Völlig durchgedreht
Holzköpfe aller Orten in Zürich. Nicht nur im Schulhaus Hirschengraben.
319 Seiten umfasst ein «Gutachten» des sogenannten «Atelier Jung». In Auftrag gegeben hatte das die Stadt Zürich, genauer der Stadtzürcher Schulvorsteher Filippo Leutenegger. Zu untersuchen war, ob Figurenköpfe in der Aula «rassistisch» seien, diskriminierend oder nicht. In diesem wunderprächtigen Raum symbolisieren acht Paare eine «Galerie der Völker».
Die Wurzel dieses Wahnsinns ist der Bericht «Möglichkeiten zum Umgang mit kolonialen Spuren im Stadtraum», der im März 2021 verfasst wurde. Dahinter steht die Projektgruppe «Rassismus im öffentlichen Raum» (RiöR). Dieser Haufen von Grossinquisitoren unterschied doch tatsächlich zwischen
- Objekte, die entfernt werden sollten
- Objekte, die aufgearbeitet werden müssen
- Objekte, die kontextualisiert werden können.

Diese Dunkelkammer wurde von anderen Dunkelkammern bestückt:
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PRD – Fachstelle für Gleichstellung / Integrationsförderung
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GUD – Tiefbau- und Entsorgungsdepartement
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SD – Sozialdepartement
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SID – Sicherheitsdepartement (z. B. Stadtpolizei)
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SSD – Schul- und Sportdepartement
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Städtischer Ombudsmann
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Denkmalpflege, Kunst, Archivierung, Liegenschaftenverwaltung (weitere Querschnittsfunktionen)
Wer masste sich diese Entscheidungsgewalt an, der schon einige Mohrenköpfe in der Stadt Zürich zum Opfer fielen? Hochqualifizierte Fachleute natürlich.
Unter der Leitung von Christof Meier (Bereichsleiter Integrationsförderung PRD) schlugen zu:
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Shelley Berlowitz – Fachstelle für Gleichstellung (PRD)
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Susann Birrer – Stadtpolizei (SID)
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Michael Bischof – Integrationsförderung (PRD)
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Myriam Fojtu – Stabsstelle Departementssekretariat (GUD)
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Beat Haas – Inventarisation Denkmalpflege (HBD)
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Pierre Heusser – Stadt-Ombudsmann
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Anja Huber – Stadtarchiv (PRD)
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Sara Izzo – Fachstelle Kunst im öffentlichen Raum (KiöR) (TED)
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Beat Kessler – Sozialdienst Liegenschaften Stadt Zürich (FID)
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Selin Öndül – Schulamt (SSD)
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Vithyaah Subramaniam – Integrationsförderung (PRD)
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Bea Troxler – Departementsstab (SD)
Natürlich verwendeten sie niemals den Begriff Rassismus oder forderten Kopf ab. Heutzutage heisst das «kontextualisieren» oder «kritisch diskutieren». Sobald sich ein «Betroffener» oder gar ein Haufen Betroffener zu Wort meldet und seinem Unwohlsein Ausdruck verleiht, beginnt die sensibilisiert-woke Stadtregierung sofort mit Hyperventilieren und fordert ein «Gutachten» an.
Im Fall der problematisierten Köpfe kam der Historiker Joseph Jung zum Handkuss, bzw. sein «Atelier Jung». Der war Privatdozent an der ETH Zürich, Chefhistoriker der Credit Suisse sowie Geschäftsführer verschiedener Stiftungen. Seit 2015 ist er Geschäftsführer und einzig aufgeführter Mitarbeiter der Einzelfirma «Atelier Jung», steuergünstig in Zug domiziliert. Das sich natürlich auf «ein Netzwerk» abstützt, auf was denn sonst.
Dieses Riesenwerk hat der bislang nicht als Rassismus-Experte aufgefallene Jung (dafür als Autor des lesenswerten Buchs «Das Laboratorium des Fortschritts») mit einem Dr. phil. Matthias Frehner verfasst. Der ist Publizist, Kurator, Spezialist für Eisenplastik und Raubkunst. Ebenfalls völlig unbeleckt vom Thema Mohrenköpfe gestern und heute.
Zur grossen Erleichterung aller Beteiligten kam das mit wissenschaftlichem Gelaber aufgeblasene Gutachten zum Schluss, dass es sich bei diesen Figuren nicht um den Ausdruck von Rassismus oder Fremdenfeindlichkeit handle. Sie seien «nicht diskriminierend». Uff. Andererseits: «Die Figurenköpfe basieren auf einem rassistischen Weltbild.» Ja was denn nun?
Daher wird eine – Überraschung – «Kontextualisierung» empfohlen. Mit Infotafel, QR-Codes, dazu Unterrichtsmaterialien, Workshops, Ausstellungen. Das übliche Gedöns, wenn man nicht so weit gehen möchte, diese kunsthistorisch wertvollen Bestandteile des Gesamtkunstwerks dieser Aula einfach abzuhacken.
Der NZZ ist aufgefallen, dass eine menschliche Fratze, die über dem Eingang des Schulhauses die Besucher anblickt, «für die Schulbehörden der Belle Époque der künstlerischen Freiheit zu viel war. Das Bildnis musste vorübergehend abgedeckt werden – wie die «Mohren»-Inschriften gut 130 Jahre später.»
Besser kann man diesen absurden Bildersturm nicht der Lächerlichkeit preisgeben.
Man könnte sich über den woken Wahnsinn lustig machen. Wenn der Zürcher Steuerzahler nicht dafür kräftig bluten müsste. Laut Jung hat das Gutachten 113’000 Franken gekostet. Er hält sich für das Thema Mohrenkopf qualifiziert, weil einer seiner «Forschungsschwerpunkte ist seit vielen Jahren das 19. Jahrhundert. Neben ganz unterschiedlichen Fragestellungen ist die Kulturgeschichte das übergreifende Thema».
Seine Wackelposition begründet er so: «Vereinfacht gesagt, sind nicht die Figurenköpfe (der Völker) das Problem – diese sind egalitär, gleichwertig in der Platzierung und Ausarbeitung, es gibt keine Karikaturen, alle sind exotisch typisiert usw. Das Problem ist der Zeitgeist: das rassistische Weltbild (Imperialismus, Kolonialismus) und damit die Einteilung der Menschen in Rassen (nach Hierarchien und mit entsprechenden Diskriminierungen).»
Schön, dass der rassistische Zeitgeist des 19. Jahrhunderts entlarvt wurde. Denn heute sind wir weiter: es gibt offenbar keine Rassen mehr. Denn nur schon das Eingeständnis ihrer Existenz wäre – rassistisch. Das muss dem Stadtzürcher Steuerzahler doch über 100’000 Franken wert sein. Darüber kann er dann im Stau in aller Ruhe nachdenken.
Der Artikel erschien zuerst auf «Inside Paradeplatz».




