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Gelobt sei das Wort «aber»

Was können wir als unbeteiligte Zuschauer im Nahen Osten tun?

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Es gibt grölende Horden, die mit «Free Palestine» oder mit «From the river to the sea» durch die Strassen ziehen. Ihre Geschichtsvergessenheit wird nur noch von ihrer schmerzlichen und oft gewalttätigen Dummheit übertroffen.

Es gibt meistens muslimisch beeinflusste Plattformen oder Einzelmasken, die mehr oder minder verschwurbelt zu erklären, gar zu rechtfertigen versuchen, was nicht zu rechtfertigen ist. Die brutalen Massaker, die fundamentalistische Wahnsinnige der Hamas an der Zivilbevölkerung in Israel verübt haben.

Da es bei Kriegsverbrechen keine Relativierung gibt, muss das, was Israel im Gazastreifen tut, auch als Kriegsverbrechen bezeichnet werden. Widerwärtig sind alle Versuche, jegliche Kritik an Israel als Antisemitismus zu denunzieren, zu disqualifizieren und zum Schweigen zu bringen.

Womit wir mitten im verbalen Kugelhagel im deutschen Sprachraum wären. Der Gastredner an der Frankfurter Buchmesse Slavoj Žižek hat einen unbestreitbar richtigen Satz gesagt: «In dem Moment, in dem man die Notwendigkeit erwähnt, den komplexen Hintergrund der Situation zu analysieren, wird man gewöhnlich beschuldigt, den Terrorismus der Hamas zu billigen oder zu unterstützen.» Fast noch besser ist seine Bemerkung, dass das Wort Aber den Beginn eines Dialogs markiere.

Wer gerade in Deutschland (aber auch in der Schweiz) an Demonstrationen teilnimmt, bei denen das Existenzrecht Israels in Frage gestellt wird und antisemitische Parolen geschrien werden, ist ein verantwortungsloser Vollidiot. Wer als Politiker wie Fabian Molina die Verbrechen der Hamas zuerst schönredet, unreflektiertes Mitglied der Freundschaftsgesellschaft Schweiz – Palästina ist, deren früherer Präsident Geri Müller heute noch der Auffassung ist, dass man die Hamas nicht als Terrororganisation sehen solle, der ist disqualifiziert. Wer wie Molina nach erstem Gegenwind schneller als ein Wendehals umschaltet und von einer korrupten Terrororganisation schwadroniert, hat sich als Opportunist doppelt disqualifiziert.

Das alles sind Auswüchse im Unterholz, im Gebiet des Kleingeistigen, der Heuchelei, der Unfähigkeit, auf eine komplexe Situation mit Reflexion zu reagieren.

Es gibt die Oberflächenpolierer, die Überbaudachdecker, aber auch die Propagandisten einer angeblich unfehlbar richtigen Weltsicht. Die Meinungen dieser Dummköpfe sind vernachlässigter.

Wie meistens in solchen Auseinandersetzungen spielt die Beeinflussung der öffentlichen Meinung durch die veröffentlichte eine wichtige Rolle. Da haben es die Anhänger Israels leichter als die Freunde der Palästinenser. Jene können gnadenlos die Keule Antisemitismus schwingen, diese leiden unter dem Handicap, dass ein aufgeklärter westlicher Mensch nicht im Ernst die Position von fundamentalistischen Wahnsinnigen unterstützen kann.

Erschwerend kommt hinzu, dass ein vernünftiger Mensch keine Sympathie für eine Terrororganisation haben kann, die in ihrer Charta die Vernichtung Israels als Zielsetzung fordert. Einer Organisation, die einen verblendeten, irrationalen Todeskult betreibt, indem sie ihren Gläubigen vormacht, der Tod als Märtyrer würde auf direktem Weg ins Paradies und in die Arme von 72 Jungfrauen führen.

Den bisherigen Gipfel der Perversion erreichte wohl der Iran, der Kinder mit einem Plastikschlüssel zum Himmelreich in der Hand in irakische Minenfelder jagte.

Was die Palästinenser (und ihre Unterstützer) in den letzten 70 Jahren angestellt haben, hat sie ihrem Traum von einem eigenen Staat nicht wirklich näher gebracht. Aber was die Israelis (und ihre Unterstützer) in den letzten 70 Jahren angestellt haben, hat das Palästinenserproblem auch nicht gelöst.

Und schon wären wir bei einem Aber. Wo eigentlich eine sinnvolle Debatte unter unbeteiligten Beobachtern anfangen könnte und sollte. Aber genauso, wie Israelis und Palästinenser bei der Lösung dieses Problems versagen (klar, daran sind nur die Palästinenser schuld, nein, daran sind nur die Israelis schuld), versagen die meisten Intellektuellen, Publizisten Journalisten, die Beeinflusser der öffentlichen Meinung.

Vorausgesetzt, die Anhänger der Hamas sind keine menschlichen Tiere, wie das der israelische Verteidigungsminister sieht, fängt die Möglichkeit einer Lösung eines Problems mit tabulosem Nachdenken an. Mit dem freien Austausch von Gedanken, Meinungen, Analysen, Vorschlägen. Nur begrenzt durch Gesetz und eine allgemeine Vorstellung von Anstand.

Aber: es gibt Feinde Israels, es gibt Feinde der Palästinenser. Schlimm sind aber auch die Feinde eines offenen Diskurses. Alle diejenigen, die meinen, Vorbedingungen stellen zu dürfen, Tabuzonen zu errichten; all diejenigen, die keulen und Totschlagargumente verwenden, all diejenigen, die auf der primitiven Sprechblasenebene «Antisemit, Faschist, Rechtspopulist, Hamasfreund, Judenfreund, Terrorunterstützer» arbeiten.

Natürlich gibt es Antisemiten, Judenhasser und Sympathisanten der Hamas, Befürworter von Kriegsverbrechen. Sie, aber nur sie disqualifizieren sich für jede Form der intellektuellen Auseinandersetzung. Das kann man im Übrigen, will man nicht einfach keulen, relativ problemlos identifizieren.

Aber eigentlich noch mehr disqualifizieren sich all diejenigen, die diese Totschlagargumente mangels Gegenargumenten auf eine dissidente Position verwenden. Denn weder innerhalb noch ausserhalb des Islam, innerhalb oder ausserhalb jeder Religion haben Denkverbote jemals etwas Positives hervorgebracht.

Das dümmliche Niveau der Stammtischrechthaberei existierte schon immer. Nur fliegt es uns dank den asozialen Plattformen direkt ins Gesicht. Woraus sich immerhin ein sinnvoller Ratschlag für alle ergibt: Abstinenz von Twitter (oder X), Instagram, TikTok, Telegram, Facebook YouTube, WhatsApp, Pinterest, Snapchat, Vimeo oder Tumblr.

Dadurch wird das Leben leichter. Was heutzutage auch schon etwas wert ist.

 

Quo vadis, NZZaS?

Journalisten sind intrigant. Aber dumm.

Jonas Projer hatte von Anfang an einen schweren Stand. Von der Konkurrenz wurde er schon vor Amtsantritt niedergeschrieben. Tamedia-Konzernjournalist Andreas Tobler wusste sofort, dass er für das Amt nicht geeignet sei. Die «Republik» veröffentlichte ein dermassen hämisches Porträt, dass sogar die eigene Leserschaft in Kommentaren lautstark gegen so viel niveaulose Polemik protestierte.

Auch intern murmelten viele: Der TV-Mann kann doch gar nicht schreiben. Abgesehen davon, dass auch einige NZZaS-Redaktoren ihre liebe Mühe damit haben: muss ein Chefredaktor auch nicht können.

Dann tropften immer wieder Interna aus dem Redaktionsleben heraus, durchgestochen von intriganten Mitarbeitern. Dieser und jener habe wegen Projer gekündigt, keiner wolle mit ihm wirklich zusammenarbeiten, er habe aus unerfindlichen Gründen Storys gekippt. Wie es wirklich war, konnte Projer natürlich nicht richtigstellen, Redaktionsgeheimnis, Fürsorgepflicht für Untergebene.

Zudem musste er einige Beleidigte massregeln, die sich selbst Chancen auf den Posten ausgerechnet hatten, dazu Querschläger aus der leitenden Etage entsorgen. In diesen Brummton hinein sollte er zudem dafür besorgt sein, den digitalen Auftritt zu verbessern, neue Themengebiete zu erobern.

Eigentlich eine Mission impossible. Bei nüchterner Betrachtung hätte Projer das Angebot wohl ablehnen sollen, es war die Chronik eines angekündigten Todes. Aber bei «Blick»-TV ging es auch nicht richtig voran; das lag nicht an Projer, sondern war halt typisch Ringier. ZACKBUM könnte Namen nennen, müsste dann aber wohl ein Crowdfunding für Prozesskosten machen.

Im Gegensatz zur Redaktion des «Magazin», die bis heute zu feige ist, sich zum Roshani-Skandal zu äussern, soll dann eine Fraktion der NZZaS-Redaktion mit einem Schreiben an den VR der NZZ gelangt sein, in dem sie ihr Unwohlsein über Projer ausdrückte.

Wohlwissend, dass der VR-Präsident, der federführend Projer zur NZZ geholt hatte, nicht mehr im Amt war. Das Ende war absehbar.

Journalisten sind intrigant, beschäftigen sich am liebsten mit sich selbst und finden eigentlich alle anderen – ausser sich selbst natürlich – recht unbeholfen bis unfähig. Neben recherchieren und schreiben gehört zu ihrer Lieblingsbeschäftigung das Meckern und Müllern über andere, vor allem über Vorgesetzte, in erster Linie über den Chef.

Nun haben sie’s nach zwei Jahren Pickeln geschafft: Projer ist weg. Den wenigen Intelligenteren dürfte aber schon beim Schlürfen des ersten Prosecco die klamme Idee den Hals hoch gekrochen sein: und jetzt? Was nun?

Natürlich träumen einige Traumtänzer von der zweiten Chance, nun selbst auf den Chefsessel klettern zu dürfen. Die werden sie vielleicht sogar kriegen, denn ein Quartett zuoberst kann ja keine Dauerlösung sein, sondern nur ein Signal, dass es keiner von denen werden wird.

Woran aber alle, die Projer unbedingt weghaben wollten, nicht dachten: er war die Brandmauer gegen das Mutterhaus. Gegen den Big Boss. Gegen God Almighty. Gegen Eric Gujer. Denn der hatte vor der Installation Projers – Projekt «Seeblick» – einen ernsthaften Anlauf genommen, das kleine gallische Dorf NZZaS völlig seinem Einflussbereich anzugliedern.

Damals stiess er auf Widerstand – und dann auf Projer. Daher war völlig klar: solange Projer auf dem Chefsessel der NZZaS sitzt, bleibt die Redaktion weitgehend autonom (ausser dem Sport, aber was soll’s). Damit wurde die NZZaS zunehmend zum Exoten, nachdem Tamedia und Ringier die ebenfalls zuvor unabhängigen Sonntags-Redaktionen eingemeindet und in den gemeinsamen Newsroom gepfercht hatten.

Das alles wurde wie immer als Synergie und Stärkung und Blabla verkauft, war aber nichts anderes als eine weitere Sparmassnahme. Und genau das blüht nun auch der Redaktion der NZZaS. Womit es dann heissen würde: Schlacht gewonnen, Krieg verloren.

All die Wichtigtuer, Ressortleiter, Autoren, die vor Bedeutung kaum geradeaus laufen können, werden dann zu kleineren Würstchen degradiert, die noch rationierten Senf verteilen dürfen. Keine lustigen Spesenrechnungen mehr, keine wichtigen «bin da an einer grossen Recherche, bitte die nächsten Wochen nicht stören» mehr, keine Lustreisen mehr, kein bayerisches «mir san mir»-Gefühl mehr.

Statt einem neuen Chefredaktor wird es noch einen «Redaktionsleiter» geben, der Mann am Fenster fürs Administrative – wie bei den unzähligen Kopfblättern von CH Media und Tamedia, nur dürfen die dort noch den Namen «Chefredaktor» entwürdigen.

Von Gujer ist bekannt, dass er nicht viel von Kuscheln und Sich-lieb-Haben als Führungsprinzipien hält. Und auch ziemlich klare Vorstellungen hat, wie man die Welt sehen sollte, was wichtige Themen sind – und was vernachlässigt werden kann. Die Pflege von Hobbys und Gärtchen ist ihm auch ein Greuel, sogar ein Gräuel.

Womit nun die kurz triumphierenden Mobber in der NZZaS bereits wie die begossenen Pudel dastehen. Zumindest die intelligenteren, die sich natürlich wie meist in der Minderheit befinden.