Das Rohr ist weg!
Der «Blick» versucht’s mal wieder mit einem Redesign.
Wunderbar, wenn der Leser die Bemühungen annimmt:
Oder anders gesagt, wie eine Herde Rohrspatzen schimpft. «Total unübersichtlich … finde es nicht besser … schlimmer geht immer … zu viel Werbung … was, um Himmels willen, habt Ihr Euch dabei gedacht … schreckliche Instagram-Kopie … ein Unding ist auch das duzen der leser … wo kann ich hier zurück zur alten Ansicht …» usw.
Das trinkt sich der Verantwortliche so schön, dass halt alles Neue immer eine Gewöhnungsphase brauche. ZACKBUM will aber auch mal ausdrücklich loben:
Na? Gesehen?
Jetzt aber? Das Regenrohr ist weg! Der blöde Cursor-Strich ist weg! Der dämliche Slogan ist weg! Alles, was man von einem «Star-Werber» für teures Geld vor Kurzem einkaufte, ist weg. Und da soll noch einer sagen, die Medien, insbesondere ZACKBUM, hätten keine Wirkung.
Dabei wurde noch vor dreieinhalb Jahren geschwärmt: «Das neue Blick-Logo ist klassisch und modern zugleich.» Und schon ist es nicht mehr modern, auch nicht klassisch, sondern weg.
Alles neu, nur das begleitende Gedöns ist immer das gleiche:
«Das neue, nutzerfreundliche Design unterstreicht, was Blick heute ist: die führende digitale News-Plattform der Schweiz.»
«Blick kommt neu in einem klaren, frischen und modernen Auftritt daher.»
Kleiner Wettbewerb: Welcher Spruch stammt vom vorletzten, welcher vom letzten Redesign? Auflösung: ist völlig egal.
Aber immer wieder bringen kann man diesen Spruch: «Die neue visuelle Identität von Blick unterstreicht unsere Geschichte und was uns ausmacht», himmelte Ladina Heimgartner, CEO der Blick-Gruppe, diesen Schuss in den Ofen an.
Hat sie damals gesagt, diesmal sagt sie nix.
Was allerdings die Verantwortlichen lieber nicht hätten sagen sollen:
Denn wenn man die Meinungen so zählt, sind ausser zwei, drei (von zugewandten Orten?) alle schlichtweg negativ.
Und noch ein kleiner Tipp von Kennern und Könnern:
«Vorlesefunktion derzeit nicht verfügbar»; wäre nicht schlecht, wenn bei einem gross angekündigten Neustart auch alles funktionieren würde, oder nicht?
Statt sich in Geschwurbel zu üben: «Weniger Ablenkungen, mehr Fokus auf das Wesentliche: Breaking News, Storys und noch attraktiver aufbereitete Statistiken aus dem Sport. So wird jeder Scroll zu einem Highlight.»
Weiter im vollen Galopp: «Und wem die Flut an Storys aus aller Welt heutzutage zu viel wird, der findet in der neuen Rubrik «Unsere Highlights» gebündelt die Eigenrecherchen unserer Reporterinnen und Reporter. Originale, wie man sie kennt und schätzt.»
Dazu «innovatives Videoerlebnis, Chatbot, KI-Features» (ach nein, «folgen schon bald», sorry, nicht rechtzeitig fertiggeworden), und schliesslich «Das Livequiz ist zurück». Dafür findet der Leser sein geliebtes Kreuzworträtsel nicht mehr.
Allerdings, einer Unsitte ist der «Blick» treu geblieben: die gleiche Story findet man bis zu vier Mal. Der Spezial-Service für die Vergesslichen unter den Lesern.
ZACKBUM schliesst sich vollständig einem Leser an, dessen Kritik – wie viele andere – schnell gespült wurde, wieso es nochmal sagen, wenn er’s schon sagt: «Was, ums Himmels willen habt Ihr Euch dabei gedacht? Layout, absolut unübersichtlich und unaufgeräumt! Die Schrift ist eine reine Katastrophe, man ermüdet sehr schnell beim Lesen und es macht absolut keinen Spass mehr… Es kommt mir vor, als hättet Ihr dem Auszubildenden eine Aufgabe zur Umgestaltung gegeben und diese haben nun mit Note 3,5 abgeschlossen! Sorry, aber GUT geht definitiv anders…»
Man sollte heutzutage von allem Screenshots machen. Denn in einer ersten Ladung hagelte es kritische Kommentare. Die dann plötzlich weg waren. Womit der «Blick» seinen Lesern sagen will: «Deine Meinung zählt.» Aber nur, wenn sie unsere Meinung ist, kicher.
Und was verrät «Digitalchef» Sandro Inguscio auf persoenlich.com? «Wir haben zuerst den Newsroom so organisiert, dass die Redaktion 360 Grad über alle Kanäle denkt. Nun haben wir mit dem Relaunch das Produkt gebaut, das diese Struktur darstellen kann.»
Man lasse sich dieses Bild auf der Zunge zergehen. Lieber Leser, auch schon mal 360 Grad gedacht? Das ist der Baerbock-Trick; wer über 360 Grad denkt und dreht, glotzt am Schluss wieder genau dahin, wo er mit Glotzen angefangen hat. Super Sache.
ZACKBUM beschleicht allerdings ein fürchterlicher Verdacht. War bei diesem Anpreis-Gesülze etwa Simon Bärtschi als Ghostwriter an Bord? Oder hat Kerstin Hasse beim «Digital Storytelling» geholfen? Dann nützt alles Redesign nichts, der «Blick» – mit oder ohne Rohr – ist verloren.