Märchenstunde mit der «Republik», reloaded
Mit den Zahlen hat man’s im Rothaus nicht wirklich.
Dafür aber mit kreativer Buchhaltung. Denn nachdem eine Zeitlang Ruhe war, beginnt das Organ der guten Lebensart mit ersten, leisen Wimmertönen die Hauptsaison der Aboverlängerungen einzuläuten.
Ein ernsthaftes Zeichen des Erwachsenwerdens wäre, wenn das Magazin seinen ellenlangen Newsletter nicht so beginnen würde:
«Sehr geehrte Frau Verlegerin
Sehr geehrter Herr Verleger and everybody beyond!»
Das ist so bemüht korrekt-sauglattistisch, dass der Leser schon am Anfang verstimmt ist.
Aber zum Gejammer. Man erinnert sich einleitend, dass man vor sieben Jahren behauptete, im siebten Jahr schwarze Zahlen zu schreiben. Das sind die üblichen Ankündigungen eines Start-ups, die (von ganz wenigen Ausnahmen abgesehen) niemals eintreffen. Hier auch nicht.
Oder im «Republik»-Speak: «wir können Ihnen jetzt schon berichten, dass wir diesem Ziel zumindest sehr, sehr nahe kommen werden.» Knapp verfehlt ist auch daneben. Und dass das Organ zwischendurch ein paar Nahtod-Erfahrungen hatte, mit Selbstmord drohen musste, Chefs à gogo verschliss, einen angeblichen Fall von Sexismus so ungeschickt und rüpelig löste, dass es dem gefeuerten Starreporter noch einen ganzen Haufen Geld hinterherwerfen musste – wieso sollte man das erwähnen, in aller Transparenz.
Dann kommt die Abteilung kreatives Zahlenschaukeln: «Wir hatten seit Januar 2022 im Schnitt mehr Abgänge als Zugänge, was für ein leserinnenfinanziertes Medium bedrohlich ist. Was uns sehr freut, ist, dass wir diesen gefährlichen Trend nun vor mehr als einem halben Jahr brechen konnten. Seit März 2024 konnte die «Republik» die Verlegerinnenzahlen stabilisieren.»
Herausgemolken werden diese Euphemismen aus diesen Zahlen:
Offensichtlich befinden sich nicht mehr als 30’000 potenzielle Zahler in der Gesinnungsblase der «Republik». Alle Träume von 32’000 Abos, von einer Expansion nach Deutschland, von 100’000 Abos – ausgeträumt.
Bei den Zu- und Abgängen sieht es so aus:
Frauenfeindlich violett sind die Abgänge. Der März 2024 scheint ein guter Monat gewesen zu sein mit deutlich mehr Zugängen als Abgängen. April war dann schon wieder lau, Mai besser. So geht’s hin und her und auf und ab, oszilliert um 27’000 Abos herum. Auch die Mindestzahl von 28’000, vergessen.
Dann kommt aber ein fataler Satz, der die ganze Realitätsferne der Republikaner in konzentrierter Form wiedergibt:
«Wir gaben weniger aus als geplant. Was im vergangenen Geschäftsjahr gut funktioniert hat, ist aber kein Ansatz, den wir beliebig oft wiederholen könnten. Um die «Republik» in ihrer aktuellen Form weiterzuführen, können wir nicht viel mehr einsparen.»
Eigentlich wird jede Dienstleistung mit dem Geld erbracht, das durch sie reingeholt wird. Kommt weniger Geld rein, wird damit geschäftet. Aber nicht doch hier. Da die 50 Nasen mit ihrem Output, der nicht grösser als der von ZACKBUM ist (aber entschieden langfädiger, langweiliger und lahmarschiger), noch niemals im Traum daran gedacht haben, das zu tun, was selbstbestimmte Unternehmer tun würden, geht das Elend weiter. Denn obwohl sie sich furchtbar mutig haben und mutig geben: Die Republikaner sind einfache Angestelltenseelen. Das Unternehmerrisiko tragen die «Verleger». Nicht im Traum kämen die Angestellten auf die Idee, im Notfall eine Einkommensminderung hinzunehmen, wenn ihre minderen Werke auf minderen Zuspruch treffen.
Dann kommt bereits als Vorbote für kommendes Gequengel ein unheilschwangerer Satz: «Das Projekt «Republik» befindet sich weiterhin in einer prekären Lage auf Messers Schneide.»
Gefolgt von einer echten Schlaumeierei:
«Und zwei wichtige Prüfpunkte sollten Sie sich merken: Ende Oktober: Die «Republik» muss ein (kumuliertes) Umsatzziel von 1 Million Franken erreichen. Ende Januar: Die «Republik» muss ein (kumuliertes) Umsatzziel von 3,5 Millionen Franken erreichen.»
Da ist die interessante Frage: und wenn nicht? ZACKBUM wagt die Prognose: dann wird wieder gebettelt. Wie üblich.
Um das zu verhindern, kommt wieder der billige Jakob zum Zug. Plötzlich ist alles for free, was auf der Webseite steht – und wofür die Abonnenten, die Trottel, teures Geld zahlten. Dann gibt es wieder das «kennenlernen»-Angebot. «ab 11 CHF». Das hat den grossartigen Vorteil, dass auch solche Billigst-Abos als vollwertige «Verleger an Bord» gezählt werden können.
Denn wohlweislich, obwohl das einfach wäre, differenziert die «Republik» bei der Zahl der «Verleger» nicht zwischen Vollzahlern und Schnupperbillig-Abos.
Den grossen, weissen Elefanten mitten im Raum adressiert die «Republik» in diesem wie üblich ellenlangen und sich bis zum PPPPPS durchmäandernden Text nicht. Das Grundproblem des Magazins. Inzwischen die Grundprobleme.
- Der «Republik» gelingt kein Knaller mehr. Kein Primeur. Kein zitierfähiges Stück, das für Aufmerksamkeit ausserhalb der Gesinnungsblase sorgt.
- Sämtliche zu Skandalen aufgepumpte Versuche scheiterten kläglich.
- Mit der ruppigen Personalpolitik und dem übereilten Feuern eines Mitarbeiters schadete sich die «Republik» in ihrem Ansehen als Arbeitgeber dramatisch.
- Wie Chefredaktoren weggemobbt wurden, hätte bei der «Republik» einen Aufschrei ausgelöst. Sie blieb in eigener Sache intransparent stumm.
- Die vollmundige Ankündigung und der rasante Abgang von Roger de Weck als VRP war eine Lachnummer. Dass die «Republik» dazu ermahnt werden musste, ihre Organe korrekt zu besetzen, peinlich.
- Wenn die schreibende Schmachtlocke das Aushängeschild und auch noch der widerwillige Co-Chefredaktor ist, weil niemand anders auf den Schleudersitz wollte: dann gute Nacht.
Eine gescheiterte Offensive, unsinnige und teure Experimente wie das Einsprechen von Texten, rabiate Gesinnungsartikel von Gesinnungstätern für Gesinnungsgenossen, Selbstbespiegelung im Spiegelkabinett der Vorurteile. Wie im Fall einer schiesswürdigen Muslima haut die «Republik» ohne Not über sämtliche Stränge.
Das Magazin, das strikt die Einflussnahme von reichen Säcken wie Christoph Blocher in den Medien kritisiert, ist selbst von Geburt an am grossen Tropf zweier Erben, ohne deren Geld es die «Republik» nicht geben würde.
All das sind die üblichen Vorboten einer seit sieben Jahren existierenden einfachen Wahrheit: die grossmäuligen Ankündigungen der Demokratieretter haben sich alle in Luft aufgelöst. Nicht mal das Zusammenarbeiten klappt besser als in jedem anderen Intrigantenstadl im Journalismus. Im Gegenteil, nirgendwo wird so zugeschwiemelt, Transparenz verkündet, Aufklärung, der Betroffene bekomme das Recht auf Stellungnahme – und dann wird er einfach hochkant rausgehauen, geht es so intransparent zu und her wie bei diesem Organ.
Anspruch und Wirklichkeit, das ist so wie bei vielen Grünen und Sozis, die Flugbewegungen innerhalb Europas verbieten wollen oder behaupten, nie zu fliegen. Bis man sie dann in Kolumbien, Mauritius, den Seychellen und anderswo antrifft. So wie der Sprecher der Klimakleber, der nach vollbrachter Tat in den Überseeflieger stiegt.
Wahrschenlich wird der «Republik» nicht einmal die mässige Leistung ihrer überbezahlten Payroll das Genick brechen. Sondern ihre offenkundige Heuchelei und Besserwisserei.