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Der Wurmfänger

Leider ist es in der Schweiz einsam um Erik Gujer.

Natürlich, schon wieder. Aber ZACKBUM kann auch nichts dafür, dass die anderen Chefredaktoren grosser Massenmedien nichts oder nur Unwichtiges oder gar Unsinniges zu sagen haben. Schlichtweg Belangloses.

Der Chefredaktor und Geschäftsführer der NZZ, God Almighty, solange er auch wirtschaftlich mit seiner Expansion nach Deutschland Erfolg hat, nimmt sich jede Woche die Mühe, mit scharfem Blick Deutschland zu sezieren.

Die Ergebnisse seiner Autopsien sind lesens- und bedenkenswert. Daher müssen sie gelobt werden, weil sie unter Artenschutz im Schweizer Journalismus stehen.

«Früher herrschte Neid auf die teutonischen Streber mit ihren Exporterfolgen und gesunden Staatsfinanzen. Heute geht die Furcht um, das Land ziehe seine engsten Partner nach unten

Rezession im Jahr 2023, eine dysfunktionale Regierungskoalition mit einem führungsschwachen Chef, der schlimmer als weiland Helmut Kohl die Probleme auszusitzen versucht. Aber ohne dessen Fortune.

Dazu schreiender Wahnsinn im Sozialstaat. Das sogenannte «Bürgergeld», der Euphemismus für die frühere Sozialhilfe, wurde in lediglich zwei Jahren um 25 Prozent angehoben. Völlig irre, denn während Deutschland gleichzeitig Arbeitskräfte fehlen, sinkt so der Anreiz, einer bezahlten Arbeit nachzugehen, für Niedrigverdiener gegen null.

Der Staat als mit Abstand wichtigster Player in der Wirtschaft – er kontrolliert mehr als 50 Prozent des BIP und ist monströs wachsender Arbeitgeber – versagt bei seinen Kernaufgaben. Infrastruktur, Energieversorgung, Bildungssystem, schlanke Rahmenbedingungen für Unternehmertum schaffen – alles liegt im Argen.

Wie immer bei staatlichen Leistungen ist deren Verringerung ein Ding der Unmöglichkeit. Jede Anspruchsgruppe pocht auf ihre errungenen Privilegien, Stichwort Bauernprotest. Gnadenloses Urteil von Gujer: «Deutschland ist derzeit eine Ansammlung von griesgrämigen Sauertöpfen.»

Die Wirtschaft ist natürlich die Basis für politische Fehlentwicklungen: «Nur in der Bundesrepublik misslingt, was sonst in Europa halbwegs funktioniert: die Inklusion rechter Protestparteien in das politische System. Die AfD wird mit deutscher Gründlichkeit ausgegrenzt

Schlimmer noch, auf die Frustration der Stimmbüregr über das jämmerliche Schalten und Walten der Regierung und der Altparteien, reagiert der Staat und seine Machthaber mit Rundumschlägen gegen angeblich «rechtstextrem unterwanderten Bauern», von einer Bewegung, natürlich die AfD, die den Staat delegitimieren will, dabei besorgt er das selbst: «Wäre es nicht so trist, könnte man darüber lachen: Ausgerechnet die Regierung, die allenthalben vor Verschwörungstheorien warnt, verbreitet selbst Schauermärchen.»

So wird ein konspiratives Treffen von ein paar verpeilten Rechtsexttremen zu einer Art neuem Reichsparteitag aufgepumpt, wo der Umsturz geplant, zumindest angedacht werde. Wo die SPD sogar unter die 5-Prozent-Hürde zu fallen droht, denkt sie laut über ein Verbot der AfD nach. Deren Gottseibeiuns Björn Höcke soll das aktive und passive Wahlrecht entzogen werden. Als ob das das richtige Vorgehen gegen einen nationalistisch angebräunten Zeusler und Brandstifter wäre.

Eigentlich müsste alleine er schon die AfD unwählbar machen. Dass sie in Umfragen vor allem im Osten von Triumph zu Triumph eilt, ist nicht ihr Verdienst, sondern die Folge des unfähigen Regierungshandelns. Oder wie das Gujer formuliert: «Zu den Aufgaben einer Regierung gehört es, in anstrengenden Zeiten Lösungen aufzuzeigen und Zuversicht zu verbreiten. Hierbei versagen der maulfaule Kanzler und seine zerstrittenen Partner.» 

Man kann über diese Einschätzungen geteilter oder konträrer Meinung sein. Vielleicht ist Gujer sogar nicht der intellektuelle Überflieger in der Schweiz. Wäre es nicht so trist, könnte man darüber lachen. Zur Überfigur wird Gujer, weil seine Konkurrenz dermassen schwach abstinkt. Schreibt bei Tamedia, CH Media oder gar dem «Blick» einer ein Editorial oder einen Leitartikel, dann fliegt der so tief, dass er an jeder Bordsteinkante zerschellt. Sein Inhalt ist so flach, dass sich sogar Hühner vor Lachen am Boden wälzen. Der intellektuelle Gehalt ist nicht mal unter einem Elektronenmikroskop sichtbar.

Da wirkt Gujer natürlich riesenhaft, obwohl er vielleicht nur ein Scheinriese ist.

«watson» für Dummies

Man kann auch mit einer einfachen Grafik alles in den Sand setzen …

ZACKBUM wusste zwar, dass in der Schweiz kein Deutsch gesprochen wird. In Österreich ebenfalls nicht. Aber auch nicht in Deutschland selbst? Dafür aber schwergewichtig in Frankreich, der Türkei, den USA und Brasilien? Dazu in Russland, Südafrika, Neuseeland oder Spanien?

Wer «watson» liest, wird jeden Tag schlauer. Oder so.

Corona-Blues

Der wird in Deutschland gesungen. In der Schweiz bleibt’s (noch) stumm.

Ganz neue Töne im «Spiegel». Gut, auf das deutsche Nachrichtenmagazin war auch schon mal mehr Verlass, seit dem Fall Relotius und der Affäre Roshani ist der Lack ziemlich ab.

Aber so forsch die Deutschen auch sind, den kleinen und grossen Überwacher zu spielen, der nichts lieber als «das ist verboten!» sagt, so schnell sind sie dann auch bereit, in sich zu gehen. Schon zweimal murmelten sie im letzten Jahrhundert: «haben wir nicht gewollt und gewusst».

Nach der Corona-Hysterie ist nun auch Asche aufs Haupt angesagt. So titelt der «Leiter Meinung & Debatte» beim «Spiegel»: «Wir Coronaversager». Und greift in die Vollen:

«Inzwischen wissen wir, dass viele Pandemiemaßnahmen unsinnig, überzogen, rechtswidrig waren. Kein Ruhmesblatt, auch nicht für uns Medien.»

Hoppla. Dann haut sich Alexander Neubauer eins nach dem anderen selbst über die Rübe: «Inzwischen wissen wir, dass einige Coronamassnahmen nicht nur fragwürdig oder unsinnig waren, sondern auch rechtswidrig. Das Brandenburger Verfassungsgericht hat gerade entschieden, dass das sogenannte kommunale Corona-Notlagegesetz gegen die Landesverfassung verstieß, weil es die Gewaltenteilung aushebelte. Geklagt hatte die AfD-Fraktion, die sich jetzt als Verfassungsheldin aufspielen kann, ausgerechnet

Natürlich muss man sich in Deutschland immer gleich grundsätzliche Fragen stellen: «Nun ist es hinterher immer leicht zu sagen, was besser gewesen wäre. Doch was mich im Nachhinein umtreibt, ist, wie leicht die Freiheitsrechte in unserer angeblich so liberalen Gesellschaft suspendiert wurden.»

Bitteres Resümee: «Zu wenige widersprachen, als die Politik vor drei Jahren erstmals Schulschließungen anordnete und dann über Monate immer wieder verlängerte: kein Bundesverfassungsgericht, keine Nationale Akademie der Wissenschaften, kein Deutscher Ethikrat, kein Christian Drosten. Was, wie ich heute sagen würde, ein Riesenversäumnis war.»

Dem schliesst sich noch eine Selbstkritik an, eine Kritik an seinem eigenen Blatt. Dazu passt, dass der deutsche Gesundheitsminister Karl Lauterbach, der immer vorne dabei war mit Alarmismus und Lobgesängen auf die Wirkung der Impfung, nun plötzlich ganz betroffen ist, weil es doch tatsächlich Nebenwirkungen und Long Covid geben soll. Dafür den nahezu vollständigen Schutz durchs Impfen nicht mehr.

Jeder vernünftige Mensch, und davon gab es öffentlich während der Corona-Hysterie sehr wenige, hatte während der gesamten Pandemie vor überzogenen Massnahmen, vor der Verteufelung von Kritikern, vor Freiheitsverlust und Kontrollgewinn gewarnt.

Auch hier – wie inzwischen bei der Ukraine – kam es zu einer Vertauschung der Rollen. Während vor allem rechte Kreise davor warnten, dass Corona-Massnahmen zu einer vollständigen Überwachung des Staatsbürgers missbraucht werden könnten, war die Linke, allen voran die SP, hellauf begeistert von noch mehr Kontrolle.

Aber während in Deutschland immerhin eine Art Reflexion beginnt, sind es in der Schweiz bislang nur vereinzelte Stimmen wie die von Katharina Fontana, die ein kritisches Resümee ziehen. Die Corona-Kreischen bei Tamedia und Ringier (bei dem Verlag weiss man inzwischen wenigstens, warum), all die Befürworter von Zwangsimpfungen, die jeden Ungeimpften als potenziellen Massenmörder beschimpften, all die besinnungslosen Vertreter der Meinung, dass das elende und einsame Sterben in Altersheimen halt leider ein notwendiges Übel sei, also all die schon damals unangenehm auffallenden Hetzer und Rechthaber, sie bleiben einfach mal stumm.

Die  Wissenschaftler in der Schweiz, die sich einen Platz an der Sonne der öfffentlichen Wahrnehmung eroberten, indem sie immer absurdere Todeszahlen an die Wand malten; die Mitglieder der «Task Force», die regelmässig den Bundesrat in den Senkel stellten, den sie eigentlich beraten sollten – all die Apokalyptiker, die ihre Unkenrufe in fette Forschungsaufträge und die Verbesserung der eigenen Stelle ummünzen konnten: wo sind die heute?

Journalistische Meinungsführer aus dem Hause Tamedia, denen die Massnahmen des Bundesrats viel zu weich waren, die unverfroren Impfzwang forderten, eine Westentaschenpolitikerin, die öffentlich darüber nachdachte, ob Ungeimpfte nicht ihre Krankenhauskosten selber zahlen sollten; all die üblen Selektionierer, die öffentlich darüber nachdachten, ob Ungeimpfte nicht bei Behandlungen ausgeschlossen werden sollten: hört man von denen ein Wort der Selbstkritik? Der Einsicht? So etwas Ähnliches wie die Ausführungen von Neubacher im «Spiegel»?

Nein, die schweigen stumm in der Schweiz. Und haben schon längst einen neuen Feind ausgemacht. Friedensdemonstranten, die sich angeblich von ehemaligen Corona-Leugnern wieder für deren üble Ziele einspannen lassen. Reichsbürger, Rechtsradikale, einmal etikettiert als Verschwörungstheoretiker, immer Verschwörungstheoretiker, einmal Staatsfeind, immer Staatsfeind, mit oder ohne Aluhut.

Mit der gleichen parteilichen Gehässigkeit, mit der früher über sogenannte Corona-Leugner hergezogen wurde, geht es nun gegen Teilnehmer an Demonstrationen, wenn die Veranstalter nach Meinung der gleichen Kreischen nicht über jeden Zweifel erhaben seien. Und was zweifelhaft ist, das bestimmt natürlich die Kreische mit ihrer natürlichen Autorität und der unbezweifelbaren Fähigkeit, zwischen Gut und Böse unterscheiden zu können.

Man kann ja Fehler machen, das ist menschlich. Man kann hysterisch werden, was für Journalisten eher abträglich ist, wie man bei Marc Brupbacher beobachten kann. Man kann den Rechtsstaat in die Tonne treten, wie das der Politchef Denis von Burg bei Tamedia regelmässig tut. Man kann «Berset Superstar» lobhudeln, weil einem das von oben eingeblasen wird.

Was man damit aber nicht kann: seine Glaubwürdigkeit wiederherstellen. Den Weg nach unten der Massenmedien abbremsen. Das Zufallen des Sargdeckels verhindern.

 

Messerscharfer Blick

Eric Gujer schneidet sich eine Scheibe Deutschland ab.

Der vorletzte CEO der NZZ scheiterte in Österreich. Die Verabschiedung von Veit Dengler war entsprechend kühl: «Verwaltungsrat und CEO der NZZ-Mediengruppe sind zum Schluss gelangt, die Führung des Unternehmens in neue Hände zu legen.»

NZZ.at war ein schmerzhafter Flop, denn die NZZ ist dafür bekannt, selbst in höchster Not ein einmal gestartetes Projekt nicht einfach aufzugeben. Der Österreicher Dengler meinte, nicht nur der von ihm mitbegründeten Partei Neos Schub zu geben, sondern auch eine erfolgreiche Expansion der NZZ lancieren zu können.

Nach seinem Abgang im Jahre 2017 wurde Dengler COO der Bauer Media Group. Abgang dort 2021.

Inzwischen ist der CEO der NZZ wieder der Mann im Hintergrund, und wie zu Zeiten, als es diesen Posten noch gar nicht gab, dominiert der Chefredaktor. Auch der Vorgänger von Eric Gujer agierte nicht gerade erfolgreich. Markus Spillmann war der erste Chefredaktor des Blatts, der seinen Posten nicht freiwillig aufgab.

Seit 2015 sitzt nun Gujer fest im Sattel, als Chef und als Geschäftsführer. Er hat sich die unnahbare Autorität zurückerobert, die noch Hugo Bütler in seinen 21 Jahren auf der Kommandobrücke ausstrahlte. Bütler, über dessen Kürzel bü. sich Niklaus Meienberg selig lustig machte, dass das nicht für Büttel, sondern für Bürgertum stehe, war tatsächlich das Sprachrohr des Bürgertums, für ihn zweifelsfrei in der FDP verortet.

Die Zeiten sind komplizierter geworden, aber da steht Gujer drüber. Er ist so allmächtig, dass selbst die Tätigkeit seiner Frau als NZZ-Redaktorin kein sichtbares Naserümpfen auslöst. Schliesslich schreibt sie als Claudia Schwartz, und natürlich werden ihre Beiträge nicht anders als alle anderen behandelt.

Allerdings kann es dann schon vorkommen, dass einen widerborstigen Mitarbeiter ein strafender Blitz von God Almighty trifft.

Aber neben solchen kleinen menschlichen Schwächen betreibt Gujer eine erfolgreiche Expansion nach Deutschland. Was ja auch logisch ist, 80 Millionen Einwohner statt 8 wie in Österreich. Zudem schwächelt dort das Sprachrohr des Bürgertums FAZ; der deutsche «Tages-Anzeiger» namens «Süddeutsche Zeitung» trieft vor Gesinnungsjournalismus, und die «Welt» konnte sich nie als richtiges Sprachrohr des Bürgertums etablieren. Dann gibt es noch «Die Zeit», aber die schwebt weitgehend über den Dingen.

Gujer erfreut nun regelmässig Deutschland mit seiner Kolumne «Der andere Blick». Sozusagen das Wort zum Wochenende, das früher auf der Front der Samstags-Ausgabe der NZZ stattfand.

Hier ist’s nach Deutschland gerichtet, elegant und schneidend geschrieben. Aktuell gerade:

«Deutschland, Messerland: Wieder müssen Unschuldige wegen einer verantwortungslosen Migrationspolitik sterben».

Das traut sich eigentlich sonst niemand in Deutschland ausserhalb der AfD. Wenn schon, denn schon, sagt sich Gujer und haut weiter drauf: «Schweigen und Ratlosigkeit sind die Antwort der Bundesregierung auf die Verbrechen

Dann zeigt Gujer, was man mit messerscharfer Logik (okay, damit ist der Kalauer erschöpft) argumentativ herausholen kann, in aller Schönheit:

«So weist die «Süddeutsche Zeitung» darauf hin, dass auch Deutsche andere Menschen erstechen. Und sie hält fest: «Das öffentliche Interesse ist bei Straftaten von Geflüchteten oft ungleich grösser als bei Delikten von Deutschen.» Nur die Taten der Ausländer würden in Talkshows erörtert.
Das aber deutet nicht auf Fremdenfeindlichkeit hin, sondern ist völlig natürlich. Messergewalt von Deutschen lässt sich nicht abwenden; Deutsche können nicht aus Deutschland ausgesperrt werden. Tödliche Attacken von Flüchtlingen sind jedoch kein Schicksal. Sie sind die Nebenfolge einer willentlichen Politik. Mit dem Schicksal kann man nicht streiten. Politik hingegen kann man diskutieren und verändern

Natürlich hat Gujer sowohl konkrete wie abstrakte Ratschläge zur Hand: «Hinschauen und Verantwortung übernehmen statt ignorieren und beschönigen. Das wäre ein guter Vorsatz für eine bessere Flüchtlingspolitik

Damit – und mit einer stetig ausgebauten Deutschland-Redaktion in Berlin – setzt Gujer das Alleinstellungsmerkmal der NZZ um. Sie setzt nicht auf Verkaufsplattformen wie das Haus Tamedia, nicht auf Digitalisierung und Wertschöpfungsketten wie Ringier, nicht auf Multichannel wie CH Media, sondern auf Content.

Natürlich wird Gujer deswegen von der Konkurrenz in der Schweiz immer wieder angerempelt. Tamedia, WoZ und «Republik» überbieten sich darin, der NZZ im Allgemeinen und Gujer im Speziellen vorzuwerfen, die wilderten im rechtskonservativen Lager und hätten keine Angst vor mangelnder Abgrenzung von der AfD.

Das lässt Gujer aber zu Recht kalt, weil die NZZ – im Gegensatz zu Tamedia – beispielsweise in der Frage der Waffenlieferung an die Ukraine ein strammer Verteidiger der Rechtsstaatlichkeit ist. Zudem merkte Gujer mal maliziös an, bezüglich journalistische Qualität sei es doch so, dass der Tagi immer mehr Content von der Süddeutschen aus Deutschland übernehme und seinen Schweizer Lesern serviere, dabei das eigene Korrespondentennetz zerreisse. Während die NZZ ihre Mannschaft in Deutschland stetig verstärkt.

Gujer ist gut vernetzt und hat einen gewissen Hang, sich nachrichtendienstliche Erkenntnisse zu eigen zu machen. Als Auslandkorrespondent unter anderem in der DDR, in Russland und in Israel gewann er deutliche rechtskonservative Erkenntnisse.

Sein grosser Vorteil ist aber zweifellos, dass die NZZ immer mehr ein Leuchtturm wird, weil die Konkurrenz ihr Heil im Skelettieren und Zu-Tode-Sparen der Redaktionen sieht. Auch wenn die NZZ ihr Korrespondentennetz lockerer geknüpft hat als auch schon, enthält meistens jede Tagesausgabe mehr Denkstoff als eine Wochenladung der Konkurrenz, wo dünn analysierte News und geistig bescheidene Meinungen immer mehr um sich greifen.

Natürlich kann und muss man auch die NZZ kritisieren. Aber mit Vorsicht, denn wenn auch dieses Blatt noch flach wird, dann wird es langsam echt schwierig, sich im deutschen Sprachraum qualitativ hochstehend zu informieren.

Packungsbeilage: Autor René Zeyer war einige Jahre Auslandkorrespondent der NZZ und publizierte früher regelmässig dort, als es noch eine Medienseite gab.

1’100 Schuss pro Minute

Absurdes Theater um Munition.

Pro Minute kann ein Gepard-Flugabwehrpanzer bis zu 1’100 Schuss abgeben. 60 Stück davon aus ausgemusterten Beständen hat Deutschland an die Ukraine geliefert. Nur war dem deutschen Angriffsministerium offenbar nicht bewusst, dass so ein Geschütz auch Munition braucht.

Da war man etwas knausrig und kratzte gerade mal 60’000 Schuss zusammen. Die sind nach knapp einer Minute verballert, wenn alle 60 Panzer feuern. Daher fordert Deutschland von der Schweiz, dass es weitere 12’000 Stück an die Ukraine liefern kann, die unter dem Vorbehalt, dass sie nicht in Kriegsgebiete weiterexportiert würden, an Deutschland geliefert wurden.

Obwohl es auch in der Schweiz Winkeljuristen gibt, die meinen, man könne im Notfall die entsprechende und glasklare Gesetzgebung per Sonderrecht aushebeln, sagte die Schweiz dazu natürlich nein. Aber Deutschland nimmt da ungern ein Nein für ein Nein und schickte nochmals einen Brief mit der gleichen Forderung an den falschen Adressaten, nämlich an das Schweizer Verteidigungsministerium.

Und zur Sicherheit gleich noch an den «Spiegel». Wie erhofft ergiesst sich nun nach dem logischen und nochmaligen Nein ein Shitstorm in deutschen Medien über die Eidgenossen.

«Rüstungsgüter kauft man künftig besser nicht mehr in der Schweiz ein», keift die «Frankfurter Allgemeine Zeitung», hinter der nicht immer ein kluger Kopf steckt. Entsprechend tobt der teutonische Kommentarschreiber, wie der Tagi vermeldet: «Unglaublich, dass die Schweiz die Munition für eine FlugABWEHRkanone blockiert. Das macht sie für mich zur Komplizin des Kreml», lässt die altehrwürdige «Zeit» eine Kriegstaube in der Kommentarspalte rüpeln.

Ein anderer meint, man solle doch einfach auf das Verbot der Schweiz pfeifen, «was wollen die denn machen». Es sieht leider so aus, als ob der Deutsche auch nach mehr als 75 Jahren nach dem Zweiten Weltkrieg noch nicht ganz im Rechtsstaat angekommen ist.

Auf der anderen Seite wird immerhin angemerkt, dass die deutsche Regierung vielleicht damit hätte rechnen können, dass sich die Schweiz an ihre Gesetze halten wird. Das scheint eben auch auf Regierungsebene dort eher überraschend zu sein, nach all den Verrenkungen, die innerhalb der EU schon stattfanden, Stichwort Griechenland.

Allerdings gibt es auch in der Schweiz einige Politiker und sogar ein paar Rechtsgelehrte, die die Lieferung der Munition befürworten oder sogar fordern. Aber glücklicherweise sind das nur einzelne Stimmen, die sich so ihren Ruf ruinieren.

Erschwerend kommt noch hinzu, dass es offenbar um haargenau 12’400 Schuss gehe. Also um rund 10 Sekunden Feuerkraft. Die Deutschen glaubten bekanntlich gegen Ende des Zweiten Weltkriegs immer wieder an Wunderwaffen, die den Ausgang noch rumreissen könnten.

Aber das diese 10 Sekunden kriegsentscheidend sein könnten, das dürfte nicht einmal dem nostalgischsten Verehrer der Reichswehr einfallen.

Aber immerhin, es gibt auch wenige Stimmen der Vernunft in Deutschland. Eine davon fragt, wieso es der deutschen Regierung eigentlich nicht vor oder spätestens bei der Lieferung eingefallen sei, dass das Ding auch Munition brauche. Dann hätte man die doch vielleicht besorgen oder herstellen können.

Anscheinend verfügt Brasilien über 300’000 Stück davon, will aber auch nicht liefern. Das wäre dann genug für fast 5 Stunden Feuerkraft. Oder, auf 60 Panzer umgelegt, könnte jeder immerhin 5 Minuten ballern.

What a joke, wie der Ami richtig sagt.

Ha- ha- hamstern

Speiseöl ist das neue Toilettenpapier.

Ein teutonischer Trend, der noch nicht ganz in der Schweiz angekommen ist: es wird wieder gehamstert.

Diesmal ist es wohl so, dass die Verdauungsorgane weiterhin normal ihren Dienst versehen; Toilettenpapier scheint (noch) in ausreichenden Mengen vorhanden zu sein. Aber, wir hatten das Phänomen der Stampede schon, es gibt einen Anblick im westeuropäischen Supermarkt, der die Konsumenten zum Hyperventilieren bringt:

Denn wenn wir etwas gewöhnt sind, dann übervolle Regale. Wenn schon Qual, dann die der Wahl. Welches Toilettenpapier darf’s denn sein? Wie viele Lagen, besonders flauschig, öko, mit Duftnote oder ohne, mit Dekoration oder weiss, besonders reissfest oder auch für Hämorrhoidenträger geeignet? Aber im Ausgangsbereich des Menschen ist noch alles unter Kontrolle.

Das Problem entsteht sozusagen am anderen Ende:

 

Speiseöl ist aus. Insbesondere Sonnenblumenöl fehlt. Anscheinend, Globalisierung, gell, ist die Ukraine unter anderem ein Grossproduzent von diesem Öl. Und da gibt es logischerweise Nachschubprobleme. Die nur mit beherzten Massnahmen gelöst werden können:

Wie in der Mangelwirtschaft in den ehemaligen sozialistischen Ländern greifen einige Läden zur Rationierung. Die Menge wird pro Kopf beschränkt. Grossfamilien sind da eindeutig im Vorteil gegenüber Singles. Brauchen aber natürlich auch mehr Öl, logo. Die andere Variante ist beruhigendes Zureden:

Dritter Versuch, man lässt Lücken, aber sorgt dafür, dass die nicht allzu gross werden:

Bei all dieser Aufregung und Panik wird gerne vergessen: Sonnenblumenöl ist, in grösseren Quantitäten, gar nicht so gesund. Zweifach ungesättigte Fettsäuren und so. Rapsöl, viel besser, frittieren kann man mit beidem. Schliesslich gibt es noch das Palmöl, aber das hat natürlich andere Probleme.

Und nun noch ZACKBUM mit Nutzwert: Notvorrat. Pro Person und für 10 Tage braucht es 0,5 kg Fett und Öl. Das geht doch. Sonst empfehlen wir aus dem breiten Angebot vielleicht das hier:

Schlappe 179 Euro, inkl. Versand. Bei dem Wechselkurs ein Schnäppchen.

Oder aber, es gibt nichts, was es nicht gibt, Notvorrat vegan:

Da muss man allerdings etwas tiefer in die Tasche greifen; 239 Franken, plus 9 Franken Lieferservice. Aber dafür überlebt man nicht nur, sondern rettet auch die Welt.