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Auch der Tagi kann Leserverarschung

Damit überholt er locker den «Blick».

Es ist geradezu erschütternd, welches Niveau die ungehemmte Leserverarschung bei Tamedia erreicht. Den ernsthaften Journalismus hat der Konzern an die «Süddeutsche Zeitung» delegiert. Welches Niveau der Leser erwarten darf, wird mit dieser Selbstanpreisung klargestellt:

Wer noch letzte Zweifel haben sollte, ob sich ein solches Abo auch lohnt, hier werden sie ausgetrieben:

Die «Redaktion empfiehlt» einen neuen Wanderführer, imitiert «watson» und bastelt ein Listical über die «grössten Werbe-Fails» (Flops hätte den Nachteil, dass es die meisten Leser verstehen würden), dann eine knallhart recherchierte Story über «Zürichs trendigste Hunderassen» mit einem Sprutz Kritik «Doch die Trends sind auch problematisch» und dann noch, nahe beim Leser, der «Hype um Abnehmspritzen», illustriert mit einem Porträt der schweizweit bekannten Oprah Winfrey.

Nun mag es noch einige Tollkühne geben, die immer noch über den Abschluss eines Abos nachdenken. Denen gibt dann Philipp Loser den Rest, oder die «Geschichten und Gedanken zum Muttertag», wie es die «GlücksPost» nicht besser hinkriegte.

Verblüffend dann auch dies:

Da dachte doch ZACKBUM, die Koch-Show mit Elif Oskan sei eine schlechte Eigenleistung. Aber nix da, die Dame erscheint auch noch «gesponsert» im Qualitätsblatt SoZ.

Immer noch finster entschlossen? Eine Strecke mit vier Storys über Nemo am ESC? Nochmal vier Stücke über «Elif x Tagi»? Und dann «International», einmal deutsche Innenpolitik, einmal Putin, übernommen aus der SZ, einmal UNO von Vanessa Hann, «Redaktorin im Frontteam», wo sie neben ihrer Verantwortung für den NL «Der Morgen» noch Zeit findet, «mit Material der DPA» einen Artikel zu basteln.

Damit ist das Ausland zu recht völlig erschöpft, der vierte Artikel ist wieder «Sponsored», oder auf Deutsch, Werbung, die möglichst reaktionsnah daherkommt. Auch die «Wirtschaft» gibt nach zwei Storys auf, dann kommt der Geldonkel, dann wieder ein Werbeartikel.

Und womit erfreut die Sektion «Video»?

Nemo ist noch nicht auserzählt, die «Tages-Anzeigerin» Kerstin Hasse widmet sich der schwierigen Entscheidungsfrage «Mit einem Bär oder einem unbekannten Mann stranden?» Sicherlich wählt sie den Bär. Dann grüsst ewig der Eiersalat «à la Mama», ob es einen inhaltlichen Zusammenhang mit der «Volkskrankheit Reizdarm» gibt?

Gut, dem einzig noch atmenden Abo-Erwäger geben wir hiermit den Rest, mit den «Meinungen». Da weiss ein Schlaumeier aus München, der eigentlich immer daneben liegt: «Biden macht einen Fehler». Und dann dürfen zwei Professorinnen der Uni Lausanne dem Leser die letzte Illusion über das Niveau unserer Lehrkräfte nehmen: «Die studentischen Protestierenden bekommen wegen ihrer Forderungen zum Umgang mit Israel viel Kritik zu hören. Doch sie liegen eben richtig

Eigentlich, das ist die bittere Wahrheit, müsste Tamedia jedem 99 Franken zahlen, der sich das alles antut.

Der Tagi kocht

Wenn Restaurantkritik nicht geht, dann vielleicht Koch-Videos?

Der «Tages-Anzeiger» kriegt sich gar nicht ein. Er macht gleich eine eigene Rubrik auf und verwendet alle vier Kochplatten, äh Artikelplätze, um auf ««ELIF X TAGI»: Unsere Kochserie» hinzuweisen.

Blöd nur, dass da die Themen schon am Anfang ausgegangen sind. Links wird «Eiersalat à la Mama – einfach leicht und wunderbar» angepriesen. Wer das bis rechts schon vergessen hat, kein Problem: «Eiersalat à la Mama – einfach, leicht und das ganze Jahr wunderbar». Gut, das mit dem ganzen Jahr wusste man links noch nicht.

Wie sagte da Goethe schon ganz richtig: «Getretener Quark wird breit, nicht stark

Auch sonst ist das kulinarische Angebot etwas dünn, aber immerhin scheint Elif keine Nutella zu verwenden. Also wird die Mode-Köchin mit türkischen Wurzeln und hippem Restaurant «Gül» mit einem Werbevideo angepriesen. Dann wird ein Werbe-Interview mit ihr geführt (Versucherli: ««Wir» – das sind Sie und Ihr Lebenspartner Markus Stöckle. Wie schafft man es, das coolste Pärchen von Zürich zu werden?»). Dann wird ein Werbevideo «In eigener Sache» für den Tagi und für die Köchin gezeigt. Und dann hat der «Eiersalat à la Mama» seinen gefühlt zehnten Auftritt.

Der ist dann allerdings hinter der Bezahlschranke verborgen. Also zuerst den Mund wässrig machen, dann «ätsch» sagen. Wohl noch nie etwas von einem Teaser gehört. Oder andererseits, ohne der Mutter von Elif zu nahe treten zu wollen, ist eine Mischung aus harten Eiern, Minze, Dill, Sauerampfer, Gartenkresse, Lattichblättern und einem Frühlingslauch wirklich innerhalb und ausserhalb der Türkei wow? Abgeschmeckt wird es übrigens mit Granatapfeldicksaft, Olivenöl, Zitronensaft, Fleur de Sel und Sumach (das sei «ein orientalisches Gewürz aus den Steinfrüchten des Färberbaums»).

Et voilà: «Den gemischten Kräutersalat auf den Eiern verteilen, Fleur de Sel und Sumach darüberstreuen und grosszügig mit dem Olivenöl, dem Granatapfeldicksaft und dem Zitronensaft beträufeln. Gut mischen und sogleich servieren.»

Es mag nun durchaus so sein, dass in hippen und woken Kreisen eine solche Küche nicht als kulturelle Aneignung oder ähnliches Pfuizeugs gehandelt wird. Sumach gibt dem Ganzen sicherlich so eine schön-exotische Note, man könnte das aber auch durch banalen Zitronensaft oder Essig ersetzen.

Ob also ein ethnisches Minderheitenprogramm wirklich die Tagi-Leser (und Leserinnen, sowie *Innen, plus alles, was an Nonbinärem, Trans und Genderformen sonst noch rumfleucht) in Scharen an die Schüssel treiben wird?

Oder ist es nicht so, dass die Zeit der Invasion der TV-Köche, als auf allen Kanälen gebrutzelt, gerührt, gebraten, geschmeckt und geprüft wurde, nicht langsam vorbei ist? Vor allem die Version: Koch steht in der Küche und kocht?

Aber, um den Running Gag zu Tode zu reiten, solange in der türkischen Küche keine Nutella verwendet wird und allen Spielarten von Allergikern mit Warnhinweisen vom Verzehr abgeraten wird, ist doch alles super.