Geheimpläne
Was ist ein Geheimnis, wenn es keins mehr ist?
Bundesratswahlen sind eigentlich stinklangweilig. Wenn es davor nicht jede Menge Hofintrigen, Geheimpläne, die sogenannte Nacht der langen Messer und im roten Bereich drehende Intriganten und Strippenzieher gäbe.
Da wird zurzeit herumgeboten, dass der Sitz von FDP-Bundesrat Cassis wackle, der Mitte-Politiker Pfister in den Bundesrat gewählt werden könnte, die beiden offiziellen Kandidaten für die Nachfolge von Berset nicht. Oder ein Grüner, der sich todesmutig aufgestellt hat, obwohl er keine Chance hat.
Dafür gebe es jede Menge Geheimpläne. Würden die enthüllt, kämen halt neue Geheimpläne zum Einsatz. Das schreibt nicht geheim, sondern öffentlich der Bundeshauskorrespondent des «Nebelspalter» in seinem «Bundeshaus-Briefing». Das wäre das übliche Gedöns von parteipolitischen Gestocher im Ungefähren.
Aber Dominik Feusi gibt eine interessante Verschwörungstheorie zum Besten. Interessant, weil Feusi nicht nur Parteipolitiker, sondern auch Journalisten darin verwickelt:
«Tamedia-Redaktor Philipp Loser besprach das Vorgehen mit der SP-Co-Präsidentin Mattea Meyer. Besiegelt wurde der Deal mit einer innigen Umarmung im Eingang der St. Jakobshalle.
Philipp Loser soll von einem «Geheimplan» der SVP schreiben, wonach diese im ersten Wahlgang für den Sitz von Ignazio Cassis ihre 67 Stimmen Martin Candinas geben soll.»
Sinn der Übung, laut Feusi: So könne die SP der Mitte einen zweiten Bundesratssitz verschaffen, ohne eine Retourkutsche bezüglich Berset-Nachfolge befürchten zu müssen. Was machte dann Loser? «Was für die Behauptung noch fehlte, war die Beweisführung. Die Gelegenheit dazu ergab sich gestern Donnerstag: Alt-Bundesrat Christoph Blocher wurde gesehen, wie er in Bern vom Intercity aus Zürich in den Zug ins Wallis umstieg. Das reichte Loser für die Behauptung, die SVP-Spitze habe sich in Spiez zu einem geheimen Treffen versammelt, um das Vorgehen zu besprechen. Ausser Loser wurde auch Francesco Benini mit dem Gerücht bedient, damit es sowohl in den elf Tamedia-Blättern wie in den 18 CH Media Zeitungen erscheint. Dies bestätigen mehrere Personen, die von Loser und Benini mit dem Gerücht konfrontiert wurden.»
Da aber Feusi diesen Geheimplan enttarnt haben will, würden nun weder Loser noch Benini entsprechende Artikel schreiben, behauptet Feusi.
Was ist davon zu halten? Wenn es wirklich solche Kontakte, solche Abfütterungen und solche Pläne geben sollte, in die CH Media und Tamedia verwickelt wären, wäre das ein weiterer Sargnagel für die Glaubwürdigkeit der Massenmedien. Hat sich hingegen Feusi diese Story aus den Fingern gesogen, wäre es ein weiterer Sargnagel für den «Nebelspalter».
Wie es sich beim Stochern im Nebel gehört: Wir werden es wohl nie erfahren, was hier Fantasie und was Wirklichkeit ist.