Die «Republik» setzt wieder zum Rekordversuch an: wie tief runter geht’s im Journalismus?
Die wohlbezahlte Crew gönnt sich ein paar Tage Szenenwechsel: «Wir sind dann mal weg. Die Republik-Crew verabschiedet sich ab Montag für einige Tage in die Berge.»
Eigentlich sollte man davon nicht viel merken; so viele der Artikel sind inzwischen eingekauft. Aber zuvor riskiert Daniel Ryser seine Reputation. Dazu brauchte er genau 23’477 Anschläge:

Wer diskreditiert wen?
Daniel Ryser hat ein mit starken Worten aufgepumptes Thesenstück abgeliefert. Er stellt die Frage: «Was sagt das über den Zustand des Schweizer Journalismus?» Das ist eine gute Frage, ZACKBUM hat Ryser insgesamt 25 Fragen gestellt; er hat bis Montagmittag Zeit, dazu Stellung zu nehmen. Schon das unterscheidet seriösen Journalismus von seinen Methoden.
Im Sinne von Transparenz publizieren wir diese Fragen hier und heute; selbstverständlich morgen auch die Antworten von Ryser. Sollte er sich dazu aufraffen.
Sie schreiben einleitend, «diese Geschichte muss präzis erzählt werden, aus Fairness gegenüber Spiess-Hegglin …».
Das finde ich ein löbliches Ansinnen, sicher beziehen Sie diese Fairness auch auf alle anderen Beteiligten (hoffe ich). Da ich mich auch ein wenig mit dieser Affäre beschäftigt habe, überrascht mich allerdings die Anzahl von Ungenauigkeiten, Auslassungen, Übertreibungen und auch Fehlern in Ihrem Artikel.
Ich frage mich, ob das ein Akt der Selbstzerstörung Ihres Rufs als akkurater Rechercheur sein soll. Aber ich bin zwar Doktor, jedoch kein Psychiater. Daher möchte ich Ihnen gerne Gelegenheit geben, auf folgende Fragen zu antworten:
1. Ihr Titel lautet «Die Zerstörungsmaschine». Sie wollen damit insinuieren, dass es sich bei Tamedia darum handle, und das Ziel sei, zu zerstören, mutmasslich Spiess-Hegglin. Im Artikel mokieren Sie sich darüber, dass Michèle Binswanger wiederholt mit solchen Metaphern von Zerstörung und Hinrichtungen arbeitet. Wie erklären Sie diesen eklatanten Widerspruch?
2. Sie schreiben von einem «extremen medialen Druck», der aufgebaut worden sei. Ausser, dass der SVP-Amok Glarner eine Forderung erhoben hat: worin genau besteht dieser extreme Druck?
3. Sie schreiben, Spiess-Hegglin sei schon vor sieben Jahren zum «Opfer einer Medienkampagne» geworden. Damit spielen Sie offensichtlich auf die damalige Berichterstattung der Ringier-Medien an. Die beschränkte sich aber auf die Darstellung der Ereignisse rund um die inzwischen berüchtigte Zuger Feier. Worin soll damals die «Kampagne» bestanden haben?
4. Sie schreiben, dass Ringier dafür Genugtuung zahlen musste und sich entschuldigte. Warum lassen Sie aus, dass Spiess-Hegglin in zweiter Instanz auf ganzer Linie verloren hat, lediglich die Persönlichkeitsverletzung wurde aufrechterhalten? Genugtuung, Entschädigung wurden deutlich gekürzt, die Forderung von Spiess-Hegglin nach öffentlicher Entschuldigung zurückgewiesen. Ringier hat sich dann NACH diesem gewonnenen Prozess freiwillig entschuldigt. Wäre eine solche faktengetreue Darstellung nicht korrekter und fairer gewesen?
5. Sie schreiben, das Zuger Kantonsgericht habe eine superprovisorische Verfügung gegen Binswanger bestätigt. Wäre es nicht fairer gewesen, zu erwähnen, dass der gleiche Richter, der diese Superprovisorische erliess, sie dann als Massnahme bestätigte? Wogegen schon längst ein Rekurs beim Zuger Obergericht läuft, was sie auch zu erwähnen unterlassen.
6. Sie fahren fort, dass gegen Binswanger ein Strafbefehl erlassen worden ist. Sie erwähnen zwar, dass dagegen Einspruch eingelegt wurde, führen aber die Begründung von Tamedia nicht an. Wäre das aus Gründen der Fairness nicht geboten gewesen?
7. Da Sie sich nicht kritisch über diese skandalöse Superprovisorische gegen ein noch nicht vorliegendes Buch äussern, kann man davon ausgehen, dass Ihnen ein solch gravierender Verstoss gegen Presse- und Meinungsfreiheit egal ist, solange er sich gegen eine Person richtet, mit der Sie nicht gerade sympathisieren?
8. Sie behaupten, dass die TX Group «ihre erdrückende Meinungsmacht dazu einsetzt, die Interessen des Konzerns oder einzelner Konzern-Journalisteninnen zu vertreten». Können Sie dafür, ausser polemischen Behauptungen, auch nur einen einzigen Beleg anführen? Dass Tamedia juristisch eine Mitarbeiterin verteidigt, kann man wohl kaum als Beweis werten, oder nicht?
9. Sie behaupten weiterhin pauschal, dass diese neue «Kampagne» von «Verzerrungen, Falschbehauptungen und Unterschlagungen» geprägt sei. Spiess-Hegglin selbst hat in ihrer Gegendarstellung lediglich zwei Punkte moniert, wogegen Tamedia in einem Punkt an seiner Darstellung festhält. Ihre drei Anschuldigungen im Plural, worauf stützen die sich dann?
10. Sie behaupten, die Medienmacht Tamedia würde «mit allen ihr zur Verfügung stehender Macht selber «canceln»». Was meinen Sie damit, das ist unverständlich. Was genau «cancelt» Tamedia?
11. Sie führen weiter den Artikel von Binswanger über eine Flugbegleiterin an, als Beispiel eines peinlichen «handwerklichen Fehlers». Sie beziehen sich dabei auf eine flüchtige Recherche vom «Megafon» und bauschen die zu einem «journalistischen GAU» für Binswanger auf. Da ich im Gegensatz zu «Megafon» und sicher auch Ihnen mit dieser Flugbegleiterin gesprochen habe und mir ihre Sicht der Dinge bezüglich Nasenprobleme darlegen liess (was ich jedem Rechercheur empfehlen würde): Die Story stimmte; die etwas wirren Aussagen der Flugbegleiterin im Netz haben damit überhaupt nichts zu tun. Im Gegenteil, was sagen Sie als angeblich seriöser Journalist dazu, wenn man mit diesen Methoden Rufmord bei einer Person verübt, die mit einem ganz anderen Problem an die Öffentlichkeit ging?
12. Die Geschichte sei zusammengebrochen, behaupten Sie weiter. Tun Sie das wider besseres Wissen oder gar absichtlich? Haben Sie vor, diese falsche Tatsachenbehauptung zu korrigieren?
13. Dann setzen Sie zu einer nachträglichen Rechtfertigung der völlig inakzeptablen «Karikatur» an. Obwohl die von den Urhebern selbst gelöscht wurde, verteidigen Sie sie als die «satirische Darstellung des Selbstbildes einer Journalistin». Ernsthafte Frage: Ist das wirklich Ihr Ernst?
14. Halten Sie die Strafanzeige des «Tages-Anzeiger» gegen die anonymen Feiglinge vom «Megafon» für falsch? Was halten Sie überhaupt davon, auf diesen Aspekt gehen Sie nicht ein, dass hier anonyme Schmierer dummdreist Stimmung machen wollen, dann aber selbst zurückkrebsen?
15. Wenn Sie fair recherchiert haben, wissen Sie, dass Spiess-Hegglin immer wieder mit grenzwertigen Äusserungen auffällt, ein Höhepunkt war die Nominierung von Alex Baur für die «Arschloch des Monats»-Trophy. Es handelt sich also beim Liken des Kopf-ab-Tweets nicht um einen einmaligen Ausrutscher. Wieso erwähnen Sie das der Fairness halber nicht?
16. Sie stellen die Frage, ob Arthur Rutishauser, der «scheinbar so liederlich mit journalistischen Grundsätzen» umgehe, noch tragbar sei. Das «scheinbar» ist wohl juristischen Bedenken geschuldet, aber abgesehen davon: angesichts all dieser Liederlich- und Schludrigkeiten, die Ihnen hier unterlaufen sind, halten Sie sich selbst dann noch für tragbar?
17. Sie wollen einen Dreierbund zwischen Andreas Kunz, Lucien Scherrer und Alex Baur unterstellen und begründen das mit gemeinsamer Vergangenheit oder der Tatsache, dass Kunz Mieter bei Baur ist. Ist das wirklich Ihr Ernst? Haben Sie Belege dafür, dass es da Absprachen gibt? Oder dass Baur bspw. Kunz mit Kündigung gedroht hätte, sollte der nicht gegen Spiess-Hegglin schreiben? Wenn nicht, wieso behaupten Sie dann so einen Unsinn?
18. Sie geben Greta Gysin ausführlich Gelegenheit zur Stellungnahme. Wieso gehen Sie mit keinem Wort auf deren arrogante und sackfreche Antwort auf Fragen des für die Subventionierung des Vereins zuständigen Amtes ein? Wäre das nicht sinnvoll gewesen, Gysin mit diesen Antworten zu konfrontieren, statt ihr kritiklos Gelegenheit zum Jammern zu geben?
19. Sie behaupten, in der «Aargauer Zeitung» sei ein Text erschienen, der darlege, was in der «Sonntagszeitung» bis dato «alles falsch« sei. Haben Sie diesen Text wirklich gelesen? Was genau kann der belegt als «falsch» bezeichnen?
20. Sie schreiben gegen Schluss, dass Spiess-Hegglin vor Gericht gegen Ringier gewonnen habe. Wieso unterschlagen Sie dabei, dass sie im Rekursverfahren mit allen ihren Anträgen gescheitert ist? Wieso unterschlagen Sie, dass Ringier ihr eine bedeutende Genugtuungssumme und eine Entschuldigung angeboten hatte, was von Spiess-Hegglin aber zurückgewiesen wurde?
21. Wieso unterschlagen Sie, dass Spiess-Hegglin, gestützt auf eine absurde Berechnung von Hansi Voigt, von Ringier insgesamt eine Gewinnherausgabe von einer runden Million Franken erstreiten will?
22. Wieso erwähnen Sie mit keinem Wort die mehr als zweifelhafte Absicht der Plattform «netzpigcock»?
23. Wieso haben Sie die mehr als undurchsichtigen finanziellen Hintergründe von «#netzcourage» und weiteren Organisationen, in die Spiess-Hegglin verwickelt ist, nicht untersucht?
24. Sie behaupten, nach Ringier führe nun auch Tamedia «eine Kampagne gegen diese Frau», dabei «aus politischen Motiven» flankiert von der «Weltwoche». Glauben Sie wirklich im Ernst, es gebe zwischen Tamedia und WeWo gemeinsame Absichten? Wenn ja, womit wollen Sie das belegen?
Vielleicht fällt Ihnen selber auf, Herr Ryser, dass Ihrem Artikel Fairness, Ausgewogenheit und vertiefte Recherche schmerzlich abgeht.
Daher noch eine letzte Frage:
25. Haben Sie Arthur Rutishauser, Michèle Binswanger, Alex Baur, Andreas Kunz oder Lucien Scherrer vor Publikation Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben? Wenn nein, warum nicht?
Gerne gibt Ihnen ZACKBUM Gelegenheit, hier Stellung zu nehmen; wir erwarten deren Eingang bis spätestens Montag, 9. August 2021, 12.00 Uhr mittags und danken bereits im Voraus.