Mediales Trauerspiel UBS/CS
Es geht um insgesamt 275 Milliarden Franken. Steuer- und Staatsgelder.
Das wären schon ein paar Gründe, mehr Artikel über den Aufkauf der Credit Suisse zum Schnäppchenpreis zu schreiben – als über Unterleibsgeschichten eines deutschen Sängers.
In den letzten 7 Tagen sind 1001 Artikel über die CS erschienen – und 756 über Rammstein. Bei der deutschen Krawallband geht es um die Behauptungen von anonymen Groupies, sie seien gegen ihren Willen zu sexuellen Handlungen gezwungen worden.
Bei der Zwangsfusion zwischen CS und UBS, angestossen und faktisch erzwungen durch den Bundesrat, stehen immerhin insgesamt 275 Milliarden im Feuer. 250 Milliarden Liquiditätsgarantie durch die SNB. 9 Milliarden Risikoübernahmegarantie durch den Bund. 16 Milliarden AT1-Bonds, die mit einem Federstrich von der Bankenaufsicht FINMA ausgelöscht wurden – Staatshaftung.
Da könnte man erwarten, dass in den Schweizer Medien entschieden mehr Artikel zu diesem gigantischen Risiko erscheinen – vom Risiko einer Dinosaurier-UBS ganz zu schweigen.
Aber das erregt nur unmerklich mehr Aufmerksamkeit. Alleine über den Frauenstreik erschienen in der letzten Woche 840 Artikel. Dabei steht bei dieser fragwürdigen Kaufaktion immerhin ein Viertel des Schweizer BIP im Feuer. Dabei hat hier das Image der Schweiz als Rechtsstaat mit Eigentumsgarantie schweren Schaden genommen.
Zudem sind viele Artikel aus der «Financial Times» und anderen Organen abgeschrieben, wo noch recherchiert wird. Zudem hat ein Einzelkämpfer wie Lukas Hässig die Idee, mal im Handelsregister den Fusionsvertrag genauer anzuschauen – sonst niemand. Damit hat Hässig schwarz auf weiss und amtlich, dass die UBS mit 3 Milliarden Einsatz 20 Milliarden Gewinn gemacht hat – ungeheuerlich.
Zählt man noch die geschenkten 16 Milliarden AT1 hinzu, sind es sogar 36 Milliarden. Da staunte sogar Dagobert Duck …
Weitere Ungereimtheiten stehen im Handelsregister, wenn man schaut. Die «Credit Suisse Group» ist tatsächlich gelöscht, existiert nach der Übernahme durch die UBS nicht mehr. Aber siehe da, am Paradeplatz 8 residiert immer noch die «Credit Suisse AG». Sie besteht seit dem «5. Juli 1856» und wurde am 27. April 1883 ins HR eingetragen. Fröhlich werden letztmals am 15. Mai Mutationen bei der Unterschriftenberechtigung vorgenommen, laut HR hat sogar Axel Lehmann noch seinen Job als VR-Präsident.
So als kleiner Lachschlager nebenbei. Aber selbst ins HR zu schauen, das ist im heutigen Elendsjournalismus den Wirtschaftsredaktoren nicht gegeben.
Auch eine ganz einfache und naheliegende Frage stellen sie nicht, diese Koryphäen.
Der Bund, also der Steuerzahler, geht unbezweifelbar auf verschiedene Arten ins Risiko bei diesem Deal. Es ist die normalste Sache der Welt, dass bei der Übernahme von Risiko eine Gegenleistung erfolgt. Wer zum Beispiel einen Kredit gibt, bekommt dafür eine Risikoprämie namens Zins. Dafür, dass das geliehene Geld auch einfach futsch sein könnte.
Wer sich an einer geschäftlichen Transaktion beteiligt und dabei Risiko trägt, bekommt normalerweise einen Gewinnanteil, sollte sich das Geschäft als profitabel erweisen. Wer beispielsweise mit viel Geld und Garantien beim Entstehen einer neuen Firma durch einen gewaltigen Zukauf hilft, bekommt dafür natürlich eine Gewinnbeteiligung. Die wird selbstverständlich – wie alles andere – vorher schriftlich vereinbart.
Das ist Business as usual, das war auch damals so, als der Bund der abserbelnden UBS unter die Arme griff und ihr bei der Errichtung einer Bad Bank half. Dafür kassierte der Bund dann auch einen netten Gewinn, als sich die UBS wieder erholt hatte.
Das ist bis heute ein Argument gegen die Gegner der damaligen Notrettung der UBS – die dann im Steuerstreit ein zweites Mal gerettet werden musste, diesmal durch die Aufgabe des Bankkundengeheimnisses und Kunden- sowie Mitarbeiterverrat.
Denn das mit der Verantwortung, mit der die Bankenlenker ihre obszönen Gehälter und Boni für Verluste begründeten, galt natürlich nicht im Ernstfall, wenn sie in den USA persönlich für Fehlverhalten ihrer Mitarbeiter hätten geradestehen sollen.
Aber item, trotz der üblichen Hektik und dem mediokren Personal in der Bundesverwaltung, angeführt von mediokren Bundesräten, war man damals so schlau, eine Gewinnbeteiligung auszumachen.
Inzwischen ist man offenbar noch dümmer geworden. Es ist von einer neuerlichen Gewinnbeteiligung für den Fall, dass die UBS sich tatsächlich grün und blau am Kauf der CS verdienen sollte – nichts bekannt.
Bislang sieht es so aus, dass der Gewinn für die UBS dermassen gigantisch ist, dass er sich nicht mal mit kreativer Buchhaltung kleinrechnen lässt. Sollte das so bleiben, könnten die staatlichen Behörden und die SNB eigentlich einen gewaltigen Batzen Gewinnbeteiligung erwarten, viel mehr als die lächerlichen 100 Millionen, die bislang herumgeboten wurden.
Nur: offenbar gibt es eine solche Vereinbarung nicht. Vergessen? Verstolpert? Nicht dran gedacht? Zu blöd dafür?
Man weiss es nicht. Und in den Massenmedien fragt niemand nach.
Jedes Volk hat die Medien, die es verdient.