schafft es sogar in die SZ, allerdings auch in den Tagi. Aber während die Münchner noch gedämpft den Titel setzen «Trump entweiht die Gräber», haut das Qualitätsorgan von der Werdstrasse einen raus:

Echt jetzt, so weit geht der schon? Hat er nun doch einen erschossen, was ihm nicht schaden würde, wie er mal sagte? Nicht ganz, Donald Trump hat sich bei einem Besuch des Soldatenfriedhofs Arlington filmen lassen, was dort nicht erlaubt ist. Aber Qualitätsjournalismus heisst dann, daraus einen richtigen Brüller als Titel zu zwirbeln.

Und dann gibt es noch die qualitativ herausragende Kolumne von Ronja Fankhauser: «Ich will nicht, dass Roboter Gedichte schreiben». Wenn kümmert’s, hört ja auch niemand auf die Tagi-Leser, die nicht wollen, dass Fankhauser Kolumnen schreibt. Aber deren Inhalt, ZACKBUM hat nach dieser Galerie des qualifizierten Grauens ein Einsehen, ersparen wir unseren Lesern. Auch die sind keine Übermenschen.

 

 

 

Bis der Arzt kommt

Korrespondent wird krank. Korrespondent geht ins Spital. Korrespondent macht eine Story draus.

Dem US-Korrespondenten von Tamedia, der sich in hartem Konkurrenzkampf mit seinen Kollegen von der SZ befindet, ist ein gesundheitliches Malheur passiert. Als Beweis, dass dem Journalisten heutzutage der eigene Bauchnabel (und was dahinterliegt) am wichtigsten ist, der anrührende Bericht:

«Dauererbrechen, Bauchschmerzen? Bitte einmal im Wartesaal Platz nehmen. Nach fünf Stunden auf Sitzen mit eingetrockneten Blutspritzern durfte sich der Schweizer Patient schliesslich auf eine Pritsche im kalten Neonlicht eines Gangs legen. Für eine Behandlung mit einer Infusion, einer Blutentnahme, einer Computertomografie und einem Gespräch mit einem Arzt. Diagnose: Entzündung der Bauchspeicheldrüse.»

ZACKBUM ist erleichtert zu lesen, dass das dann doch nicht so schlimm war und sich eigentlich von selbst wieder einrenkte. Aber schwer verdaulich für Fabian Fellmann «aus Washington» war dann die Rechnung: 11’737,06 Dollar. Dafür muss die Oma ganz schön lang stricken, und der Korrespondent ganz schön viel schreiben.

Um daraus etwas Produktives zu machen, versuchte Fellmann herauszufinden, wie diese exorbitante Rechnung denn zustande kam. Das war nicht ganz einfach, wie er langfädig erläutert, aber am Schluss wusste er es: Blutuntersuchungen über 1000 Dollar, Notfall 4000 Dollar, Computertomographie knapp 6000 Dollar.

Dahinter steht offenbar ein kompliziertes Berechnungssystem, das die Privatspitäler dazu verpflichtet, je nach Art der Krankenkasse des Patienten ganz verschiedene Tarife in Anschlag zu bringen.  So weit, so schlecht.

Dann gesteht Fellmann aber ein: «Ein Schweizer Journalist, als entsandter Arbeitnehmer bei einer Schweizer Krankenkasse angemeldet, gilt in den USA als «unversichert». Wer in diese Kategorie der Ohnmächtigen gehört, berappt Höchstpreise.» Vielleicht sollte er sich mal erkundigen, was eine Auslandskrankenversicherung ist, die er bei den meisten Schweizer KK abschliessen kann. Oder vielleicht hat er sogar eine, denn er schreibt weiter: «Immerhin kann sie sich der Schweizer von der heimischen Krankenkasse erstatten lassen.»

In den USA gibt es fünf Möglichkeiten sich zu versichern: Arbeitgeber, Medicare, Medicaid, Privat oder Selbstzahler.  Dabei gibt es Härtefälle, wenn – wie in der Schweiz – eine Krankenkasse ein teures Medikament oder eine teure Therapie oder Operation nicht bezahlen will.

Die Selbstdiagnose einer Erkrankung erscheint bei Tamedia allerdings im Ressort Schweiz. Warum? Weil Fellmann seine Bauchspeicheldrüse zum Anlass nimmt, die Vorteile eines teilkontrollierten Gesundheitssystems wie in der Schweiz mit einem weitgehend privatisierten wie in den USA zu vergleichen. Nach der Devise: auch in der Schweiz explodieren vielleicht die Kosten, aber im Vergleich zum Land of the Free habt ihr es dann noch wirklich gut. Impliziert ist darin natürlich, dass es noch gesünder wird, sollte die Prämieninitiative angenommen werden. Oder wollt Ihr etwa amerikanische Zustände in Schweiz?

Aber immerhin: wann darf sich ein Korrespondent schon mal in voller (also halber) Lebensgrösse vor einem Ort seiner persönlichen Erfahrung ablichten lassen?

Und lebt: US-Korrespondent Fabian Fellmann vor Spital.

Aus dem letzten Loch pfeifen

ZACKBUM gibt mal wieder auf; Fabian Fellmann ist stärker als wir.

Wir müssen leider den gequälten Tagi-Leser mit dem Vielschreiber alleine lassen. Denn das hält man irgendwann im Kopf nicht mehr aus.

Nachdem Fellmann in seinem vorletzten Erguss noch so tat, als hätte Nikki Haley wenigstens Achtungserfolge erzielt und repräsentiere ungefähr ein Drittel der republikanischen Partei, während sie nicht mal ein Zehntel der Delegiertenstimmen von Donald Trump erobert hatte und immer mehr zur Ritterin der traurigen Gestalt wurde, musste er nun zur Kenntnis nehmen, dass sie selbst aufgegeben hat (wäre es nach ihm gegangen, hätte sie noch weiter von Sieg zu Sieg, bzw. Achtungserfolg, bzw. Niederlage eilen sollen).

Aber auch aus ihrem Abgang melkt Fellmann noch Kritisches gegen Trump: «Doch dann verdarb sie ihm die Siegerlaune und kritisierte ihre Partei hart.»

In der Parallelwunschwelt, in die sich Fellmann beunruhigend hineingesteigert hat, sieht das so aus: «Am Ende ist es einmal, ein letztes Mal wohl, nicht Donald Trump, der im Kampf um die Präsidentschaftskandidatur der Republikaner die Schlagzeilen macht.» Zumindest im Weltblatt Tagi, dessen Erscheinen in Washington jeweils atemlos erwartet wird.

Dann büschelt Fellmann alles hin, was er noch an Lobenswertem zu Haley zusammenkratzen kann. Er erwähnt den kleinen Unterschied von knapp 1000 gegen 89 Delegiertenstimmen. Aber: «So wirkt Trumps Dominanz noch viel erdrückender, als sie es im Vorwahlkampf war.» Denn eigentlich war es ein knappes Kopf-an-Kopf-Rennen, wenn man im Wolkenkuckucksheim von Fellmann wohnt.

Haley zeigte, dass sie nicht nur eine ständige Verliererin ist, sondern auch noch eine schlechte. Oder wie Fellmann formuliert:

«Schliesslich wünschte sie Trump doch alles Gute, fügte aber vielsagend hinzu: «Ich wünsche jedermann alles Gute, der amerikanischer Präsident wird.» Deutlicher konnte sie als beinharte Republikanerin nicht zum Ausdruck bringen, dass ihre Unterstützer sich getrost dem Demokraten Joe Biden zuwenden dürfen. Sie hoffe, dass Trump sich jetzt darum bemühe, ihre Wähler zu umwerben, bemerkte sie zum Schluss. «Es ist nun an ihm.»»

Ganz anders Trump, der Scheinriese, der eigentlich ein Loser ist. Denn in der freien Interpretation Fellmann sagte der: ««Wir wollen eine Einheit sein, und wir werden eine Einheit sein, und das wird sehr schnell geschehen.» Damit gestand der wahrscheinliche Präsidentschaftskandidat indirekt ein, dass er doch Mühe hat, die ganze Partei hinter sich zu versammeln, machte aber noch keine Anstalten zu konkreten versöhnlichen Gesten.»

Man muss sich den wiederholten Wahnsinn nochmals auf der Zunge zergehen lassen: «Haley konnte insgesamt nur zwei Vorwahlen für sich entscheiden: in der Hauptstadt Washington und nun in Vermont. Ihre Ergebnisse zeigten indes durchwegs, dass Trump nicht gut ankommt in städtischen Gebieten, bei Frauen und Wahlberechtigten mit höherem Bildungsabschluss.»

Die Wirklichkeit, meilenweit von diesem dünnen Pfeifen entfernt, lautet schlichtweg: so dominant ist nur ganz selten ein Kandidat durch die Vorwahlen gerauscht und hat seine wenigen Konkurrenten mit einer Hand aus dem Feld geschlagen, während er mit der anderen seine Frisur ordnete.

Als letzte Hoffnung hatte Fellmann noch zuvor geunkt, dass Trump vielleicht langsam das Geld ausgehe, während Joe Biden prall gefüllte Kassen habe. Aber nun, oh Schreck:

«Mitten in den Super-Wahltag platzte die Nachricht, dass Trump am Sonntag eine auserlesene Gruppe von möglichen Geldgebern in Mar-a-Lago empfangen hatte – darunter Elon Musk, den Eigentümer des sozialen Netzwerks X, wie die «New York Times» berichtet.»

Himmels willen, hört man Fellmann aufstöhnen, Amok Trump mit Amok Musk, das Ende der Welt ist nahe, wie der «Spiegel» schon vergeblich warnte. Auch in Fellmanns Berichterstattung spürt man, wie der Mann zunehmend verzweifelt, er noch die letzten Reste an Hoffnung zusammenkratzt, dass der Welt Trump als Präsident erspart bleiben möge. Bevor es, bevor alles zu spät ist.

Aber vor diesem Weltende erleichtert sich ZACKBUM seine Last. Die Tamedia-Leser begleitet von nun an unser Mitgefühl, aber wir bleiben in dieser Welt und winken Fellmann auf seiner Expedition in die Weiten des Weltalls zu. Fabian im Wunderland der Imagination, Fantasie und Einbildung.

Oder deutsch und deutlich: eine Schande seines Berufs.

Gerichtete Richter

Verfassungsexperte Fellmann weiss es besser. Die zweite Lieferung.

«Viehschau-Berichterstattung», das qualifiziert zu Höherem. Zu Höchstem, sozusagen. Der Oberste Gerichtshof der USA hat entschieden, dass es nicht angeht, Donald Trump die Teilnahme an den Vorwahlen in Colorado zu verweigern. Einstimmig.

Das hätten sie besser nicht getan, denn damit zogen sie den Zorn des Obersten Oberrichters Fabian Fellmann auf sich. Der hat zwar nur eine kleine Stimme im Qualitätskonzern Tamedia, die erhebt er aber unerschrocken.

Allerdings widerspricht er sich selbst, was ihm aber in seiner richterlichen Überheblichkeit, Pardon, Unabhängigkeit, gar nicht auffällt. Denn einerseits konzediert er: «Das jüngste Urteil der obersten Richter in Washington zu Trump ist schlüssig.» Aber bevor die Judges erleichtert aufatmen können, gibt ihnen Fellmann gleich Saures: «Aber insgesamt entsteht das Bild eines Gerichts, das ihm die Grenzen nicht entschieden genug aufzeigt

Ja was denn nun, ent- oder weder? Huhn oder Ei? Schlüssig oder nicht entschieden genug? Beides kann’s eigentlich nicht sein, ausser in der juristischen Präzisionslogik von Fellmann.

Denn der nimmt sie Stück für Stück auseinander. Mit der Einstimmigkeit hätten die ihre «Unparteilichkeit bekräftigen» wollen. Aber das durchschaut Fellmann sofort: «Allerdings haben sie dieses Ziel verfehlt, unter anderem, indem eine Mehrheit der Richter viel weiter ging.»

Wie das? «Die fünf Richter» hätten «dabei Trump und seinen Helfern faktisch eine politische Amnestie ausgestellt».

Nun geht der Verfassungsjournalist noch in den Nahkampf, bei einer Viehschau würde er Hörner, Mund und Hufe genauer untersuchen. Hier: «Juristisch mag es auch schlüssig sein, dass sich die Richter nicht mit der Frage befassten, ob Trump wegen des versuchten Staatsstreichs als Aufständischer gelten sollte. Doch insgesamt ist das Verhalten des Gerichts fragwürdig.»

Zwischen schlüssig und fragwürdig ist oft nur eine ganz feine, rote Linie, die nur Berufene entdecken, die über eine entsprechend grosse Lupe verfügen. Wie Fellmann.

Diesem Gaul schaute Fellmann ins Maul und will ihn nicht mal geschenkt. Aber er braucht noch eine Schlusspointe. Die lahmt dann sehr und ist noch mehr entlarvend: «Es entsteht das Bild eines Gremiums, das dem orangen Jesus seine Grenzen nicht entschieden genug aufzeigt – bis es zu spät ist.»

Oranger Jesus? Biden ist der weisse Methusalem? Putin der Beelzebub? Und der Oberste Gerichtshof der USA ist die Muppetshow? Bis es für alle, für uns alle aber vor allem für Fellmann zu spät ist. Denn zu früh kann es nicht sein. Oder so.

Umso bedeutungsloser die Meinung der Journalisten wird, desto lauter krähen sie sie hinaus.

Pfeifen im Wald, Part xxx

Kann man peinlich steigern? Fabian Fellmann versucht’s.

Was soll man zu einer solchen «Analyse» noch sagen? «Donald Trump verschafft sich am Super Tuesday einen entscheidenden Vorsprung für die Präsidentschaftskandidatur der Republikaner. Doch der Wahltag offenbart auch seine grösste Schwäche.»

Worin besteht die denn?  Nun, da hätten wir dieses gravierende Schwächezeichen: «Mit Vermont gewann Nikki Haley nach der Bundesstadt Washington bereits die zweite Vorwahl. Auch in Virginia trat Trumps Schwäche offen zutage. Haley, von sämtlichen Kommentatoren längst abgeschrieben, konnte ihm mehr als ein Drittel der Stimmen abringen.»

Ein Kandidat hat 995 Delegiertenstimmen, der andere 89. Der eine Kandidat hat die Kandidatur im Sack, die andere Kandidatin hat ihren Ausstieg verkündet. Weil sie nicht nur von allen Kommentatoren (ausser dem tapferen Fellmann) «abgeschrieben» ist, sondern das auch selber eingesehen hat (im Gegensatz zu Fellmann).

Aber man kann, wenn man nur laut genug pfeift, noch mehr Schwächezeichen bei Trump entdecken: «Aber Haley hat bewiesen, dass mehr als ein Drittel der Republikaner auch genug hat von Trumps Chaos, seinen Rache- und Diktatorenfantasien. Ohne ihre Stimmen aber kann er am 5. November nicht gewinnen.»

Haley allerdings erst recht nicht, weil sie trotz diesem Drittel aussichtslos im Rennen gelegen hat. Aber was soll auch Logik in einer Analyse. Wenn sie von Fellmann stammt.

Das ist noch nicht alles. Kommt es dann zum Zweikampf zwischen einem senilen Greis und einem Amok-Greis, dann hat der Mann mit der gewöhnungsbedürftigen Frisur über zu viel Bräuner im Gesicht noch mehr Schwächen: «Trump betreibt schon seit 14 Monaten Kampagne, und seine Geldbeutel leeren sich. Biden verfügt über prall gefüllte Kassen, die er in den kommenden, entscheidenden Monaten konzentriert einsetzen kann. Das Rennen um die US-Präsidentschaft kann beginnen – der Ausgang ist offen

Da bleiben auch einige Fragen offen.

  1. Wieso heisst dieses Stück demagogischer Polemik «Analyse»?
  2. Wieso wird der verbliebene Tamedia-Leser damit belästigt?
  3. Wieso hat Fellmann nicht das geringste Schamgefühl und kein Gespür für Peinlichkeit?
  4. Kann jemand einen einzigen Grund nennen, wieso das geldwert sein soll?
  5. Warum müssen hier 4452 Zeichen verschwendet werden? Weil es die Gefässpolitik im Kopfblattsalat nicht kürzer zulässt?
  6. Wieso schreibt Fellmann nicht einfach: Ich finde die Vorstellung, dass Trump wieder Präsident wird, zum Kotzen und wünsche ihm bis dahin alles Schlechte? Das wäre wenigstens mal eine ehrliche Ansage.

Und die Bonusfrage: Wieso betreibt Tamedia Etikettenschwindel und bezeichnet etwas, das man noch ganz knapp als Kommentar rubrizieren könnte, als «Analyse»? Seit wann ist Pfeifen im Wald eine Analyse? Weiss Fellmann überhaupt, was das ist?

Damit er nicht in Wikipedia nachschlagen muss: «Eine Analyse ist eine systematische Untersuchung, bei der das untersuchte Objekt in seine Bestandteile (Elemente) zerlegt wird.»

Ähnlichkeiten mit der «Analyse» von Fellmann wären rein zufällig und nicht beabsichtigt …

Pfeifen im Wald, Part x

Haben die Berichterstatter kein Gefühl für Peinlichkeit?

Diesmal ist Fabian Fellmann dran. «Seit Sommer 2021 berichtet der Nidwaldner als USA-Korrespondent aus Washington, D.C. Der Politologe lernte den Nachrichten-Journalismus unter anderem bei der Viehschau-Berichterstattung für die lokale Zeitung.»

Schon für eine solche Selbstbeschreibung braucht es unterentwickeltes Schamgefühl. Nun musste Fellmann in den saueren Apfel beissen. Donald Trump hat auch in South Carolina den Caucus gewonnen. Da stimmt für einmal, wenn er sagen würde «huge, gigantic, never before». Denn dort, wo seine letzte verbliebene Konkurrentin mal Gouverneurin war, holte er zwei Drittel der Stimmen – und alle 44 Delegierten. Nikki Haley «gewann keinen einzigen Distrikt – und null Delegierte», muss Fellmann einräumen und bilanziert bitter: «Es war die letzte reale Chance für seine einzige verbliebene Widersacherin, Nikki Haley, dem Platzhirsch noch gefährlich zu werden. South Carolina ist ihr Heimatstaat, sie war dort Gouverneurin, und bei der Vorwahl konnten nicht nur Republikaner mitmachen, sondern auch Demokraten.»

Das ist also keine Niederlage, sondern eine Klatsche, noch schlimmer als das, was dem Staatsanwalt im Vincenz-Prozess widerfuhr. Es ist eine Demütigung, eine krachende Niederlage, da wächst kein Gras mehr. Haley wird dadurch nicht länger zur Verliererin, sie wird zur Witzfigur, bemitleidenswert, Objekt tiefen Bedauerns, Anlass für Fremdschämen.

Oder nicht? Oder nicht, meint Fellmann. Denn er zaubert eine Erklärung aus dem Hut, ungefähr so gesucht wie die Versuche von Flatearthlern, die Erde zur Scheibe zu erklären:

«Warum gibt Haley nicht einfach auf? Weil die Mehrheit der Amerikanerinnen und Amerikaner nicht zufrieden ist mit der Auswahl zwischen dem 81-jährigen Joe Biden und dem 77-jährigen Donald Trump. Und weil die 52-Jährige und ihre Geldgeber einen verzweifelten Kampf führen um die Seele der republikanischen Partei

Äh, selbst wenn das so wäre: offensichtlich sieht aber nur eine kleine Minderheit Haley als Möglichkeit, dieser angeblichen Unzufriedenheit der Mehrheit Ausdruck zu verleihen. Und «verzweifelter Kampf und die Seele»? Seit wann haben Parteien Seelen, und wie verzweifelt müssen diese Geldgeber sein, dass sie weiter Geldbündel zum Fenster rausschmeissen, in einem längst verlorenen Kampf?

Wogegen denn? Na, gegen den Gottseibeiuns: «Er hat weite Teile der Partei seinen persönlichen Interessen unterworfen, er lässt im Kongress die Migrationspolitik sabotieren und die Ukraine-Hilfe blockieren, regieren ist ein Ding der Unmöglichkeit geworden.» Also werden die USA gerade nicht mehr regiert? Im Paralleluniversum Fellmann offensichtlich.

Was tut denn Haley, ausser eine krachende Niederlage nach der anderen einzustecken? «Haley führt Trump damit vor Augen, dass er die politische Mitte nicht aus den Augen verlieren darf.» Obwohl er ohne das sämtliche Delegiertenstimmen einheimst?

Zum Schluss von Fellmanns Irrlichtern war der Titel dieser Serie «Pfeifen im Wald» noch nie so angebracht. Sollte Trump die Wahl verlieren oder über einen der Prozesse stolpern, wolle Haley bereit sein, Tagträumer Fellmann: «Es wären kathartische Momente, die Gelegenheit für Politikerinnen wie Haley und ihre Unterstützer, auf den Ruinen der republikanischen Trump-Partei wieder eine Grand Old Party aufzubauen, die ihren Übernamen einigermassen verdient und mehrheitsfähig ist.»

Ähem, sollte Trump aber gewinnen, dann wäre doch seine republikanische Partei mehrheitsfähig, oder nicht? Macht nix, das hätte doch mit Logik zu tun, pfuibäh. Stattdessen pfeift Fellmann aus dem letzten Loch, beziehungsweise im Wald, beziehungsweise lässt Haley pfeifen: ««Wenn die Zukunft des Landes auf dem Spiel steht, gibt man nicht auf.» Es ist derzeit eines der wenigen ermutigenden Zeichen für den Zustand der ältesten Demokratie der Welt, dass sie im Rennen bleibt.»

Einfach noch zum Verdeutlichen: dass eine Verliererin trotz einer krachenden Niederlage nach der anderen nicht aufgibt, um noch weitere krachende Niederlagen zu kassieren, das sei ein «ermutigendes Zeichen»?

Ein Boxer kassiert einen Kinnhaken nach dem anderen, steht wieder auf und sagt: ein ermutigendes Zeichen. Zack, wird er wieder auf die Bretter geschickt. Steht auf und sagt …

Leider gibt es in der Politik keinen Ringrichter, der einen solchen Irrwisch vor sich selbst schützt.

Pfeifen im Wald

Wie peinlich kann Tamedia noch werden?

Offensichtlich aus dem letzten Mal nichts gelernt. Bekanntlich waren sich (fast) alle Kommentatoren, USA-Kenner, Analysten und grossen Wahlstrategen bis zum November 2016 sicher und einig: wir haben die erste Präsidentin der USA, völlig klar, dass dieser Amok mit merkwürdiger Frisur niemals gewinnen kann, ausgeschlossen.

Dann gab es eine schreckerfüllte, kurze Sendepause. Anschliessend musste erklärt werden, wieso die Wahl Trumps das Ende der Menschheit einläutet, diejenigen, die ihn gewählt haben, bescheuert sind, und dann kam Relotius. Gleichzeitig machte sich das ehemalig angesehene Nachrichtenmagazin «Der Spiegel» mit der Ankündigung lächerlich, als vornehmste Aufgabe und Pflicht anzusehen, Trump «wegzuschreiben».

Dann kam Biden, allgemeines Aufatmen. Aber nun zeichnen sich die nächsten Wahlen in gut 10 Monaten am Horizont ab, und es droht, was all den Trump-Hassern wieder den Angstschweiss den Rücken runterfliessen lässt. Es sieht ganz danach aus, als ob Trump wieder antreten würde, falls ihn eines der vielen Gerichtsverfahren nicht stoppt. Und es sieht ganz danach aus, als ob Biden wieder antreten würde, falls seine senilen Aussetzer nicht ein Ausmass annehmen, dass er notfallmässig ersetzt werden müsste. Die dafür vorgesehene Vizepräsidentin hat sich – ebenso wie Biden – als Flop erwiesen und kommt nicht in Frage.

Üble Ausgangslage, vor allem für die Amis. und natürlich für die Kommentatoren. Schon recht früh macht sich einer bereits nach Kräften lächerlich: «Natürlich kann Biden noch gewinnen», spricht sich und seinen Gesinnungsblasenlesern Fabian Fellmann Mut zu. Man konstatiert hier eine zunehmende Konvergenz zwischen «Republik» und «Tages-Anzeiger». Wenn die Wirklichkeit nicht ins ideologisch gefärbte Bild von ihr passt, dann wird sie passend gemacht.

Denn  die Wirklichkeit ist dramatisch: «Biden zieht beinahe schon als Aussenseiter in die Wiederwahl gegen den Möchtegern-Diktator Donald Trump.» «Beinahe schon» und «Möchtegern-Diktator» eigentlich könnte man hier schon aufhören, den Quatsch zu lesen. Wer’s nicht tut: da gebe es, Schauder, Schauder, Umfragen, die eine Führung Trumps ergeben. Aber gemach: «Der angebliche Vorsprung von Trump, der seit Monaten Schlagzeilen macht, schrumpft bei genauerer Betrachtung zusammen.»

Man meint, das kollektive Aufatmen der verbleibenden Tagi-Leser zu hören. Aber Fellmann ist mit seiner Demontage der Umfragen noch nicht fertig: «Meistens führt Trump mit Werten, die sich lediglich im statistischen Fehlerbereich bewegen, was bedeutet, dass die beiden Männer in etwa gleichauf liegen. Ausserdem dürfte mindestens ein Drittel der Wahlberechtigten an der Wahl gar nicht teilnehmen

Einer geht dann noch: «Zehn Monate vor dem Wahltermin haben solche Umfragen beschränkte Aussagekraft über die wahren Stimmabsichten

Also doch kein Anlass zur Panik? Fellmann versteht sich auf ein Wechselbad der Gefühle: «Es soll kein zu rosiges Bild entstehen. Allein die Tatsache, dass Trump Biden derart in Bedrängnis zu bringen vermag, ist ein Alarmsignal.» Was für ein Alarmsignal? Dass der Amtsinhaber, von Anfang an eine Verlegenheitslösung, weil die Personaldecke der Demokraten nicht weniger dünn ist als die der Republikaner, kaum etwas gebacken gekriegt hat, in Umfragen über die Zufriedenheit mit seiner Amtsführung abschmiert, immer wieder zeigt, dass er körperlich und mental so stark abbaut, dass man sich ernsthaft Sorgen um seine Fähigkeit, Kontakt mit der Realität zu halten und eigenständige Entscheidungen zu treffen machen muss, das sind Alarmsignale.

Dass ein Amok wie Trump ihn tatsächlich bei den kommenden Wahlen gefährden kann, ist ein Alarmsignal, aber anders, als Fellmann meint. Nicht wegen Trump, sondern wegen Biden. Aussenpolitisch rudert er herum, innenpolitisch gibt es kaum Lebenszeichen von ihm; sollte noch die Wirtschaft in eine Rezession geraten, dürften die Chancen auf Wiederwahl weit unter 50 Prozent fallen.

«Kann» er noch gewinnen? Natürlich. Es kann auch ein Meteorit einschlagen, Trump kann durch sein Haarfärbemittel vergiftet werden, es könnten auch Aliens landen und die Wahlen absagen. All das «kann» passieren.

Das ist alles Vermutungs-Konjunktiv, das Dreschen von leerem Stroh. Damit kann man sich lächerlich machen. Damit macht sich Fellmann lächerlich. Wozu Tamedia («Seit Sommer 2021 berichtet der Politologe als USA-Korrespondent aus Washington, D.C») so jemanden beschäftigt (und bezahlt!), das fragt sich der gebeutelte Leser. Der kann sein Abo verlängern. Oder auch nicht, weil er sich fragen könnte: wieso soll ich für dieses Gebabbel etwas bezahlen? Das ist doch wertlos, wieso sollte es dann geldwert sein?