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IP: Zangenbewegung

Gemeinsam machen wir Hässig platt.

Unter diesem Motto hat sich ein interessantes Trüppchen zusammengefunden. Denn es gibt diverse Wirtschaftsgrössen, die mit dem Herausgeber von «Inside Paradeplatz» ein Hühnchen rupfen wollen. Da wäre mal der Investor Claudio Cisullo. Den, seinen kometenhaften Aufstieg (und seine ChainIQ) hatte sich Hässig schon mal zur Brust genommen. Resultat: Klage gegen IP, ausgeführt von der gleichen Kanzlei, die auch die Credit Suisse vertritt.

Bei ChainIQ heisst der CEO Marcel Stalder. Der war mal Chef bei Ernst & Young, moderner nur noch EY. Solange, bis IP sich mit ihm beschäftigte. Nach anfänglicher Gegenwehr endete das mit dem Rücktritt von Stalder. Natürlich ist auch Stalder sauer auf den Finanzblog.

Schliesslich klagen noch Michael Ringier und sein CEO Marc Walder gegen IP. Und hier werden die Amtswege ganz kurz. Cisullo sitzt im Verwaltungsrat der Ringier AG, Walder und Stalder kennen sich von vielen gesponserten Events her, als Stadler noch mit grosser Kelle für EY anrühren durfte.

Fehlt noch der Nächste im Bunde. Ulrich Körner, der CEO der Krisenbank Credit Suisse, war vorher bei der UBS in Lohn und Brot. Dort übergab er Cisullos ChainIQ den zentralen Grosseinkauf. Angeblich kostenfrei. Auf jeden Fall wechselte Körner dann die Bank, und Cisullo bekam den Grosseinkauf bei der CS.

Ein Kommentarschreiber auf IP spricht hier von einer «ganz gezielten und koordinierten Aktion gegen dieses Medium und die Einzelmaske Lukas Hässig. Ziel dieser einflussreichen Brotherhood ist es offenbar, die Presse- und Meinungsfreiheit zu torpedieren, nach Wunsch zu biegen und maximal zu sabotieren. Ziel ist es weiter – den Unbequemling Lukas Hässig mittels massiver Klagen (mit stupiden Inhalten) in den Ruin zu treiben, weil man ihn sonst nicht behändigen kann

Alle an dieser Aktion Beteiligten haben persönliche Motive, auf Hässig sauer zu sein. Am wenigsten noch Körner, der dennoch am festesten draufhaut. Bzw. draufhauen lässt. Das kann sich, wie so vieles letzthin bei der CS, zu einem Rohrkrepierer entwickeln. Denn unbestreitbar findet man auf IP einige Textstellen, die einwandfrei justiziabel sind. Unbestreitbar findet man eine Handvoll Kommentare, die justiziabel sind und die Hässig als Betreiber der Plattform zu verantworten hat.

Aber gleich 52 Artikel und rund 200 Kommentare einklagen? Dabei behaupten, dass Hässig die Bank «totgeschrieben» habe? Das ist nun ziemlich gaga, denn das würde ja bedeuten, dass Hässigs Finanzblog eine grössere Macht hat als die «Financial Times». Das würde ja bedeuten, dass es der CS blendend ginge, wenn sie Hässig nicht ins Elend geschrieben hätte.

Natürlich muss sich weder eine Bank, noch ihr Führungspersonal Beschimpfungen in beliebiger Form gefallen lassen. Aber den Zweihänder hervornehmen, wo das Florett gereicht hätte, die grosse Keule auspacken, wo ein Hämmerchen es auch getan hätte, die Dampfwalze losrollen lassen, wo ein Rasenmäher genügt hätte, dieses Schrotschussverfahren kann heikel enden.

Nehmen wir an, die Klagen gegen Hässig werden in den meisten Punkten – und es sind sehr, sehr viele – abgewiesen, in einigen wenigen nicht. Das wäre blamabel für die CS. Sie könnte sich daran gütlich tun, dass Hässig dennoch an den auf ihn entfallenden Kosten zu würgen hätte. Aber ihrem öffentlichen Image hätte sie wieder einmal schweren Schaden zugefügt. Wie eigentlich immer ohne Not, so wie im Skandalfall Mosambik.

Möglicherweise sollte das einfach der zweite Schlag werden, nachdem über die Klage von Cisullo nicht einmal berichtet wurde. Vielleicht hatte die Kanzlei Bratschi gerade ein Endjahresloch. Sollte der Medienanwalt Daniel Glasl dort am Gerät sein, kann das für alle Beteiligten sehr teuer werden.

Glasl ist bei der Auswahl seiner Mandanten nicht sonderlich wählerisch. So verteidigte er schon (vergeblich) den russischen Milliardär Roman Abramowitsch oder engagierte sich für die Professoren Sarasin und Goltermann. Auch für die «Obersee Nachrichten» kassierte Glasl eine krachende Niederlage vor Gericht.

Aber von solchen Kleinigkeiten lassen sich ein Geschäftsmann oder eine Bank doch nicht abschrecken. Es steht zu vermuten, dass Cisullo, allenfalls Stalder, Ringier und Walder ihre Klagen aus dem eigenen Sack zahlen. Bei der Credit Suisse hat aber der Chief Legal Council Markus Diethelm das Zepter in der Hand. Auch er ist wie Körner von der UBS zur Krisenbank gewechselt. Dort musste er andere Feuer löschen, so zum Beispiel eine Milliardenklage in Frankreich gegen die UBS. Allerdings soll er sich schon dort kräftig über Hässig und IP geärgert haben. Und nun ist die Zeit der Abrechnung gekommen.

Hier allerdings auf Kosten der Aktionäre, also der Besitzer. Was die wohl davon halten, dass die Führungscrew auf der Brücke in schwerer See sich die Zeit damit vertreibt, eine Maus zu jagen?

Sollte die These einer Art Brotherhood von Verbandelten zutreffen, die sich vorgenommen haben, eine unbequeme, unangenehme Stimme zum Verstummen zu bringen, wird das Schweigen der belämmerten Mainstream-Medien noch lausiger. Natürlich mit der Ausnahme von Ringier …

Besonders schwarzer Tag für die Pressefreiheit

Der Ständerat schützt Reiche und Mächtige vor Kritik durch die Medien. Ein Skandal.

Das Unheil kommt manchmal auf ganz besonders leisen Sohlen. Eine Mehrheit in der Rechtskommission des Ständerats (RK-S) beantragte die Streichung eines einzigen Wortes aus dem Artikel 266 der Zivilprozessordnung.

Pipifax? Keinesfalls. Es handelt sich hier um den einzigen Gesetzesartikel, der etwas in unserem Rechtssystem sonst Wesensfremdes regelt. Nämlich eine präventive staatliche Massnahme, ohne dass der davon Betroffene Gelegenheit hat, vorab dazu Stellung zuz nehmen, Protest einzulegen, seine Position zu verteidigen.

Es handelt sich um sogenannte superprovisorische Massnahmen. In der Annahme, dass im Bereich der Medien die Publikation eines Artikels nicht wiedergutzumachende Schäden auslösen könnte. Deshalb wurde Betroffenen die Möglichkeit eingeräumt, mittels einer sogenannten Superprovisorischen eine Veröffentlichung zu untersagen, sollte die «einen besonders schweren Nachteil» bewirken.

Besonders schwer ist eine eigene juristische Kategorie und kein Pipifax

Wobei «besonders schwer» für Juristen nicht das Gleiche ist wie «schwer». Da ein Richter ohne Anhörung der Gegenpartei entscheiden muss, bedeutet «besonders schwer» eine höhere Hürde als nur «schwer». Federführend bei diesem schweren Anschlag auf die Pressefreiheit ist der Anwalt und Glarner FDP-Ständerat Thomas Hefti. Was ihn dabei geritten hat, sagt er nicht.

Er (mitsamt den anderen verantwortungslosen Gesellen, die bei diesem Frontalangriff auf eine der wichtigsten Kontrollinstanzen einer offenen und demokratischen Gesellschaft mitmachen), behauptet, dass die Medien eben immer übergriffiger und mächtiger würden, der Einzelne ihnen ohnmächtig ausgeliefert sei, daher bessere Möglichkeiten haben müsse, sich schon im Vorfeld einer ungeheuerlichen Beschädigung durch Skandalberichte zu schützen. Eben mit einer Superprovisorischen, bei der er «nur» noch einen «schweren Nachteil» geltend machen müsse.

Das Argument ist so fadenscheinig und falsch, dass es sich nur um den verzweifelten Versuch handeln kann, einen insgeheim geplanten heimtückischen Angriff zu legitimieren, nachdem nun doch der Scheinwerfer der Öffentlichkeit darauf gerichtet ist. Das Argument ist fadenscheinig, weil eine solche Senkung der Hürde weder dem öffentlich hingerichteten gefallenen Raiffeisen-Star Pierin Vincenz genützt hätte. Noch dem schweizerisch-angolanischen Geschäftsmann, der zuerst mithilfe der Panama-Papers ans Kreuz genagelt wurde, dann aber von allen, restlos allen Vorwürfen freigesprochen.

Was sind die eigentliche Motive?

Das Argument ist falsch, weil die Medien gar nicht mehr das Monopol auf solche Schädigungen haben; ein Shitstorm auf den asozialen Plattformen kann viel verheerender sein. Warum dann dieser Angriff? Ganz einfach. Die wenigen verbliebenen Recherchiermedien sollen weiter eingeschüchtert werden. Man muss sich dazu den Ablauf konkret vorstellen.

Ein russischer Oligarch in seiner Villa in Lausanne kriegt mit, dass ein Medium über die schmutzige Herkunft seines Vermögens recherchiert. Er nimmt sich den besten Anwalt, der mit Geld zu haben ist, behauptet eine mögliche, aber sicher schwere Rufschädigung, die Verletzung seiner Privatsphäre, ungeheuerliche wirtschaftliche Nachteile durch die Publikation – und hat gute Chancen, dass sie unterbleibt.

Nordkoreanische Zustände in der Schweiz? Gemach. Der Unterschied ist, dass diese superprovisorische Entscheidung im Nachhinein angefochten werden kann. Aber: das dauert und kostet. Dauert und kostet. Welches der wenigen überlebenden Medien kann sich das leisten? Selbst wenn viele Monate später und mit nicht unbeträchtlichem finanziellen Aufwand die Superprovisorische niedergekämpft wurde – interessiert sich dann überhaupt noch jemand für diesen Artikel?

Also alleine die Drohung «ich habe mitbekommen, dass Sie in meinem Umfeld recherchieren. Passen Sie bloss auf, am besten lassen Sie das. Oder ich nagle sie mit Superprovisorischen solange zu, bis Ihnen der Schnauf ausgeht».

Unrealistisch, alles kein Problem, «nur eine Angleichung», also da soll man sich doch nicht so aufregen, beschwichtigen die Attentäter auf die Pressefreiheit.

Der Gipfel ist: der Ständerat hat am Mittwoch diese Streichung durchgewinkt. Bei den meisten Ständeräten wohl aus einer Mischung von Unkenntnis und Wurstigkeit. Zudem wurde das offenbar als Pipifax im Umfeld der Verabschiedung der neuen Multimillionenhilfe für Medien angeschaut. So ein Zufall aber auch, in dieser brenzligen Situation wollte natürlich kein Organ diese Veränderung als das bezeichnen, was sie ist:

ein hinterhältiger, absichtlicher, bösartiger Anschlag, zugunsten klar identifizierbarer Kreise.

Auch zackbum.ch warnte als eine der ersten Medien davor; aber leider wachten die Grossverlage, die Journalisten-Organisationen und auch einzelne Parteien viel zu spät auf, um dann in einer historisch einmaligen gemeinsamen Erklärung (alle, einfach alle machten mit, ausser SRG, und das ist sogar für einmal verständlich) Bundesrat und Parlament inständig zu bitten, diese Streichung nicht zuzulassen.

Wer ist dafür, wer ist dagegen?

Sogar die federführende Bundesrätin war in der Debatte des Ständerats gegen die Streichung. Nur ganz wenige Stimmen, wie die des Anwalts für ganz schwere (und lukrative) Fälle, Daniel Glasl, erschallten zur Verteidigung dieser Zensur. Ein Skandal im Skandal ist’s, dass zwar zwei SP-Ständeräte in dieser Kommission sich vehement, aber vergeblich gegen die Streichung aussprachen.

Hingegen der Rechtsprofessor, Wendehals und Bundesratsaspirant Daniel Jositsch stimmte sowohl in der Kommission wie im Ständerat dafür. Da das Internet nichts vergesse, liessen sich Fehlinformationen nie mehr beseitigen, behauptete Jositsch. Wieso das mit einer Erleichterung des Verpassens eines Maulkorbs ausschliesslich für regelmässig erscheinende Medien geheilt werden soll, weiss auch nur Jositsch selbst.

Solange das die Medien noch können, sollten Juristen wie Hefti, Glasl, Jositsch sowieso ihre Helfershelfer an den Pranger gestellt werden. Zur Abwahl vorgemerkt, sofern sie öffentliche Ämter ausüben. Alle Medienschaffenden, alle Verlage, alle Journalistenorganisationen haben nun noch die letzte Gelegenheit, die Verabschiedung auch im Nationalrat zu verhindern.

Nach diesem schändlichen Umfallen des Ständerats muss die Antwort massiv, laut, energisch und unmissverständlich sein. Leute wie Jositsch wissen, was sie tun. Das ist würdelos. Andere haben vielleicht nicht die Brisanz des Vorgangs verstanden. Das ist verantwortungslos. Das darf sich im Nationalrat nicht wiederholen. Auch zackbum.ch wird alles uns Mögliche tun, um die Vollendung dieses Angriffs auf unsere Grundwerte zu verhindern.

 

 

 

Ein Medienanwalt in eigener Sache

Das mit der Pressefreiheit ist für Daniel Glasl nicht so sehr in Stein gemeisselt.

Rechtsanwalt Glasl hat sich einen Ruf als energischer Verteidiger von Medienopfern erarbeitet. Wie den meisten Anwälte ist ihm dabei die wahre Reputation des Klienten ziemlich egal.

Die «Weltwoche» unterstellte zwei Uni-Historikern eine Liaison und deshalb eine Art von Beziehungskorruption. Daniel Glasl als Vertreter der beiden jedenfalls nachmaligen Turteltauben sieht darin eine Persönlichkeitsverletzung. Auch Carl Hirschmann, der verzogene Millionärserbe, von Beruf vor allem Sohn, gehörte zu Glasls Mandanten. Was den armen Tamedia-Konzern teuer zu stehen kam.

Schon anlässlich jenes Falles giftete Glasl gegen den Bannerträger des Boulevard, Matthias Schwaibold, der ein Urteil zugunsten von Hirschmann kritisiert hatte. Der Disput verblieb im exklusiven Leserkreis der einzigen medienrechtlichen Fachzeitschrift.

Nun geht’s um die Pressefreiheit

Kein Wunder, dass er sich nun auf einer grösseren Plattform aus anderem Anlass, aber in gleicher Rollenverteilung abspielt. Schwaibold hatte als einer der Ersten darauf hingewiesen, dass die geplante Streichung des Wortes «besonders» in Artikel 266 der Zivilprozessordnung einen weiteren Schlag gegen die Pressefreiheit darstellt. Denn damit werden Massnahmen gegen Medien noch einfacher, auch und gerade die superprovisorischen Massnahmen. Was Schwaibold als Zensurgefahr kritisierte.

Wogegen Glasl aktuell in der NZZ als die obere Instanz für Medien- und Rechtsfragen auftritt. Sich als Leiter der Fachgruppe Medienrecht des Anwaltsverbands präsentierend und damit quasi höhere Legitimation erheischend. Der zuvor in der NZZ publizierte Gastbeitrag Schwaibolds rufe «nach einer korrigierenden Einordnung». Diesen Ruf hat zwar ausser Glasl niemand gehört, aber kein Grund zu schade, mit einer Replik auch etwas mediales Licht auf sich zu lenken.

Die Streichung des Wörtchens «besonders» sei völlig richtig, meint Glasl. Und glasklar daher das Ergebnis seiner korrigierenden Einordnung: «Die geplante Gesetzesänderung ist geboten und angemessen. Die Zensur bleibt verboten, und nichts wird zu Makulatur.» Auch dann, wenn ein geplanter Beitrag schon superprovisorisch vor Erscheinen (und ohne Anhörung des Medienunternehmens!) verboten werden könne, wofür schon ein schwerer und nicht erst ein «besonders schwerer» Schaden ausreichen soll.

Bevor wir aufatmen, welcher Einordnungsprozess geht denn dem voraus? «Wer behauptet, eine «superprovisorische Massnahme gegen periodisch erscheinende Medien» sei ein Akt der Zensur, vergisst, «dass die Medien eine Verantwortung für die Einhaltung des Rechts haben». Was nirgendwo steht und ausser Glasl vermutlich auch nur andere Medienopferanwälte behaupten.

Drohende weitere Rechtsverletzungen werden erwähnt

Mehr noch: Die Medien seien durch die nur auf sie gemünzte Verwendung des Wortes «besonders schwer» privilegiert – in anderen Zusammenhängen genügen für vorsorgliche Massnahmen «bereits die Annahme eines schweren Nachteils». Bloss geht es in «anderen Zusammenhängen» nicht um Grundrechte wie Meinungs- und Medienfreiheit, und zu deren Schutz war das «besonders» denn auch mit Bedacht 1985 zum Gesetz gemacht.

Dass ausserdem die «drohende Rechtsverletzung» auch noch zu «bestehender oder drohender Rechtsverletzung» erweitert werden soll, erwähnt Glasl zwar. Welche Auswirkungen diese doppelte Änderung aber haben würde, lässt er lieber unter den Tisch fallen. Wie viel einfacher wird doch die Abwägung von Persönlichkeitsrechten und des Informationsauftrags der Medien sein, wenn sie kein Sonderfall mehr sind, weil das «besonders» nicht mehr stört. Was sehr wohl auch eine Bremse gegen die Superprovisiorien ist: Denn wer am Artikel 266 etwas ändert, erweitert damit auch den Anwendungsbereich des Artikels 265, was Glasl zu verschleiern sucht.

Weshalb wir den Positionsbezug von Glasl etwas einordnen wollen. Als Vertreter von «Medienopfern» zieht er für vorzugsweise gut betuchte Mandanten in die Schlacht. Und was vereinfacht seine entsagungsvolle Schwerstarbeit mehr als die völlig neutral und objektiv von ihm befürwortete Streichung eines hinderlichen Wortes?