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Tri, tra, Trump

Drei Arten, wie man den US-Präsidenten sehen kann.

Für eine Minderheit der westlichen Medien ist Donald Trump ein «Mann des Friedens» («Weltwoche»), der überlegt Zug um Zug genau das macht, wofür er angetreten ist und weswegen er gewählt wurde. Mit dem Zollknüppel bringt er aufmüpfige ausländische Regierungen zur Räson, freche Richter, die seine Entscheidungen bezweifeln, ignoriert er einfach.

In direkten Verhandlungen mit Putin wird er bald einen Frieden in der Ukraine hergestellt haben, seine Verbündeten zwingt er, endlich ihren Anteil an gemeinsamen Militärausgaben zu übernehmen. Und schliesslich wird dann mal Kanada der 51. Bundesstaat, der Panamakanal kehrt heim, Grönland wird Teil der USA, der Gazastreifen zur neuen Riviera.

Und als krönenden Abschluss bekommt Trump wohlverdient den Friedensnobelpreis.

Für andere ist Trump der neue Gottseibeiuns. «Die USA hören gerade auf, eine Demokratie zu sein», «Columbia-Universität knickt vor Trump ein», «Trump findet Tesla Vandalismus schlimmer als Capitolsturm», «Trumps Showdown mit der Justiz». Diese sehr unvollständige Auswahl von «Spiegel»-Titeln steht stellvertretend für das unablässige, repetitive Geschimpfe in allen Mainstreammedien über Trump. Begriffe wie «Faschist» wurden bereits so inflationär verwendet, dass man von weiterem Gebrauch absieht. Spätpubertierer wie der SP-Co-Präsident Cédric Wermuth müssen schon zum Äussersten greifen und «fuck you, Mr. President» rülpsen, wollen sie noch etwas Aufmerksamkeit erzielen.

Und als krönender Abschluss landet Trump dann doch noch hinter Gittern.

Beide Sichtweisen sind banal fatal, blöd, unergiebig, bedienen einfach das Leseklientel der jeweiligen Organe. Niemals könnte in der Gesinnungssauce von Tamedia, CH Media oder in der «Blick»-Familie ein Artikel erscheinen, der irgend eine Entscheidung oder Handlung Trumps auch nur ansatzweise loben würde. In der WeWo ist immerhin gelegentliche Kritik am neusten Vaterersatz für Roger Köppel möglich.

Wenn Wendehals Daniel Ryser etwas gegen den Stachel löckt und in der WeWo ein Gespräch mit dem Bürgerrechtsanwalt und Gegenspieler Trumps, mit Ben Wizner bringt, dann keifen die wenigen Kommentatoren («wollen Sie mich zwingen, mein WeWo-Abo zu kündigen») los. Sie machen damit sichtbar, wie hermetisch abgeschlossen sie in ihrer Gesinnungsblase vor sich hinfaulen. Bei den Mainstream-Medien ist es genau so, nur machen die solche Tests nicht.

Dass Trump ein Krimineller ist, der den grössten Selbstbereicherungs-Raubzug aller Zeiten durchzieht und die US-Demokratie durch einen kompetitiven Autoritarismus ersetzen will, ist näher an der Realität.

Immerhin fragt sich einer sogar beim «Spiegel», ob nicht der Woke-Wahnsinn und die intensive Beschäftigung mit Genderfragen, die Einrichtung von Safe Rooms und die völlige Beweisumkehr bei Diskriminierungsvorwürfen nicht einen gewichtigen Beitrag zum Wahlsieg Trumps geleistet haben.

Das ist natürlich so, denn es gab ja anderthalb Gegenkandidaten einer demokratischen Partei, die völlig von der Rolle ist.

Wie die Medien. Denn deren Aufgabe wäre es eigentlich, ihren Konsumenten zu erklären, wieso genau eine Mehrheit der US-Stimmbürger sich für das gelbe Monster entschieden hat. Wieso grosse Teile der US-Bevölkerung seine Handlungen immer noch toll finden, obwohl auch dort gewichtige Massenmedien täglich dagegen andröhnen.

Trump als chaotischen Amok zu denunzieren, der kurzatmig und hektisch eine Fehlentscheidung mit der nächsten überdeckt, das ist einfach.

Zu analysieren, ob hier wirklich das Prinzip Chaos herrscht oder ein Masterplan existiert, und wenn ja, welcher, das schaffen inzwischen höchstens noch angelsächsische Medien wie die «Financial Times» oder das «Wall Street Journal». Im deutschen Sprachraum ist Wüste, wo intellektuelle Zwerge Sand durch die Finger rieseln lassen und das als Ergebnis tiefer Denke einem Publikum verkaufen wollen, das sich gähnend abwendet.

Genauso wenig, wie Trump mit schlafwandlerischer Sicherheit eine träfe Entscheidung nach der anderen fällt und eine Unzahl von Problemen löst, haut er ständig daneben oder stapelt eine Fehlentscheidung auf die nächste.

Das ganze Elend tritt offen zu Tage, wenn ZACKBUM nichts anderes übrig bleibt, als sich selbst zu zitieren. Denn dieser Analyse ist eigentlich nichts hinzuzufügen. Die kürzeste Definition dessen, was gerade stattfindet, hat die FT geliefert; es ist ein «Raubüberfall am helllichten Tage».

Wie Journalisten ticken

Eigentlich ist Trump II für viele wie ein Seitensprung.

Denn die psychologischen Mechanismen sind die gleichen. Die erste Phase ist ein dumpfes Misstrauen: da könnte doch etwas sein. Aber gleichzeitig das Verdrängen: da ist doch sicher nichts.

Genauso begann das Verhalten vieler, als Donald Trump ankündigte, er werde noch ein weiteres Mal als Präsidentschaftskandidat antreten. Bevor er das klar ausgesprochen hatte, gab es ganze Wellen von Artikeln, die das als ausgeschlossen, unmöglich, undenkbar verurteilten. Und während des Beginns der internen Ausmarchung unter den Republikanern klammerten sich viele an jeden Strohhalm, an jeden anderen, noch so aussichtslosen Kandidaten. Immer in der verzweifelten Hoffnung: noch hat Trump nicht gewonnen, noch ist alles möglich.

Die zweite Phase ist die Verdrängung. Nein, das ist sicherlich nicht so. Das kann ja nicht wahr sein. Es gibt genügend Indizien und Anzeichen, die doch ausreichend beweisen, dass nichts Schlimmes passiert ist, passieren wird. Hat sie nicht gelächelt beim Händedruck, hat Trump nicht deutliche Schwächezeichen gezeigt? Nein, es ist nicht, wie es ist, es ist, wie es sein soll:

Er war nicht der Einzige …

Die dritte Phase ist die Fassungslosigkeit. Wenn Verdrängen und Wegsehen nichts mehr nützt, dann kommt: wie konnte er nur. Wie ist es nur möglich, dass er/sie mich hinterging. Wie ist es nur möglich, dass Trump tatsächlich das Rennen bei den Republikanern gemacht hat.

Begleitet ist diese Phase der Erkenntnis von Schmerzen, Qualen und Wut. Es wird in der Vergangenheit gestochert, nach Vorfällen gesucht, die das Unfassbare hätten vorausahnen lassen. Bei Trump äusserte sich das so, dass unermüdlich seine versammelten Flops, seine Lügen, all das, wo er versagte, nochmal und nochmal durch die Sprachmühle gejagt wurde.

Besonders putzig ist das in den Medien. Denn während im Privaten in solchen Fällen auch zu schlimmen Ausdrücken gegriffen wird («du Schlampe, du notgeiler Bock») ist das natürlich im öffentlichen Diskurs nicht erlaubt. Sicher, «Faschist» als Ersatz für «Arschloch» tröstet etwas und ist Balsam auf die verwundete Schreiberseele. Aber eigentlich bewirkt das Sublimieren Sodbrennen und Herzrasen. Wahrscheinlich, wie früher bei Bankern, stieg die Nachfrage nach Psychopharmaka in der Nähe von Pressehäusern signifikant.

Die nächste Phase, aber davon sind wir noch weit entfernt, ist die Verarbeitung. Die Bewältigung. Das äussert sich entweder in einer gemeinsamen Beziehungstherapie, in der Trennung oder in der Versöhnung. Diese Möglichkeiten stehen der versammelten Journaille bei Trump allesamt nicht zur Verfügung.

Obwohl therapeutische Massnahmen, wenn man beispielsweise an Christof Münger, Daniel Binswanger oder den ganzen «Spiegel» denkt, durchaus sinnvoll, wenn aber wohl nutzlos wären. Trennung kann es nun nicht geben, Trump zu ignorieren, ist nicht möglich.

Bliebe noch die Versöhnung. Erste zarte Pflänzchen in diese Richtung wachsen bereits. Ist vielleicht doch nicht alles so schlimm, das mit Grönland kann man auch strategisch sehen, der Panamakanal gehörte doch lange Zeit den USA, haben ihn schliesslich gebaut. Und, nun, die USA scheinen tatsächlich ein Problem mit illegalen Immigranten zu haben. Ach, und vielleicht wurde an den Unis mit Wokeness, korrekter Gendersprache und überempfindlichen Schneeflocken, die save rooms brauchen, weil sie sich so schnell so unwohl fühlen, ein wenig übertrieben.

Aber echte Zuneigung wird’s wohl nie werden. War’s ja auch nicht, hier hinkt natürlich der Vergleich. Aber er hat so viele schöne Facetten.

Auch diese hier: begleitet wird der Prozess von ständiger Verdrängung eines Aspekts. Könnte ich Fehler gemacht haben in dieser Beziehung? Könnte ich versucht haben, dem Publikum zu verbohrt, zu rechthaberisch, zu abgehoben zugeredet zu haben? Könnte es sein, dass nicht Trump ein Amok ist und spinnt, sondern dass ich Probleme mit der Wirklichkeit habe, unter Realitätsverlust leide?

Da sagen der (oder die) Betrogene und der einordnende Schreiber im Chor: niemals. War das «Spiegel»-Cover mit Trump als Supernova und der Zeile «Das Ende der Welt» oder das Cover, wo er in der einen Hand ein Messer und in der anderen den blutigen, abgetrennten Kopf der Freiheitsstatue in der Hand hält, nicht vielleicht etwas übertrieben? So von  heute gesehen?

Hat der (oder die) Betrogene vielleicht den Partner durch sein Verhalten in die Arme eines anderen getrieben? Haben Journalisten durch ihre ständigen und gesteigerten Beschimpfungen Trumps, durch düstere Gemälde von drohendem Weltuntergang nicht Unentschlossene eher muff gemacht, abgestossen, zur Entscheidung getrieben: also wenn ihr mir einen senilen Biden und den Notnagel Harris anpreisen und verkaufen wollt, dann kann ich euch doch nicht ernst nehmen.

Natürlich wird es Wendehälse geben. Darin sind Journalisten Weltmeister. Wenn ein Daniel Ryser für Köppel schreiben kann, dann geht doch eigentlich alles. Schliesslich geht Kunst nach Brot, und Elon Musk ist ein sehr reicher Mann.

Und ein Letztes, das sich der Betrogene oder die versammelte Journaille, auch alle Politiker, die gegen Trump sind, niemals eingestehen wollen: ihre peinliche Lächerlichkeit. Ein Beispiel? Bitte, schön aufbereitet von der NZZ, die manchmal kleine Lichter im Tunnel aufblitzen lässt:

Wie reagiert eigentlich die EU auf Trumps wiederholte Ankündigung, sich Grönland einverleiben zu wollen? So:

«Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen und Rats-Chef António Costa brauchten gar zwei volle Tage, um auf Trumps unverhohlene Drohung zu reagieren. Von Kritik keine Spur: «Wir freuen uns auf eine positive Zusammenarbeit mit der neuen amerikanischen Regierung, die auf unseren gemeinsamen Werten und Interessen beruht. In einer rauen Welt sind Europa und die USA gemeinsam stärker», schrieben sie.Als hätte es noch eines Beweises für Europas derzeitigen Eiertanz bedurft, schalteten sie die gemeinsam verfasste Nachricht ausgerechnet auf X auf, Musks Plattform.»

Immerhin, für Spass und Unterhaltung ist gesorgt, auch mit erbärmlicher Unterwürfigkeit.

Kleines Einmaleins des Journalismus

Sittenverluderung und Hirnstarre. Ein Zwischenruf gegen das Elend.

Früher, ja früher gab es mal die Kenntnis von verschiedenen journalistischen Gefäßen. Es gab die Nachricht. Den Kommentar. Das Interview. Die Analyse, Die Reportage. Die Recherche. Das Essay. Und das Porträt.

Heute gibt es Brei.

Das Porträt gehört zu den anspruchsvollsten Formen des Journalismus. Denn die Ausgangslage ist, dass man einen facettenreichen, oftmals in der Öffentlichkeit stehenden Menschen schriftlich abbilden will. Dahin führen zwei Wege.

Der Königsweg ist, dass man so viel Material wie möglich über diesen Menschen sammelt. Wenn es sich einrichten lässt, ihm auch persönlich begegnet. Meinungen aus seinem Umfeld einholt, wobei man wie üblich solche mit Namensnennung höher gewichtet als anonyme. Und anonyme nur mit Begründung zu-, oder besser noch weglässt.

Dann kommt die Phase des Verdauen. Man sitzt auf einem Berg von Informationsstücken und Stückchen, den man verschlingen, verarbeiten, verdichten und aufbereiten muss. Nach der Richtschnur: das Resultat muss sein, kein wirklichkeitsgetreues Abbild schaffen, denn wer weiss denn schon, was das ist. Aber ein rechtschaffenes, eines, das der porträtierten Person gerecht wird. Das man in der Sicherheit niederschreibt, dieser Person anschliessend weiter in die Augen schauen zu können.

Ein Mensch ist immer mehr als die Summe seiner Teile, seiner Aussagen, seiner Handbewegungen, seiner Mimik, seines Charakters, seiner Positionen, seiner Ansichten. Aus all dem signifikante Elemente herausschälen und sie in eine lesbare Form zu bringen, die den Leser bereichert, informierter als zuvor zurücklässt, mit dem Gefühl: ich glaube, ich habe nun eine grössere Ahnung über diesen Menschen als vor der Lektüre – das ist das grosse Ziel.

Aktuell haben wir zwei Porträts, an denen man den Unterschied zwischen gelungen und übler Schmiere deutlich festmachen kann. Margrit Sprecher porträtiert Alice Weidel. Man kann davon ausgehen, dass Sprecher mit kaum einer der politischen Positionen übereinstimmt, die die AfD und Weidel vertreten. Man kann davon ausgehen, dass viele sie davor gewarnt haben, dieser schrecklichen Rechtspopulistin mit Abgrenzungsproblemen zum braunen Sumpf überhaupt eine Plattform zu bieten, indem Sprecher ein Porträt schreibt.

Sie hat es dennoch getan, und siehe, es ist gelungen. Es ist elegant geschrieben, mit Distanz, aber auch Anteilnahme, die beschriebenen Facetten fügen sich zu einem Mosaik zusammen. Das Porträt wird Weidel gerecht, verurteilt nicht, sondern beschreibt, verdichtet, wählt aus. Muss man können, wenn man’s nicht kann, sollte man es erst gar nicht versuchen.

Dann gibt es Lohnschreiber und Wendehälse wie Daniel Ryser, die kein Problem damit haben, eine Person als Bestandteil eines brandgefährlichen rechten Mediennetzwerks darzustellen – um dann anschliessend für genau diese Person zu schreiben. Darüber muss man weiter kein Wort verlieren – ausser den Ausdruck höchsten Befremdens, wieso Köppel diese Type bei sich schreiben lässt. Aber das fragt man sich bei Tom Kummer ja auch vergeblich.

Und dann gibt es das aktuelle Porträt von Roger Köppel in der WoZ. Ein übles Machwerk, von fünf Köchen zusammengerührt, ein unappetitlich riechender Brei. Schon mit dem ersten Satz wird hier klargestellt, dass es keineswegs um ein Porträt gehen soll. Sondern um eine Hinrichtung: «Manchmal wird die «Weltwoche» für die russische Sicht auch handgreiflich.»

Null Intention, den Motiven und Beweggründen Köppels nachzugehen, was ja durchaus interessant sein könnte. Nein, es ist sonnenklar, dass die geballte Recherchierkraft darauf verwendet wurde, möglichst viele Mosaiksteine zu finden, die Köppel möglichst schlecht aussehen lassen.

Nun gibt es bei dem Mann vieles zu kritisieren, und auch ZACKBUM tut das innerhalb sowie ausserhalb der «Weltwoche» nach Kräften. Aber das macht ihn nicht restlos aus. Was ist also von einem Porträttext zu halten, den man auch in einem Satz hätte abhandeln können: Köppel ist ein russlandfreundlicher und von Despoten faszinierter Rechtspopulist und Demagoge mit völlig selektiver Wahrnehmung der Realität.

Das mag man so sehen, und Köppel bietet genügend Anlass für diese Sicht. Aber das ist kein Porträt Köppels, das ist eine Karikatur. Ein Pamphlet. Eine ideologische Kampfschrift. Das ist, Gipfel der Absurdität, das tun, was man Köppel vorwirft. Die Autoren sind offensichtlich zu blöd, diesen schreienden Widerspruch zu bemerken.

Nein, sie sind vielleicht nicht zu blöd. Aber ideologisch zu verbohrt, unfähig, die Realität (und den Menschen) bunt, widersprüchlich, komplex wahrzunehmen. Sie brauchen Schwarzweiss, Holzschnitt, Holzhammer.

Sie merken nicht, dass ausserhalb ihrer kleinen Gesinnungsblase so eine Schmiere ihren Zweck völlig verfehlt. Niemand wird dadurch bereichert, niemand lernt etwas. Nur Gleichdenkende fühlen sich durch diese Rückkoppelung in der Echokammer der eigenen Gesinnung bestätigt.

Das ist dermassen lähmend langweilig, aschgrau, unerträglich flach und dumm. Wäre diese Fünferbande nicht völlig beratungsresistent, müsste man ihnen sagen: Porträt schreiben wollen. Thema verfehlt. Inhalt ungenügend. Formal mangelhaft. Eins, setzen, nochmal versuchen. Oder noch besser: sein lassen, einen anständigen Beruf suchen.

Oder sich bei der «Weltwoche» bewerben. Aber bitte für Buchhaltung, Archiv und Sekretariat, ja nicht als Journalist.

WoZ potz

Die linke Wochenzeitung knöpft sich Roger Köppel vor.

Gleich fünf WoZler haben ihre Kräfte zusammengelegt, um der «weissen Krähe» die Federn auszurupfen. Kaspar Surber, Renato Beck, Daria Wild, Anna Jikhareva und Jan Jirát – allesamt selbst nicht unbeschriebene Blätter – machen genau das, was sie ihrem Hassobjekt vorwerfen. Sie berichten einseitig, verdrängen alles von der Realität, was ihnen nicht passt.

Denn genauso wenig, wie man in der «Weltwoche» kaum ein schlechtes Wort über Donald Trump oder Wladimir Putin hört, darf man in der WoZ ein ausgewogenes oder zumindest nicht ideologisch durchtränktes Porträt von Roger Köppel erwarten.

Passgenau zu dessen ersten Auftritt an der Albisgüetli-Tagung der SVP regnen hier 34’500 Anschläge auf ihn nieder. Schon die Einleitung kann man zumindest als launig bezeichnen: «Manchmal wird die «Weltwoche» für die russische Sicht auch handgreiflich.» Dann muss das Autorenteam dieser starken Ansage hinterherrennen. Angeblich soll ein WeWo-Redaktor auf dem Bürgenstock sich bei der Schluss-Pressekonferenz durch einen «veritablen Bodycheck» in Besitz des Mikrophons für die letzte Frage gesetzt haben.

Leidtragender soll Oberst Georg Häsler gewesen sein, was die Verteidigungsbereitschaft der NZZ-Kriegsgurgel in einem ganz schlechten Licht erscheinen lässt. Aber das soll nur das Schmiermittel sein, um mit Anlauf einen Bodycheck nach dem anderen bei Köppel zu landen.

Auch hier wird zuerst eine These rausgehauen, der man dann hinterherrennt; «der Chefredaktor, Verleger und Inhaber Roger Köppel» habe sich «in den letzten Jahren überhaupt auf die Seite des russischen Aggressors geschlagen und» huldige «unverhohlen Machthaber Wladimir Putin».

Nun geben die tapferen Fünf Kunde, mit welchem Todesmut sie ihre Recherche betrieben hätten: «Die Entwicklung des Blattes ist ein Tabu der Schweizer Mediengegenwart. Alle wissen um die Radikalisierung, viele finden sie gefährlich, trotzdem gab es nur vereinzelte Berichte zu den Hintergründen

Die letzten Berichte, nebenbei, stammten von Daniel Ryser, dem ehemaligen Mitarbeiter der WoZ und dann der «Republik». Der arbeitet inzwischen fröhlich für sein ehemaliges Hassobjekt Köppel. Kann also die WeWo nach diesem Artikel mit dem Zuzug von fünf neuen Schreibkräften rechnen?

Denn schliesslich sind das Mutbolzen; im Gegensatz zu einem feigen SVP-Nationalrat, der ängstlich behaupte, er habe die WeWo gar nicht abonniert. «Um dann später im Bundeshausbistro angeschlichen zu kommen und sich über die Furcht in der Fraktion vor der Disziplinierung durch die Zeitschrift zu beklagen.»

Das eint Schmierenjournalisten wie Ryser und dieses Fünferkollektiv: es wird ausschliesslich mit anonymen Quellen gearbeitet: «Beispielhaft auch ein medialer Weggefährte, der sich entsetzt zeigt über Köppels Entwicklung, aber nicht einmal diese Aussage namentlich autorisieren will.» Was die Frage offenlässt, ob es diesen Weggefährten überhaupt gibt und ob er das gesagt hat.

Soll man die Herleitung von Köppels angeblicher Huldigung Putins und seiner Vorliebe für düstere Gestalten wie Orbán, Vucic oder Schröder nacherzählen? Eigentlich nicht, dafür ist es zu blöd, zu wolkig, findet im Freiraum des Erfundenen und nicht Belegten statt.

Natürlich werden Äusserungen von Köppel selbst zitiert, die fragwürdig, teilweise bescheuert und seinem Drang geschuldet sind, prinzipiell gegen den Strom zu schwimmen und das Gegenteil davon zu vertreten, ohne dass Sachkenntnis hinderlich im Weg stünde.

Das geht hin bis zu Absurditäten wie der Beschreibung, wie blitzsauber doch Moskau sei, «funkelnd», was für ein Kontrast zu den versiften westlichen Großstädten wie Berlin. Dass ihn Putins rustikal zur Schau getragene Männlichkeit fasziniert, auch daran lässt Köppel keinen Zweifel. Aber immerhin, was die WoZ natürlich nicht erwähnt, indem die WeWo das Interview von Tucker Carlson mit Putin vollständig vorlegt, kann sich jeder überzeugen, dass der Kremlherrscher sich in unendlichen Monologen durch ein krudes Geschichtsbild mäandert und überhaupt den Eindruck eines Herrschers macht, dem niemand zu widersprechen wagt, obwohl er für die grösste aussenpolitische und militärische Katastrophe Russlands seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs verantwortlich ist.

Die Darstellung der WoZ, wieso Köppel hingegen dem russischen Unternehmer Melnichenko breiten Raum für ein Interview einräumte, ist reiner Schwachsinn. Die Fünferbande schafft es tatsächlich, den Inhalt des Gesprächs vollkommen auszublenden. Obwohl der durchaus interessant ist.

Gegen Schluss ihrer Suada müssen sie sich noch etwas steigern, also werden sie ungehemmt demagogisch: «Diesen Freitag soll Köppels Geraune vom «Kolonialvertrag» der Schweiz im Zürcher Albisgüetli zu hören sein». Ohne ein Wort davon gehört zu haben, ist es Geraune. Was für ein armseliger Journalismus.

Natürlich kann auch der Gottseibeiuns von Herrliberg nicht ungeschoren davonkommen, denn der wagt es doch tatsächlich, Köppel zu verteidigen. Also auf ihn: «Es sei immer Köppers Anliegen gewesen, auch den Angegriffenen einen Verteidiger zu geben, säuselt er. Und meint damit nicht die Ukrainer:innen, die im Schlaf von russischen Raketen getötet werden.»

Der eine raunt, der andere säuselt, und Christoph Blocher werden dann noch Ukrainer, die im Schlaf von Russen getötet werden, in die Fresse gehauen.

Das ist nun übelster Fertigmacherjournalismus, der für Schenkelklopfer bei der Gesinnungsmittäterschaft sorgen will, die sich nicht einkriegt vor begeisterter Zustimmung. Geht noch einer? Aber ja, denn es braucht doch noch die Schlusspointe. Also komm heraus, du bist umzingelt:

«Blocher versichert: «Roger Köppel steht auf dem Boden der Partei.» Fragt sich nur, auf welchem Grund eine Partei mit einem solchen Festredner steht.»

Im braunen Sumpf? In Putins Welt? Im Lager der Befürworter, dass Ukrainer im Schlaf getötet werden? Man weiss es nicht. Man weiss aber, auf welchem Grund eine Zeitung steht mit solchen Journalisten. Mitten im Treibsand der Gesinnungsschreiberei, wo das Urteil über den Porträtierten schon feststeht, bevor der erste Buchstabe getöckelt wird. Wo es nicht um Wahrheit- oder Wirklichkeitssuche geht, sondern um das Zusammenstellen von Wirklichkeitsfetzen, die die anfängliche These belegen sollen. Alles, was der widersprechen würde, kommt weg. In den Abfall.

Wahrer Abfalljournalismus.

Freier Narr

Wieso darf sich Daniel Ryser so in der «Weltwoche» austoben?

Niemand sonst darf eine reich bebilderte siebenseitige (!) Story ins Blatt heben. Ausser dem Besitzer, Verleger, Herausgeber und Chefredaktor himself, natürlich.

Dass er den Fake Tom Kummer – die Schande des Journalismus – schreiben lässt, ist schon unverständlich genug. Aber auch Daniel Ryser? Der als opportunistischer Wendehals Köppel und die «Weltwoche» als Teil einer rechten Meinungsmachmaschine denunzierte – ohne mit den zahlreich in seiner Schmiere vorkommenden Protagonisten auch nur ein Wort gewechselt zu haben.

Über «Köppels Sturm» behauptete Ryser, damals noch im Sold der «Republik»:

«In der Zürcher Seegemeinde Stäfa musste die Sekundar­schule einen «Gender-Tag» absagen, nachdem Mord­drohungen bei der Schule eingegangen waren. Mitverantwortlich für die Absage waren die beiden SVP-Politiker Andreas Glarner und Roger Köppel.»

Dann trennten sich die Wege von der «Republik» und Ryser. Darauf tauchte Ryser plötzlich im Sold seines vormaligen Feindbilds WeWo auf – und darf seither durch die Welt gondeln und Riesenschinken schreiben, deren Inhalt in keinem Verhältnis zu ihrer Länge steht.

Als neugeborener Kampffeminist verteidigte Ryser auch schon die Bachelorette der Politik, die mit Schiessübungen unangenehm auf sich aufmerksam machte.

Aktuell hat Ryser Jean Peters in Berlin besucht. 37’000 Anschläge wie weiland bei der «Republik» über den «Mann hinter der Potsdam-Story, der journalistischen Bombe des Jahres in Deutschland». Man erinnert sich, die schlecht benannte Organisation «correctiv» schlich sich in ein Treffen in Potsdam ein, wies auf die Nähe zu Wannsee hin und machte daraus ein «Geheimtreffen», an dem finstere Umvolkungs-, Remigrations- und andere üble Deporatationspläne geschmiedet worden seien.

Das führte tatsächlich zu einem Riesenhallo in Deutschland, Demonstranten gingen mit betroffen-entschlossenem Gesicht auf die Strasse und setzten massenhaft «Zeichen gegen Rechts». Gegen Neonazis, Faschisten Rassisten, das üble Gesocks der AfD und dem sie umgebenden braunen Sumpf.

Dummerweise waren aber auch Anwälte und Verfassungsrechtler bei diesem Treffen anwesend, die sich diese Verleumdungen, die auch durch die ganze Presse rauschten, nicht gefallen liessen. Und gerichtlich die Rücknahme dieser wilden Behauptungen verlangten – und Recht bekamen.

Das hindert Ryser, zurückfallend in alte Reflexe, nicht, heute noch zu behaupten, das Treffen habe dazu gedient, «um die massenhafte Vertreibung von Menschen aus Deutschland zu besprechen und um Geld zu sammeln». Schliesslich betreibt Ryser in aller Offenheit Buddy-Journalismus: «Jean Peters ist, vollständige Offenlegung, ein Freund von mir.»

Dieser Freund ist auch klar der Meinung: «Die Frage ist nicht, ob man die AfD verbieten soll, sondern wie.» Das ist nun extremer Meinungspluralismus, dass die Co-Chefin dieser Partei von Köppel gerne interviewt wird und nun sogar eine eigene Kolumne in der «Weltwoche» hat, was wiederum Wendehals Ryser überhaupt nicht stört. Ob er das allerdings seinem Freund in Berlin erzählt hat?

Der hat klare Auffassungen, was in einer Demokratie gewählt werden darf und was nicht: «Die Leute können Werteunion wählen, BSW, Bündnis Deutschland. Aber du hast in Deutschland nicht das Recht, Faschisten zu wählen.» Und wer Faschist ist, das bestimmt natürlich Jean Peters, wer denn sonst.

Was will uns Ryser mit diesem Stück über seinen Freund eigentlich sagen? Dass das ein toller Typ ist, der zu Unrecht kritisiert wurde? Dass die AfD eine Bande von Faschisten ist? Dass es sein Brötchengeber Köppel unterlassen sollte, Alice Weidel und anderen AfD-Exponenten eine Plattform zu bieten, da diese Partei verboten gehört?

Bei seiner «Reise ans Ende der Demokratie», wie Ryser seinen Rundumschlag gegen rechts damals nannte, beschreibt er seinen aktuellen Chef so: «Roger Köppel und Daniel Stricker: wütende, monologisierende Männer auf den Platt­formen Youtube, Locals, Rumble.»

Bei Kummer ist das Problem, dass man nie weiss, ob er Fakt als Fiktion verkauft oder umgekehrt. Da Journalismus kein Romanerzählen sein soll, sind seine Texte unbrauchbar und unlesbar. Bei Ryser ist das Problem, dass der seine Positionen beliebig wechseln kann, wie ein Chamäleon jeweils die gewünschte Farbe annimmt. Das machte seine Texte unbrauchbar und unlesbar.

Will Köppel hier seine Liberalität unter Beweis stellen, mit der Einstellung eines Renegaten, dem er unglaublich Auslauf und Platz zur Verfügung stellt? Wer soll denn die Meinung eines Wendehalses ernst nehmen, der seinen Kopf schneller als ein Kreisel drehen kann?

«Weltwoche» eiert

In den Seilen hängend, wuschig, schlecht gelaunt.

So kann’s gehen. In der heilen Werbewelt preist sich die «Weltwoche» als «unabhängig, kritisch, gut gelaunt» an. Dabei greift sie in die Harfe: «Oberstes Ziel der Weltwoche bleibt es, die Intelligenz ihrer Leserinnen und Leser anzusprechen mit möglichst brillant geschriebenen Artikeln.»

So viel zur Theorie. Die die WeWo durchaus immer wieder und häufiger als die Mainstream-Medien einlöst. Ausser, es geht um Russland. Oder China. Oder das Christentum. Oder Sanija Ameti.

Angesichts eher beschränkten Platzes ist auch Auswahl und Gewichtung ein Thema. Da gibt es aktuell wichtige und unwichtige Ereignisse. Ein wichtiges ist zum Beispiel, dass der russische Präsident Putin die mögliche Lieferung von Mittelstreckenraketen an die Ukraine als direkte Kriegshandlung der NATO gegen sein Land bezeichnet.

Und selbst die Kriegsgurgeln von der «Süddeutschen Zeitung» einen Moment innehalten, ob eine solche Eskalation eine gute Idee wäre oder uns einem Atomkrieg einen guten Schritt näher brächte.

Wenn aber die Titelstory lautet «Free Sanija Ameti» und von Daniel Ryser geschrieben wird, dann ist ein seltener Tiefpunkt höheren Schwachsinns erreicht. Wäre das Cover der aktuellen Ausgabe eine Referenz an «Titanic», das grossartige Satiremagazin, könnte man es noch knapp goutieren. Aber ein Wendehals, der wegen unmöglichen Verhaltens gefeuert wurde, schreibt über eine dummdreiste Provokateurin, die wegen unmöglichen Verhaltens gefeuert wurde? In einem Organ, das er noch kurz zuvor als Hort von Verschwörungstheoretikern, angeführt von einem Jünger Bannons, beschimpfte?

Und ist jemand, der für eine sich in aller herrlichen Freiheit befindende Person «Befreiung» fordert, noch ganz dicht? Ist ein Organ ganz dicht, das das zur Titelgeschichte macht? Damit insinuiert, Ameti sitze im Knast, sei politische Gefangene, müsse befreit werden, so à la Julian Assange? Wie bescheuert ist das denn?

Nebenbei: «Swatch ist unterbewertet», das zeugt wieder einmal von der grossen Wirtschaftskompetenz des Blatts. Sollte eigentlich schadenersatzpflichtig sein, so ein Unsinn.

Da ist das Wort Realsatire zu schwach dafür. Und abgesehen davon: seit dieser Swiss Miniature erschütternde Skandal ausbrach, also seit knapp einer Woche, hat die WeWo sagenhafte 18 Artikel auf dieses Null-Thema verbraten. Dabei hat sie eine Pirouette gedreht, bei der sie auf allzu dünnem Eis einbrach. Zuerst durften Christoph Mörgeli und Philipp Gut zubeissen. Dann bekamen sie einen Maulkorb, und Roger Köppel himself forderte «Gerechtigkeit für Sanija Ameti», obwohl er sich in seinen religiösen Gefühlen durchaus verletzt sah.

Dann griffen alle engelsgleich in die Harfe. Ein selten sanfter Mörgeli forderte «Milde» ein. Köppel gar «Gerechtigkeit». Alex Baur sprach sich gegen Männerfantasien aus: «Finger weg von Ameti».

Und dann die nächste Volte: «Opfer Ameti? Nach der Empörung nehmen die Medien Sanija Ameti allmählich wieder in Schutz. Bei allem Verständnis sollte man nicht vergessen, dass sie symbolisch auf das Fundament unserer Werte geschossen – und die Affäre selbst losgetreten hat».

Ist halt schon blöd, wenn man aus Prinzip immer gegen den Strom schwimmen will – und der Strom ständig seine Richtung ändert. Sie habe das alles selber losgetreten, schimpft Hubert Mooser, ganz ohne Milde oder christliche Nächstenliebe.

Ist das ein Thema, das der WeWo-Leser dermassen ausführlich ventiliert sehen möchte? Als Titelgeschichte? Aufregung um ein Politik-Pin-up-Girl? Die Berichterstattung über dies Bachelorette der Politik zieht sich selbst auf ihr Niveau herab.

Dagegen kann man nichts machen. Das widerfährt Kritikern, Bewunderern, Fans, Verteidigern und der überwältigenden Mehrheit, die überzeugt ist, dass der Primitiv-Provokateurin recht geschah. Die jetzt noch ihre letzte Karte ausspielt: das Drücken auf die Tränendrüse, die Mitleidsnummer. Frau mit Migrationshintergrund, gelegentlich Muslima, lasziv, posierend, immer eine vorbereitete Rempelei auf Lager. Aber sonst nichts. Und nun gehe es ihr ganz schlecht, wisse sie nicht, wie lange sie das noch aushalte. Und dann?

Aktion und Reaktion sind inzwischen gleichermassen widerlich geworden. Daher stellt ZACKBUM hiermit die Berichterstattung über dieses Sumpfgebiet ein. Und befreit sich selbst von Ameti, Rysers und allen anderem Gesocks.

Höchststrafe

Die Bachelorette der Politik hat am Ende ihrer Karriere ihr Ziel erreicht.

Bumm. Seit sie ihre dümmliche Provokation ins Netz stellte, hat es 560 Erwähnungen in der Mediendatenbank SMD gegeben. Darauf sind Fabian Molina (23) und sogar Cédric Wermuth (145) eifersüchtig.

Zudem hat Sanija Ameti es geschafft, dass viele Medien hyperventilieren. Die «Weltwoche» hat sogar Schnappatmung und bringt den gleichen Artikel gleich zweimal:

Allerdings ist es die Höchststrafe für Sanija Ameti, dass sie ausgerechnet von Roger Köppel, den sie auch schon mit einer ihrer gezielten Provokationen anrempelte, verteidigt wird. Das wird nur noch getoppt dadurch, dass der Charakterlump Daniel Ryser ebenfalls zu ihrer Verteidigung antritt. Wenn mal das böse Wort vom Mietmaul zutraf, dann auf ihn. Damit hat die «Weltwoche» die Latte für «wie unappetitlich darf’s denn sein?» schwindel- und übelkeitserregend hoch gelegt.

Auch Trittbrettfahrer trägt es aus der Kurve. Amok Nicolas Rimoldi hat seinen Bundeshaus-Badge verloren, auf den er so stolz war. Nicht ohne feine Ironie sagte der EDU-Nationalrat Erich Vontobel, der ihn dem «Mass-voll»-Randalierer ausgehändigt hatte: «Das Mass ist voll.» Denn Rimoldi hatte versucht, in der Affäre Ameti sein eigenes Süppchen zu kochen und sie als «feindliche Agentin» beschimpft, will sie «deportieren» und hat mit Getöse eine Strafanzeige eingereicht. Der gleiche Rimoldi, der das verdeckte Tragen von Waffen in der Schweiz fordert. Ein Irrwisch und Schaumschläger. Also eigentlich ein Traumpaar.

Auf der anderen Seite melden sich B- und C-Promis mit «das geht zu weit». Zu den Unterzeichnern gehören Roger de Weck oder Jacqueline Fehr, natürlich die SP-Nationalrätinnen Anna Rosenwasser und Tamara Funiciello, die nie weit weg sind, wenn ein Fettnäpfchen rumsteht. Als ob Ameti diesen Shitstorm nicht mutwillig provoziert hätte.

«Amnesty International Schweiz» macht sich lächerlich: «Eine weibliche, migrantische und provokative Stimme in der Schweiz soll eingeschüchtert und zum Verstummen gebracht werden.» Ein Menschenrechtsfall? Dem sich AI annehmen muss, wie Fällen übelster politischer Unterdrückung? Haben die nichts Besseres zu tun? Und noch alle Tassen im Schrank?

In der WoZ sülzt Anna Jikhareva: «Der Umgang mit der Zürcher Gemeinderätin Sanija Ameti ist ein Lehrstück darüber, mit welch rasender Geschwindigkeit der digitale Mob eine unliebsame Person in existenzielle Not zu bringen vermag.» Nein, er ist wenn schon ein Lehrstück darüber, wie eine bewusste und primitive Provokation zum Rohrkrepierer werden kann. Es ist schwer, das Niveau von Ameti noch zu unterbieten, aber die WoZ schafft es:

«Der misogyn-rassistische Eifer, mit dem eine junge Frau mit muslimischer Migrationsgeschichte angegangen wird, die mit ihrer Meinung für gewöhnlich nicht hinterm Zaun hält, die laut ist und damit vielleicht auch nervt, sagt viel über hiesige Verhältnisse aus – nichts Gutes.»

Christliche Amtsträger üben sich in biblischer Nachsicht: «Es gehört zum christlichen Glauben, dass man jemandem nach einer ernst- und glaubhaften Entschuldigung verzeiht», sagt zum Beispiel Christoph Frei von der reformierten Kirche Weiningen. Hat der noch alle Engel im Schrank?

In absurden Übungen versucht sich auch der Zwangsgebührensender SRF. Er erwähnt kurz die dümmliche Provokation Ametis, um dann umzuschwenken: «Der Shitstorm um Sanija Ameti hat die Wirtschafts­wissen­schaftlerin Dina Pomeranz veranlasst, eine US-Vergleichsstudie auf der Plattform X zu posten. Diese zeigt: In einer gleichen Situation werden Frauen sowie unterrepräsentierte Gruppen harscher für einen Fehler beurteilt als Männer.» Hierbei geht es um einen Vergleich in den USA zwischen weiblichen und männlichen Chirurgen. Hat SRF noch alle Tassen im Schrank?

Aber auch sie kann nicht relativieren, dass in der Schweiz noch kein Mann einen dermassen idiotischen Post abgesetzt hat. Das wäre vielleicht Anlass zur Frage, ob Frauen doch dümmer sind als Männer, aber das traut sich ja heute keiner mehr.

Und als würde sie das irgendwie salvieren, geistert auch durch die Medien: «Der Ameti-Skandal ist ein gefundenes Fressen für die russische Propaganda», poltert das Intelligenzblatt «watson». Typisch, wie der Propagandasender RT die Wahrheit verfälscht: «Die Schweizer Presse sei links und die SRF-«Tagesschau» habe gar nicht erst über den Vorfall berichtet.» Eine dumme Propagandalüge, wobei: «Zwar wurde er in den «Tagesschau»-Sendungen tatsächlich nicht thematisiert …» Blöd auch, dann ist’s ja doch nicht gelogen.

Kann man also von einem erfolgreichen PR-Stunt reden? Inzwischen jammert Ameti, dass es ihr gar nicht gut gehe und sie Polizeischutz brauche. Wie es ihr geht, weiss man nicht, sie hat sich allerdings nur nach Polizeischutz erkundigt, weil das so schön in eine Opfermärchenstunde passt; ihr cleverer Versuch, doch noch Kapital aus ihrem kapitalen Bock zu schlagen. Und die Recherchiermedien plappern alle betroffen nach, dass sie nun «unter Polizeischutz» stehe.

«Haltet den Dieb», ruft der Dieb, ein beliebtes Ablenkungsmanöver. Täterin Ameti will sich zum Opfer einer «Hexenjagd» machen, und dümmliche Medien fallen auf diese billige Nummer herein.

Ein Journalist, der selbst wegen ungebührlichen Verhaltens gefeuert wurde, fordert die Wiedereinstellung Ametis, die wegen ungebührlichen Verhaltens gefeuert wurde.

Welches Niveau kann Heuchelei, Verwechslung von Ursache und Wirkung, wegschwatzen von banal-offenkudnigen Tatsachen eigentlich erreichen? Wieso muss eine brunzdumme Provokation plötzlich zum Fall einer Frauendiskriminierung durch rechte Hetzer umgelogen werden?

All diese Umdeuter, Wendehälse und Krakeeler, dass hier eine «Existenzvernichtung» betrieben werde, die aufzuhören habe, plappern völlig an der öffentlichen Meinung vorbei. Bei einer Umfrage auf «20 Minuten», an der fast 26’000 Leser teilnahmen, finden satte 82 Prozent, dass «Arbeitgeber und Partei richtig gehandelt und konsequent reagiert» hätten. Nur 4 Prozent halten die Massnahmen für übertrieben.

Was die Medien (wenig Ausnahmen bestätigen die Regel) aufführen, welches Gewicht sie einer gescheiterten Selbstdarstellerin geben, das ist dermassen vertrauensvernichtend, dass sich ZACKBUM fragt, ob es überhaupt noch Sinn macht, Medienkritik fortzusetzen. Schliesslich kann nur kritisiert werden, was noch einen Hauch von Geist, Inhalt, Substanz besitzt.

Aber dieses Schmierentheater, das ist doch nur noch etwas für Schmierfinken. Für hirnamputierte Schmierfinken.

 

 

 

Bock zum Bock gemacht

«Weltwoche» spinnt: Kampffeminist Ryser verteidigt Ameti.

Der Mann darf sich auf keiner linken Redaktion mehr blicken lassen. Wenn Daniel Ryser nicht ein Rückgrat aus Gummi und den Ehrbegriff eines Strassenköters hätte, dürfte er sich bei den von ihm noch im Solde der «Republik» bösartig denunzierten «Infokriegern» auch nicht blicken lassen.

Aber Roger Köppel hat nicht immer ein glückliches Händchen bei der Auswahl seiner Mitarbeiter. Kenneth Angst, Tom Kummer, Daniel Ryser, die Liste ist nicht kurz.

Dass die «Weltwoche» vom Ameti-Bashing zu «wir sind dagegen» umschwenkt, war so vorhersehbar wie der Furz nach der Zwiebel.

Leider scheint der in die Hose gegangene Provokations-Stunt einer offensichtlich dummen Frau bei der «Weltwoche» kollektive Hirnstarre ausgelöst zu haben. So ausser Rand und Band war das Blatt schon lange nicht mehr. Obwohl natürlich immer mehr sich hinter dem Chefredaktor einreihen und Ameti-Kritiker wie Philipp Gutdie Operation Libero hält an ihrem durchgeknallten Aushängeschild fest») und Christoph MörgeliAngesichts verschiedenster islamistischer Morde und Mordversuchen …») kurzfristig ein Schweigegelöbnis ablegen. Oder sie legen sich rasant in die Kurve und plädieren plötzlich «für Milde». His master’s voice, das gilt auch für Mörgeli.

Alex Baur versteht nicht den Unterschied zwischen Meinungsfreiheit und Haftungsfreiheit. Ameti konnte sich völlig unzensiert öffentlich zum Deppen machen. Sie konnte ihre primitive Provokation posten, sie konnte sie löschen, sie konnte ihre völlig verunglückte Entschuldigung hinterherschreiben, sie konnte sich nochmals weinerlich entschuldigen, nachdem sie gemerkt hatte, dass das Publikum ihre erste Verarsche («Auf den Inhalt der Bilder habe ich nicht geachtet») nicht goutiert hatte.

Köppel neigt schon seit einiger Zeit zum Frömmlertum, hier übertrifft er sich aber selbst: «Möglicherweise hat Ameti durch ihr Luftpistolentraining gegen Jesus und die Jungfrau Maria die selbstzerstörerischen Übertreibungen zur Kenntlichkeit entstellt, mit denen wir unser christliches Erbe in den letzten Jahren beschleunigt zugrunde reiten.» das ist nun mal ein hochtrabender Schwachsinn, wie man ihn nicht alle Tage liest.

Das kann der Mann in seinem Editorial allerdings noch steigern: «Ein neues Frömmlertum, ein religiöser Fanatismus scheinen die Schweiz elektrisch unter Strom zu setzen, und die Ameti-Kritiker schichten munter einen Scheiterhaufen nach dem andern auf. Offenbar hat die Junge SVP schon Strafanzeige eingereicht. Will man sie auch hinter Gitter bringen? Im alten Zürich unter Zwingli hätte man Ameti in der Limmat versenkt.»

Scheiterhaufen, Hexenjagd, Ersäufen, Existenzvernichtung? Wieso verrutschen all diesen Dampfschreibern ständig die Massstäbe, kennen sie keine Mässigung, Einbettung?

Es mag ja Zeitgenossen geben, die sich durch Ameti in ihrem religiösen Empfinden beleidigt fühlen. Aber die Mehrheit  ist verstimmt, weil die Provokation so durchschaubar-absichtlich war, die Entschuldigung so triefend vor Arroganz und verlogen. Erst mit ihrer absurden Behauptung, sie habe gar nicht gewusst, worauf sie da schiesst, obwohl sie das zuvor als Nahaufnahme gepostet hatte, trat sie den Shitstorm los.

Wenn etwas noch widerlicher ist als eine hirnlose Provokation, dann der Text des Berufsheuchlers und Wendehalses Ryser. Hoffentlich hat er nicht versucht, mit Ameti per SMS in Kontakt zu treten, das wäre dann wohl ausgeartet, wie das bei ihm üblich ist. Der Mann ist völlig schamfrei und keift nun gegen die «Gesetze des Mobs», «gegen den religiösen Eifer der Cancel-Culture», er fordert doch ernsthaft «Free Sanija Ameti». Der gleiche Ryser, der noch vor Kurzem demagogisch und völlig unjournalistisch – keiner der vielen Angepinkelten bekam von ihm Gelegenheit zur Stellungnahme – gegen seinen jetzigen Brötchengeber und dessen Umfeld polterte: ein «ganzes Netzwerk aus rechten etablierten Journalistinnen und verschwörungsideologischen Akteuren», auf Rysers «Reise ans Ende der Demokratie», das insbesondere von Köppel befördert würde: ««Flute den Raum mit Scheisse» gibt Steve Bannon aus den USA den Takt vor. Am extremsten führt diesen Kulturkampf in der Schweiz die «Weltwoche», wo sich inzwischen Verschwörungs­ideologen tummeln.» 

Und in dieser Scheisse schreibt nun Ryser seine eigene Scheisse, um es in seiner Fäkaliensprache auszudrücken. Was sagte er noch zuvor über seinen aktuellen Chef: «Roger Köppel und Daniel Stricker: wütende, monologisierende Männer auf den Platt­formen Youtube, Locals, Rumble.»

Gegen Ryser ist Kummer ein geradezu vorbildlicher, wahrheitsliebender, aufrechter Journalist. Ryser hingegen hat nicht einmal die Fakten im Griff: «Ein Blick-Reporter wird auf die Story aufmerksam – Ameti löscht den Beitrag umgehend, entschuldigt sich, sollte sie religiöse Gefühle verletzt haben.» Falsch, ZACKBUM wurde zuerst auf den Post aufmerksam und erkundigte sich. Ameti löschte ihn keineswegs «umgehend», sondern nach mehr als 10 Stunden.

Dann faselt Ryser von einer «Hexenjagd», die keine Grenzen kenne. Himmels willen, Ameti wollte doch provozieren, nur ist ihr das zu gut gelungen. Und «der Arbeitgeber Farner Consulting trennt sich von ihr». Tja, Ryser, wenn sich jemand unmöglich benimmt, dann trennt man sich von ihm, das sollten Sie doch nur zu gut kennen.

Dann wiederholt er die weinerliche Nummer Ametis, dass sie Polizeischutz brauche und es fast nicht mehr aushalte. Wobei sie wohlgemerkt keinen hat, sondern nur darum bettelt. Dabei bekommt jeder, der ein wenig in der Öffentlichkeit steht, von Feiglingen, die versteckt hinter der Anonymität des Internets randalieren, Drohmails und andere Bösartigkeiten. Nur hängt das (fast) niemand an die grosse Glocke.

Dann macht Ryser noch die langweilige Täter-Opfer-Umkehr, Ameti sei nun zum Opfer geworden. Jeder, der einen Fehler mache, «verliert in unserer heutigen Social-Media-Gesellschaft alle Rechte und wird zum Freiwild, darf grenzenlos an den Pranger gestellt werden, muss Hetze aushalten und soll verschwinden, weg aus der Gesellschaft, weg aus der Arbeitswelt. Aus den Augen, aus dem Sinn, gecancelt eben

Da spricht Ryser eindeutig aus eigenem Erleben, obwohl er selbst gar nicht an den Pranger gestellt wurde. Im Schlussgalopp fantasiert Ryser sogar davon, dass «es diese moralische, fehlerfreie, perfekte, ja, eigentlich ganz grauenhafte Social-Media-Gesellschaft liebt, Hexen zu verbrennen, Sauen durchs Dorf zu jagen, reinzutreten, wenn jemand am Boden liegt. Es sind Gesetze des Mobs, wo Entschuldigungen niemanden interessieren, und schon gar nicht die Frage, ob Menschen aus Fehlern lernen».

What a bullshit, um es vornehm zu formulieren. Hätte sich Ameti authentisch entschuldigt und nicht durchschaubar verlogen, dann hätte sie vielleicht noch eine Chance gehabt, aus der selbstverschuldeten Kloake herauszukommen.

Vielleicht hätte sich Ryser bei seinem vorletzten Arbeitgeber das auch gewünscht:

«Bleibt zu hoffen, dass, wenn der Sturm vorbei ist und damit die Angst, vom Shitstorm miterfasst zu werden, wenigstens der Arbeitgeber Ameti Gehör gewährt und die Entlassung rückgängig macht.»

Er empfiehlt also ernsthaft einer PR-Firma, jemanden wie Ameti wieder einzustellen, die nicht nur als dummdreiste Provokateurin stigmatisiert ist, sondern vor allem als absolut unfähige Kommunikatorin. Und die soll dann im Namen von Farner-PR auf Kunden losgelassen werden, um die zu beraten?

Man fragt sich, ob in der Redaktion der «Weltwoche» etwas Ansteckendes herumschwirrt oder die meisten heissen Shit geraucht haben. Oder ob man wirklich so vielen ins Hirn gehustet hat, dass ein solcher Stuss zusammengeschrieben wird.

Ein Ryser verteidigt eine Ameti in der «Weltwoche». Wer dem Wort Realsatire einen tiefen Sinn geben will, denkt sich dieses Beispiel aus. In völliger Sicherheit, dass seine Fantasie mal wieder weit, weit weg von der Realität schwebt.

Seit «la crise n’existe pas», seit Putin, «Der Unverstandene», hat sich die WeWo keinen solchen Ausrutscher mehr geleistet.

Hier wird der Bock zum Bock gemacht, eine primitive Provokateurin geadelt, sie gegen einen selbstverschuldeten Shitstorm verteidigt. Oder um den religiösen Eiferer Köppel an ein Bibelzitat zu erinnern:

«Denn sie säen Wind und werden Sturm ernten
Hosea, Kapitel 8, Vers 7.

 

 

Wehe, wehe, Weltwoche

Platzverschwendung erschlägt Lesenswertes.

ZACKBUM fragt sich, wieso auch die «Weltwoche» ihre Titelgeschichte einem singenden Niemand widmen muss, der anscheinend erst letzten November herausfand, dass er/sie/es eigentlich notbinär sei. Pardon, nonbinär.

Der Conchita-Wurst-Imitation wird es gehen wie seinem Vorbild. Da nützt es auch nichts, ihn in einen pseudo-bedeutungsschwangeren Text ehrfürchtig zu beweihräuchern. «Ich, ich ging durch die Hölle und zurück», what a bullshit, kann man da nur sagen. «Highway to hell», das ist hübsche Asphaltlyrik, ein treibender Beat, satte Gitarrenriffs, unsterblich. Dieser «Code» ist eine Eintagsfliege, die schon tot ist, während sie noch summt.

Was für ein Geschwurbel vom sonst zurechnungsfähigen Jürgen Wertheimer:

«Es geschieht nicht sehr oft, dass Lieder derart ins Nervenzentrum vordringen und – obwohl sie von etwas ganz anderem zu handeln scheinen – eine eminent politische Botschaft senden. «Lili Marleen» von 1938 etwa löste sich von seinem ursprünglichen Anlass und wurde zur internationalen Antikriegshymne, ebenso wie das gleichermassen bekannte «Sag mir, wo die Blumen sind», das ursprünglich ukrainischer Herkunft ist.»

Das mit diesem Queen-trifft-Eminem-Verschnitt zu vergleichen, eine Frechheit. Dass auch noch Schiller missbraucht wird, da fehlen die Worte. Völlig absurd wird es, wenn es Wertheimer mit eigenem Gestammel versucht: «Denn unter dem Gewand einer scheinbar rein privat anmutenden Recherche nach seiner eigenen Identität verbirgt sich der Appell, alle Zumutungen von oben einer kritischen Überprüfung zu unterziehen.»

Ein Appell verbirgt sich unter einem Gewand? Hat man denn allen ins Gehirn geniesst?

Gibt es noch etwas Schlimmeres, als in einen Schlagertext tiefere Bedeutung zu geheimnissen? Doch, leider. Wenn Tom Kummer über Nemo schreibt. Darf man Schmerzensgeld verlangen, wenn man so einen Stuss lesen muss? «Vor Nemo hatten schon die Pop-Ikonen David Bowie und Freddie Mercury auffallende Zähne. Buddy Holly wurde von kranken Zähnen und Mundgeruch malträtiert.»

Kann man das noch steigern? Leider ja. Wenn nämlich Daniel Ryser bei einem ernsten Thema auf dem Egotrip unterwegs ist (wann ist er das nicht),. Er schreibt nämlich über Julian Assange, was verdienstvoll wäre, wenn er nicht in erster Linie über sich selbst schreiben würde. Als er «mit Julian Assange in London Whisky zum Frühstück trank». Oder als er mit Assange Fondue ass. Oder als er mit Assange «einen Stapel Harrods-Sandwiches» ass. Ryser geht es nur um sich selbst:

«Ich selbst war bei meinen Besuchen auf der Botschaft natürlich anfangs erstaunt darüber … Jennifer Robinson, die Anwältin von Assange, sagte mir vor einigen Jahren bei einem Interview … die Männer, die mich am Eingang jeweils gescannt hatten … und wir dachten, die Verfolgung werde bald ein Ende haben … Bei einem kürzlichen Treffen in Strassburg sagte mir Wikileaks-Chefredaktor Kristinn Hrafnsson … traf ich mich im New Yorker Financial District mit Ben Wizner … «Haben Sie denn so viel Zeit?», fragte mich Nils Melzer … Das Interview, das Ende Januar 2020 im Magazin Republik publiziert wurde, ging um die Welt … sagt Stella, als wir uns in Strassburg zu einem Kaffee treffen …»

Und so geht das quälende 32’500 A lang. Eingerahmt wir das von der «Weisheit des Herzens», völlig abgespacter Scheiss, den Kolumnen von Anabel Schunke und Tamara Wernli, deren Lektüre im Kopf wehtut, aber immerhin auch einem wiederbelebten Urs P. Engeler und einem Wolfram Knorr, der Francis Ford Coppola ein wohlverdientes Denkmal setzt. Gäbe es nicht Literatur und Kunst, bevor Alberto Venzago unermüdlich sein Archiv abstaubt, David Schärer Flachheiten absondert (aber immerhin, es gibt die Peanuts auf dieser Seite, das tröstet). So saufen die wenigen guten Storys in diesem Brei ab.

Dass die WeWo auch so noch mehr Denkstoff bietet als die Einheitssauce aus Aarau und Zürich, das spricht nicht für sie, sondern gegen die anderen. Es ist bedauerlich, dass das Magazin so viel Platz schlichtweg verschenkt, vergeudet, vertrottelt.

Dabei wäre die Alternative ganz einfach. Alleine ein Verzicht auf Ryser und Kummer würde einige Seiten für Besseres freimachen. Der Verzicht auf die beiden Kolumnistinnen gäbe immerhin auch zwei Seiten her. Und der Verzicht auf Nihil-Themen wie Nemo würde das Blatt in eine andere Liga katapultieren.

Es ist verblüffend, wie wenige Autoren das Niveau eines ganzen Heftes dramatisch absenken können.

ZACKBUM wünscht von Herzen gute Besserung.

Ryser rides again

Und serviert Aufgewärmtes in der «Weltwoche».

Checks and Balances, wir sagten es wohl schon, fehlt im Blatt der Vietnamreisenden, Putin-Versteher und -kritiker, der Pflegekräfte des möglichst freien Diskurses, die als ziemlich Einzige in der Schweiz noch Rede und Widerrede zulassen.

Nur so ist es zu erklären, dass Daniel Ryser schon wieder jede Menge Platz bekommt. Die Reise nach New York zum Vollamok Gavin McInnes musste noch einen Beifang abwerfen. Weil das grosse Vorbild von Ryser, Hunter S. Thompson, bekanntlich tot ist, liegt es für ihn nahe, es bei einem Apologeten zu probieren. Also klopft Ryser bei Matt Taibbi an. Matt who? Der ist sozusagen ein bei Geburt getrennter Zwilling von McInnes. Allerdings hat er entschieden mehr Grips und Schreibfähigkeit mitgekriegt.

Daher ist er – wie McInnes – in der Lage, einen One-Liner nach dem anderen rauszuhauen, angefangen mit dem Titelzitat «Biden ist gefährlicher als Trump». Das sind so Geistreicheleien, wie sie nur Amis gebacken kriegen. Hören sich aufregend und provokativ an, fallen aber bei näherer Betrachtung wie ein Soufflee, das zu schnell aus dem Ofen genommen wird, zusammen.

Mit solchen Leuten kann man einen lustigen Nachmittag verbringen und über Carl Schmitt, den Patriot Act, die Cancel-Culture und über andere Kurzgedanken plaudern. Oder über die Provokationen von Taibbi, der nach dem Tod des Rechtsaussen Andrew Breitbart titelte «Tod eines Trottels», das Ende eines Herausgebers herbeischrieb mit der Zeile «Die 52 lustigsten Dinge über den bevorstehenden Tod des Papstes».

Er ist – wie McInnes – ganz nach dem Geschmack Rysers: «Seine Bücher sind Bestseller, seine Reportagen sprachliche Achterbahnen, es entsteht ein Kult um den Mann, und zwar auch deshalb, weil er manchmal die Fassung verliert.» Er ist sehr nach dem Geschmack Rysers: «Er gilt als Nachfolger des Kultjournalisten Hunter S. Thompson und erhält Preise. Dann holt ihn die Vergangenheit ein.» Er ist ein Seelenverwandter Rysers: «Der Vorwurf 2017 lautet: Sexismus, sexuelle Belästigung oder das Ermöglichen sexueller Belästigung – und zwar damals, als er in Moskau arbeitete

Nun ist es so, dass die Tätigkeit und die Positionierung zwischen allen Stühlen von Taibbi nicht ganz neue News sind. So berichtete bereits vor drei Jahren die NZZ über diesen Journalisten, der damals erst 250’000 Dollar im Jahr bei substack verdiente; inzwischen ist es eine Viertelmillion im Monat.

Auch ZACKBUM konnte sich damals für das NZZ-Interview erwärmen und durfte es sogar – was damals noch alles möglich war – ebenfalls publizieren. Denn schon vor drei Jahren sagte Taibbi ungefähr das, was er auch zu Ryser sagt. Das kann man nun immer wieder sagen, und die Information, dass Taibbi einen inkontinenten Hund mit Durchfall hat, ist durchaus neu.

Auch meteorologische Betrachtungen – es hat während des Besuchs geregnet – setzen journalistische Glanzlichter. Allerdings schreibt auch Taibbi blühenden Unsinn, wenn der Tag lang ist und es das Image als ehemaliger linker Starschreiber verlangt: «In zwanzig Jahren, wenn wir alle wie prähistorische Menschenaffen leben und Ratten mit Stöcken jagen, werden wir wahrscheinlich auf diesen Moment zurückblicken als den Anfang vom Ende.» Schrieb er 2017 im Buch «Insane Clown President», und damit meinte er Trump, nicht Biden.

Das Problem bei solchen verbalen Amokläufen: sie sind schwer steigerbar; wenn Trump schon ein durchgeknallter Clown-Präsident war, wie kann man dann Biden noch schlimmer darstellen? Schwierig, aber nicht unmöglich, der sei dann einfach noch gefährlicher.

In all dem Wutwulst ist eigentlich nur sicher: auch dieser Text Rysers ist viel zu lang. Und wir werden in 14 Jahren sicherlich nicht wie prähistorische Menschenaffen leben. Aber leider ist zu befürchten, dass Ryser noch jede Menge solcher Figuren auf Lager hat. Wahrscheinlich googelt er sie mit dem Suchbegriff «wie Hunter S. Thompson». Kleiner Tipp: die Webseite literature-map hilft ungemein. Einfach die ausscheiden, die schon tot sind.