Mediales Desaster Afghanistan
Was bieten die Schweizer Medien? Erbärmliches, Newsticker und Wiedergekäutes.
Es ist ein Ereignis von der Dimension des Endes des Vietnamkriegs.
Das Dach der US-Botschaft in Saigon, 1975.
Das Dach der US-Botschaft in Kabul, 2021:
Zusammenstellung der deutschen «Bild»-Zeitung …
1975 war mediale Steinzeit, im Vergleich zu heute. Gerade war eine moderne Datenübertragungsmaschine erfunden worden: das Faxgerät.
Aller Anfang ist klobig.
Kein Vergleich zu heute; Internet, real time Videos, man kann live dabeisein, wie Kabul in die Hände der Taliban fällt. Kaum hat eine ihrer Horden am Schreibtisch des geflohenen Präsidenten Platz genommen, geht das Bild bereits um die Welt. Denn auch die Taliban sind nicht mehr die Steinzeitkrieger von früher. Sie wissen sehr genau, mit welchen Bildern und Aussagen sie die Medien beliefern müssen.
«Respekt vor dem Rechtsstaat», natürlich auch vor Frauen, keine Massaker mehr, keine Massenvergewaltigungen, keine Plünderungen, alles ganz friedlich und zivilisiert diesmal. Aber eben auch sehr überraschend für die ausgedünnten News-Redaktionen der Schweizer Medien. Was macht man da? Man verzichtet weitgehend auf alles, wofür man eigentlich Geld verlangen könnte. Nämlich Einordnung, Analyse, Hintergründe. Stattdessen gibt’s den «Newsticker».
Ein Euphemismus für: wir haben doch auch keine Ahnung und schütten einfach ins Blatt, was zugeliefert wird.
Die Newsquelle mit der höchsten Einschaltquote.
Es wird getickert, was der Ticker hergibt.
Neben Getickertem, was können die Qualitätsmedien sonst noch bieten? Natürlich, der «Experte» muss ans Gerät. Nur: wer? Glücklicherweise gibt es da die Allzweckwaffe für alle Gelegenheiten, der einzig wahre Nachfolger von Peter Scholl-Latour selig. Natürlich, es handelt sich um Erich Gysling, 85.
Der «Blick» war am schnellsten.
Aber immerhin, bislang hat noch keine Auslandredaktion, selbst wenn sie nur noch aus zwei Personen besteht wie bei CH Media, Afghane so verwechselt:
Handgeknüpfter, nicht aufgeknüpfter Afghane.
Aber wer nach Hintergründen, Analysen, Erklärungen sucht, der muss auf angelsächsische Medien ausweichen. Englischkenntnisse allerdings vorausgesetzt.