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Wumms: Peter Blunschi

Germanist, Sportredaktor und Weltenlenker. Beim Weltorgan «watson».

Gut, es ist leicht unfair. Aber Blunschi exemplifiziert auf engem Raum perfekt, was über die Meinungsstärke und Denkschwäche der Journalisten im «besinnlichen Sonntag» geschrieben ist.

Da müssen wir nun durch, auch wenn’s schmerzhaft peinlich wird. Denn «Putin schwächelt», schliesst  Schreibtischdiagnostiker Blunschi aus untrüglichen Anzeichen; bei der Siegesparade «wirkte der russische Präsident defensiv, um nicht zu sagen verzagt».

Wahrscheinlich ahnte er, dass Blunschi ihm auf «watson» den Rest geben wird. Also nicht er persönlich, dafür hat er sich die Politikerfloskel geklaut, der Westen und die Ukraine seien «gefordert, den Druck hochzuhalten». Wie, das erklärt Blunschi gleich:

  • Es ist wichtig, die Ukraine mit auch schweren Waffen zu beliefern, selbst wenn die Gefahr besteht, dass Russland sie ausschaltet und die Rüstungsindustrie davon profitiert.

  • Es ist wichtig, dass westliche Geheimdienste die ukrainische Armee über russische Truppenbewegungen informieren, wie zuletzt bei der Zerstörung von Pontonbrücken.

  • Es ist wichtig, an den Sanktionen festzuhalten und sie weiter zu verschärfen, mit einem Embargo auf russische Energiequellen (Gas, Kohle, Öl, Uran).

  • Es ist wichtig, dass westliche Politiker in die Ukraine reisen, ihre Solidarität mit dem geplagten Volk ausdrücken und die Aufklärung von Kriegsverbrechen einfordern.

  • Es ist wichtig, dass die Medien weiterhin über den Krieg berichten, auch wenn die Aufmerksamkeit des Publikums mit zunehmender Dauer nachlassen dürfte.

  • Es ist wichtig, dass Finnland und Schweden den Nato-Beitritt durchziehen. Und andere Neutrale, vor allem die Schweiz, mit der Ukraine solidarisch bleiben.

Leider machten da nicht alle mit, bedauert Blunschi, eigentlich kaum jemand ausserhalb der NATO. Dann benützt Blunschi endlich die Phrase, die uns bislang erspart blieb: «Das aber ist kein Grund für den Defätismus, der im «offenen Brief» von Alice Schwarzer und anderen Pseudo-Intellektuellen  zum Ausdruck kommt.»

Defätismus, das war neben Patriotismus, Vaterland und Gehorsam eine der Lieblingsvokabeln der Kriegsgurgeln in den Weltkriegen. Aber Blunschi setzt noch einen daruf mit den «Pseudo-Intellektuellen». Was für ein Kläffer, der Schwarzer, Alexander Kluge oder auch Jürgen Habermas so tituliert, weil ihm deren Meinung nicht passt.

Welch ein Mängelexemplar von Journalist, dessen Vorstellung der eigenen Bedeutung und intellektuellen Kapazität umgekehrt proportional zur Wirklichkeit ist.

Jagdszenen in der Schweiz

Das Vokabular wird kriegerischer und denunziatorischer. Von der NZZ abwärts.

Da interviewt doch die NZZ Peter Regli. Genau, den Apartheid-Regli. Den Aktenvernichter Regli. Den Crypto-Skandal-Regli. Den Fall Bellasi-Regli. Den umfassend disqualifizierten Regli, zu irgendwas irgendwas zu sagen. Sicherheitsrisiko? Das ist nicht die Schweiz, das ist der, der hier interviewt wird.

Wolfgang BorchertDraussen vor der Tür», Kindersoldaten: googeln) wusste, was der Vorwurf Defätismus bedeutet. 1944 wurde er von den Nazis deswegen zu neun Monaten Gefängnis verurteilt und dann zur «Feindbewährung» an die Front entlassen. Er starb 1947 an den Spätfolgen seiner Verwundungen.

Es gibt aktuell einige Wörter aus dem Vokabular der Übermenschen, die noch nicht wieder Einzug in den Sprachgebrauch gehalten haben. Noch nicht. Defätismus ist eines, Patriotismus hingegen erlebt bereits seine Wiederauferstehung. Nationalismus sowieso. «Für Führer und Vaterland» ist allerdings immer noch pfui.

Sehr im Schwang ist aber wieder «Feindpropaganda». Unter Adolf Nazi war es streng verboten, «Feindsender» zu hören. Insbesondere das Erkennungssignal der englischen BBC musste durchs Kopfkissen abgedämpft werden. Wehe, der Nachbar, der Denunziant, hörte es aus dem Zimmer nebenan.

Ein ähnliches Verhältnis entwickeln unsere freien westlichen Medien inzwischen zum Feindsender «Russia Today» (RT). Eigentlich gehörte der verboten, wie in der EU. Nun hat aber der Schweizer Bundesrat – zum Unverständnis vieler Kriegsgurgeln in den Medien – beschlossen, die Bundesverfassung («Zensur ist verboten») ernst zu nehmen. Gegen den Willen der Bundesrätinnen Amherd und Sommaruga, was ihr ewiger Schandfleck bleiben wird.

Wer tritt im Feindsender auf?

Nun wird nicht nur über die Propaganda dieses Feindsenders hergezogen, es wird auch genau beobachtet, wer sich dafür hergibt, bei ihm aufzutreten:

«Gastgeber Köppels war Thomas Fasbender, deutscher Journalist mit eigener RT-Sendung und viel Verständnis für Putin. Seit kurzem wird Fasbender auch als Moskau-Korrespondent von Köppels «Weltwoche» aufgeführt.» Eine Sternstunde des Recherchierjournalismus von Tamedia. Putin-Versteher Köppel, trat doch bei RT auf. Wo dieser Fasbender eine Sendung hat. Der wiederum für die WeWo nicht immer ganz dichte Analysen über Russland schreibt.

Wehrkraftzersetzung hätte man das früher genannt.

Kriegerisches Vokabular auch im Boulevard-Blödblatt «Blick»:

 

Wenn’s ganz blöd und lachhaft wird, darf einer nicht fehlen. Genau, Philipp Loser. Der gibt zuerst damit an, dass er doch tatsächlich Stefan Zweig gelesen hat. Was für ein Kulturbolzen. Von Arnold Zweig hat er aber sicher noch nichts gehört, obwohl sich dessen Lektüre auch lohnen würde.

Ausflug in die Hölle

Aber dieser Kurzausflug in die Niederungen des Trends zum Zweitbuch ist nur die Einleitung hierfür:

«Fast schon unverhohlen, wie man sich rechts der Mitte freut, endlich wieder über Krieg reden zu dürfen, über Sicherheitspolitik, Geostrategie, Panzer und Bomben. Ganz egal wo man in den Gender- und Identitätsdebatten der jüngeren Zeit steht: Müsste es nicht genau umgekehrt sein? Müsste es nicht unser aller Bedürfnis und Bestreben sein, in einer Welt zu leben, in der wir es uns leisten können, leidenschaftlich über den Genderstern zu streiten?»

Rechts der Mitte? Die öffentlich auftretenden Kriegsgurgeln stehen meistens links der Mitte, mit Verlaub. Zudem muss ZACKBUM hier kriegerisch widersprechen: nein, wir wollen keinesfalls, unter keinen Umständen – lieber tot als rot – in einer Welt leben, in der leidenschaftlich über einen Unsinn wie den Genderstern gestritten wird. So stellen wir uns die Hölle vor.

Da fehlt doch nur noch der eine Teil des die Qualitätssicherung vergeigenden Duos, die Reserve-Drittklass-Chefredaktion des «Tages-Anzeiger» in Form von Mario Stäuble. Der orgelt:

«Putins Krieg ist ein direkter Angriff auf Europas Sicherheit, auf die Freiheit, auf die Demokratie. Wo seine Ambitionen enden, weiss niemand mit Sicherheit. Sich auf ein harmloses Szenario einzustellen, wäre schlicht naiv. Also muss man den Schritt machen – und Putins Geldhahn zudrehen, auch wenn es schmerzt. Und auch wenn die Aussichten auf Erfolg ungewiss sind.»

Alles ist ungewiss, nur eines ist ihm klar: Geldhahn zudrehen. Glücklicherweise weiss er auch: wer hört schon auf Stäuble. Wer macht schon mit ihm den Schritt zum Geldhahn …

Apropos:

Was interessieren den Schweizer Leser die Ansichten des 82-jährigen ehemaligen deutschen Finanzministers? Ganz einfach, das Interview des Literaturkritikers der «Süddeutschen Zeitung» Willi Winkler fiel dort von Gabentisch und wird den Lesern der SoZ lauwarm serviert. Das Original erschien am 25. März in der SZ. Da ist dann der SoZ-Leser zweite Wahl zu erstklassigen Preisen. Die SZ kostet am Freitag Fr. 3.70. Die SoZ mit Aufgewärmtem Fr. 6.-, zwei Tage später.

Auch CH Media ist nicht frei von harschen Verurteilungen:

«Man würde von Schröder gerne wissen, wie er dazu steht, dass sein Freund Putin Kinderspitäler bombardieren lässt. Schröder sagt dazu natürlich nichts, lässt sich weiter von Putin bezahlen – und hat sich diskreditiert wie kein anderer Bundeskanzler vor ihm.»

Richtig, gegen den Putin-Versteher war selbst Alt-Nazi, NSDAP-Mitglied und Blockwart Kiesinger weniger diskreditiert. Das gilt natürlich auch für KZ-Baumeister Lübke. Aber was weiss Benini schon von deutscher Geschichte.

So rempelt Francesco Benini den deutschen Altkanzler an, während sein Bruder Sandro bei Tamedia den völlig von der Rolle gekippten Sandro Brotz verteidigt. Die Benini-Amok-Brothers in Fahrt.

Aber, man muss auch loben können, der gleiche CH-Media-Benini berichtet:

«Der FDP-Stadtrat ist in eine Einzimmerwohnung umgezogen, die in der gleichen Siedlung liegt.» Denn Filippo Leutenegger hat seine Vierzimmer-Wohnung einer ukrainischen Flüchtlingsfamilie überlassen.

Das ist wirklich toll, Filippo.  Aber, lieber Francesco, ob der Mut wohl reichen täte, Deinen Besitzer und Brötchengeber und Kriegsgurgel Peter Wanner zu fragen, ob er sich davon nicht ein Scheibchen abschneiden könnte?

So in seinem Herrensitz, seinem Schlösschen im Aargau, umgeben von eigenen Rebbergen? Der hat ja bislang nur bekannt gegeben, dass er dann vielleicht mal in Zukunft, nach dem Krieg, was für den Wiederaufbau der Ukraine spenden werde. Wenn er das bis dahin nicht längst vergessen hat.

Schliesslich ist Wanner doch für «klare Kante», will gerne einen Dritten Weltkrieg riskieren, plädiert dafür, sich von atomaren Drohungen doch nicht in die Knie zwingen zu lassen. Da vermisst man etwas den Kampfesmut von Francesco Benini. Denn wes Brot ich ess

Aber: Vielleicht wäre im Wanner-Schloss noch ein Zimmerchen im Gesindetrakt, im Kutscherhäuschen oder gar im Herrenhaus frei. Nur so als Idee. Könnte doch einer der beiden Beninis mal anregen. Ausserdem baut sich Big Boss Supino gerade einen schönen Herrensitz mit vielen Zimmern hin …