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Ukrainerin schreibt über Ukrainer

Nichts gegen Patriotismus. Aber gibt es keine Qualitätskontrolle bei Tamedia mehr?

Sascha Britsko ist gebürtige Ukrainerin. Das macht ja nichts. Sie arbeitet als Journalistin für Tamedia. Das macht eigentlich auch nichts. Ausser, dass sie immer wieder einseitig das Wort zur Verteidigung ukrainischer Flüchtlinge in der Schweiz ergreift.

Sie tat das schon, als die ersten Kritiken laut wurden, dass verblüffend wenig Flüchtlinge mit dem Sonderstatus S sich erfolgreich darum bemühen, dem Steuerzahler nicht auf der Tasche zu liegen. Als militante Kriegsbefürworterin aus der geschützten Werkstatt an der Werdstrasse trompetete sie auch schon heraus – unter dem Zitat-Titel «Sind Sie noch ganz bei Trost?» –, dass Verhandlungen «Kapitulation» seien. Also muss die Ukraine inzwischen am Rand der Kapitulation stehen, da Verhandlungen immer näher rücken.

Bevor das aber geschieht, macht sich Britsko Sorgen um ihre Landsgenossen (generisches Maskulin) in der Schweiz und bangt schon im Titel: «Kippt die Stimmung gegenüber Ukraine-Flüchtlingen?» Denn es gibt Furchtbares zu vermelden: «Menschen werden auf der Strasse beleidigt, Hilfsorganisationen werden angefeindet, der Schutzstatus S gerät politisch unter Druck.»

Da gibt es auch schlimme Einzelschicksale wie das von Julia Peters, die einen Verein namens «Good Friends for Ukraine» betreibt. Die wurde bereits 2023 von zwei Tamedia-Kollegen porträtiert und jammerte schon damals: «Die Stimmung kippt». Unglaublich, wie diese Stimmung kippen und kippen kann – ohne umzufallen. Wie kann man das Kippen noch drastischer darstellen? So:

«Hundekot im Briefkasten. Unfreundliche Postkarten. Und ein Brief, der einen Mann mit Ukraine-Fahne und Hitlergruss zeigt. Was Julia Peters derzeit erlebt, ist für sie zu einem traurigen Alltag geworden. «Ich überlege mir ernsthaft, mit der Arbeit aufzuhören», sagt sie.»

Furchtbar, ob Peters vielleicht selbst in einem Drittland um politisches Asyl nachsuchen sollte? Allerdings vielleicht nicht in Deutschland, denn nach Peters gehen Britsko etwas die Schweizer Beispiele von drangsalierten Helfern aus, daher wechselt sie ins deutsche Mönchengladbach, wo einem Leiter einer Hilfsorganisation Ähnliches widerfährt.

Nun versucht Britsko den Rücksturz in die Schweiz und in die Verallgemeinerung: ««Wir stellen natürlich schon länger fest, dass die Solidarität mit der Ukraine grundsätzlich nachlässt und der Unmut gegenüber den ukrainischen Flüchtlingen langsam wächst», sagt Sasha Volkov, Vorstand des Ukrainischen Vereins Schweiz.»

Dann folgt das Beispiel von Olga, die allerdings anonym bleiben will. Auch sie sei schon als Ukrainerin beschimpft worden. Blöd nur: sie ist Russin, kann also schlecht als Direktbetroffene gelten. Aber in der Not … Peinlich ist dann, dass die angeblich anonyme Olga in der Bildlegende als «Olga Zuyeva» identifiziert wird. Im Text heisst es über sie, sie lebe seit fünf Jahren zusammen mit ihrer Familie in der Schweiz. In der Bildlegende ist sie seit drei Jahren als Flüchtling hier. Ja was denn nun; macht ein Qualitätsorgan solche Schnitzer?

Auch das «Beratungsnetz für Rassismusopfer» kann leider nicht wirklich weiterhelfen. Die Zahl der Beratungen von Personen aus der Ukraine sei nur leicht gestiegen, «von 11 auf 17 Beratungen». Bei über 70’000 Flüchtlingen wohl eher ein Beweis dafür, dass Britsko fantasiert.

Aber ihr geht es um etwas anderes: «Klar ist aber, dass der Schutzstatus S politisch immer mehr unter Druck gerät.» Denn, oh Schreck oh Graus, der Zürcher Sicherheitsdirektor Mario Fehr hat doch tatsächlich vorgeschlagen, «alle geflüchteten Ukrainerinnen und Ukrainer zurückzuschicken, wenn sie nicht arbeiten oder nicht aus besetzten oder umkämpften Gebieten stammen». Unmenschlich, das.

Denn, wie Britsko einräumen muss, die Zahl der arbeitstätigen Ukrainer ist weiterhin meilenweit von der Vorgabe des Bundes (40 Prozent der Arbeitsfähigen) entfernt; mit schlappen 28 Prozent, etwas mehr als ein Viertel. Im Feuer steht auch, dass angeblich an Leib und Leben gefährdete Ukrainer auch gerne mal ihren SUV in der Schweiz parkiert lassen und fröhlich ausufernde Ferien in der Ukraine verbringen. Und völlig unbeschädigt wieder zurückkommen.

Das ist natürlich nicht wahr, überlässt Britsko der solidaritätsmüden Peters der Schlusswort: ««Viele haben das Gefühl, die Ukrainer seien Touristen», sagt sie. «Sie machen sich eine Meinung, weil sie ein paar wenige gesehen haben, die mit teuren Autos gekommen sind. Die tausend, die ohne Geld in ihren kleinen Zimmern sitzen, sehen sie nicht.»»

Ein paar wenige? Alles ist relativ im Leben.

Dass die Ukrainer selbst allenfalls daran beteiligt sein könnten, dass ihr Image nicht das beste ist, dass sie sich lauthals über inakzeptable, weil zu kleine Zimmer beschweren, dass sie ungeniert jede Art von Sozialzusatzleistungen einfordern, dass sie gerne Kosmetik-Salons aufsuchen und sich darum kümmern, dass die Haare schön blondiert bleiben, dass sie gerne und ausführlich Ferien im angeblich so gefährlichen Kriegsgebiet Ukraine machen – das alles ist für Britsko nicht der Rede wert.

Es sei ihr unbenommen, immer wieder eine Lanze für ihre Landsgenossen zu brechen und völlig einseitig zu berichten. Wieso aber Tamedia – als angebliche Qualität- und Podiumszeitung – kein Gegensteuer gibt oder die Mitarbeiterin auffordert, vielleicht auch weniger positive Seiten der ukrainischen Flüchtlinge in einem ausgewogenen Artikel darzustellen – was für ein Elend.

Schon wieder ein Beispiel dafür, dass alle Behauptungen von Qualitätsjournalismus Pipifax sind. Solange nicht einmal die primitivsten journalistischen Prinzipien eingehalten werden.

Man will ja von der links-woken SZ-Tamedia-Redaktion nicht verlangen, dass sie vielleicht mal zu erklären versucht, wieso mehr als die Hälfte der US-Stimmbürger Donald Trump gewählt haben (oberhalb davon, dass sie halt bescheuert, rassistisch und chauvinistisch sind). Aber selbst bei der Thematik Ukraine-Flüchtlinge in der Schweiz versagt diese Redaktion kläglich.

Schlaue linke «WochenZeitung»

Der Presserat lässt sich an der Nase herumführen.

Von Thomas Baumann*
SRF-Moderator Sascha Ruefer habe sich über den Fussballspieler Granit Xhaka doch rassistisch geäussert, fand der Schweizer Presserat unlängst und wies eine Beschwerde gegen die linke Wochenzeitung WOZ ab.
Zu überraschen vermag das nicht: Die Präsidentin des Presserats — obwohl in diesen Entscheid nicht direkt involviert — ist die WOZ-Journalistin und ehemalige WOZ-Redaktionsleiterin Susan Boos.
Der Satz «Granit Xhaka ist vieles, aber er ist kein Schweizer», den Ruefer gemäss der WOZ «gesagt haben soll», verletzte zwar weder die Antirassismus-Strafnorm, noch werde hier eine Ethnie herabgesetzt, er sei aber dennoch rassistisch, weil hier Ausgrenzung «wegen einer Andersartigkeit» betrieben werde, so der Presserat.
«Blocher: Ein unschweizerisches Phänomen»
Dass der Satz nicht genau so geäussert wurde, spielte dabei für den Presserat keine Rolle. Auch den Hinweis in der Beschwerdeschrift, dass ein Buch des SRF-Journalisten Fredy Gsteiger über Alt-Bundesrat Christoph Blocher den Titel «Blocher: Ein unschweizerisches Phänomen» trägt, ignorierte er tunlichst. Ist ja auch zu blöd, dass dieses angeblich rassistische «Othering» hin und wieder auch gebürtige Schweizer trifft.
Noch etwas anderes macht stutzig: In der Beschwerde wurde unter anderem eine Verletzung des Zwei-Quellen-Prinzips gerügt. Treuherzig versicherte die WOZ in ihrer Beschwerdeantwort, sie hätte durchaus zwei Quellen gehabt: «Beide waren an der Produktion beteiligt und konnten glaubhaft machen, dass sie das Rohmaterial gesichtet haben.»
Zwei angeblich direkt involvierte Quellen und trotzdem kennt die Zeitung den genauen Wortlaut des Satzes nicht. Dass hier etwas faul ist, wäre jedem Redaktor eines Lokalblatt aufgefallen. Nicht jedoch dem Presserat: Dieser fiel voll darauf herein.

*Dieser Artikel erschien zuerst in der «Walliser Zeitung». Mit freundlicher Genehmigung.

Wussten Sie das nicht?

Vielleicht ist der Zugang von Andrea Fopp doch keine gute Idee.

Die Journalistin dilettierte einige Jahre beim Serbel-Projekt «bajour», das von Hansi Voigt lediglich mithilfe der tiefen Taschen einer Basler Pharmaerbin über Wasser gehalten wird. Sozusagen im Wachkoma an eine Geldtransfusion angeschlossen.

Dann wechselte Fopp im Januar 2024 als Bundeshausredaktorin zur NZZ. Und senkt nun dort das Niveau. Ihr neuster Streich: Die Schweiz sei längst im Krieg, behauptet sie so kühn wie überraschend. Wie das? «Wladimir Putins Bomben sind weit weg. Gegen die Eidgenossenschaft setzt er subtile Waffen ein. Mit verdrehten Wahrheiten versucht er, die freiheitliche Demokratie zu schwächen.»

Wow, Eidgenossen ergreift die Hellebarden und Morgensterne, bezieht das Alpenréduit, der Russe kommt. Fopp hat ihn bereits erspäht. Sie reitet nochmals auf dem Ausrutscher des Nachrichtenportals RT rum, das im Juni behauptet hatte: «Die Schweiz will russische Städte bombardieren lassen». Die SP-Nationalrätin Priska Seiler Graf habe gesagt: Die Schweiz müsse «so schnell wie möglich in den Konflikt einbezogen werden», um Russland «die militärische Stärke des Landes zu demonstrieren».

Das war natürlich Schwachsinn, hergeleitet von ihrem Vorstoss als Mitglied der Sicherheitspolitischen Kommission des Nationalrats, dass die Schweiz eine indirekte Weitergabe von Kriegsmaterial, bspw. via Deutschland, erlauben solle. Obwohl das das gültige Kriegsmaterialexportgesetz klar verbietet.

Daraus schliesst Fopp messerscharf: «Die Strategie ist perfid. Desinformation ist häufig schwer erkennbar, da sie auf Tatsachen basiert.» Auf dieses Beispiel trifft das allerdings gerade nicht zu, wie der tiefen Denkerin nicht auffällt.

Aber daraus zieht sie gleich den nächsten Fehlschluss:

«Die Episode zeigt: Die Schweiz befindet sich längst im Krieg. Russland greift zwar nicht mit Panzern und Lenkwaffen an, aber mit Falschinformationen, verdrehten Tatsachen, Lüge. Währenddessen streitet das Parlament in Bern darüber, ob sich die Milliarden für die Verteidigungsfähigkeit der Armee lohnen.»

Defätisten in Bern, während die Schweiz bereits voll unter russischem Dauerfeuer liegt. Aber damit ist Fopp noch nicht am Ende des Märchenlateins. «Die Desinformation ist ein klassisches Mittel der hybriden Kriegsführung. Sie geht zurück auf den chinesischen Militärstrategen Sunzi.» Dessen «Kunst des Krieges» darf in keinem pseudogelehrten Abriss fehlen.

Aber Fopp hat noch mehr historische Erkenntnisse auf Lager: «Kriegstreiber orientieren sich bis heute daran. Die Kommunistische Partei der Sowjetunion betrieb in den 1920er Jahren eine «Abteilung für Agitation und Propaganda» (Agitprop). Sie diente Joseph Goebbels, Propagandaminister von Nazideutschland, später als Vorbild. Seit der Annexion der Krim im Jahr 2014 hat auch Putin seine Propaganda verstärkt.»

Sowjetischer Agitprop (die damals kein Kriegstreiber, sondern Opfer imperialistischer Invasionen war, aber wozu historische Genauigkeit), Goebbels, Putin, et voilà.

Das ist nun lustig, weil völlig einäugig. Schon mal was von der Atlantik-Brücke gehört, von all den Journalisten im Westen, die auf der Payroll von US-Agenturen sind (so wie es andere gibt, die sich von Russland bezahlen lassen)? Von den brutalen Eingriffen der USA in Twitter und Facebook? Propaganda, seit Edward Bernays den Begriff als Kampfmittel definiert hat (aber den kennt Fopp wohl nicht), spielt seit Anfang des 20. Jahrhunderts eine immer wichtigere Rolle in militärischen Auseinandersetzungen. Man denke auch nur an die Massenvernichtungswaffen- oder Brutkastenlüge der USA; ihre Lüge, um in Vietnam einzufallen.

Aber für Fopp steht der Propagandist und  Russlandversteher  ganz woanders. Genau, da muss man nicht lange raten: «Der «Weltwoche»-Verleger Roger Köppel und ehemalige SVP-Nationalrat inszeniert den russischen Präsidenten gerne als vom Westen missverstandenen Machthaber, der sich gegen einen «Kreuzzug» gegen den Osten wehren müsse. Und sogar der angesehene Mitte-Politiker Peter Hegglin gab der Ukraine im Ständerat die Mitschuld am Krieg.»

Die Ukraine habe eine Mitschuld am Krieg? War da was mit Bombardierungen des Donbass und Tausenden von Toten vor der russischen Invasion? Ach nein, das sind sicherlich auch nur so Propagandalügen.

Aber Fopp muss mahnen und warnen: «Solche Wortmeldungen nützen nicht nur Putin, sie schaden auch der Schweiz.» Dann gründelt sie ganz, ganz tief: «Die Lüge ist eine anthropologische Grundkonstante. Gelogen wird überall und andauernd, im Privatleben, in der Wirtschaft, in der Politik.» Anthropologische Grundkonstante, aber hallo. Die Wahrheit hier ist: solche Tiefflieger-Kommentare nützen niemandem, schaden aber der NZZ.

Wie weiter, wie mit Lügen und Köppel umgehen? Da fährt Fopp Slalom: «Gefragt ist die Gesellschaft in ihrer Gesamtheit. Die Freiheit der Rede, der Wettstreit der Meinungen sind Grundvoraussetzungen für die Freiheit jedes Einzelnen. Doch wo die Lüge überhandnimmt, funktioniert der politische Wettstreit nicht mehr.»

Tja, einerseits darf gestritten (und gelogen) werden. Andererseits ist das dann doch nicht so gut. Besteht denn ernsthaft die Gefahr, dass die Lüge in der Schweiz «überhandnimmt»? Da sind die Frauen und Männer draussen im Lande und auch in den Schweizer Städten gefordert: «Jede Bürgerin, jeder Bürger muss erkennen, dass Lüge und Desinformation den Staat unterhöhlen und damit letztlich Freiheit und Wohlstand bedrohen. Die kritische Auseinandersetzung mit Informationen liegt in der Verantwortung jedes einzelnen Mitglieds der Gesellschaft

Also übernehmt endlich Verantwortung; das gilt auch für ZACKBUM-Leser. Setzt euch kritisch mit diesem einäugigen, einseitigen, pseudogelehrten Kommentar von Fopp auseinander, dieser Fortsetzung der Kriegsgurgel Georg Häsler mit anderen Mitteln. Und lernt was draus.

Und merkt euch: der politische Wettstreit wird beschädigt, wenn das Denkerblatt NZZ solche unreflektierte, unrichtige Flachheiten veröffentlicht. Die sich mit der (meist) unbeholfenen und ungeschickten russischen Propaganda beschäftigen. Und die wirkliche Gefahr, die inzwischen mehrfach aufgedeckten Zensur- und Beeinflussungsmassnahmen westlicher Propagandainsitute aussen vor lässt.

Elon Musk veröffentlichte die Twitter-Files, Mark Zuckerberg gestand unlängst ein, dass er sich kräftiger gegen Zensurmassnahmen seitens der US-Regierung hätte zur Wehr setzen sollen. Dazu die Belege, wie während der Pandemie Regierungen die öffentliche Meinung steuerten und beeinflussten. Oder wie steht es um das Schweigekartell vor den letzten US-Wahlen, das bis heute andauert, über den üblen Inhalt des Computers des Biden-Sprösslings Hunter Biden?

Wer (zu recht) russische (und chinesische und nordkoreanische) Propaganda kritisiert, ist völlig unglaubwürdig, wenn er das nicht durch eine Kritik an westlicher Propaganda ergänzt. Gegen Propaganda aus fernen Staaten lässt sich wenig unternehmen. Aber hier bei uns, da könnte kritische Auseinandersetzung mit Information gefragt sein. Nur nicht für Fopp.

Rascheln statt recherchieren

Christian Brönnimann fasst ein Urteil des Bundesverwaltungsgerichts schlecht zusammen.

Seine bravuröse Recherchierleistung besteht darin, dass er die anonymisierten Beteiligten als Familienmitglieder des reichen Russen German Chan identifiziert. Was eine Riesenleistung ist:

«A._______ (nachfolgend: Beschwerdeführer) besitzt die (…) Staatsbürgerschaft und hat seinen Wohnsitz in London. Seit dem Jahr 2017 ist er mit B._______ verheiratet. B._______ ist die Tochter von C._______.
C._______ ist ein russischer Unternehmer und Grossaktionär des Y._______ Konzerns.»

So der Auszug aus einem unlängst publizierten Urteil. Oder auf Deutsch: A ist der Schwiegersohn von Chan, der Grossaktionär der russischen Alfa-Gruppe ist und um das Datum des russischen Einmarschs in die Ukraine herum versuchte, Teile seines in der Schweiz parkierten Vermögens auf Familienangehörige zu überschreiben, bevor ihn Sanktionen ereilten.

Nun sei Chan «gemäss der EU-Sanktionsbehörde eine der einflussreichsten Personen in Russland. Er pflege «enge Beziehungen» zu Präsident Putin. Die beiden erwiesen sich «gegenseitig wichtige Dienste»», zitiert Brönnimann dackelbrav. Da solche Behauptungen auch schon in anderen Fällen nicht stimmten, hätte der Recherchierjournalist von Tamedia hier mal seinen Muskel anspannen können und nachforschen.

Aber wie bei den ausgeschlachteten gestohlenen Geschäftsunterlagen, die in Papers, Leaks und Flops verwandelt werden, ist es viel einfacher, das öffentlich einsehbare Urteil des Bundesgerichts zu referieren.

Allerdings natürlich nur die Teile, die ihm in den Kram  passen und die sein Narrativ stützen:

Es geht doch nichts über sauberen Thesenjournalismus, bei dem das Ergebnis der Recherche schon feststeht, bevor sie überhaupt begonnen hat.

Worüber sich der Beschwerdeführer, also der Schwiegersohn Chans, der die Freigabe von eingefrorenen 20 Millionen Dollar fordert, im Einzelnen beschwert, ist Brönnimann schnurzegal, diesen Teil des Urteils zitiert er nicht:

«Der Beschwerdeführer rügt eine mehrfache Verletzung seines Anspruchs auf rechtliches Gehör, eine Verletzung seines Rechts auf ein faires Verfahren und die überlange Verfahrensdauer. Im Weiteren beanstandet er eine willkürliche Feststellung des Sachverhalts, eine Verletzung der Eigentumsgarantie und der Wirtschaftsfreiheit sowie die willkürliche Anwendung des Embargogesetzes und der Ukraine-Verordnung.»

Tatsächlich stellt das Bundesverwaltungsgericht fest, dass ihm diverse Verfahrensakten dermassen geschwärzt ausgehändigt wurden, dass ihr Inhalt nicht verwertbar war. Zudem wurden erst auf mehrfaches Insistieren Akten nachgereicht: «Die im Rahmen ihrer Duplik neu eingereichten Akten erklärte sie (die Vorinstanz, Red.) mit zusätzlichen Abklärungen, die sich als notwendig erwiesen hätten.» Oder auf Deutsch: stinkt.

Das sieht auch das Bundesverwaltungsgericht so:

«Durch dieses Versäumnis wurde dem Beschwerdeführer verunmöglicht, sich zum Sachverhalt vorweg zu äussern und in wirksamer Weise an der Erstellung des rechtserheblichen Sachverhalts mitzuwirken. Die Rüge, die Vorinstanz habe die angefochtene Verfügung gestützt auf Informationen erlassen, die sie mit dem Beschwerdeführer nicht geteilt habe, ist somit begründet. Dadurch ist beim Erlass des in die Rechtstellung des Beschwerdeführers eingreifenden Entscheides sein Gehörsanspruch in schwerwiegender Weise verletzt worden.» Wumms.

Nichtsdestotrotz erkannte das Bundesverwaltungsgericht, dass die Beschwerde abgewiesen werde, obwohl der Beschwerdeführer eine Vielzahl von solcher Einreden aufeinandergestapelt hatte.

Nun könnte man sagen, dass das halt die Winkelzüge von Advokaten sind, die sich in den Sold russischer Oligarchen begeben. Allerdings handelt es sich hier um Professor Dr. Peter Nobel, dem ein tadelloser Ruf wie Donnerhall vorauseilt.

Da er diesen zu verlieren hätte, kann man diesen Gerichtsfall nicht so einäugig als versuchte Rettungsmassnahmen eines «Putin-Freunds» und Oligarchen abtun, der sein sicherlich schmutzig erworbenes Geld zu Recht abgenommen bekam.

Dass das Etikett «Putin-Freund» plus der Besitz eines grösseren Vermögens, plus die russische Staatsbürgerschaft dazu ausreichen, die Eigentumsgarantie ausser Kraft zu setzen, dass die Schweiz ungeprüft die oftmals willkürlichen Sanktionsentscheide der EU übernimmt, dass auf jede Überprüfung im Einzelfall, ob der Besitz rechtens ist, verzichtet wird, ist erst der Anfang dieses Skandals.

Was Brönnimann hier abgeliefert hat, erfüllt knapp das Kriterium «gefilterte Auszüge aus einem Gerichtsurteil». Wobei er alles, was ihm nicht in seinen Thesenkram passte, einfach ausblendet.

Ein weiterer Beleg für die von ZACKBUM vorgetragene Anregung, dass das sogenannte «Recherchedesk» problemlos eingespart werden könnte, mit Ausnahme vielleicht des Volontärs. Denn solche Holzschnitzer wie Brönnimann braucht es wirklich nicht.

Primitive Demagogie

Auch auf die Gefahr hin, als Extremist beschimpft zu werden: das ist dummes Geschwätz.

Fabian Renz leitet das Ressort «Analysen und Meinungen» von Tamedia. Das ist der Kopfblattsalat, bei dem schon mal die Todesanzeigen von Zürich in der «Basler Zeitung» erscheinen. Höchste Qualität eben.

Analysen sind hier eher selten, Meinungen kommen gehäuft vor, meistens aus München übernommen. Renz ist so ein Meinungsträger, und daran trägt er schwer.

Er wurde schon mehrfach verhaltensauffällig. Nun ist er aber über ein gefundenes Fressen gestolpert:

Niemand muss darüber reden, Renz will aber. Das darf er natürlich, nur sollte er mit seinem «Leitartikel» den Leser nicht leiden lassen. Aber solche Rücksichtnahme ist im modernen Mainstreamjournalismus unbekannt.

Hier geht es weder darum, originelle Gedanken zu formulieren, erhellende Analysen, erkenntniserweiternde Erläuterungen. Noch darum, differenziert eine Meinung zu einem Ersturteil einer unteren Instanz abzugeben, das wie angekündigt weitergezogen wird und daher nur zeitlich sehr begrenzte Bedeutung hat.

Dass der Richter immerhin völlig richtig erwähnte, dass eigentlich die Beurteilung, ob jemand als «Gaga-Rechtsextremer» bezeichnet werden darf oder ob das eine Persönlichkeitsverletzung sei, eigentlich mehr eine politische Frage sei, die nicht unbedingt vor Gericht ausgetragen werden sollte, auf diesen Hinweis verzichtet Renz.

Er rempelt den SVP-Nationalrat Andreas Glarner lieber als «Kneipenschläger der Schweizer Politik» an. Und mokiert sich: «Andreas Glarner, SVP-Nationalrat aus Oberwil-Lieli AG, ist fürwahr kein Mann des gehobenen Salondiskurses». Bis hierher ist es nicht falsch, was Renz schreibt. Ab hier dafür extrem: «doch diesmal hat er, wenn auch unfreiwillig, eine wichtige Debatte in Gang gebracht».

Debatte? Wichtig? Wer «debattiert» eigentlich, ausser Renz? Dabei debattiert nicht mal der, sondern arbeitet mit Pseudofragen: «Ist, erstens, das Urteil zu begrüssen? Und ist, zweitens, Andreas Glarner also ein Rechtsextremist? Sollen wir ihn so betiteln – hier, jetzt und an dieser Stelle?» In logischer Reihenfolge fährt Renz fort: «Die Antwort auf die zweite Frage lautet: nein.»

Aber: «Es geht im Kern um den Politikstil, den wir uns wünschen. Krawallanten wie Glarner sind hierzulande zum Glück die Ausnahme.»

Dass Renz es nicht so mit Genauigkeit und Kenntnis und Kompetenz hält, beweist er hier: «Glarner will das Urteil weiterziehen – doch solange ihm eine höhere Instanz nicht recht gibt, darf er offiziell als Rechtsextremist tituliert werden.» Quatsch, nicht «offiziell», wenn schon amtlich, und nicht strafbar ist nicht dasselbe wie öffentlich, und öffentlich wäre nicht deckungsgleich mit offiziell. Aber korrekter Gebrauch von Sprache und Begrifflichkeiten, Himmels willen, Renz doch nicht.

Nun fliegt Renz einen logischen Looping nach dem anderen: «Gerade weil wir mit dem Vorwurf des Rechtsextremismus überaus zurückhaltend umgehen, tendieren wir zum Selbstbetrug: Das Problem existiert bei anderen, nicht aber bei uns.» Es existiere also in der Schweiz kein wahrgenommenes Problem namens Rechtsextremismus? Gaga.

Zweiter Looping: «Ins Bewusstsein ruft das Urteil hoffentlich auch beunruhigende Tendenzen innerhalb der grössten Schweizer Rechtspartei: Andreas Glarners SVP. Viele Jahre lang hat die SVP, was ihr hoch anzurechnen ist, zu zweifelhaften Kräften im Ausland sorgfältig Distanz gehalten. Diese Vorsicht ist geschwunden, seit einigen Jahren knüpft man Netzwerke über die Grenzen hinweg. Als Ungarns ultrarechter Autokrat Viktor Orban jüngst auf Einladung von SVP-Publizist Roger Köppel in Zürich referierte, machten ihm die Parteioberen fast in corpore die Aufwartung.»

Der «ultrarechte Autokrat» kann im Rahmen der Meinungsfreiheit durchaus so bezeichnet werden. Gleichzeitig ist er aber der gewählte Ministerpräsident Ungarns. Auch im Rahmen der Meinungsfreiheit darf man den in die Schweiz einladen, ihn eine Rede halten lassen und ihr sogar zuhören, was nicht mit «die Aufwartung machen» zu verwechseln ist, wenn man kommentieren und nicht polemisieren wollte.

Dritter Looping mit krachender Bruchlandung: «Rechtsextremismus höhlt die Demokratie aus und beraubt Minderheiten ihrer Rechte. In seinen krassesten Ausprägungen wird er zur Mordideologie.» Die Bruchlandung erfolgt, weil Renz einäugig lediglich auf Rechtsextremismus einprügelt. Seine Zwillingsschwester, den Linksradikalismus, blendet er dabei völlig aus. Der wird und wurde auch schon zur Mordideologie, oder hat Renz so ein Kurzzeitgedächtnis, dass er die Morde von Linksterroristen wie der RAF bereits vergessen hat?

Dass er vergessen hat, dass die auch in der Schweiz ihre linksradikalen Unterstützer hatte? Vergisst er die Gewalttaten von Linksradikalen in der Schweiz? Ihre ausartenden Demonstrationen, physische Angriffe auf ihrer Meinung nach zu rechte Politiker? Noch nie etwas vom Schwarzen Block gehört?

Wieso erwähnt Renz nicht wenigstens, dass der Herr, gegen den Anzeige erstattet wurde, auch schon Gegner der von ihm erhofften Subventionsmilliarde für reiche Medienclans (und auch ein wenig für seine absaufenden Projekte) als «Freunde des Faschismus» verunglimpfte?

Ist das zumindest nicht auch ein Umgangston, den sich Renz verbitten sollte? Von Schwachmaten in seiner eigenen Redaktion wie Philipp Loser ganz zu schweigen, dessen Wirken wir hier aus hygienischen Gründen nicht mehr kommentieren.

Man kann Glarner und seine verbalen Zweihänder mit Fug und Recht kritisieren. Man kann sich auch fragen, ob er sich einen Gefallen getan hat, den Wüterich Hansi Voigt, den ja ausserhalb seiner klitzekleinen Gesinnungsblase niemand mehr ernst nimmt, einzuklagen.

Aber dermassen einseitig und an diesem Beispiel auf die Gefahren des Rechtsradikalismus hinzuweisen, dabei gar eine freie Meinungsäusserung eines gewählten Politikers als Beispiel für seine Gefährlichkeit herbeizuziehen, das ist erbärmlich. Einseitig. Unredlich. Hat ein bedenkliches intellektuelles Niveau, quält den denkenden Leser (ausser, er gehört zur auch nicht viel grösseren Gesinnungsblase von Renz). Es ist noch schlimmer. Es ist flach und dumm, nutzlos, leblos, ein Buchstabenfriedhof. Schadenersatzpflichtig.

Ganz richtig peinlich wird es, wenn man dieses Gewäsch mit dem Kommentar zum gleichen Thema in der NZZ kontrastiert:

Hier ist in wenigen Worten mehr Gehalt und Denkstoff als in einer ganzen Ausgabe des «Tages-Anzeiger». Zwei kurze Auszüge:

«Gerade die sonst ach so sprachsensiblen linken Aktivisten verzichten mit Absicht auf Differenzierung. Die Kampagnenorganisation Campax, die in Zürich für Demokratie auf die Strasse ging, setzte vor ein paar Monaten sogar die FDP indirekt mit Nazis gleich. Als Strafe dafür, dass sie vor den nationalen Wahlen Listenverbindungen mit der SVP eingegangen war.»

«Wenn Bürgerliche zu Rechten, Rechte zu Rechtspopulisten, Rechtspopulisten zu Rechtsextremen und schliesslich alle zu Nazis werden, werden nicht nur die Verbrechen der Nationalsozialisten und Neonazis verharmlost, sondern ganze Wählerschichten schrittweise beleidigt, diskreditiert und schliesslich delegitimiert. Spätestens dann gilt Demokratie nur noch für Menschen links der politischen Mitte.»

Auch diese Position muss man nicht teilen. Aber statt Gedöns gibt es hier Argumente, elegant formuliert.

Geschichte, reloaded

Der NZZ-Redaktor im Unruhestand schreibt die Geschichte neu.

Wer pensioniert ist, hat viel Zeit. Wer als Journalist pensioniert ist, hat meistens noch Schreibdrang. Da seine Werke wohlfeil zu haben sind, bringt sie sein ehemaliges Organ NZZ gerne. Dort sondert er dann Einschätzungen ab, die meistens schon veraltet sind, sobald er sie formuliert hat.

Nun fasst er gewaltig unter den Mantel der Geschichte und bläst in ihn, bis er kräftig flattert:

Denn er hat eine Idee, die auf den ersten Blick ausbaufähig erscheint. Im Februar 1989 zogen sich die letzten sowjetischen Truppen aus Afghanistan zurück. Natürlich soll das der Anfang eines Vergleichs mit der Invasion der Ukraine in der Jetztzeit sein. Rund zwei Jahre später hörte die UdSSR offiziell auf zu existieren. Bevor Schmid aber parallelisieren kann, muss zuerst eine Packungsbeilage her: «Natürlich kollabierte die Sowjetunion nicht wegen der Invasion in Afghanistan – nicht nur.» Nicht nur, oder eher nicht. Oder eigentlich überhaupt nicht.

Aber man soll sich doch nicht von Fakten eine schöne Story kaputtmachen lassen. Um die Grundlagen für Parallelen zu schaffen, pflügt Schmid nun die Geschichte der sowjetischen Intervention in Afghanistan kräftig um und holzt mal los:

«Moskau handelte in Afghanistan imperialistisch, völkerrechtswidrig und verbrecherisch: in der Ukraine genauso

Das ist natürlich, gelinde gesagt, Unsinn. In Afghanistan war eine kommunistische Regierung an der Macht, die fortschrittliche Reformen durchsetzen wollte und durch fundamentalistische Wahnsinnige in ihrer Existenz gefährdet war. Ihr wollte die Sowjetunion zu Hilfe eilen. Denn was immer man von der UdSSR und dem Kommunismus halten mag: für die afghanische Bevölkerung, in erster Linie für die Frauen, für die Analphabeten, für die Armen und Geknechteten war es ein Segen, ein Lichtblick, der Anfang des Weges ins 20. Jahrhundert.

Dann lässt Schmid ungefähr die Hälfte der Wahrheit einfach weg:

«Die Hilfe für die Mujahedin lief schleppend an, aber nach ein paar Jahren hatten die USA zusammen mit Pakistan und den Saudi effiziente Nachschubnetze aufgebaut.Heute statten die USA und Europa die Ukraine mit Geld, Waffen und geheimdienstlichen Erkenntnissen aus. Was sie wieder nicht schicken, sind Truppen.»

Die andere Hälfte wäre: nachdem nicht zuletzt durch die Lieferung von Stinger-Raketen die Sowjetunion zum Rückzug gezwungen wurde, errichteten die sogenannten «Freiheitskämpfer» der Mujahedin ein mittelalterliches, frauenfeindliches, religiösen Wahnsinn verherrlichendes Regime – und wurden zur Brutstätte des internationalen Terrorismus, boten sich als Operationsbasis für eine Unzahl von Terrororganisationen an – auch Bin Laden machte davon gerne Gebrauch.

Als die USA nach 9/11 davon genug hatten, versuchten sie selbst – letztlich genauso erfolglos wie die UdSSR – in Afghanistan militärisch einzugreifen. Zu ihrem besonderen Ärger mussten sie feststellen, dass Stinger-Raketen keinen Unterschied zwischen sowjetischen oder US-Helikoptern machten. Die USA hatten sich hier selbst eine Brutstätte von fundamentalistischem Terror herangezüchtet und die sogenannten «Freiheitskämpfer» mit Waffen ausgerüstet, die die nun gegen die USA einsetzten. Welch Absurdität.

Diesen Teil der Geschichte lässt Schmid einfach weg, denn das würde ja nicht in die Parallelität passen – denn die Ukrainer mögen zwar teilweise angebräunt sein, aber fundamentalistische Wahnsinnige sind sie sicher nicht.

Aber was soll’s, wie schreibt Schmid entlarvend offenherzig: «Droht Russland heute dasselbe Schicksal? Wird Putin nach einer Niederlage stürzen wie einst Gorbatschow? Wird Russland zerfallen wie die Sowjetunion? Niemand kann es sagen. Doch die Freunde der historischen Analogie frohlocken: Tatsächlich finden sich Ähnlichkeiten, Parallelen und Übereinstimmungen zuhauf

Parallelen finden sich immer, wenn man sie selbst in die Geschichte hineinträgt, um sie dann frohlockend zu «entdecken». Während aber zuvor im Artikel Putin noch sicher im Sattel sitzt, lässt Schmid am Schluss seiner Wunschvorstellung freien Lauf:

«Der Westen könnte sich noch wundern, wie schnell das Volk von Putin und seiner kriegslüsternen Kamarilla abrückt, wenn ihm das Wasser zum Hals steht. Jahrelang werden auch die an Leib und Seele Verwundeten zurückkehren. Sie werden in ein Land kommen, das wirtschaftlich ermattet ist und kaum noch in der Lage sein wird, sie zu unterstützen.»

Bevor das passiert, wundert sich allerdings der Leser, wieso die NZZ einem dermassen ahistorischen, einäugigen, polemischen Artikel eine ganze Seite einräumt. Sicher, ehemalige Mitarbeiter soll man ehren, aber auf Kosten des Lesers?

Hau drauf am 1. Mai

In Bern gab es einen Saubannerzug, der von der Reithalle aus startete. Vorbereitung zum 1. Mai.

Als Vorlauf für den 1. Mai kam es in der Nacht auf Sonntag zu «einem unbewilligten Umzug durch die Innenstadt», flötet der «Blick». Im Umzug wurden «Fenster eingeschlagen, Wände versprayt» und Einsatzfahrzeuge und Gebäude mit Wurfgegenständen und Feuerwerkskörpern angegriffen. Ach ja, und eine Polizistin sowie ein Polizist wurden verletzt. Die Medien tänzeln darum herum, wer das wohl war.

Auch «nau.ch» berichtet, dass «Einsatzkräfte in Bern mit Wurfgegenständen und Feuerwerkskörpern angegriffen» wurden. Auch das Haus Tamedia vermeldet, dass «Demonstrierende» in der Lorraine «ein Bild der Zerstörung» hinterlassen hätten. Das berichtet auch der News-Ticker SDA, SRF weiss um eine «unruhige Nacht». Nur: wer waren denn die «Demonstrierenden», was verbirgt sich hinter dieser gendergerechten, aber grammatikalisch falschen Verwendung des Partizips Präsens?

Eines ist klar: Wären es Rechtsradikale, SVP-Anhänger, «Freiheitstrychler» oder überhaupt «Vertreter der rechtskonservativen Szene» gewesen, hätte man das Hilfswort «Demonstrierende» nicht verwendet.

Nun wird aber fast überall so getan, als wisse man nichts Genaues, wer denn hinter dieser Randale stecken könnte. Besoffene Jugendliche? Marodierende mit Migrationshintergrund? Aliens gar?

Der Berner Sicherheitsdirektor Reto Nause spricht zwar von «gezielten und brutalen Angriffen auf die Polizei» und von einer blinden Zerstörungswut. Allerdings, das wurde von vielen Medien gerne aufgenommen, wollte die Polizei keine Angaben machen, welche Gruppierung hinter dieser Schneise der Zerstörung stecke.

Dabei hätte die regelmässige Lektüre des Portals «Barrikade» völlig genügt. Denn dort vermeldet ein «Communiqué» launig: «Unter dem Motto «Tour de Milidance – uns die Nächte» zogen über 500 Personen durch Bern. Der Umzug war sehr stimmungsvoll.» Schuld an Eintrübungen der Stimmung und Ausrastern hatte natürlich die Polizei: «Dabei gefährdete der übereifrige und unkontrollierte Einsatz der Polizei die Teilnehmenden der Demonstration massiv. … Die brachiale Polizeigewalt setzte auch bei der Demonstration eine Eskalationsspirale in Gang.»

So kann man das also auch sehen. Was waren denn eigentlich die Ziele der Chaoten?

«Wir wollen eine Stadt, wo Feminizide und patriarchale Gewalt endlich gestoppt wird. Lasst uns zusammenstehen – solidarisch und widerständig.»

Vielleicht mag es ja Berner geben, die wollen, dass solche Randale von Linksautonomen endlich gestoppt wird in ihrer Stadt. Dazu würde allerdings auch gehören, dass einige Mainstream-Medien hier nicht um die Identifizierung der Verursacher dieser Ausschreitungen herumtänzeln.

Vielleicht will «Barrikade» auch gleich die deutsche Rechtschreibung abschaffen, denn der Duden kennt das Wort «Feminizide» nicht. Aber «der Femizid» ist vielleicht zu männlich konnotiert, wobei Fremdwörter bekanntlich Glücksache sind …

Es gibt da ein kleines Detail, das bei all diesen wohlwollenden Beschreibungen gerne vergessen geht. Eingeschlagene Schaufensterscheiben zahlen die Lokalbetreiber selber. Auch die Reinigung von Schmierereien oder die Reparatur von Sachbeschädigungen fällt auf den Mieter – oder Besitzer – zurück. Selbst wenn es Verhaftungen gibt, was allzu selten der Fall ist, wird niemand wegen der blossen Teilnahme an einem Zug von Randalierern finanziell zur Verantwortung gezogen.

Richtig gut ist auch die Reaktion der SP-Rednerin am 1. Mai in Zürich. Die fordert dies und das und alles und Blabla, natürlich auch Solidarität und Blüblü. Als die Nationalrätin Tamara Funiciello aber gefragt wird, was sie denn zu den Sachbeschädigungen und der Randale zu sagen habe, meint sie verkniffen: «Ich möchte darüber reden, was uns wichtig ist.» Dazu gehört offensichtlich nicht, sich von der sinnlosen Gewalt und den Angriffen auf Polizisten zu distanzieren.

Geradezu brüllend komisch ist, dass auf «Barrikade» inzwischen ein sehr kritischer Beitrag zu dieser Randale in Bern erschienen ist:

«Die Tour de Milidance war ein absoluter Reinfall – das wissen wir alle, inklusive den Menschen, die auf dieser Plattform das Communiqué veröffentlicht und darin einmal mehr völlig unreflektiert Militanz um Militanz willen nicht nur legitimiert, sondern gefeiert haben.» So weit möchte Funiciello offensichtlich nicht gehen. Mindestens so lustig ist auch, dass das Thema «Randale am 1. Mai» beim «Blick» abends völlig von der Webseite verschwunden ist.

Wie jedes Jahr kommt es während und nach den 1.-Mai-Umzügen zu Sachbeschädigungen und Muskelspielen des Schwarzen Blocks, während die Polizei das ihr Mögliche tut, die Chaoten unter Kontrolle zu halten.

Es kann natürlich sein, dass im heutigen ausgehungerten Journalismus in den Verrichtungsboxen in den Newsrooms die Existenz der Plattform «Barrikade» nicht bekannt ist. Das ist bedauerlich, denn dem Organ kann man auch in der «Agenda» die möglichen nächsten Randale-Züge entnehmen. «Wut zum Widerstand» in Zürich, «revolutionärer 1. Mai!» in Bern, Randale in Basel, das hört sich doch vielversprechend an.

Dabei haben doch zumindest die Mitarbeiter der in einer tiefen Krise steckenden «Republik» die Existenz von «Barrikade» schon schmerzlich zur Kenntnis nehmen müssen. Die Plattform veröffentlichte nämlich eine kritische «Republik»-Reportage über die Gewerkschaft Unia. Die war dann, trotz erheblichem Aufwand, dort nicht erschienen. Sie sei nicht ganz fertig geworden, behauptete die «Republik». Sie passte nicht ins ideologische Raster, das wäre wohl die bessere Erklärung. So wie bei der Berichterstattung über die angekündigte Randale von Linksautonomen in Bern.

Wie das den Behörden und den Medien entgehen kann, ist völlig unverständlich. Ausser, sie sind auf einem Auge blind.