Gredig direkt ins Auge
Kommt davon, wenn man Weichspüler-Interviews führt.
Natürlich musste auch der einzige überlebende Talker des Schweizer Farbfernsehens in Davos jemanden vor die Kamera zerren. Nun reisst sich die internationale Prominenz nicht gerade darum, mit Urs Gredig Wattebäusche zu werfen.
Also kratzte er Wolfgang Ischinger aus der wohlverdienten Pensionierung. Der war mal angeblich Diplomat und lange Jahre Leiter der Münchner Sicherheitskonferenz, und «Experte für Geopolitik». Also Experte für die ganze Welt. Daher hoffte Gredig auf einen «elder statesman». Ischinger gefiel sich durchaus in dieser Rolle, es fehlte nur noch, dass sich die beiden in der merkwürdigen Glaskapsel vor Schnee am Schluss in die Arme gefallen wären und abgeknutscht hätten. Aber immerhin meinte Ischinger gegen Ende gnädig: «Ich freue mich, dass Sie diese Frage gestellt haben.» Da sehnt man sich zum wahren elder statesmen zurück und zu Helmut Schmidts schneidender Antwort: «Das ist eine ganz falsche Frage.»
Nun erfreut es weniger, was Ischinger raushaute, als im weltweiten Tour d’horizon Gredig die Frage stellte, wie die USA eigentlich mit den Raketenangriffen der Huthi umgehen sollten. Da wird Ischinger plötzlich sehr unfriedlich. Die Amis hätten da ganz klar den Tarif durchgeben sollen und den Huthi sowie dem sie unterstützenden Iran sagen sollen: «Noch ein Mal so ein Angriff,
«… und wir machen alle eure Raketen- und Radareinrichtungen platt.»
Da kommt mal wieder der martialische Sandkastengeneral zum Vorschein, der in fast jedem Deutschen steckt. Deutschland müsse, trotz bedauerlicher Vergangenheit, wieder «kriegstüchtig» werden. Und nochmals gen Moskau marschieren? Die USA sollen mal da und dort plattmachen. Was ja im Irak und der ganzen Gegend prima geklappt hat. Die Ukraine kämpft natürlich für unser aller Freiheit und Demokratie, obwohl niemand eine Demokratie à la Ukraine möchte, der noch alle Tassen im Schrank hat.
Nun darf Ischinger, freie Rede für freie Bürger – auch für Plattdenker –, all das sagen. Nur: es kann doch nicht angehen, dass Gredig all das mit verbindlichem Lächeln abnickt, kurz auf seinen Spickzettel schaut und die nächste vorbereitete Frage abhakt.
Er muss ja nicht so konfliktiv wie Markus Lanz werden, wenn der sich an Sahra Wagenknecht abarbeitet. Aber vielleicht mal einen Hauch einer Nachfrage, ob Ischinger sich über die möglichen Folgen eines Plattmachens im Klaren sei, ob er als Diplomat das für eine geeignete Wortwahl halte?
Aber doch nicht im SRF. Doch nicht Gredig. Es gibt Sparpotenzial, unbestreitbar. Natürlich nicht, um die SRG plattzumachen. Aber um Überflüssiges abzuwickeln.