Das «Päckli» von Gilles Marchand und Nathalie Wappler
Die SRG schweigt Sexismusdebatte im eigenen Magazin tot.
«link» heisst das Mitarbeiter- und Mitgliedermagazin von der SRG Deutschschweiz. Der Namen ist wohl abgeleitet vom englischen «link» für Verknüpfung. Oder «Das Glied einer Kette». In der aktuellen Dezemberausgabe ist das «Glied» – um diese zugegebenermassen mittel originelle Brücke zu schlagen – aber in keinerlei Hinsicht ein Thema. Obwohl die SRG-Führung wegen dem Star-Moderator Darius Rochebin vom Westschweizer Fernsehen (RTS) und seinen im Raum stehenden sexuellen Übergriffen arg unter Druck steht. Was viele SRG-Mitarbeitende beschäftigt, wird totgeschwiegen. Doch der Reihe nach.
«Keine Kenntnis gehabt»
Rochebin soll seine berufliche Stellung und sein Ansehen ausgenutzt haben, um zu Sex zu kommen. Ein weiterer Kadermitarbeiter sei ebenfalls übergriffig geworden, und «alle hätten davon gewusst». Darum forderten 550 Mitarbeitende von RTS, immerhin gut ein Drittel der ganzen Belegschaft, in einer Petition die Absetzung der beiden Kaderleute und eine externe Untersuchung. Und was hat das mit der SRG zu tun? Der heutige SRG-Generaldirektor Gilles Marchand war von 2001 bis 2017 RTS-Direktor. Gegenüber watson.ch sagte die SRG-Medienstelle, Marchand habe von den falschen Facebook-Profilen Rochebins, nicht jedoch den Vorwürfen der sexuellen Belästigung Kenntnis gehabt. Sein Nachfolger als RTS-Direktor habe im Herbst 2017 «Massnahmen gegen Rochebin bezüglich der Einhaltung der Berufsregeln» ergriffen, über die Marchand informiert worden sei. Nun fordern kritische SRG-Angestellte und Mediengewerkschaften gar den Rücktritt von Marchand.
Ladina Heimgartner als Nachfolgerin?
Felix E. Müller gab kürzlich in der NZZaS noch einen drauf und brachte Ladina Heimgartner als Nachfolgerin ins Spiel. Sie ist seit gut einem Jahr bei Ringier, vorher arbeitet sie lange bei der SRG. Sie hat einige Vorteile gegenüber Marchand. Sie ist eine Frau, sie ist in der rätoromanischen Schweiz aufgewachsen. Und sie ist erst 40-jährig. Das ideale Alter, um den angestrebten «Transformationsprozess» der SRG auch durchzuziehen. Sprich, mehr digital, weniger Gewicht auf linear ausgestrahlte Sendungen.
«Lassen Sie mich das erklären»
Aber was hat das nun mit dem SRG-Heftli zu tun? Viel und nichts. Denn das Thema Rochebin-Sex-Marchand ist auch in Leutschenbach allgegenwärtig. Viele Mitarbeitende sind sauer, wie die SRG und demzufolge auch SRF das Problem angehen. Man bekommt den Eindruck, wie wenn die Chefs einander decken wollten. Aussitzen lautet die Devise. Dass in den nächsten Wochen Kündigungen anstehen, spielt dem Kader sicher in die Karten. Wer will schon aufmucken, wenn seine Stelle in Gefahr ist? In diese Strategie des Schweigens und Aussitzens passt nun eben die neuste Ausgabe von «link». Kein Wort über das Rochebin-Thema. Kein Wort. Dafür schreibt SRF-Direktorin in salbungsvollen Worten viel und doch wenig Konkretes über das «Transformationsprojekt SRF 2024». «Lasen Sie mich das Prinzip der Transformation am Beispiel der Volksmusik erklären», schreibt die Chefin etwa. Gestelzter geht fast nicht. Und das in einem Mitarbeiterheft, einem internen Produkt von und für Mitarbeitende. Theoretisch. Immerhin erfährt der Laie nebenbei, dass bei SRF heute weniger als 10 Prozent «unserer Mittel ins Onlineangebot fliessen, in einem Jahr sollen es etwa 20 Prozent sein.» Der Verlegerverband wird sich freuen.
Wie eine Programmzeitschrift
Was bleibt sonst vom «link»? Das Heft wirkt wie eine Programmzeitschrift. Der Text «Play Suisse» könnte auch im «Tele» stehen. Ebenso wie die Rubrik «Neu im Programm». Dafür kommen porträtierte Mitarbeiter eher zu kurz. Das Heft wirkt ziemlich unpersönlich, ja fernab von der Basis. Da ist das von zackbum.ch auch schon kritisierte Ringier-Blatt Domo noch um einiges menschlicher. Doch hier wie dort zeigt sich, dass die Chefs das letzte Wort haben. Darum ist im «link» kein Wort zum Thema Sexismus und Darius Rochebin zu finden.
In einer ersten Version wurde «link» als Mitarbeitermagazin bezeichnet. Das stimmt nicht ganz. Es richtet sich neben den Mitarbeiteiterinnen und Mitarbeitern auch an die Mitglieder der SRG. Die Auflage beträgt gut 16000 Exemplare.