Schlagwortarchiv für: Einheitsbrei

Ach du dickes Ei

Päpstliches Geschenk für die Medien.

Ostern ist blöd. Medial gesehen. Wenn der Stau am Gotthard abgefrühstückt ist, dann herrscht normalerweise ziemlich tote Hose. Die Redaktionen sind ausgedünnt, denn auch der Redaktor möchte gerne schon am Mittwochabend aufbrechen, um dem Osterstau zu entgehen und kommt gerne erst am Dienstag im Verlauf des Tages wieder zurück.

Also bleibt das B- oder gar das C-Team, um die Spalten und die Online-Auftritte zu füllen.

Aber das war diesmal ganz anders. Der Papst bot ein Abend- und seitenfüllendes Programm. Zuerst die bange Frage, ob es sein Gesundheitszustand erlauben würde, am Sonntag den Segen «urbi et orbi» zu spenden. Und wenn nein, wer das dann an seiner Stelle tun könne und ob das überhaupt die gleiche Wirkung habe.

Das war schon Anlass genug, tiefschürfende Beobachtungen über den Krankheitsverlauf und die bereitstehenden Stellvertreter des Stellvertreters anzustellen.

Dann das Osterwunder, der Papst wurde ans Fenster gerollt und konnte tatsächlich, wenn auch in abgekürzter Form, die Menge segnen. Zuvor war es dem konvertierten US-Vizepräsidenten Vance noch gelungen, eine Audienz beim Papst zu erhaschen.

Was bösartige Spötter natürlich zur Vermutung verleitete, dass die nachfolgenden Ereignisse durch dieses Erlebnis des Papsts geprägt wurden.

Denn schon am Montag erschallte die traurige Nachricht durch urbi et orbi, dass der Papst nach tapferer Pflichterfüllung von uns gegangen ist. Ein Schlaganfall raffte ihn dahin, nachdem sich schon die katholische Christenheit Hoffnungen gemacht hatte, dass er weiterhin auf dem Weg der Besserung sei.

Aber eben, die Wege des Herrn sind unerforschlich.

Die Reaktion der Medien allerdings nicht.

Nun werden alle Register gezogen. Der Live-Ticker. Die Aufbahrung. Die Todesursache. Die letzten Tage. Die letzten Stunden. «Wer wird Papst? Das sind die aussichtsreichsten Kandidaten», zählt Tamedia auf. Und natürlich: «Wie Argentinien um seinen Papst trauert».

Der «Blick» schaut genau hin: «Erste Bilder von Papst Franziskus im offenen Sarg», dazu ein Ratgeber mit Nutzwert, obwohl das doch der SoBli-Chefredaktor gerade als «Klugscheisserei» kritisiert hatte: «So kommst du am besten nach Rom zur Beerdigung von Papst Franziskus».

Die NZZ spannt ihren didaktischen Muskel an:«Wer folgt auf Papst Franziskus? Die wichtigsten Fragen und Antworten». Dazu «Buenos Aires nimmt Abschied» und natürlich «Das Vermächtnis» des Papstes.

Auch CH Media betritt nicht gerade Neuland: «Die Welt ohne Papst Franziskus – seine Stimme wird fehlen», dazu vielleicht nicht mehr ganz aktuell: «Papst Franziskus ist tot: wie es im Vatikan weitergeht». Und aus dem Standardrepertoire: ««Intensiver Moment, als er mir in die Augen geschaut hat»: Regierungsrat Markus Dieth erinnert sich an Treffen mit Papst Franziskus».

Auch SRF tickert vor sich hin: «Kardinäle planen Papst-Bestattung – Schlaganfall war Todesursache», und natürlich der Blick in die Zukunft: «Kandidaten für Papstamt – «Wer als Papst ins Konklave geht, kommt als Kardinal heraus»». Und natürlich die Macht der Bilder: ««Mensch unter Menschen» Prägende Momente seines Pontifikats».

Da muss man ganz unchristlich festhalten: Der Einheitsbrei quillt überall über. Eigentlich bräuchte es in solchen Momenten gar nicht mehr vier Newsrooms. Ein einziger würde doch reichen. Oder noch besser: mit einem simplen Algorithmus, plus etwas AI, könnten sich eigentlich alle Journalisten ein paar Freitage gönnen, Ostereier suchen oder sonst etwas Nützliches tun.

Während die Konsumenten überall in der gleichen Sauce gebadet werden. Die Nacherzählung, die Stationen, der Tod, die Zukunft, die persönlichen Begegnungen, Himmel hilf. Originalität scheint vollständig ausgestorben zu sein.

So sollte es sein

Leider ist die «Weltwoche» die einzige Podiums-Zeitschrift.

Philipp Gut nahm mal wieder den Morgenstern hervor: «Klimapropaganda an Kantonsschule Baden: Wer stoppt die ideologische Verschleuderung unserer Steuergelder

Das Urteil zugunsten der «Klimaseniorinnen» sei auch im Aargau abgefeiert worden: «Dazu führt die Kantonsschule Baden eine Veranstaltung durch, an der ausschliesslich Vertreter und Befürworter einer Partei, der Gegenpartei zur Schweiz im Klimaprozess vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte, zu Wort kommen: eine Vertreterin der Klimaseniorinnen, die von Greenpeace montiert wurden, eine grüne Richterin und eine Universitätsjuristin, die sich bereits im Vorfeld des Strassburger Prozesses gegen die Schweiz positioniert hatte.» Soweit Gut, der schon mit seiner Autorenmarke sehr patriotisch daherkommt:

Zwischenschritt: als der Wanner-Clan und der Coninx-Clan die letzten unabhängigen Schweizer Tageszeitungen zusammenkauften, sodass nun von Basel über Bern bis nach Zürich, über Aarau bis nach Luzern und St. Gallen aus zwei Zentralredaktionen die Einheitssauce verteilt wird, gab es grosse Schwüre und Ankündigungen: niemals werde darunter die Meinungsvielfalt leiden, das seien dann «Forumszeitungen» im Fall, natürlich kämen auch divergierende Meinungen zu Wort, man sei sich da seiner staatsbürgerlichen Pflicht bewusst.

Leere Versprechen, so in der Tradition der Ankündigung von Pietro Supino, dass man niemals nicht die Redaktionen von «Berner Zeitung» und «Bund» zusammenlegen werde.

Denn statt diesem Pluralismus gibt es auch Meinungseinheitsbrei. Wie sagte ein aufrechter Redaktor aus dem Hause Tamedia zum ZACKBUM-Redaktor René Zeyer mal so schön, als der einen Artikel einreichte: wunderbar geschrieben. Aber das kann ich nicht mal an der Redaktionskonferenz vorschlagen, keine Chance.

Ansonsten werden auch an den Haaren herbeigezogene Vorwände benützt, um die Leser in ihrer vermuteten Gesinnungsblase nicht aufzuschrecken. Nach der Devise: lieber stattdessen Leser zu Tode langweilen und mit mediokrem Geholper vergraulen.

(Fast) alle einig sind sich hingegen, dass die «Weltwoche» ein ganz übles rechtspopulistisches Blatt von Putin-Verstehern von Gnaden Blochers sei, wo ein  allmächtiger Besitzer, Verleger, Herausgeber und Chefredaktor mit harter Hand eine Meinungsdiktatur durchsetze.

Es ist zwar richtig, dass hier etwas Checks and Balances fehlen. Aber der gleiche ZACKBUM-Redaktor kann bezeugen, dass Roger Köppel der einzige Chefredaktor im deutschen Sprachraum ist, der sich im eigenen Blatt massiv kritisieren lässt.

Weiter im Text. Nach diesem Keulenschlag von Gut darf eine Teilnehmerin an dieser «ideologischen Verschleuderung unserer Steuergelder» zurückkeulen:

Die ehemalige Bundesrichterin Brigitte Pfiffner stellt richtig: «Schon 2011 habe ich in der Fachzeitschrift Iusletter ausführlich und kritisch von «ausufernder Rechtsprechung» des EGMR gesprochen. Auch der Titel meines Referats an der Kantonsschule Baden trug diesen Titel – ohne Fragezeichen. Ich vertrete die Auffassung, dass der EGMR zunehmend ins Gebiet der Politik hineinfunkt; das ist nicht seine Aufgabe.»

Das exemplifiziert sie sehr kritisch an mehreren Urteilen von Strassburg, um zum Schluss zu gelangen:

«Aus verschiedenen – hier aus Platzgründen nicht auszuführenden Überlegungen – bin ich der Meinung, dass das neueste Urteil dem Gericht schadet – und dem Klimaschutz nicht nützt. Dem Ministerrat, dem die Aufgabe zukommt, den Vollzug der EGMR-Urteile zu überwachen, wird die Schweiz erläutern können, was sie zur Verbesserung des Klimas bereits schon vor dem Urteil auf die Wege gebracht hatte. Und damit hat sich’s.
So bleibt vom Klimaseniorinnen-Urteil des EGMR Schall und Rauch zurück. Und vom einseitigen Artikel zur Veranstaltung an der Kantonsschule Baden von Philipp Gut nur ein Schluss: Der Schuss ging daneben.»

Der WeWo-Kommentator ist teilweise von so viel Meinungsfreiheit überfordert. Aber das ist ein herausragendes Beispiel, wie Forumsmedien funktionieren sollten. Rede und Widerrede, so sollte es sein. Rechthaberei im luftleeren und widerspruchsfreien Raum bringt meistens einen Erkenntnisgewinn von null. Ohne Widerpart wird auch der mediokre Gesinnungsjournalist zum King im Ring, weil niemand das Mittelmass von Gedanken und Formulierungen denunzieren darf.

CH Media ist auf diesem unheilvollen Weg unterwegs, Tamedia hat bereits das Zielband gerissen. Und auch die NZZ schwächelt vor allem beim Thema Ukraine bedenklich. Den «Blick» kann man als Meinungsträger nicht mehr ernst nehmen. Und sonst gibt es nur Randgruppenprogramme. Bleibt noch die WeWo.

Dass der ZACKBUM-Redaktor dort gelegentlich publiziert, macht diese Analyse in keiner Form obsolet.

Business Bullshit

Drei Gründe für CH Media Mitarbeiter, Angst zu kriegen.

Der Wannerclan steckt seine Claims neu ab. Florian Wanner, Leiter Regionale Elektronische Medien, bekommt auch noch «watson» in sein Portefeuille gelegt. Warum? Darum. Schliesslich hat er sich schon beim Kampf gegen die Abschaltung der UKW-Frequenzen als überlegener Stratege erwiesen. Ach nein, er hat sich lächerlich gemacht

Aber wozu in die Vergangenheit schweifen, die Aktualität liegt so nah. Denn Wanner geruhte, das ist immer sein Fehler, ein Interview zu geben. Für aufgeweckte Mitarbeiter von CH Media gibt es darin mindestens drei Gründe, echt Schiss um die Sicherheit des Arbeitsplatzes zu kriegen. Also nicht nur für die 150, die sowieso rausgeschmissen werden.

Denn versteht jemand diesen Business Bullshit, den der Manager, von Beruf Sohn, hier von sich gibt? «Das gibt insbesondere in der Vermarktung spannende Möglichkeiten zur Zusammenarbeit, aber auch im Ad-Tech-Bereich, in Sachen Audience Building und Content-Marketing können die beiden Organisationen voneinander profitieren.»

Nach dem Bodybuilding nun das Audience Building, aber auch den Ad-Tech-Bereich und natürlich das Content Marketing nicht vergessen. Aber «voneinander profitieren»? Das heisst «Synergien», kann doch nicht so schwer sein.

Zweiter Grund: «Wir fokussieren die Organisation stärker auf die drei Geschäftsfelder Regional-TV, Radio und Newsportale. Im redaktionellen Tagesgeschäft behalten wir den trimedialen Austausch, aber selbstverständlich kann man bei uns weiterhin Radio-/TV-/Online-Kombis buchen.» Aha. Na dann. Welchen Fokus hatte die Organisation denn vorher? Aufs Traubenernten, Schlossbewohnen und Dummschwätzen?

Dritter Grund: «Im Nachhinein ist man immer schlauer.» Diese Aussage, wenn man einen krachenden Fehler gemacht hat, ist an Banalität nicht zu überbieten. Wer ohne Regenschirm in die Traufe geriet, dem wird das ständig passieren, wenn er sagt, dass man im Nachhinein immer schlauer sei. Würde er aber etwas daraus lernen, beispielsweise den Wetterbericht konsultieren, dann bestünde Hoffnung, dass ihm das nicht immer wieder passiert.

Schliesslich müssen auch solche Flapsigkeiten zu denken geben, wenn Wanner auf die Frage, wie weit die Zusammenlegung der Newsportale gehe, antwortet: «Aber ja, bestimmt kann man auch noch die eine oder andere Story austauschen, ohne dass gleich der Einheitsbrei überläuft.»

Damit räumt er ja indirekt ein, dass schon jetzt Einheitsbrei verbreitet wird, ein Offenbarungseid im Newsbereich. Aber eben, leider kommen im Medienzirkus nur sehr wenige Manager in ihre Position, weil sie managen können. Andere Eigenschaften sind viel wichtiger.

Medien Suisse

Ein repräsentativer Querschnitt durch die Niederungen.

Wir könnten nun die «Financial Times», das «Wall Street Journal» oder «The Economist» genauer anschauen, wie die über die CS-Pleite berichtet haben. Dabei würden wir aber blau und grün vor Neid, was im angelsächsischen Raum für Qualitätsjournalismus möglich ist.

Also lassen wir das und schauen, was am 11. April 2023 über die CS erschienen ist. Am späten Vormittag zählt die Mediendatenbank SMD insgesamt 96 Treffer für das Stichwort «Credit Suisse». Darin sind natürlich all die Doppeltreffer durch den Kopfblattsalat bei Tamedia und CH Media inbegriffen.

cash.ch macht etwas ganz Originelles; es erteilt dem «Chefdenker Andrew Garthwaite» von der CS das Wort: Wie er schreibe, sei «die Stimmung unter Aktienanlegern gar nicht mal so pessimistisch. Der Stratege wähnt die Aktienmärkte deshalb auch weiterhin in einem schleichenden Bärenmarkt».

Schleichender Bärenmarkt, eine Auskunft des «Chefdenkers» einer gescheiterten Bank? Schleich di, wie der Bayer da sagt.

Sowohl Tamedia wie die NZZ erfreuen den Leser mit einem Erklärstück zur Sondersession zur CS, die an diesem Tag begann. Da wird dieses und jenes erklärt, dabei wäre die Zusammenfassung ganz einfach: «Im Vorfeld zeichnet sich ab, dass die Parlamentarier die Kredite billigen dürften», schreibt die NZZ wie immer vornehm zurückhaltend.

Oder anders formuliert: nachdem die SP mit einer Kehrtwende den einzig sinnvollen Vorschlag der SVP abgeschossen hat, dass das Parlament den Bundesrat beauftragen soll, eine Gesetzgebung auszuarbeiten, mit der die sogenannten systemrelevanten Banken so gesundgeschrumpft werden, dass keine Staatsrettung mehr nötig ist und man sie im Fall der Fälle wie jedes andere Unternehmen auch abwickeln könnte, wird an dieser Sondersession genau nichts passieren.

Das mäandert sich dann durch den Medienkuchen. «zentralplus», «blick.ch», «finews.ch», «watson», «20 Minuten», «srf.ch», «nau.ch», «bluewin.ch», «Handelszeitung», SDA, man wähnt sich wieder einmal in Nordkorea, so uniform ist die Berichterstattung.

Tamedia wagt sich sogar zur Frage vor: «Was bei einem Nein des Parlaments zu den Milliardenkrediten passiert». Abgesehen davon, dass es das nicht geben wird: nichts.

Einzig «Inside Paradeplatz» bringt etwas Farbe ins Druckergrauschwarz: «In Einladung zu Aktionärsversammlung schrieb Grossbank von 24 Mrd. Jahresverlust. Offiziell sprach sie stets von 7,3 Mrd. Verlust.» Denn Lukas Hässig hat sich nochmal die Einladung zur letzten GV der CS genauer angeschaut. Und behauptet kühn: «Die Geschichte mit der CS, die noch am Freitag vor ihrem Verschwinden alle Kapital- und Liquiditätsvorgaben erfüllt habe, muss möglicherweise neu geschrieben werden.»

Das ist erfrischend. Aber es ist auch beelendend, weil daneben keinerlei Hintergrundberichte erscheinen. Die muss man dann wohl wieder in der FT, dem WSJ oder dem «Economist» lesen. Beziehungsweise die deutschen Versionen, wenn die hiesigen Medien dort abgekupfert haben …

Blick in die Zukunft

«Die Ukraine muss siegen.» Und wie wird’s wirklich?

Beim Blick in die Zukunft herrscht weitgehend Einfallslosigkeit. Geboren aus Schwarzweissdenken kann man sich Prognosen nur in Schwarzweiss vorstellen. Dadurch wird das Zerrbild der Gegenwart in die Zukunft extrapoliert.

Da aber ein militärischer Sieg der Ukraine doch allgemein als unwahrscheinlich gilt, wird halt gerudert. Der Heldenpräsident Selenskij wird unbedingt mit allen nötigen Waffen versorgt, um den russischen Invasoren möglichst schmerzlich Widerstand leisten zu können – und sie zu guter Letzt aus dem Land zu werfen.

Das führt zwar zu bedauerlichen Kollateralschäden in der ukrainischen Bevölkerung und Infrastruktur, zu unermesslichem Leid und Zerstörung, aber die Alternative wäre nur, wie das ein Historiker in unnachahmlicher Dummheit behauptet, dem Präsidenten zu raten, er solle aufgeben.

Und das wiederum würde den Appetit des wahnsinnigen Verbrechers im Kreml stimulieren, der sich anschliessend noch Transnistrien, vielleicht Moldau, warum nicht Polen unter den Nagel reissen will. Deshalb muss der zur lokalen Militärmacht abgerüstet werden, was dadurch gelingt, dass möglichst viel von seinem Kriegsgerät vernichtet wird.

Das zukünftige Ziel muss unbedingt sein, dass die territoriale Integrität der Ukraine erhalten bleibt und sich Russland völlig zurückzieht, auch von der Krim. Anschliessend wird die Ukraine in die EU und die NATO eintreten, womit weitere Überfälle durch Russland ausgeschlossen sind.

Weiter im rosaroten Bild

Als Zeichen der europäischen Solidarität werden nicht nur Waffenlieferungen getätigt und geschenkt, es werden auch bedingungslos ukrainische Flüchtlinge aufgenommen. Die Schweiz sollte angesichts besonderer Umstände nicht so zickig auf ihrer Neutralität bestehen. Immerhin hat sie sich allen Sanktionen angeschlossen und nimmt auch freiwillig wohl bis zu 200’000 Flüchtlinge mit dem Sonderstatus S auf.

Die werden von der Schweizer Bevölkerung begeistert empfangen, wie nie zuvor zu Hause aufgenommen und fast als Familienmitglieder akzeptiert. Schliesslich handelt es sich um Miteuropäer, hochqualifiziert und überwiegend weiblich, meistens von einer kleineren oder grösseren Kinderschar begleitet. Dem entsprechenden Ansturm muss natürlich das Schul- sowie das Sozialsystem der Schweiz gewachsen sein. Ein Unmensch, der da von Kosten und Sekundärfolgen in der reichen Schweiz spricht.

Sobald der Endsieg über Russland errungen ist, werden grössere Teile der Flüchtlinge wieder in die Ukraine zurückströmen, so wie das ja auch bei den Ungarn und den Tschechen der Fall war. Der Wiederaufbau des Landes wird zu grossen Stücken durch beschlagnahmte Vermögenswerte reicher Russen im Ausland finanziert, zudem muss sich natürlich Russland daran beteiligen.

Als Gegenleistung hat die Ukraine schon versprochen, dass sie dann die letzten Reste von Korruption, Oligarchenherrschaft, pseudodemokratischen Veranstaltungen, willkürlicher Machtausübung beseitigen wird. Selbst Präsident Selinksij wird mit gutem Beispiel vorangehen und seine Millionenbesitztümer im Ausland offenlegen, vielleicht sogar verkaufen, um das Geld dann zu spenden.

Das ist der märchenhafte Ausblick des Mainstreams. Die Wunschvorstellung aller kalten Krieger und Kriegsgurgeln, die dafür grosse Teile der aktuellen Wirklichkeit einfach ausblenden.

Zurück in die realistische Zukunft

Denn das alles wird natürlich nicht passieren. Ein realistisches Zukunftsbild sieht so aus: als ersten Schritt wird es einen Waffenstillstand geben. Umso schneller, desto besser für die Zivilbevölkerung der Ukraine. Danach werden Verhandlungen beginnen, ohne Vorbedingungen. Wie vom Altmeister der amoralischen Realpolitik Henry Kissinger – und nicht nur von ihm – bereits skizziert, werden diese Verhandlungen damit enden, dass die Krim und die beiden Donbass-Provinzen russisch bleiben, sowie ein Landzugang zur Krim. Die Ukraine wird zumindest auf absehbare Zeit nicht in die NATO eintreten und höchstens den normalen, zeitraubenden Weg in die EU einschlagen.

Da Russland mehrfach wortbrüchig geworden ist, was seine Versprechen betrifft, die Grenzen der Ukraine anzuerkennen und zu respektieren, wird die territoriale Integrität der Ukraine von der NATO garantiert werden. Diese Kröte muss Putin schlucken, der sich ohne Not in eine Position manövriert hat, in der er nur verlieren kann. Die Frage ist nur, wo die Schwelle zum für ihn erträglichen Verlieren liegt.

Die anfängliche Begeisterung über und die Solidarität mit ukrainischen Flüchtlingen wird – wie bei früheren Flüchtlingswellen mit Willkommenskultur und allem – schnell nachlassen. Beispiele von Missbrauch, von Ausnützen, von Betrug, von Unwilligkeit, sich zu integrieren und auch bescheidene Angebote zu akzeptieren, werden zunächst als fremdenfeindliche SVP-Propaganda denunziert, sickern aber zunehmend in die öffentliche Meinungsbildung ein. Wie meist hat hier «Inside Paradeplatz» ein feines Näschen für die Vorboten zukünftiger Entwicklungen.

Die Belastungen der Schweizer Solzialsysteme werden diskutiert, die Bevorteilung von Flüchtlingen gegenüber notleidenden Schweizern kritisiert. Absurde Forderungen wie die, dass in der Schweiz Sondersteuern für sogenannte Kriegsgewinner erhoben werden sollen, deren Ertrag dann der Ukraine zugute kommen muss, fachen die kritische Debatte zusätzlich an.

Eine Wende wird sich immer deutlicher abzeichnen

Viele Familien, die gutgläubig Plätze angeboten haben, werden sich immer lautstärker darüber beschweren, dass sie versprochene Unterstützung nicht erhalten und stattdessen im Stacheldraht von Behörden und Bürokratie verröcheln, bzw. selbst in gröbere finanzielle Probleme geraten.

Die Meinungsträger, die von jeglichem Nachgeben abraten und die ewigen schiefen Vergleiche mit dem Appeasement gegenüber Hitler ziehen, werden zunehmend verstummen. Insbesondere, da Russland, in die Ecke gedrängt, immer unverhohlener mit dem Einsatz von zumindest taktischen Atomwaffen droht. Und immer deutlicher macht, dass es die Ausrüstung der ukrainischen Streitkräfte mit westlichem Militärgerät als Annäherung an eine direkte Intervention der NATO in der Ukraine empfindet.

Immerhin sind die Dummschwätzer verstummt, die noch vor Kurzem die Errichtung einer Flugverbotszone über der Ukraine, garantiert durch die NATO, oder gar ein direktes militärisches Eingriffen des Bündnisses forderten.

Es gibt die Zukunftsprognose, die auf der fantasievollen Weltsicht beruht: wenn Wünsche wahr werden. Es gibt die Zukunftsprognose, die sich nach einer heilen, gerechten, moralisch intakten Weltvorstellung ausrichtet. Es gibt die Zukunftsprognose, die in typisch eurozentristischer Selbstfixierung davon ausgeht, dass die ganze Welt nicht nur den Einmarsch verurteilt, sondern auch bei wirtschaftlichen oder politischen Sanktionen gegen Russland dabei sei. Dabei stehen hier den europäischen Staaten plus USA, Japan, Australien und Neuseeland die überwältigende Mehrheit von über 150 Nationen gegenüber, die sich in keiner Form an Sanktionen beteiligen. Darunter Schwergewichte wie China und Indien.

Medien machen immer wieder die gleichen Fehler

Auch das Denunzieren von realistischen Zukunftsprognosen als zu nachgiebig, feige, gar als Ausdruck der Übernahme russischer Positionen, als Einladung für den Kreml, weitere Eroberungszüge zu riskieren, ist unnütz. Damit werden zwar weiterhin die Mainstreammedien bespielt, aber die machen den gleichen Fehler wie in ihrer Berichterstattung über die Pandemie.

Eine zu einseitige, zu meinungsstarke, zu wenig faktenbasierte, ausgewogene und umfassende Berichterstattung stösst den Konsumenten ab. Muss er dafür noch bezahlen, fragt er sich zunehmend, welchen Gegenwert er in Form von Einheitsbrei, ewig gleichen Kommentaren, markigen Kriegsrufen und unablässigen Verurteilungen Russlands bekommt.

Wie bei der Pandemie übergehen die Mainstreammedien gefloppte Prognosen kleinlaut. Die russische Wirtschaft wird demnächst zusammenbrechen. Der Rubel wird ins Bodenlose fallen. Russland wird schwerste Verluste mit seinen Rohstoffexporten erleiden. Die russische Bevölkerung wird in zunehmendem Leidensdruck beginnen, massiv gegen ihre Regierung zu protestieren. Der Veretdigungsminister ist abgetaucht, vielleicht schon abgesetzt, oder im Straflager. Oder liquidiert. Putin ist nicht nur wahnsinnig, sondern auch krank. Geschwächt. Innerhalb des Kremls wird bereits über seine Nachfolge nachgedacht. Nur ein ausgeklügeltes Sicherheitsdispositiv hat bislang verhindert, dass ein erfolgreiches Attentat verübt wurde.

Früher gab es die journalistische Berufsgattung des Kremlastrologen. Das waren die Kenner und Spezialisten, die aus kleinsten Anzeichen (wer steht wo bei Paraden, hustet der Generalsekretär, wieso wurde das Politbüromitglied schon seit zwei Wochen nicht mehr in der Öffentlichkeit gesehen) die ganz grossen Linien zogen. Nur war damals der Ruf der Medien noch viel weniger als heute ramponiert.

Neben Putin steht nun allerdings schon der zweite Verlierer eindeutig fest. Wieder einmal die sogenannten Qualitäts- und Bezahltitel, die für gutes Geld schlechte Ware liefern.

 

 

Olympia: läuft

China-Bashing war gestern, jetzt ist Spiel, Sieg und Jubel.

Sicher haben wir die Uiguren nicht vergessen. Hongkong. Taiwan. Totale Sozialkontrolle. Ganze Städte unter Quarantäne und mit Ausgangssperre. Parteidiktatur. Diktator auf Lebenszeiten. Unterstützung aller Unrechtssysteme der Welt, solange es ökonomischen Interessen dient. Neokolonialismus via Kredite und anschliessendem Ausverkauf.

Aber he, jetzt ist Sport. Wer rutscht auf zwei Brettern am schnellsten einen Hang runter? Schiebt komische Steine übers Eis? Vermeidet es, in Stangen reinzufahren? Springt am weitesten über eine Schanze? Riskiert im Bob sein Leben? Drischt einen Puck am häufigsten ins Netz?

Das sind die Fragen, die nun die Medien bewegen, da müssen knallhart Prioritäten gesetzt werden. Schliesslich ist Corona schwer auf dem absteigenden Ast, da darf es keinen Phantomschmerz geben. Also zeigt ZACKBUM mal wieder einen bunten Strauss der variantenreichen Berichterstattung, deren Vielfalt unbedingt mit einer Steuermilliarde unterstützt werden muss:

Tamedia geht ganz nah.

«20 Minuten» bleibt bei den üblichen Sportfotos.

«Blick» fällt wie meist nichts Spezielles ein.

CH Media schiebt die Berichterstattung immerhin an den rechten Rand.

Nichts Neues von der NZZ.

Für einmal fällt nicht mal «watson» ab.

«Blue News» konzentriert sich aufs Wesentliche.

Wer eins gesehen hat, hat alle gesehen. ZACKBUM regt die Einrichtung einer einzigen Zentral-Sportredaktion an. Synergie, Kompetenz, Verdichtung, mehr Content. Mit weniger Redaktoren!