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Rad ab, Kopf ab

Wieso sagt TX nicht einfach die Wahrheit?

Die Wahrheit über das Siechtum von Tamedia ist eigentlich ganz banal. Sie besteht zunächst einmal aus Zahlen. «Seit Pietro Supino im Jahr 2007 VR-Präsident der TX Group wurde, hat er mit seinem Unternehmen einen operativen Gewinn von genau 3174,7 Millionen Franken gemacht» hat Kurt W. Zimmermann in der «Weltwoche» vorgerechnet.

Allerdings muss damit ein riesiger, geldgieriger Coninx-Clan unterhalten werden. Dafür hat er das Familienmitglied Supino an die Spitze des Konzerns entsandt. Der hat tatsächlich dieses Spitzenresultat erzielt, Chapeau.

Dafür hat er den «Tages-Anzeiger» in eine Holding mit vielen einzelnen Proftcentern aufgesplittet. Zersplittert ist dabei die Urzelle des Konzern, die Publizistik. Sie ist nichts mehr als ein Feigenblatt, mit dem gewedelt wird, wenn mal wieder der meist untaugliche Versuch unternommen wird, noch mehr staatliche Subventionen rauszuleiern.

Denn im Gegensatz zu Migros oder Coop behauptet dann TX, und nicht nur dieser Konzern, dass Journalismus unverzichtbar für die Demokratie sei und als Vierte Gewalt furchtbar wichtige Kontrollaufgaben habe. Allerdings: wenn das wirklich ernstgemeint wäre, hätte der Coninx-Clan ja vielleicht auch so sein kleines Scherflein dazu beitragen können.

Stattdessen hat Supino etwas fatal Cleveres gemacht. Offiziell wird über die rückläufigen Werbeeinnahmen gejammert; im Print, aber auch online. Dabei hat Supino sämtliche Inseratequellen dem Tagi weggenommen. Stellen-Anzeiger, Auto- und Wohnungsmarkt, Verkaufsanzeiger, selbst Tauschbörsen, alles ist ins Internet abgewandert. Aber nicht nur das, diese Einnahmequelle wurde dem Tagi, der sie ja erst jahrzehntelang aufgepäppelt hat, weggenommen und in eigene Profitcenter ausgelagert.

Der Zusammenschluss mit Ringier auf diesen Gebieten hat einen Wertzuwachs in Milliardenhöhe in die Bilanz gespült, der mit einer Sonderdividende gefeiert wurde.

Dem Tagi werden die Räder abgeschraubt, und dann wundert man sich, wieso die Karre nicht mehr so rund läuft. Und verlangt gleichwohl, dass die Abteilung Publizistik die konzernübliche Marge von 8 Prozent Gewinn erreicht. Das geht natürlich nicht, und das wissen auch alle Beteiligten. Sie schwafeln dabei unaufhörlich von Qualitätsjournalismus, während sie in Wirklichkeit die Publizistik zu Tode sparen. Was wortwörtlich zu nehmen ist.

Ein Konzern, der dermassen brutal mit einer seiner Sparten umgeht, zeigt damit ganz klar: Tagi & Co. ist ein Auslaufmodell. Eine Schindmähre auf dem Weg zum Abdecker, und man kann nicht mal mehr Seife aus ihr herstellen. Vielleicht wird «20 Minuten» überleben, zumindest noch ein Weilchen. Aber der Qualitätsjournalismus ohne Qualität und Quantität hat mit dem neusten grossen Rausschmeissen sein Totenglöckchen läuten hören.

Alles andere ist dummes Gedöns, auf primitivsten Niveau von Simon Bärtschi dargeboten, bei dem man sich fragen muss, ob sich der Mann morgens noch im Spiegel anschauen kann, ohne rot zu werden. Die Antwort ist leider ja. Roger Schawinski hat die führenden Figuren vors Mikrofon gebeten. Pietro Supino, Jessica Peppel-Schulz, Simon Bärtschi. Und hat nur windelweiche Absagen kassiert.

Bärtschi war auch hier unschlagbar: er müsse nun auf die Mitarbeiter zugehen und es ihnen erklären, daher keine Zeit. Aber das Problem ist ein anderes. Nicht der Befrager Schawinski, vor dem alle Angst haben. Sondern die Tatsache, dass der «Doppelpunkt» live ist. Das Biden-Problem: man kann sich von Wortschnitzern watteweiche Statements bereitlegen lassen, die man in einem schriftlichen Interview absondert, wie das Peppel-Schulz und Bärtschi in der NZZ taten.

Aber vor dem Mikrofon muss man spontan auf Fragen reagieren können. Bidens Problem war, dass er zunehmend senil ist. Das Problem er Führungscrew von Tamedia ist, dass sie auf die banale Frage, wie denn mehr Qualitätsjournalismus mit ständig weniger Qualitätsjournalisten gehen soll, keine Antwort wissen. Da Schawinski sie nicht mit Wortwolken davonkommen liesse, so vor dem Mikrofon, müssten sie eingestehen: keine Ahnung, natürlich geht das nicht. Aber dazu sind sie zu feige.

Die gleichen Leute, deren Organe jeden interviewen und ihm kritische Fragen stellen wollen, sich bitterlich beschweren, wenn sich jemand dem entzieht. Aber die obersten Verantwortlichen kneifen allesamt. Vorbildlich. Oder: der Fisch stinkt immer vom Kopf.

Panoptikum der Pöbler

Kleiner Scherz am Rande. Ins tiefe Schweigen japsen Kümmerlinge.

Auf Twitter haben sich schon manche um Kopf und Kragen getwittert. Es gibt allerdings auch solche, bei denen oberhalb des Kragens nicht viel zu verlieren ist. Dazu gehört beispielsweise Benjamin von Wyl.

ZACKBUM musste sich schon mehrmals dieser Unzierde des Berufs annehmen, zuletzt auch im Zusammenhang mit dem Fall Roshani. Offenbar hat der Herr, zu seinen übrigen bedauernswerten Eigenschaften hinzu, auch noch ein Glaskinn:

Immerhin, im Anfang «… weiss ja auch nicht alles» steckt ein Körnchen Wahrheit.

Wenn man versucht, von Wyl mit naheliegenden Fragen an die Realität heranzuführen, reagiert er störrisch:

ZACKBUM sei beleidigend und behandle «insbesondere Weibliche Menschen unfair»? Das müssen wir beleidigt zurückweisen: ZACKBUM behandelt auch männliche Menschen, wie sie es verdienen. Wie man hier sieht.

Völlig verpeilt ist Reda el Arbi, dem ZACKBUM-Leser auch nicht unbekannt:

Dem muss man alles immer gaaaanz laaaangsam erklären, obwohl er’s auch dann nicht kapiert. Nein, Canonica gab dem SoBli kein Interview. Nein er nimmt ausdrücklich nicht eine Opferrolle ein. Das könnte man alles auf Radio 1 im «Doppelpunkt» nachhören. Aber eben, muss man können. Dafür kann El Arbi Fremdwort. Maligner Narzisst, aber hallo. Woher er diese Diagnose wohl kennt?

Dass sich die «Republik» mit Halbwahrheiten, Pöbeleien und Ablenkungsmanövern durchschwindelt, ist schon länger bekannt. Schliesslich war ihr aktueller Chefredaktor a. i. Daniel Binswanger langjähriger Kolumnist im «Magazin», arbeitete auch Daniel Ryser dort. Beide waren beim Rumpler 2014 ausgesprochen solidarisch mit Canonica, Ryser erklärte sogar noch zwei Jahre später Kritiken als Ausdruck von Neid.

Aktuell prügelt aber die «Republik» auf Tamedia und insbesondere auf die «SonntagsZeitung» ein, obwohl die nun nichts mit dem Fall Roshani zu tun hat. Aber sehr viel damit, dass eine weitere aufgeblasene Skandalgeschichte der «Republik» über angebliches Mobbing an der ETH platzte.

Dass nebenbei noch die Entlassung eines Lokalredaktors tatsachenwidrig erzählt wird, damit sie ins «Republik»-Narrativ passt, geschenkt. Auch hier zeigt das Organ der guten Lebensart, dass ihm eine wirklichkeitsnahe Berichterstattung sehr fern liegt.

Dann gibt es noch Trittbrettfahrer:

Dominik Gross, heute bei «Alliance Sud» und der «Republik» unterwegs, bezeichnet sich als «Reporter beim Magazin» im Jahr 2014. Unter einem seiner ganz wenigen Artikel aus diesem Jahr steht, dass er «redaktioneller Mitarbeiter» war. Auf Anfrage begründet er das so: «Ich war halt beides: redaktioneller Mitarbeiter und Reporter (als (Mit-)Verfasser von Reportagen und Interviews).» Was er so «auf der Redaktion miterlebte», muss wohl sein süsses Geheimnis bleiben. Denn er ignoriert diese Frage und führt nur aus: «Ich war regelmässig auf der Redaktion an der Werdstrasse anwesend. Im üblichen Rahmen eines Reporters/redaktionellen Mitarbeiters mit einem 60%-Pensum. Dazu kamen einige Arbeitstreffen mit Redaktionsmitgliedern, Reporterkolleg:innen und dem Chefredaktor ausserhalb.»

Mindest so lustig und bezeichnend ist aber das tiefe Schweigen so vieler, die nach der Veröffentlichung der Anschuldigungen Roshanis in höchster Erregung krähten. Besonders peinlich ist dabei Franziska Schutzbach, die sich nach der üblichen Suada über männlichen Sexismus ein Schweigegelübde auferlegte, weil ihr Partner beim «Magazin» arbeitet und sie daher «familiär betroffen» sei. Immerhin, es darf auch gelacht werden.

Radio SRF mit schleichendem Abbau

Still und heimlich wurde die Reportagesendung Doppelpunkt beerdigt.

Der Programm-Abbau geht weiter bei SRF. Nun hat es die beliebte Reportagesendung Doppelpunkt getroffen. Einmal wöchentlich brachte SRF eine informative Magazin-Sendung, thematisch querbeet von der Gotthardbahn nach der Eröffnung des Basistunnels über den berühmten Postraub in Zürich bis zu Selbstbewusst trotz Dicksein. Die Eigenwerbung: Der «Doppelpunkt» bearbeitet gesellschaftlich, politisch, wirtschaftlich und kulturell relevante Themen aus dem Inland, die ein breites Publikum interessieren.

Nun ist Schluss damit. Auf der SRF-Website steht beschwichtigend dazu: «Das heisst jedoch nicht, dass Sie auf Hintergrundgeschichten aus dem Gesellschaftsbereich von Radio SRF verzichten müssen. Diese gibt es jede Woche bei «Input»: www.srf.ch/input».

Alle reden vom Podcast-Trend. Das Hören von Podcasts ist immer mehr Allgemeingut. Darum ist dieser Leistungsabbau von SRF doppelt irritierend. Der Doppelpunkt wurde übrigens während Jahrzehnten ausgestrahlt, hatte aber natürlich nichts zu tun mit dem legendären Doppelpunkt-Talk von Roger Schawinski.

 

 

 

Blickgruppe nur mit 12 Prozent tieferen Werbeeinnahmen als 2019

Christian Dorer nennt im Schawinski-Interview Zahlen.

«Wir wollen kein Krawallblatt mehr sein», betont Blick-Gruppen-Chefredaktor Christian Dorer beim Schawinski-Interview auf Radio 1. Dass der Blick die Reichen und die Prominenten schützt und dafür die Kleinen fertigmacht, findet Dorer Quatsch. Die Boulevardgeschichte, wo Pierin Vinzenz kaputtes Hotelmobiliar für mehrere Tausend Franken auf Spesen nehmen liess, brachte der Blick zwar genüsslich. Laut Schawinski nicht aber, dass es sich Vinzenz mit Ringier-Chef Marc Walder auf Raiffeisenspesen für Tausende von Franken gut gehen liessen. Kurzum: Das einstündige Interview im Rahmen der Sendung «Doppelpunkt» von gestern Sonntag ist hörenswert. Man erfährt zudem, dass die Werbeeinnahmen vom Blick, vom Sonntagsblick und von blick.ch aufs Jahr hochgerechnet bisher lediglich 12 Prozent tiefer sind als 2019. Schon 70 Prozent der Werbeeinnahmen des Blicks werden aktuell generiert mit Onlinewerbung, der Printblick (Auflage nur 100’000) schreibt (noch) schwarze Zahlen, während Blick-TV (noch) defizitär ist. Weil laut Dorer zuwenig Leute auf Blick-TV klicken, erscheint seit letzter Woche direkt ein Fenster, wenn man auf www.blick.ch geht.

 

Izzy – der Zielgruppe entwachsen

Warum es nötig ist, dass junge Portale auch junge Angestellte haben.

Izzy, das Social-Media-Magazin, macht per Ende September dicht. Das 12-köpfige Team wird aufgelöst, schreibt Besitzerin Ringier in einer Mitteilung. Einzelne Entlassungen seien nicht ausgeschlossen. Ein neu formiertes Team gehe im Oktober mit einem frischen Konzept an den Start, so Ringier weiter. Und damit zum Kern des Portals und zum Kern «junger» Redaktionen.

Frisch bedeutet in der Ringier-Sprache jung. Inhalte für junge Menschen, bei Izzy zwischen 12 und 24, muss auch von jungen Menschen kommen. Denn irgendwann entwächst man der Zielgruppe und weiss nicht mehr, wie diese tickt. Dann kommt die Phase der Anbiederung beim Publikum, dann die Phase, dass das Publikum wegklickt. Bei Izzy ist das offensichtlich passiert. Nun heisst es: Belegschaft auswechseln.

Bekannt geworden ist Izzy durch Cedric Schild, den «Supercedi». Er machte nationale Schlagzeilen, als er im März 2019 den SVP-Kantonsratskandidaten Stefan Locher dazu anstiftete, Stimmzettel von anderen Leuten zu unterschreiben. («Machen Sie einen Chribel drunter»).

Immerhin. Ringier ist  konsequent, wenn der Konzern das Personal bei Izzy verjüngt. Andere Portale tun sich da schwerer. Watson.ch, angetreten, frischen Wind in die Nachrichtenflut im Netz zu bringen, kommt nicht mehr an bei den Jungen. Das Nachrichtenportal von den AZ-Medien schreibt tiefrote Zahlen, nicht erst seit Corona. «Watson» wird mit den Nutzern älter und bringt am liebsten «Weisch no»-Bilder aus den 1980er Jahren und Retro-Jugendsünden aus den 1990ern.  Plus reinkopierte Ewig-Lang-Texte aus der Aargauer Zeitung. Und natürlich die Chefsache-Videos. Darin kanzelt der Chef Maurice Thiriet seine (meist jüngeren) Mitarbeiter im Einzelabrieb ab. Das zeigt exemplarisch, dass Thiriet definitiv zu alt ist für dieses Portal. Einen Einblick, wie Thiriet an seinem anvisiertes Publikum vorbeiarbeitet, zeigen seine Antworten im Doppelpunkt-Interview mit Roger Schawinski. Hörenswert!