Wem die Stunde schlägt
Korrekte Werbung ist gar nicht so einfach.
Sydney Sweeney ist das attraktive Gesicht (und der sexy Körper) einer gelungenen Werbe-Provokation. Die «great Jeans» von American Eagle waren schnell ausverkauft. Vom zu erwartenden Gemecker der Dauererregten liess sich der Hersteller nicht einschüchtern. Gut gemacht.
Welchen Stand von Unfähigkeit durch alle Instanzen hindurch muss man aber beklagen, wenn es dem grossen Uhrenkonzern Swatch nicht auffällt, dass das hier nicht nur rassistisch ist. Sondern dazu abgrundtief schlecht:

Es ist nicht nur misslungen, die Werbung ist in jeder Einzelheit bescheuert. Zunächst: was soll die Aussage sein, die Botschaft? Wer in China eine Swatch kauft, muss seine Schlitzaugen noch mehr zu Schlitzen machen? Kann er nur so das Zifferblatt lesen?
Aber auch jede Einzelheit wurde mit Sorgfalt in den Sand gesetzt. Ein pinker Hintergrund? Ein Model mit Ohrstecker? Das sich nicht zwischen zwei Hemden entscheiden konnte und daher beide anhat? Mit leicht pickelige Nase, fast zusammengewachsenen Augenbrauen und riesigen Händen, deren Finger einen hässlichen Wulst unter dem Kurzhaarschnitt verursachen?
Das Sujet wurde nach dem zu erwartenden Shitstorm eilig gelöscht und die übliche Entschuldigung aufgeschaltet:

Schon alleine, ein solches Bildsujet bei einer KI einzufordern, würde die Reaktion auslösen: kann ich nicht machen, ist diskriminierend und rassistisch. Aber das ist ja eine KI, keine real existierende menschliche Dummheit.
Auch die verbleibenden «Materialien» für diese Kollektion von angeblichen «Swatch Essentials» machen nicht wirklich froh:

Der Typ soll wirklich ein «muss haben» auslösen?
Lustig ist auch, wenn man sich fragt, welches Angebot Swatch denn für sein weibliches Publikum macht. Klickt man bei Geschlecht «weiblich» an, erscheinen diverse Uhren tatsächlich an weiblichen Armen, politisch korrekt in verschiedenen Hautfarben. Allerdings bleiben Modelle wie «Camo Flash» weiterhin männlichen Armen vorbehalten.
Zu technisch fürs zarte Geschlecht, meint wohl Swatch.
Kann ja mal passieren, könnte man meinen. Kann aber nur in einem Konzern passieren, der zunehmend dysfunktional wird. Wo der chinesische Markt, der mit einem schweren Umsatzrückgang zu kämpfen hat, besonders sorgfältig beobachtet und bewirtschaftet werden sollte.
Das zusätztlich geschlitzte Schlitzauge ist, weg, aber ob dieser Auftritt auf der chinesischen Webseite von Swatch besser ist?

Da erkennt sich der chinesische Kunde sicher wieder.
Oder hier:

Neben dem anzüglichen Umgang mit einem Eislutscher löst die Dame übrigens noch ein Kreuzworträtsel – auf Englisch.

Das kommt im Reich der Mitte gut, schliesslich sprechen doch rund 50 Millionen Chinesen einigermassen Englisch – von 1,4 Milliarden.
Auch diese Angebote werden sicherlich auf positive Resonanz treffen, dank hohem Identifikationswert:

Mit diesem Bruch wird in einem Markt gerworben, der mal ein Drittel des Gesamtumsatzes von Swatch ausmachte und immer noch knapp einen Viertel dazu beiträgt. Tendenz also abnehmend.
Der Konzern hat (noch) über 30’000 Mitarbeiter weltweit, davon eine unbekannte Zahl, die mit Marketing und Werbung befasst ist.
Sowohl im Luxuhrenbereich wie im Massenmarkt ist Marketing entscheidend. Denn eine Swatch gibt mindestens so genau die Zeit an wie eine Breguet oder Longines. Kostet aber entschieden weniger. Gleichzeitig muss sich eine Swatch im Billiguhrenmarkt behaupten, wo ein Modell für zwei Franken ebenfalls die genaue Zeit angibt.
Also geht es um das Schärfen der USP, des Nimbus, der Aura, des Besonderen, Unverwechselbaren. Die Marken müssen aufgeladen werden.
Stattdessen wird Swatch beschädigt, durch die eigene Werbekampagne, den eigenen Webauftritt. Wie bescheuert ist das denn?

















