Keiner stoppt Häsler
Er warnt, mahnt und fordert. Ungehört, aber unermüdlich.
«Georg Häsler ist Oberst der Schweizer Armee, eingeteilt im Heeresstab. Er war zuvor Kommandant einer Festungsminenwerferkompanie und Kommandant Stellvertreter der Artillerieabteilung 10.» Vielleicht trägt er nun nicht nur bei Pressekonferenzen, sondern auch im Berner Stadtrat, in den er gewählt wurde, seine schmucke Uniform. Oder auch an seinem Arbeitsplatz bei der NZZ.
Dass es sich hier um eine demokratische Wahl handelte, würde wohl nicht mal Rabauke Häsler bestreiten. In anderen Regionen Europas sieht er das kritischer:
«In Budapest, in Bratislava und wohl bald auch in Wien regieren erklärte EU-Gegner. Dieser neue Nationalismus nützt Russland. Europa muss von innen heraus resilienter werden.»
Stoppen und müssen und resilient, so führt man als Oberst – in die sichere Niederlage, wenn diese Wortblasen geplatzt sind. Aber man soll Häslers Bildungsniveau nicht unterschätzen. Diesen Aufruf, diese Befehlsausgabe beginnt er mit einer Kurzzusammenfassung von Robert Musils «Mann ohne Eigenschaften», der in Kakanien lebt, das Wort für die untergehende k. u. k. Herrlichkeit Österreich-Ungarns.
Aber ach je, das scheint doch das Abladen von überflüssigem Bildungsballast gewesen zu sein: «Natürlich ist die EU nicht Kakanien.» Tja, dann halt nicht.
Welches Wort aus dem kleinen Wörterbuch des Flachdenkens fehlt noch? Genau, die «Belastungsprobe», hier gar die «echte Belastungsprobe», im Unterschied zur unechten. Vor einer solchen steht die österreichische Demokratie. Wieso das? Nun, weil dort demokratisch die FPÖ zur stärksten Partei gewählt wurde. Das ist aber ganz schlimm: «Die Institutionen müssen einen Kanzler aushalten, der Österreich umgestalten will.»
Himmels willen, statt dass ein Kanzler kommt, der einfach so weitermacht wie bisher, was ja toll geklappt hat.
Aber das Unheil ist ja nicht auf die Alpenrepublik beschränkt, Häsler sieht da die grossen Zusammenhänge: «Gemeinsam mit dem ungarischen Ministerpräsidenten und dem ehemaligen tschechischen Präsidenten Andrej Babis unterschrieb er im Juni 2024 ein «patriotisches Manifest», das vor einem «europäischen Superstaat» warnt und eigentlich einen Rückbau der europäischen Institutionen fordert.»
Wie kann Kickl nur, und höchstwahrscheinlich haben diese drei bösen Buben auch nicht Häsler vorher um Erlaubnis gefragt, ob sie das tun dürfen. Wahrscheinlich nicht mal anständig salutiert, Sauhaufen.
Schlimmer Sauhaufen, denn: «Ein EU-Gegner als österreichischer Kanzler nützt deshalb vor allem Russland. Die gestärkten Schaukelstaaten treiben zunächst einen Keil in die europäische Abwehrfront gegen den Krieg als Mittel der russischen Machtpolitik.» Wussten wir’s doch, alles Diversanten, Saboteure, Fünfte Kolonne, früher hätte man gesagt: Moskau einfach.
Häsler schwant wieder einmal Schlimmes, aber ganz sicher ist er sich doch nicht: «Gegenwärtig fehlt die Basis für ernsthafte Prognosen.» Aber das kann natürlich einen Oberst nicht erschüttern. Wenn es keine Basis für Prognosen gibt, dann gibt es, Moment, wir schlagen im Wörterbuch nach, genau, dann gibt «Szenarien». Gleich ganze drei zaubert Häsler aus seinem Offiziershut. Und lässt sie zackig aufmarschieren. Es handelt sich um das Trio «Stagnation, Konfrontation, Erosion Europas».
Was wird’s denn sein? Da hält sich der Seher bedeckt: «Der geopolitische Blindflug dürfte in den nächsten Monaten anhalten. Kurzfristig könnte die Lage tatsächlich stagnieren ...» Schön, wenn man jemandem beim Backen von heisser Luft zuschauen darf.
Aber natürlich ist die Zukunft kein Ponyhof: «Jede weitere Stärkung des kakanischen Schaukelblocks beschleunigt die gefährlichste Entwicklung: die Erosion Europas, welche zu neuen Konflikten führen könnte.» Kakanien, Leitmotiv, aber hallo.
Doch, dann sind wir aber fast am Ende des Wörterbuchs, was fehlt denn noch? Na, was ist schon wieder bei Krisen? Genau: «Es besteht auch die Chance, dass sich die EU von innen heraus stärkt.» Jede Krise ist eine Chance, dass man das immer wieder sagen muss.
Aber wie stärkt man denn genau? Da gibt der Oberst einen klaren Marschbefehl aus: «Vor allem müssen die neuen Europäer aus dem Nordosten raus zu den Menschen – wohl ganz besonders in der Mitte Europas.» Raus zu den Menschen draussen im Lande, genau, eines der hohlsten Politikerworte aller Zeiten.
Wie endet der begabte Dampfplauderer seine Befehlsausgabe für Europa? Na, natürlich mit einer Klammer, am Schluss zurück zum Anfang. Auch wenn er hier mal wieder, ist so eine Marotte von ihm, recht dunkel in der Bedeutung wird. ZACKBUM zumindest ist zu blöd, um den Sinn dieses Schlussatzes zu begreifen:
«Kakanien, das versunkene Phantasieland, hat eine bessere Erinnerung verdient als den Nationalismus des Untergangs.» Sachdienliche Angaben mit militärischem Rang des Senders bitte an diese Redaktion.