Schlagwortarchiv für: Desaster

Gelebte Demokratie

Die «Republik» verkündet nordkoreanische Ergebnisse.

Gut, das ist etwas ungerecht. In Nordkorea beträgt die Wahlbeteiligung 100 Prozent, und die Abstimmungsresultate liegen auch bei 100 Prozent Zustimmung.

Das ist bei der «Republik» (teilweise) anders. Das Online-Magazin der guten Denkungsart und der Retter der Demokratie verfügt über 28’373 Abos – oder wie die das nennen, so viele «Verleger». An der achten «Urabstimmung» haben sich maximal 2274 «Verleger» beteiligt. Das sind klägliche 8 Prozent. In Worten acht. Ein Desaster.

Bei der Bestätigung der Revisionsstelle machten 2154 «Verleger» mit. 35 von ihnen stimmten mit nein. Das sind 1,62 Prozent. Zugegeben, in Nordkorea würde das bei Kim dem Dickeren leichtes Stirnrunzeln auslösen und vielleicht stünden ihm sogar die Haare zu Berge. Aber als Ausdruck einer lebendigen Demokratie? Ein Desaster.

Oder nehmen wir die Jahresrechnung. Dort ist es eigentlich so, dass nur der Rangrücktritt von zwei Millionenerben von ihren in die «Republik» verpulverten Darlehen verhindert, dass das Bubbleblatt die Bücher deponieren müsste. Angesichts des andauernden Missverhältnisses von Einnahmen und Ausgaben und der Unfähigkeit, aufgenommene Kredite zurückzuzahlen, müssten hier die Alarmsirenen erschallen. Dennoch haben von 2267 Abstimmenden genau 18 die Jahresrechnung abgelehnt. Das sind 0,79 Prozent. Katastrophe.

Schliesslich wurde der Vorstand mit 2264 zu 22 Stimmen entlastet. Dabei wird er von einem Irrwisch präsidiert, der schon mal ankündigte, dass er die Zahl von 100’000 Abonnenten für durchaus realistisch halte und das beispielsweise durch eine Expansion nach Deutschland bewerkstelligt werden könnte. Von diesem Gigantoplan hat man dann nichts mehr gehört.

Das sind mal die betrüblichen Ergebnisse der Abstimmungen. Immerhin hat die «Republik» weiterhin einen Vorstand; das war auch nicht immer der Fall, als Roger de Weck, der mit Pauken und Trompeten angekündigt worden, war, blitzartig den Posten wieder verliess. Wahrscheinlich hatte er sich mal informiert, wie es eigentlich mit der Haftbarkeit steht, nach dem Desaster beim «Kosmos», dem Bruchlandungsprojekt von Erblinken, die sich mit qualmenden Socken aus dem Staub gemacht hatten, als klar wurde, dass das Teil heillos überschuldet und bankrott ist.

Aber es ist in Wirklichkeit noch viel schlimmer. Denn das sind die skurrilen Resultate einer trübseligen Abstimmung, mit einer Stimmbeteiligung von kläglichen 8 Prozent. Würde das woanders stattfinden, wären die Republikaner die Ersten, die rauskrähen würden, dass das doch wohl nichts mit Demokratie zu tun habe und das Ergebnis keinesfalls repräsentativ oder signifikant sein könne.

Aber hier üben sie mal wieder Pfeifen im Wald:

«Vielen Dank nicht nur für Ihre Teilnahme an der Abstimmung, sondern auch für Ihre rege Beteiligung an der zugehörigen Debatte

Und dann wirft die «Republik» noch einen kühnen Blick in die Zukunft: «Willkommen an Deck – wir freuen uns auf die nächsten drei gemeinsamen Jahre!»

Drei Jahre? ZACKBUM nimmt Wetten auf die Frage an, wie oft die «Republik» in den nächsten drei Jahren Bettelaktionen durchführen wird, wie oft sie mit Selbstmord drohen wird, wie oft sie verkünden wird, dass Ziele fast, also nicht ganz, aber immerhin, erreicht wurden. Und natürlich Wetten zur Frage, ob die «Republik» in drei Jahren überhaupt noch existieren wird.

Denn irgendwann muss es doch den «Verlegern» und Geldgebern dämmern, dass sie hier einen Haufen von selbstverliebten Weltenreglern unterhalten, die am liebsten über sich, über ihre Weltsicht und über all die furchtbaren Dinge, die trotz ihren strengen Ermahnungen passieren, in epischer Länge salbadern.

Denen es bei allen Quengelaktionen «wir brauchen mehr Kohle» niemals auch nur im Traum eingefallen wäre, als leuchtendes Beispiel auf einen Teil ihrer üppigen Gehälter zu verzichten. Oder ihren überschaubaren Ausstoss zu steigern. Oder überhaupt etwas zu publizieren, was ausserhalb der immer kleiner werdenden Gesinnnungsblase irgend jemanden interessiert.

Aber wer gebannt auf den eigenen Bauchnabel starrt, der vergisst die Welt um sich herum. Solange das Gehalt pünktlich auf dem Konto ist.

Ringier-Leute, fürchtet euch!

Wenn das Management im Wolkenkuckucksheim schwebt …

Der «Blick» zitiert Bundesrat Rösti. Der zeige sich besorgt über den Sparkurs bei den Medien. «In den letzten 15 Jahren haben sich die Zeitungsauflagen in der Schweiz halbiert», sagte der Medienminister in Lausanne.

«Mein Glaube und meine Freude an Print bleiben ungebrochen. Die neusten Leserschaftszahlen bestätigen dies», behauptet Ladina Heimgartner, wir holen tief Luft «Head Ringier Media & CEO Ringier Medien Schweiz – Member of the Ringier Group Executive Board bei Ringier AG».

Wie bitte? Diesen Ausflug in die Wunschwunderwelt muss man im Original geniessen:

Die Dame mit der extrabreiten Visitenkarte versucht, den alten Militärspruch zu übertreffen: vorwärts, wir ziehen uns zurück.

In ihrer Version: «Sehr erfreulich: Der Rückgang der Leserschaftszahlen ist bei vielen unserer Publikationen im Mehrjahresvergleich deutlich geringer als zuvor.» Im Mehrjahresvergleich ist der Rückgang bspw. der «Blick»-Familie desaströs. Abgesehen davon: versteht jemand die Aussage dieses Satzes des Heads? «Im Mehrjahresvergleich geringer als zuvor»? Zuvor wann? Geringer als was? Aber vielleicht muss man zum obersten Management bei Ringier gehören, um solchem Nonsens Sinn abzuringen.

Aber sie legt noch nach, mit Feiersmiley und allem: «Einfach super: in einigen Segmenten konnten neue Leserinnen und Leser gewinnen». Der Satz würde mit einem zusätzlichen «wir» deutlich gewinnen. Da hätten wir mal die «Bilanz» mit «+10.1 %». Wunderbar, nur: das Blatt hat eine Auflage von 31’599 Exemplaren. Da sind zehn Prozent sehr relativ. Dann hätten wir PME mit «+3.1%». Muss man nicht kennen. «l’illustré» mit «+2.6%» (Auflage 65’625) und schliesslich, Tatä, die «Landliebe» mit sagenhaften «+1.0 %». Das sind bei einer Auflage von 115’259 gigantische 1153 Exemplare mehr.

Kein Wort zum «Blick»-Desaster, kein Wort zu allen anderen Printorganen, wo der Rückgang vielleicht «deutlich geringer als zuvor» ist. Oder auch deutlich stärker. Oder was auch immer.

Der Head, CEO und das Member hat – trotz Glaube und Freude – den desaströsen Niedergang des Ringier-Flaggschiffs «Blick» mitsamt «SonntagsBlick» zu verantworten. Da beispielsweise die übrige Sonntagspresse einen viel geringeren Rückgang im Print zu verschmerzen hat, ist völlig klar, dass der Absturz des SoBli nicht irgendwelchen Umständen, sondern einer verfehlten Strategie geschuldet ist.

Wer Toilettenschüsseln mit Henkel innen anbietet, muss sich halt nicht wundern, wenn sich die Nachfrage in Grenzen hält.

Natürlich muss jeder Manager die Kunst beherrschen, Katastrophen in laue Luft umzuschwatzen. Wenn aber jemand dermassen den Kontakt zur Realität verloren hat, dann gilt nicht nur für die «Blick»-Leute, sondern ganz allgemein für die Ringier-Print-Leute: fürchtet euch! Zaget und wehklaget. Die Printer selbst, also die Drucker, haben es schon hinter sich. Begleitet von ein paar bedauernden Geräuschen wurde das Stammhaus von Ringier, die Druckerei in Zofingen, geschlossen. Aus, fertig, Ende. So viel zum Glauben an Print im Hause Ringier.

Wer allerdings den Glauben an die Zukunft von Print als Angestellter behält, der muss sehr viel Glaubensstärke haben. Denn bislang sind alle Versuche gescheitert, die Einnahmeverluste durch wegfallende Inserate und Print-Abonnenten zu ersetzen. «Blick+» ist ein Witz, aber kein guter. Ratgeber und Service, das können so viele andere auch und besser.

Oder wer braucht das?

Das hier ist wohl mehr in eigener Sache zu verstehen:

Und noch eine Antwort auf eine Frage, die uns alle umtreibt:

Richtige Antwort: nein, sie müssen getragen werden. Kleiner Scherz. Aber es gibt natürlich auch Storys, an denen die ganze Schweiz Anteil nimmt:

Und wer’s verträgt, noch ein Absackerchen als Doppelpack:

Sagen wir so: wie viele Arbeitnehmende (grässlich, diese Korrekt-Sprache-Vergewaltigung) bei Ringier werden demnächst keine Lohn-, sondern Abfindungsgespräche führen? Aber im festen Glauben an Print und an die Fähigkeiten des leitenden Managements …

Dabei wäre es doch so einfach. Man müsste nur der eigenen Statistik vertrauen:

Katastrophe, Tragödie und Sex. Plus Büsis. Wäre eigentlich gar nicht so schwer.

Hoch die Flaschen

Colm Kelleher, UBS-Boss, macht die Bankenaufsicht FINMA zur Schnecke.

Der Ire ist ein mutiger Mann. Denn schliesslich könnte ihm die FINMA die Gewähr entziehen, die Lizenz zum Banking. Täte sie das, wäre er seine Stelle los. Aber das tut sie natürlich nicht, denn die Bankenaufsicht ist wohl die erbärmlichste staatliche Behörde, die die Schweiz hat. Unfähig, devot, zahnlos, gelähmt, ein Master of Desaster.

Dass die FINMA als Aufsichtsorgan über den Schweizer Finanzplatz versagt, ist längst erstellt. Dass sie ein Reihenversager ist, auch. Aber dass der mächtigste Banker der Schweiz in einem Interview im «SonntagsBlick» so über die herzieht, das hat historischen Wert.

Kelleher nimmt – auf Englisch – kein Blatt vor den Mund, was für einen Spitzenbanker erfrischend originell ist. Das war schon bei einem off-the-record-Treffen im kleinen Kreis so, wo er Sachen sagte, die man liebend gerne zitiert hätte.

Aber nun sagt er’s auch offiziell. Zunächst sieht er den Ankauf der Credit Suisse zum Schnäppchenpreis ganz anders: «Im Grunde genommen wickeln wir die CS für die Schweizer Regierung ab.»

Worauf er sich da eingelassen hat, das beschreibt der Boss mit offenen Worten: «In Teilen der Investmentbank der Credit Suisse gab es Cowboys, die nur auf ihren eigenen Vorteil bedacht waren. Wir sahen, dass einige der Geschäfte, die sie tätigten, für die Bank keinen Sinn ergaben.»

Aber das war noch nichts gegen das völlige Versagen der CS-Führung, die Kelleher schonungslos geisselt:

«Am 12. Juni 2023, als UBS erstmals die volle Kontrolle über die CS hatte, habe ich mir die Briefe der Finma an den CS-Verwaltungsrat angesehen. Ich war – diplomatisch gesagt – sehr erstaunt. … Die Tatsache, dass die Credit Suisse diese Briefe erhielt und nichts oder zu wenig unternommen hat, ist unfassbar.»

Und die FINMA tat nichts dagegen – ausser Briefe schreiben.

Und wann fing das Elend der CS an? «Seit 2015 war es für mich offensichtlich, dass die Credit Suisse als eigenständiges Unternehmen nicht mehr überlebensfähig sein wird. Ihre Zukunft lag damals in meinen Augen in der Fusion mit einer anderen Bank. Ab Oktober 2022 bestand ihre Zukunft aus meiner Sicht nur noch in einer Notrettung. Ich verstehe also nicht, warum man acht Jahre gewartet hat, wenn ab 2015 die Warnzeichen da waren

Er sagt’s noch klarer: «Ich kam im März 2022 zu UBS. Wir waren wirklich besorgt, dass etwas passieren könnte. Wenn also wir uns Sorgen gemacht haben, warum dann nicht auch andere

Schon nach einer persönlichen Begegnung sagte ZACKBUM-Autor René Zeyer zu Kelleher, dass er sich nun viel beruhigter fühle. Das war nicht nur ironisch gemeint. Natürlich outet sich Kelleher auch in diesem Interview als strikter Gegner von starken Kapitalerhöhungen, was für einen Banker normal ist. Echtes Eigenkapital liegt bloss rum und kriegt keine Junge, eine Horrorvorstellung für jeden Finanzmenschen.

Aber seine Kritik an den haltlosen Zuständen innerhalb der CS, die offensichtlich die ganze Amtszeit des Oberversagerrats Urs Rohner andauerten, ist von entlarvender Brutalität. Und sogar mit der Bankenaufsicht, die eigentlich Herrin über ihn ist, legt sich Kelleher mit offenen Worten an.

Natürlich besteht er darauf, dass die Fehlentscheidungen im VR und in der GL der CS gefällt wurden, wo hochbezahlte Nieten gebannt auf ihren Bonus starrten – und eine Fehlentscheidung nach der anderen trafen.

Sie frisierten die Bücher dermassen, dass die US-Aufsichtsbehörden die Verschiebung eines Quartalsberichts erzwangen. Sie kassierten Milliarden-Boni für Milliardenverluste. Unter ihrer Verantwortung wurde das korrupte Entwicklungsland Mozambique in den Staatsbankrott getrieben. Die CS wusch Drogengeld der bulgarischen Mafia. Einem vorbestraften Finanzjongleur warfen sie Milliarden hinterher, ebenso einem flott schwätzenden Errichter eines Schneeballsystems namens Greensill. Dabei ruinierte die CS noch ihren Ruf bei vermögenden Anlegern, denen sie dieses windige Konstrukt schmackhaft machte.

Wenn laut Kelleher seit 2015 alle Alarmzeichen sichtbar waren, wieso taten dann Bankenaufsicht und Politik nichts? Wenn er sich schwere Sorgen machte und als erste Amtshandlung bei der UBS eine Arbeitsgruppe ins Leben rief, die sich mit dem möglichen Grounding der CS befasste, wieso tat das sonst niemand? Wieso tat das die FINMA nicht?

Worauf in den Interview gar nicht eingegangen wird: nach dieser Kette von Versagen setzte die FINMA noch ein letztes Glanzlicht, indem sie auf Geheiss des Bundesrats 17 Milliarden Dollar Wandelanleihen, sogenannte Tier 1 Bonds, auf null abschrieb. Damit lädierte die FINMA den Ruf des Finanzplatzes Schweiz zusätzlich und löste eine Prozesslawine aus, unter der der Schweizer Steuerzahler dereinst begraben wird.

Die Flaschen bei der CS sind wenigstens aussortiert und können ihre unverdienten Millionen geniessen. Aber bei der Bankenaufsicht FINMA sind immer noch die gleichen Personen an der Spitze. Es wäre fahrlässig, sie dort zu belassen.

Wumms: Kurt W. Zimmermann

Der vorletzte Mohikaner läuft zur Höchstform auf.

Vielleicht ist Kurt W. Zimmermann auf seine alten Tage zum Marxisten geworden. Auf jeden Fall analysiert er das Tamedia-Desaster rein ökonomisch und begründet es mit der Geldgier des Besitzerclans, der ungefähr 30-köpfigen Coninx-Familie.

In der «Weltwoche» zieht er richtig vom Leder: «Es war, ich habe nachgezählt, die zwölfte Sparrunde in den letzten zwanzig Jahren. Das Haus Tages-Anzeiger ist damit der Europameister in der Disziplin der Kostensenkung.»

Während im Maschinenraum gespart wird, bis es quietscht, herrscht auf der Kommandobrücke Champagnerstimmung: «Etliche der dreissig Familienmitglieder haben keinen festen Beruf. Das müssen sie auch nicht, solange ihr Anführer Supino jedes Jahr für hohe Dividenden sorgt. In den vergangenen drei Jahren zum Beispiel flossen 192 Millionen Franken Dividende an die drei Familienzweige. Damit lässt es sich ganz gut leben.»

In einem NZZ-Interview legte er noch paar Schippen drauf:

«Der «Tages-Anzeiger» ist ein Fall für die Psychiatrie. Erst hat er seinen Auslandteil nach Deutschland ausgelagert und den Kulturteil abgemurkst. Die neue Strategie lautet nun, dass der «Tages-Anzeiger» auch Lokalblätter wie die «Zürichsee-Zeitung» und den «Landboten» in seinen Online-Auftritt integriert. Ich frage mich, wie jemand auf eine so dümmliche Idee kommen kann.»

Auch an der Strategie von Pietro Supino, alle Zeitungen aufzukaufen, die nicht bei drei auf den Bäumen sind, lässt Zimmermann kein gutes Haar: «Die Zeitungsakquisitionen von Bern über Basel bis Genf waren, aus heutiger Sicht, eine enorme Fehlinvestition. Unter Verwaltungsratspräsident Pietro Supino hat man für insgesamt eine Milliarde Franken jede Zeitung gekauft, die man bekommen konnte. Heute machen alle Zeitungen des Verlags zusammen einen Gewinn von 10 Millionen. Als Return on Investment ist das unterirdisch

Aber auch für die Zukunft sieht Zimmermann schwarz, bzw. rot. Kann die Gewinnmarge der Zeitungen von aktuell 2 Prozent auf die geforderten 10 Prozent gesteigert werden, ist das realistisch? «Völlig unrealistisch. Die soeben vorgestellte neue Strategie von Tamedia ist keine Strategie, sondern Wortgeklingel. Ich habe noch selten eine derart inhaltsleere Strategiepräsentation erlebt wie jene von Tamedia. Man hat keine Ahnung, wie man mit Zeitungen in Zukunft Geld verdienen will. Man nennt diese Ideenlosigkeit nun «digitale Transformation».»

Fall für die Psychiatrie, dümmliche Idee, enorme Fehlinvestition, Wortgeklingel, Ideenlosigkeit. Das ist vernichtend. Das Schlimme daran ist: das ist noch höflich zurückhaltend ausgedrückt.

Wer das nach fast einjährigem Brüten als neue Strategie verkündet, ist für seinen Posten radikal ungeeignet. Wer das als «Weichenstellung für den unabhängigen Qualitätsjournalismus» verkaufen will und damit die verarschten Leser stinksauer macht, ist für seinen Posten radikal ungeeignet. Wer die unnötige inhaltliche Verflachung des Tagi zu verantworten hat, ist für seinen Posten radikal ungeeignet. Auch wenn es sich um zwei Frauen handelt.

Und schliesslich ist derjenige, der diese Personalentscheide getroffen hat, für seinen Posten radikal ungeeignet, aber unkaputtbar.

Wunder an der Werdstrasse

Mit weniger Nasen mehr Qualität schaffen. Das soll funktionieren.

ZACKBUM wird sicherlich wieder diffamiert werden von den Damen an der Spitze des einstmals gloriosen Medienhauses Tamedia. Oder «Tages-Anzeiger». Oder TX. Oder was auch immer.

Aber es braucht schon die geballte Inkompetenz von drei Damen, um einen neuerlichen Kahlschlag auszulösen. CEO Jessica Peppel-Schulz, die sich kommunikativ von einem Avatar vertreten lässt, der immerhin über KI verfügt, hat als erste öffentliche Amtshandlung bekannt gegeben, dass rund 300 Mitarbeiter rausgeschmissen werden. 200 in den beiden zu schliessenden Druckereien, 90 in den Redaktionen.

Ein geschäftliches Desaster. Raphaela Birrer und Kerstin Hasse, zusammen mit zwei Hansln, haben ein inhaltliches Desaster zu verantworten. Und sollen nun das Wunder vollbringen, mit weniger Fachkräften die gleiche Qualität wie vorher zu halten. Das ist inzwischen nicht mehr allzu schwierig, grenzt aber dennoch an ein Wunder. Denn 90 Leute entlassen, das würde bei gleichbeliebendem Niveau bedeuten, dass die vorher völlig überflüssig waren.

Psychologisch einfühlsam schwärmt Hasse auf Instagram, dass sie bald einmal im Kaufleuten einen Podcast über «Frauenfreundschaften» machen werde. Während die Mannschaft darüber informiert wird, dass schon wieder ein grosses Rausschmeissen angesagt ist. Das sind echte Führungsqualitäten.

Dabei wäre alleine die Entlassung von Peppel-Schulz, Birrer und Hasse, die ersatz- und folgenlos eingespart werden könnten, eine Budgetentlastung, die den Rausschmiss von mindestens 8 Indianern verhindern würde.

Aber bevor ZACKBUM wieder als frauenfeindlich verschrien wird: der Verursacher des nächsten Flops ist ein Mann. Denn der Digital-Crack, der ehemalige «Beirat für Digitalisierung» Mathias Müller von Blumencron hatte  mit grossem Trara als Dampfplauderer den «Verkehrsmonitor» aus der Taufe gehoben und in die Traufe befördert. ZACKBUM schrieb schon zur Begrüssung im August 2023: «Tamedia will mit einem «Verkehrsmonitor» auf die Schnauze fallen.»

Es war ein angekündigter Tod: Was ist denn das? Das ist ein B2B-Portal. Das «Go-to-market» und «Brand-Design» wurde mit der Agentur Wirz entwickelt, auch so ein Heissluftfön. «Datengetriebenes Kampagnensetup, laufende Optimierung, Zusammenspiel mehrerer Disziplinen und mit Fokus auf Impact», und Blabla und Blüblü.

Sechsköpfiges Redaktionsteam, stolze 195 Franken im Monat Abogebühr. Die Idee war zudem geklaut, beim deutschen «Tagesspiegel», wo Müller (wir gestatten uns die Kurzform) mal Co-Chefredakteur hätte werden sollen. Das war dann nix; inzwischen ist Müller auch bei Tamedia wieder weg, was die Überlebens-Chancen des Verlags deutlich erhöht. Allerdings überlebt ihn der «Verkehrsmonitor» auch nur kurz, er wird nach wenigen Monaten wieder eingestellt.

Natürlich gilt im Geschäftsleben «try and error», man sollte mal was probieren. Aber es gibt Projekte, bei denen von Anfang an klar ist: Fehlgeburt, Fehlkonstruktion, funktioniert nie, kostet bloss. Das ist dann peinlich.

Aber peinlich ist das neue Must bei Tamedia. Wer nicht peinlich ist, hat keine Karrierechancen. Daher kümmern sich sagenhafte 52 Häuptlinge um das Werkeln von 170 Indianern; jede Führungskraft hat die Verantwortung für etwas mehr als drei Untergebene.

Da würde das Prinzip Ueli Maurer schon mal Wunder wirken. Der ging als Bundesrat gegen die Überregulierung in seinem Departement vor. Er stellte 72 Verordnungen auf den Prüfstand und verlangte bis Ende Jahr eine Begründung für deren Existenz. Ganze fünf wurden geliefert. Bei Tamedia wäre das: die 52 Häuptlinge müssen bis Ende Jahr begründen, was sie eigentlich führen, wofür sie verantwortlich sind, wie man ihre Leistung messen kann. Auch hier dürften so um die fünf verständliche Begründungen eingeliefert werden; der Rest kann dann weg.

Aber wetten, dass natürlich wieder im Maschinenraum gespart wird, bloss ein paar Häuptlingen, die Widerworte gegen die inkompetente Redaktionsleitung wagten, werden auch einen Kopf kürzer gemacht.

Es ist ein Trauerspiel, eine hausgemachte Katastrophe. Hier ist kaum etwas den Umständen, dem Umfeld, dem neuen Konsumverhalten, der digitalisierten Welt – oder wie die Manager-Bullshitphrasen alle heissen – geschuldet. Hier haben die Versager, die Schuldigen Anschrift, Name und Gesicht.

Rund 600 Stellen weniger bei Tamedia, Ringier, NZZ und CH Media seit Anfang 2023. Daher viel weniger Leistung, Content, für gleich viel oder sogar mehr Geld. Ein idiotischeres Geschäftsmodell hat die Welt noch nicht gesehen.

Wieso Oberboss Pietro Supino ungerührt zuschaut, wie sein Medienhaus medial zuschanden geritten wird – unglaublich, unvorstellbar, unverständlich.

Das NZZ-Desaster

Hoch lebe die Meinungsfreiheit. Aber muss das sein?

Gekonnt ist gekonnt. Kommentator Jörg Himmelreich setzt schon den allerersten Satz in den Sand: «Putins Invasion in die Ukraine im Februar 2022 stellt das grösste Desaster bundesdeutscher Aussenpolitik seit dem Zweiten Weltkrieg dar.»

Der Mann lehrt an der «École Supérieure de Commerce de Paris». Hat aber offensichtlich von Geschichte nicht den Hauch einer Ahnung. Das vormalige Desaster deutscher Aussenpolitik im Zweiten Weltkrieg war die Invasion der Ukraine, wo die Nazis – fleissig unterstützt von ukrainischen Kollaborateuren um den heute noch verehrten Kriegsverbrecher und Judenhasser Stepan Bandera – wie die Barbaren wüteten. Bis die Rote Armee die Sowjetrepublik unter grossen Opfern – und gegen den erbitterten Widerstand auch von Nazi-Ukrainern – vom Joch des Faschismus befreite.

Das zum Thema Desaster. Dann zum Thema Deutschland – Russland: «Die Missdeutung der Herrschaftskultur Russlands und seiner Politik folgt jahrhundertealten tiefen Spuren in der deutschen Geschichte und Kultur über alle Kriege hinweg.»

Dann holt Himmelreich weit in die Geschichte bis zu Iwan dem Schrecklichen (1530 – 1584) aus, um mit gewählteren Worten zu sagen, dass der Iwan, der slawische Mensch als solcher, der Russe halt (und blöd auch, dass das Wort vom bolschewistischen Untermenschen ein Geschmäckle hat) halt modernen Errungenschaften wie Demokratie, Eigentumsgarantie oder Trennung von Kirche und Staat nicht mächtig sei. Dabei waren zum Beispiel Kirche und Staat fast im ganzen letzten Jahrhundert strikt getrennt. Aber dass es von 1917 bis 1991 eine Sowjetunion gab, ignoriert der Wissenschaftler.

Das hindert ihn nicht daran, Ignoranz der deutschen Politik vorzuwerfen: «Auf der Verkennung dieser historischen Tatsachen beruhten die Kernirrtümer deutscher Russlandpolitik. Der historischen Herrschaftskultur sind die Begriffe von Demokratie, von Grund- und Menschenrechten fremd.» Das ist nun echt witzig, denn der deutschen Politik waren diese Grundbegriffe bis 1918 auch nicht geläufig, und dann gab es doch noch irgendwann so ein Drittes Reich, das nicht nur gegenüber den jüdischen Mitbürgern auf Menschenrechte geschissen hat.

Und ab 1949 war zumindest die Hälfte Deutschlands auch nicht wirklich mit Demokratie gesegnet.

Nach diesem Blindflug durch die Geschichte kommt Himmelreichs zur Gegenwart zurück: «Russland kehrt sich von Europa ab und besinnt sich zurück auf alte Pfade asiatischer Orientierungen – nach Karl Marx solche einer «asiatischen Despotie». So ist halt der Iwan. Wird bloss ein wenig vom Westen sanktioniert, sein Überfall auf die Ukraine wird zum Stellvertreterkrieg gemacht, in dem auch deutsche Panzer endlich wieder durch das Land rasseln dürfen und gegen russische Invasoren schiessen, und schon wendet der sich der asiatischen Despotie zu, wie schon Marx wusste.

Aber weiter im wilden Ritt wider Vernunft und Geschichte: «Gegenüber einer Macht, deren historische Staatsräson militärische Expansion ist, kann westliche Demokratie und Freiheit nicht mit Verträgen, temporären Waffenstillständen und einer alle russischen völkerrechtswidrigen Annexionen hinnehmenden Appeasement-Politik verteidigt werden.»

«Westliche Demokratie und Freiheit» hat in den letzten zwei Jahrhunderten dreimal Russland überfallen. Frankreichs Napoleon, Deutschlands Wilhelm Zwo und schliesslich noch Hitler. Währenddessen hat Russland in der geglichen Zeit (und auch zuvor) niemals den Westen angegriffen. Der Ostblock entstand als unausweichliche Folge des Zusammenbruchs des Hitlerfaschismus. Für die Befreiung Europas von dieser braunen Pest hat die Sowjetunion übrigens den höchsten Blutzoll aller Alliierten erlitten; über 25 Millionen Tote.

Bis hierher ist es nur hirnrissig, was Himmelreich dichtet. Dann wird’s aber richtig gefährlich: «Einer Herrschaftskultur, die sich alleine durch ihre rechtswidrige Machtausübung definiert, diplomatisch nachzugeben, ist tödlichDas heisst mit anderen Worten: besser schiessen statt reden.

Dann wärmt Himmelreich doch tatsächlich die alte Lüge in modernem Gewand auf, dass Hitlers Überfall auf die Sowjetunion in Wirklichkeit ein Präventivschlag war:

«Die deutsche Politik und weite Teile der deutschen Gesellschaft müssen endlich begreifen, dass Putin Deutschland schon längst den Krieg erklärt hat.»

Und wie damals gibt es natürlich moskauhörige Trottel: «Putins fünfte Kolonne bilden all die Ex- Stasi- und Ex-SED-Netzwerke, die nützlichen Idioten von AfD, der Linken und Teilen der SPD.»

Während die das Geschäft des Kremls verrichten, gehe es in Wirklichkeit darum: «Es bedarf endlich einer abgestimmten westlichen Politik, Russland vor allem wirtschaftlich zu besiegen und damit seine latente historische Gefahr für Europa nach dem Zusammenbruch der UdSSR 1991 endgültig zu neutralisieren.»

Wir lesen genau: besiegen, «vor allem» wirtschaftlich. Also auch militärisch. Aus diesem Vokabular ist auch der Begriff «neutralisieren» entlehnt.

Mit anderen Worten: Germans to the front, schliesslich kennt sich der deutsche Landser, bzw. sein moderner Nachfahr, der «Staatsbürger in Uniform», damit doch bestens aus. Hat ja immer prima geklappt.

In Wirklichkeit, das ist ein von angesehenen Historikern mehrfach beschriebene historische Konstante, herrschte immer dann Frieden in Europa, wenn es friedliche Beziehungen zwischen Deutschland und Russland gab. Das war schon so, als Deutschland noch gar nicht existierte und Preussen die Führungsmacht im deutschen Fleckenteppich von Kleinstaaten war.

Es lebe die Meinungsfreiheit und jeder darf sich öffentlich zum Deppen machen. Aber muss das in der NZZ sein?

Kunst kostet

Kunst, Künstler, Kunsthaus. Das wird sich das reiche Zürich doch wohl …

Obwohl das Schauspielhaus Zürich Rekordhalter ist, was das Missverhältnis zwischen eigenen Einnahmen und Subvention durch den Steuerzahler betrifft (7,7 Prozent selbst erwirtschaftet, 92,3 Prozent Steuergelder), steht das Kunsthaus auch ziemlich schräg in der Landschaft.

Von den Gesamteinnahmen in der Höhe von 29 Millionen übernimmt der Steuerzahler 13,3 Millionen. Dennoch gab’s letztes Jahr ein Defizit von 4,5 Millionen. Eigentlich reif für den Konkurs. Aber die «Überschuldung» sei durch die «Aktiven» gedeckt, behauptet PwC – als ob es in Frage käme, Kunsterwerke zu verkaufen.

Aber das Problem ist ein anderes. Seit fast zwei Jahren ist Philipp Hildebrand Präsident der Zürcher Kunstgesellschaft und damit verantwortlich für das Desaster. Seine sackschwache Erklärung: das Kunsthaus war angeblich «nicht ausreichend auf die Konsequenzen der Erweiterung und die neue Realität eines doppelt so grossen Hauses vorbereitet» gewesen. Ach was, da wird ein riesiger Annex dazugestellt, damit die grandiose Bührle-Sammlung endlich einen würdigen Platz findet, aber dass das mit Kosten verbunden ist, das hat keiner gemerkt?

Ausserdem bekam das Kunsthaus nochmal 4,5 Millionen Subventionen draufgesattelt, da es der Stadtregierung – offenbar im Gegensatz zur Leitung des Museums – klar war, dass eine Erweiterung Konsequenzen habe.

Und was sagt die Kunsthausdirekrorin Ann Demeester, seit Oktober 2022 am Gerät? «Das war ich nicht», schliesslich habe es schon Schulden gegeben, bevor sie anfing, ein exorbitantes Gehalt von über 300’000 Franken zu kassieren. Kritik daran begegnet sie mit Sarkasmus. Wenn sich die Probleme damit lösen liessen, wäre sie sofort mit einer Gehaltskürzung einverstanden, behauptet sie auf Radio SRF. Aber das sei natürlich nur eine «populistische Forderung der SVP», die kein einziges Problem löse.

Das ist nun ein Gequatsche, das man sehr gut aus dem Banking kennt. Schwirrt da einer ab (notabene mit wohlgefüllten Taschen), kommt der nächste, füllt sich die Taschen und sagt angesichts des katastrophalen Zustands, er müsse halt erst den Scheiss wegräumen, den sein Vorgänger hinterlassen habe. Und bei dieser herkulischen Aufgabe, den Augiasstall auszumisten, müsse er natürlich auch üppig entlöhnt werden.

Und was fällt der hochbezahlten Leitung so ein, teuer beraten von aussen? Erhöhung der Eintrittspreise (was bekanntlich immer mehr Nachfrage auslöst), Reduktion der Öffnungszeiten (was ebenfalls den Publikumsandrang steigert), und dann sei es auch so, «dass es im Rahmen seines sozialen Engagements verschiedensten Besuchergruppen kostenlosen oder reduzierten Eintritt anbietet – «von Asylsuchenden und Arbeitslosen bis zu Menschen mit Behinderungen und ihrer Begleitung, Menschen mit schmalem Einkommen und Menschen mit psychiatrischen Problemen»», wie das Kunsthaus dem Tagi mitteilt.

Das koste halt auch, im Jahr bis zu 160’000 Franken. Und dann muss das Museum auch an einem Tag einen Gratiseintritt bieten, das wären im Fall mögliche Mehreinnahmen von 1,6 Millionen Franken, würde das gestrichen. Ist aber theoretisch, denn das ist vertraglich vorgeschrieben.

Und sonst? Na, ein Sponsor muss her, was denn sonst. Die Bührle-Stiftung eignet sich wohl eher weniger, und Hildebrand mit seinem angeblich exzellenten Netzwerk hat es auch in zwei Jahren nicht geschafft, einen herbeizuschleppen.

Was dann? Die Einsparung von 300’000 Franken jährlich wäre sicherlich ein Schritt in die richtige Richtung. Und jemanden zu suchen, der nicht nur telegen rüberkommt, sondern auch dort was kann, wo er gebraucht wird, eben beim Sponsoring, wäre auch gut.

Auf der anderen Seite: wieso auch; die Stadt – also ungefragt ihr Steuerzahler – wird doch das Kunsthaus nicht verlumpen lassen, trotz markiger Forderungen nach einem dann mal ausgeglichenen Budget. Und die Stadtregierung in Gestalt von Teflon-Mauch wird sicher nicht energisch werden. Denn die Stadtpräsidentin ist am Desaster mitverantwortlich, da ist es immer gut, wenn man notfalls auf andere zeigen kann.

Das ist für jemanden wie Demeester sowieso alles etwas popelig und provinziell. Über Geld redet man doch nicht, Geld kriegt man einfach. Und wer da blöd fragt, für welche Leistung eigentlich, und wieso in dieser Höhe, wird als blöder Populist abgekanzelt, als Kunstbanause, der es wagt, so etwas Profanes in die heiligen Hallen der Kunstbetrachtung zu werfen.

Wetten, dass ein hungriger, junger, neuer Direktor (kann auch eine Direktorin sein), plus ein Präsident mit den richtigen Beziehungen, das Ganze wuppen würden?

Alle Wetter

Überall hätte das «Meteo»-Desaster Konsequenzen. Nur hier nicht.

Die Analyse der Publikumsreaktion auf das Kartendesaster von Thomas Bucheli ist ungefähr so zutreffend wie seine Temperaturprognosen. Es gebe wie immer Zustimmung und Kritik, behauptet der Wetterfrosch forsch.

Der Mediensprecher von SRF präzisiert etwas: es habe bislang über 1000 Reaktionen gegeben, davon sei die Hälfte negativ gewesen. Selbst wenn wir ihm das mit der Hälfte glauben: eine Katastrophe. In den Sand gesetzt. Versemmelt. Scheisse gebaut. Ins Klo gefasst.

Jede Neuheit findet ihre Kritiker, das ist wahr. Der Mensch hat’s gern kommod und liebt das Gewohnte. Neuem steht er prinzipiell skeptisch gegenüber; vorher war’s eigentlich immer gefühlt besser. Aber eine Neuerung, die die Hälfte schlecht findet, das muss man mal hinkriegen. Das ist so, wie wenn Coop oder Migros den Yoghurtbecher ohne Not neu designen lassen. Öffnung neu unten oder so.

Am Anfang steht die Frage, wieso man eigentlich an Wetterkarten rumfummeln muss, die seit 18 Jahren funktionieren, übersichtlich sind und zu keinerlei Beanstandungen Anlass geben. Denn glücklicherweise ändert sich weder an der Form der Schweiz noch an den Wetterzuständen irgend etwas. Die Grenzen sind in Stein gemeisselt, es regnet, die Sonne scheint, es schneit, es hat Nebel, es hagelt, es stürmt. Das sind so ungefähr die Zustände, die hier abgebildet (und erklärt werden) sollten.

Als bisher einzige Erklärung wurde geliefert, dass die Auflösung der Karten modernen Ansprüchen nicht mehr genüge. Offenbar weiss keiner der Designcracks am Leutschenbach, dass man das mit einem einzigen Handgriff problemlos ändern könnte. Erklärt der 10-jährige Sohn dem Chefdesigner so, dass der’s auch kapiert.

Nun käme eigentlich auch niemand auf die Idee, eine Ampel oder den Zebrastreifen «neu» zu designen. Ausser natürlich, eine Stelle, die Steuergelder (oder Zwangsgebühren) verbraten kann, hat mal so eine Idee. Die lautet: eigentlich ist’s so überflüssig wie ein zweiter Kropf, aber he, nachdem das SRF-Design bereits das Studio der «Tagesschau» verhunzt hat, wieso nicht auch «Meteo» verschlimmbessern?

Die «Tagesschau», die vorher auch tiptop war, hat nun den Charme eines Warenlagers, wo der Magaziner am Steuerpult steht. Offenbar war die Vorgabe: wie kriegen wir etwas Ähnliches auch bei «Meteo» hin?

Unbeantwortet bleibt die auch nicht gross gestellte Frage, was dieser Flachsinn eigentlich gekostet hat. Denn weder die Mitarbeiter von SRF, noch die hinzugezogene Agentur «Plasmadesign» arbeiten ja für Gotteslohn.

Allerdings sollte hier der Gebührenzahler Schmerzensgeld verlangen dürfen, und die Agentur Schadenersatz wegen Rufschädigung. Denn dieser Flop wird sie von nun an begleiten: seid Ihr nicht die, die weisse Wolken vor weissem Hintergrund gebastelt haben, und Ortsangaben wie abgerundete Buttons reingemecht?

Es gibt aber noch zwei weitere entscheidende Fragen, die wohl nie eine Antwort finden werden.

  1. Wie kann es sein, dass eine sicherlich nicht kleine Zahl von erwachsenen, zurechnungsfähigen Menschen diese Kartenkatastrophe angeschaut, beäugt, visioniert, überprüft und für gut befunden haben? War das eine Idee der Agentur mit dem merkwürdigen Namen, oder hat die noch versucht, das Schlimmste zu verhindern?
  2. Wieso hat dieser unnötige Riesenflop keinerlei Konsequenzen? In der Privatwirtschaft wäre so etwas nicht möglich, ohne dass Köpfe rollen würden. Aber in der geschützten Werkstatt Leutschenbach kann man sich offensichtlich kleine (Wetterkarte) und grosse (Newsstudio) Flops leisten, ohne dass irgend etwas passiert.

Auch in der Privatwirtschaft, wie die Banken ständig vorführen, ist das mit Verantwortungübernehmen so eine Sache. Macht niemand gerne, höchstens vielleicht ein gemurmeltes «Entschuldigung», und dann Abgang mit den unverdienten Millionen. Aber immerhin, manchmal kracht es, manchmal haben Fehlleistungen Konsequenzen für die Schuldigen. Aber in Beamtenkreisen (und das SRF ist im innersten Wesen eine bürokratische Anstalt) ist eines absolut ausgeschlossen: dass jemand Verantwortung übernimmt. Dass der Verursacher eines Debakels Konsequenzen verspürt. Bürokratie in jeder Form ist normalerweise die organisierte Verantwortungslosigkeit. Und Wurstigkeit.

Oder aber, kühne Theorie, es gibt TV-Mitarbeiter ganz subversiver Art, die den Befürwortern der Halbierungsinitiative Argumente und Munition frei Haus liefern wollen, weil sie die unsäglichen Zustände (jede Menge Sesselfurzer, die eigentlichen Medienschaffenden sind eine radikale Minderheit) nicht mehr ertragen.

Aber leider ist das eine unrealistische Hypothese. Wer so vif und clever ist, hat SRF längst verlassen und sein Heil in der Privatwirtschaft gesucht.

Gute Nachrichten von Wanners

CH Media kann aufatmen. Schloss und Weinberg gehen es gut.

Man schätze sehr den «fairen Dialog» mit der Personalkommission, wird CEO Michael Wanner zitiert. Das habe dazu geführt, dass man statt 150 «nur» 140 Vollzeitstellen abbaue. Ach ja, und nach fröhlichen Weihnachten werden dann im Januar 80 Mitarbeiter auf die Strasse gestellt. Da kommt Freude an den Festtagen auf.

Dieses Desaster erklärt, wieso die Trennung vom erfolgreichen CEO Axel Wüstmann recht rumpelig erfolgte. Der wusste sich nicht anders zu helfen, als den Kamikaze-Expansionskurs des Wanner-Clans in die elektronischen Medien öffentlich in Frage zu stellen. Das kostete ihn wie wohl beabsichtigt den Job. Zuerst sollte er seinen Nachfolger, einen Wanner-Sprössling, noch einarbeiten. Dann stellte sich wohl heraus, dass das eine eher schwierige Aufgabe wäre.

Also wurde aus der vorausschauend langfristig geplanten Übergangsregelung eine Freistellung per sofort.

Am Sozialplan für die Massenentlassung werde nun nicht mehr geschraubt, lässt das Unternehmen noch mitteilen. Ach, und auf Anfrage von persönlich.com wurde bestätigt, dass die Teppichetage nicht auf Lohn und Boni verzichte. Dazu sei man gezwungen: «Lohn und Boni sind Teil der Vertragsvereinbarung, an die sich Arbeitgeber halten müssen», bedauert die Kommunikationschefin.

Ein weiterer Beitrag zu: für wie dumm hält der Wanner-Clan eigentlich seine Konsumenten und Mitarbeiter? Natürlich kann ein Unternehmen nicht einfach zugesicherte Leistungen verweigern. Aber die Versager in der Geschäftsleitung, die für dieses Schlamassel verantwortlich sind, könnten ja freiwillig ihre Solidarität mit den Gefeuerten zeigen. Oder so kundtun, dass auch sie selbst mit ihrer jämmerlichen Performance nicht so ganz zufrieden sind.

Aber bei diesen materiefremden Managern herrscht die gleiche Mentalität wie bei Bankern. Gewinn, Verlust, Drama, Vollversagen – völlig egal, satter Lohn und üppiger Bonus muss sein.

Ein Stellenschwund von 7 Prozent, das sind keine Peanuts. Nachdem bereits durch die Installation einer Zentralredaktion und die Belieferung unzähliger Kopfblätter mit einer Aarauer Einheitssauce kräftig eingespart wurde.

Auf der anderen Seite kaufte Wanner die NZZ aus dem gemeinsamen Joint Venture, gleichzeitig kaufte das Medienhaus alle Privat-TV- und Radio-Stationen auf, die erhältlich waren. Ohne es damit zu schaffen, zu einer echten Konkurrenz des grossen Bruders SRF zu werden.

Man ist v ersucht, Parallelen zum Wunderwuzzi aus Österreich zu ziehen. Aufkauf um des Aufkaufs und des Namens willen, Tele Züri, Radio 24, die 3+-Senderfamilie, diverse Lokalsender, die nun auch teilweise mit einer Einheitssauce bespielt werden. Strategie dahinter? Das Joint Venture mit der NZZ im Bereich Tageszeitungen. mit Ausnahme des Fasses ohne Boden «watson». Strategie? Dann Abkauf der NZZ-Anteile. Strategie?

«Der Stellenabbau bei CH Media ist aber weiterhin dringlich und für die Sicherung der Zukunftsfähigkeit des Unternehmens unvermeidbar», tönt Filius und CEO Wanner. Wir holzen kräftig ab, auf dass der Wald gedeihe. Was an einer Massenentlassung zukunftsfähig sein könnte, das weiss wohl nur Wanner.

Zukunftsfähig wäre es, wenn die Chefetage eine Strategie ausgebrütet hätte, mit der das Wanner-Imperium zukunftsfähig würde. Das wäre dann eine echte Sicherung, auch von Arbeitsplätzen. Aber so? Beruf Tochter oder Sohn, das ermöglicht zwar den ungebremsten Aufstieg, reicht aber nicht unbedingt als Qualifikation für höhere Positionen.

So wie die UBS schon längst durchrechnete, was ihr eine Übernahme der Credit Suisse bringen würde, beschäftigen sich bei Ringier und Tamedia garantiert auch schon ein paar Nasen damit, zu welchem Preis eine Übernahme von CH Media Sinn machen würde.

Letztlich ein typisches Problem der dritten Generation in Unternehmen …

Der Redigator geht

Die Kommunikationsgenies von der «Republik» …

Gekonnt ist gekonnt:

«Gleichzeitig verabschieden wir auf Ende Dezember Christof Moser. Nachdem er die Chef­redaktion abgegeben hatte, begleitete er uns noch rund zwei Jahre, in denen er die Chef­redaktion unterstützte, grössere Serien betreute und Texte redigierte. An dieser Stelle ist es uns wichtig, zu sagen, dass dieser Abschied in keiner Weise mit den Untersuchungen der vergangenen Wochen in Zusammen­hang steht.»

An dieser Stelle ist es ZACKBUM wichtig zu sagen, dass die Verfasser dieses Newsletters wegen Unfähigkeit fristlos entlassen werden sollten. Indem sie auf die angebliche Zusammenhanglosigkeit hinweisen, insinuieren sie genau das Gegenteil. Und die Kommaregeln könnten sie auch mal wieder repetieren.

An dieser Stelle ist es ZACKBUM wichtig zu wiederholen, was Moser Nettes über die «Republik» sagte, nachdem er als Chefredaktor abgesägt wurde: «Achten Sie darauf, was hinter Ihrem Rücken in den strategischen Gremien passiert. (…) Es geht sehr schnell und Sie stehen plötzlich vor einer Ansammlung von Inkompetenz, Mobbing und Fehlentscheidungen, die Sie sabotieren.»

Nichtsdestotrotz amtierte Moser noch eine hübsche Weile von Berlin aus als «Stabsstelle Chefredaktion» (wobei niemand erklären konnte, was das ist) und als «Redigator». Der Duden kennt diese Kunstwort nicht; es ist zu vermuten, dass die «Republik» eben nicht nur über eine halbe Million für die Produktion und das Redigieren von Artikeln zum Fenster rauswirft, sondern eben noch zusätzlich einen Oberredigierer brauchte. Den sie nun plötzlich nicht mehr braucht.

Der Verschleiss an Chefredaktoren ist hingegen beachtlich. Zurzeit amtiert ein Duo Infernal als 9. und 10. Besetzung dieses Postens. Moser hatte ihn gleich zweimal inne. Am unglücklichsten amtierte Oliver Fuchs. Er hatte eine katastrophale Offensive mitzuverantworten, bei der man auf sinkende Einnahmen mit gewaltig steigenden Ausgaben reagierte. In der vergeblichen Hoffnung, dass das schon wieder einkommen werde. Das kostete Fuchs dann den Job.

Überhaupt herrscht auf der Teppichetage der «Republik», also in all den Gremien, mit denen sich der Konzern umgibt (VR, GL, CR, Räte und beratende Sesselfurzer), ein stetes Kommen und Gehen.

Das gilt allerdings auch für die «Verleger»:

Abgesehen von einem kleinen Zwischenhoch im Februar und März und noch ein wenig im April überwiegt die Anzahl der Abgänge die Neuabos jeden Monat.

Nun kommt die kritische Phase, die Erneuerungswellen im Januar und Februar. Normalweise versucht die «Republik», vor der jährlichen Bettelaktion so etwas wie einen Scoop zu landen. Also eines ihrer inzwischen berüchtigten «Enthüllungs»-Soufflés, die kaum aus dem Ofen zusammenfallen. Aber dieses Jahr scheint sie nicht einmal dazu in der Lage zu sein.

Das Interesse der angeblich «28’450 Mitgliedschaften und Abos», hochgelobt als Verleger, hält sich ebenfalls in engen Grenzen. Maximal 2860 Masochisten (zahlen, um zu leiden) beteiligten sich an der 7. Urabstimmung; schlappe 10 Prozent. Bei politischen Urnengängen würde das Ende der Demokratie ausgerufen. Zudem hätten die Resultate auch Kim den Dicken aus Nordkorea durchaus befriedigt: mal 31 Gegenstimmen, mal 60; alleine aus 143 Stimmen gegen die Entlastung des Vorstands könnte man eine gewisse Kritik am Kamikazekurs der überschuldeten «Republik» ablesen, die nur deswegen nicht die Bücher deponieren muss, weil einige Gläubiger ihre ansehnlichen Darlehen faktisch abgeschrieben haben.

Das Bedauern beim Zuschauer hält sich in engen Grenzen. Ausser vielleicht, was Moser betrifft. Das muss einem mal passieren. Die Idee gehabt, jahrelang gebrütet und damit hausiert, dann den Schönschreiber und Schaumschläger Constantin Seibt an Bord geholt, gestartet, dann gestresst zurückgetreten, nochmals angetreten und schliesslich rausgemobbt worden, bzw. einen Machtkampf verloren im Biotop der edlen Gutmenschen mit toller Betriebskultur.

Dann sogar öffentlich sein eigenes Kind verstossen, als Missgeburt und Fehlentwicklung. Aber nutzt alles nix; solange die «Republik» in bester kapitalistischer Manier den nächsten Deppen findet, der noch Geld reinsteckt, werden es sich die aktuell 55 Nasen gutgehen lassen. Und vollmundig Unternehmer spielen, obwohl sie alle miefige Angestellte sind, denen es noch nie in den Sinn kam, auf eine der zahlreichen Finanzkrisen mit der Reduktion des eigenen Gehalts zu reagieren.

Lieber betteln gehen und grosse Töne spucken. Dabei ähnelt der Anblick der «Republik» immer mehr einer Schlammfahrt, wobei gelegentlich übelreichende Blasen aufsteigen und platzen.