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Ein radiotechnisches Desaster mit Ansage

Wegen der UKW-Abschaltung verliert die SRG Hunderttausende Radiohörer. Den privaten Radios droht noch Schlimmeres.

Von Roger Schawinski*

Es ist die wohl grösste Kundenvertreibung der Schweizer Mediengeschichte. Am 31. Dezember 2024 um Punkt Mitternacht hat die SRG alle ihre 2000 UKW-Sender abgeschaltet – und damit auf einen Schlag Hunderttausende Radiohörer verloren. Diese Tendenz zeichnete sich schon Mitte Januar ab, als erste konkrete Zahlen veröffentlicht wurden. Damals wies die SRG diese empört zurück. Solche Daten seien nicht belastbar und damit unseriös. Erst nach drei Monaten könne man festhalten, wie sich der Verzicht auf UKW auswirken werde.

Doch die nun für das erste Quartal vorgelegten offiziellen Zahlen zeigen genau dasselbe Bild wie im angeblich so aussageschwachen Januar. So hat Radio SRF 1 von seinen früheren 1 090 000 Hörern pro Tag rund 240 000 verloren, also über 22 Prozent. Noch heftiger hat es SRF 3 erwischt, wo der Rückgang gar bei 25,6 Prozent liegt. Einigermassen gut hielt sich hingegen SRF 2 mit einem Verlust von 5,9 Prozent. Dies allerdings auf sehr tiefem Niveau von nur 133 000 täglichen Hörern.

Insgesamt verzeichnen die drei grossen SRF-Sender also jeden Tag 470 000 Hörer weniger als vor der Abschaltung der UKW-Sender. Noch grösser ist der Rückgang in den anderen Sprachregionen: In der Westschweiz beträgt er 25 Prozent, im Tessin gar 29 Prozent. Der Kommentar der SRG lautet diesmal: Man gehe «weiterhin davon aus, dass sich die Nutzungszahlen mit der fortschreitenden Digitalisierung erholen werden».

Ausländische Sender profitieren

Doch das ist Wunschdenken. Denn parallel zu den SRG-Verlusten sind nicht nur die Hörerzahlen der privaten Schweizer Sender massiv angestiegen. Ähnlich viele der SRG-Vertriebenen haben auf ausländische Stationen gewechselt. Auch deshalb, weil diese nach der mutwilligen Freigabe der international koordinierten Schweizer UKW-Frequenzen überall um einiges besser empfangbar sind als je zuvor.

In einer Zeit, in der alle Medien gegen Aufmerksamkeitsverluste kämpfen, ist der Verzicht der SRG auf UKW umso fragwürdiger. Man könne Kosten sparen, lässt man von dort verlauten, pro Jahr seien es 15 Millionen Franken. Diese Zahl wurde jedoch nie detailliert belegt. Zudem hat die SRG-Chefetage einen internen Plan verworfen, der vorsah, rund 90 Prozent der Bevölkerung mit einigen Höhenstandorten weiterhin mit UKW zu versorgen, zu viel tieferen Kosten.

Entscheidend ist: Seit Jahrzehnten war die SRG gemeinsam mit dem Bundesamt für Kommunikation Hauptpromotor von DAB+. Einer Übertragungstechnologie, die die angestrebten Ziele nie auch nur annäherungsweise erreicht hat. Nun versucht man im Nachhinein, diesen teuren Fehlentscheid zu rechtfertigen, indem man UKW abschaltet – und macht damit einen zweiten, noch grösseren Fehler.

Opfer der eigenen «Fake News»

Womöglich ist man das Opfer der eigenen «Fake News» geworden. So hat die SRG im Vorfeld immer wieder behauptet, der «ausschliessliche UKW-Konsum» liege nur noch bei 10 Prozent. UKW sei damit ein unbedeutendes Auslaufmodell. Aber diese Zahl über die «ausschliessliche Nutzung» war irreführend. Entscheidend ist die gesamte UKW-Nutzung, die immer noch bei 25 Prozent liegt. Im Auto haben sogar 40 Prozent der Radiohörer keinen DAB+-Empfänger.

Dass die SRG ohne Not Hunderttausende von Gebührenzahlern ausschliesst oder dazu zwingt, neue Radiogeräte zu kaufen, um selbst ein paar Millionen Franken zu sparen, hat auch eine politische Dimension. Als Service-public-Anstalt hat die SRG gemäss Konzession nicht nur die Pflicht zu senden. Sie muss auch dafür sorgen, dass ihre Programme empfangen werden können. Wenn sie diese Aufgabe vernachlässigt, beschädigt sie ihre Raison d’être als Gebührenmonopolistin. Im politisch zunehmend aufgeheizten Klima um die Halbierungsinitiative liefert sie ihren Gegnern zusätzliche Argumente.

Die SRG hat mehrfach behauptet, die frühzeitige Abschaltung von UKW per Ende 2024 sei von der gesamten Radiobranche beschlossen worden. Das ist unwahr. Es war die SRG-Chefetage, die dies im Alleingang verfügt hat. Bisher hat kein einziger Privatsender UKW abgeschaltet – und sie sind froh darüber. Die Entwicklung der letzten Monate mit massiven Hörer­gewinnen von etwa 20 Prozent zeigt, dass man richtig gelegen ist.

Doch Ende 2026 soll UKW gemäss aktueller Planung in der ganzen Schweiz verboten werden – als einzigem Land in Mitteleuropa. Nach den jüngsten Erfahrungen würde dies zu massiven Hörerverlusten auch bei den privaten Sendern führen, von denen die meisten – anders als die SRG – allein von der Reichweite und der Radiowerbung leben. Dies würde die ganze Branche in Schieflage bringen. Besonders dramatisch wäre die Situation in der Westschweiz und im Tessin, wo sich die ausländischen Stationen im leergefegten Frequenzband noch weiter ausbreiten könnten als heute.

Bewährte Technologie

All dies wäre wohl kaum im Interesse einer sinnvollen Schweizer Medienpolitik, die ja nur wenige Möglichkeiten besitzt, um die Schwächung der wichtigsten einheimischen Medienunternehmen abzufedern. UKW ist keine Droge, die man verbieten muss, sondern eine bewährte, qualitativ hochstehende Radiotechnologie, die weltweit am meisten genutzt wird.

Wenn die SRG-Führung Kosten sparen will, so sei ihr dies unbenommen. Wenn aber die Privaten bereit sind, ihre UKW-Sender weiter zu betreiben und zu finanzieren, sollte ihnen dies nicht verboten werden. Dies ist im Interesse ihres Mediums und ihrer Hörer. Diese wollen nicht Millionen von tadellos funktionierenden Radioempfängern als Elektroschrott ausmustern.

*Roger Schawinski hat in der Schweiz den ersten privaten Sender Radio 24 gegründet. Heute ist er Geschäftsführer von Radio 1.

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Der Text erschien zuerst in der «Neue Zürcher Zeitung» vom 28. April 2025. Mit freundlicher Genehmigung.

Das weisse Rauschen

UKW, SRG: kein Sender unter dieser Frequenz.

Bis zu 1200 Franken kann es kosten, sein Auto auf DAB+ umrüsten zu lassen. Ein Bombengeschäft, da bis zu 40 Prozent aller Autos nur UKW empfangen können. Und wer weiterhin SRG-Sendungen hören möchte, braucht DAB+ oder hört in die Röhre.

Die Abschaltung der Sender auf UKW ist eine typisch Schweizer Leidensgeschichte. Bevor per 31. Dezember 2024 die SRG den Stecker zog, war zunächst geplant gewesen, UKW bis Anfang 2020 zu stoppen. Dann zeigte sich, dass die Umrüstung auf DAB und dann auf DAB+ keineswegs so schnell erfolgte wie ursprünglich vorgesehen. Also wurde der Termin laufend verschoben, nun soll es 2026 soweit sein.

Die SRG preschte nun mit dem Argument vor, dass damit satte 15 Millionen Franken pro Jahr eingespart werden könnten. Das hält nicht nur der lautstärkste Gegner der Abschaltung für einen PR-Stunt, bei Einnahmen von jährlich über 1,5 Milliarden Franken. Der NZZ sagt Roger Schawinski, dass er notfalls gegen das UKW-Verbot in der Schweiz klagen werde, nachdem er bereits eine Petition mit Zehntausenden von Unterschriften lanciert hatte.

Es ist tatsächlich so, dass auch im Um- und Ausland die Abschaltung der UKW-Frequenzen weit in die Zukunft verschoben wurde. In Frankreich soll das erst 2033 frühestens der Fall sein, in Bayern 2035. Erschwerend kommt noch hinzu, dass DAB+ ja nur ein Zwischenschritt zum Empfang via Internet ist.

Selbst die damalige Medienministerin Doris Leuthard, unter deren Ägide das Aus für UKW beschlossen wurde, sagte später, darauf angesprochen, dass dadurch Tausende von Radioempfängern nutzlos würden: ««Wir würden Volksvermögen vernichten, weil die Radios ja niemand mehr brauchen kann, und das will ja niemand.» Es sei doch in Ordnung, «wenn man das rausschiebt», bis Radio nur noch im Internet gehört werde.»

Die NZZ fügt hinzu: «Das Interview mit Leuthard führte Roger Schawinski

In all diesem Schlamassel ist es tatsächlich merkwürdig, dass die SRG als Erste und weit vor dem Endtermin UKW abschaltet. Darüber freuen können sich natürlich die Privatradios, die weiterhin auf Ultrakurzwelle senden und denen diese Entscheidung mehr Zuhörer beschert.

Dass eine auch nicht fundiert untermauerte Einsparung von vergleichsweise lächerlichen 15 Millionen (die UKW-Infrastruktur ist schon längs amortisiert) Grund genug für die SRG sein soll, UKW zu verlassen, ist mehr als zweifelhaft. Vielleicht handelt es sich lediglich um eine Trotzreaktion auf Schawinski. Dessen Weibeln für den Erhalt von UKW wurde auch vom Verband der Privatradios zuerst müde belächelt. Dann nahm man verblüfft zur Kenntnis, dass der alte Radiopionier immer noch die Massen bewegen kann und begann, sein Vorhaben ernsthaft zu bekämpfen.

Während selbst der Termin Schluss 2026 nicht in Stein gemeisselt ist, zeigt die SRG mal wieder, was eine verfehlte PR-Massnahme ist. Auf die allerdings bis heute keinen «Shitstorm, wie sie ihn noch nie erlebt hat» (Schawinski), erfolgte. Aber was nicht ist, kann noch werden.

Gut gebrüllt, alter Löwe

Die NZZ gibt Roger Schawinski die Möglichkeit, die neuerlich angekündigte UKW-Abschaltung in der Luft zu zerreissen.

Wie ZACKBUM bereits feststellte: einen so aufgelegten Ball verwandelt Schawinski im Schlaf. Überhaupt nicht schläfrig wirkt er, wenn er auf knapp 8000 Anschlägen eine dramatische Fehlentscheidung des Gebührensenders SRG zerlegt, zerschneidet, seziert und sorgfältig ein Trümmelargument nach dem anderen ins Reich des Unsinns verweist.

Mit gemessener Ironie und nur Spurenelementen von Sarkasmus fasst er die ärmlichen Argumente der SRG mit spitzen Fingern an, beäugt sie – und wirft sie in hohem Bogen in den Abfalleimer.

  1. «UKW sei eine «alte» Technologie.» Richtig, aber nicht veraltet. DAB+ ist neuer, aber schlechter. Ein Fachgremium habe neulich befunden, dass DAB+ «keine wirtschaftliche Rettung» sei, da wenn schon alles ins Internet abwandere.
  2. «Bereits im Jahr 2001 hatte deshalb der Radiotechnik-Experte Markus Ruoss eine ernüchternde Analyse von DAB unter dem Titel «Wie prügelt man ein totes Pferd durchs Ziel?» vorgelegt. Für die zu wählende Strategie brauche es nicht nur laufend höhere Subventionen und teure Werbekampagnen.»
  3. «Als ich 2021 eine Petition gegen die unmittelbar bevorstehende UKW-Schliessung lancierte, unterschrieb auch Doris Leuthard» (die zuvor als Uvek-Chefin grünes Licht für die Abschaltung gegeben hatte).
  4. Nicht mickrige acht Prozent nutzen heutzutage UKW, sondern ein Drittel aller Haushalte, natürlich nicht auschliesslich. «Noch tiefer ist die DAB-Abstinenz bei deutschen oder niederländischen Touristen, die das Transitland Schweiz durchfahren. Verkehrs- oder Katastrophenmeldungen werden auch sie in Zukunft nicht mehr erreichen.»
  5. Dass damit massig gespart werden könne, sei «grober Unfug». Denn: «Alle UKW-Sender sind seit langem abgeschrieben, es fallen nur Betriebskosten an. Zudem könnte die SRG die meisten ihrer 2000 (!) UKW-Sender stilllegen
  6. Dass der Verband Schweizer Privatradios den Entscheid begrüsst, bedeute: «Toll, dass die SRG den grossen Abschalt-Shitstorm allein erleben wird. Und wir freuen uns auf zusätzliche Hörer, die von der SRG nicht mehr bedient werden

Vernichtendes Fazit: «Vor allem in einer Zeit, in der die SRG auf den Goodwill von möglichst vielen Schweizerinnen und Schweizern angewiesen ist, kann ich nicht verstehen, weshalb man aus teils falschen, teils fadenscheinigen Gründen solche Entscheide fällt. Wer sich so verhält, soll sich hinterher nicht über den Schaden beklagen.»

Bleibt nachzutragen, dass das bereits der zweite Versuch der SRG ist, die UKW-Übertragung auszuknipsen. Der erste scheiterte, als Schawinski dagegen innert kürzester Zeit 60’000 Unterschriften für eine Petition sammelte, für die er einzig in seinem nicht gerade übergrossen Radio 1 Werbung machen konnte.

Damals wurde gesichtswahrend eine «Übergangsphase» bis 2026 beschlossen. Wer nun für diesen neuerlichen Rückzieher vom Rückzieher verantwortlich ist, sollte wegen erwiesener Unfähigkeit entlassen werden. Ist aber beim Sesselfurzerverein SRG ausgeschlossen.

 

Mann mit Humor

Ralf Brachat hat einen Applaus verdient.

Man könnte meinen, vom Geschäftsführer von «Swiss Radioworld», einem Werbevermarkter innerhalb der Goldbach Group AG und somit eine Unterschublade von TX, sei kaum Komisches zu erwarten.

Das täuscht aber ungemein. Der Mann weiss besser als mancher Journalist, wie man in einem Interview eine Schlusspointe setzt. Von persoenlich.com gefragt: «Zurück zu Schawinskis Aussage: Wann gibt es nur noch digitales Radio und selbst DAB+ wird Geschichte sein?», haut Brachat diesen Knaller raus:

«Solange es Roger gibt, wird es wahrscheinlich auch UKW geben, denn er hat es ja erfunden (lacht).»

UKW: ohne uns

Jammern, betteln, feuern. Alltagsnews aus den Medien. Dann tut einer was – und Schweigen herrscht.

Der Mann ist 75 und muss in einen Jungbrunnen gesprungen sein. Man mag ihn mögen oder sich an ihm reiben: Energie hat Roger Schawinski für zwei. Nach Abstechern in alle Formen von Multiplikatoren ist er seit einiger Zeit zu seinen Wurzeln zurückgekehrt und macht das, was er wie kein Zweiter kann: Radio.

In seinem Element: Roger Schawinski.

Gegen «Radio 1» senden die übrigen Privatradios Dudelfunk mit unsäglich flachwelligen Wortbeiträgen. Schawinski hat dagegen das Talk Radio in die Schweiz geholt. Zunächst fünf Mal die Woche, nun noch zwei Mal unterhalten sich Experten, Politiker, Wissenschaftler und jeder, der etwas beitragen will, mit Schawinski über alle Aspekte der Pandemie.

Immer frisch, immer live. Immer mit einem Schawinski, der sich überraschen lässt, wer ihm alles als Gesprächspartner vorgesetzt wird. Auf so eine Idee sind die viel ressourcenstärkeren Blödfunker aus dem Hause Wanner und die übrigen Privat- (sowie Staats-) Radiomacher nicht gekommen.

Einer der Unterschiede, wenn einer von Beruf Sohn, der andere Radiomacher mit Herzblut ist. Der andere Unterschied: wenn Schawinski mit einer Entscheidung nicht einverstanden ist, dann tut er was dagegen.

Man kann, darf und soll unterschreiben.

Ab nächstem Jahr will die Schweiz – notabene als einziges Land in Zentraleuropa, die Radio-Übertragung auf UKW einstellen. Die SRG geht mit schlechtem Beispiel voran, dann folgen alle Privat-Radios. Alle? Nein, eine Ausnahme gibt’s natürlich. Was soll denn das? «Er war der Erste unter den Privaten, und möchte offensichtlich auch der Letzte sein

Die Ersten werden die Letzten sein?

Sagt Florian Wanner, als Bewährungsprobe zum Chef des kunterbunten Wanner-Imperiums an elektronischen Medien eingesetzt. Er selbst sieht überhaupt keinen Bedarf, etwas gegen diese Abschaltung zu unternehmen. Das ist sein gutes Recht. Nun protestiert aber Schawinski nicht nur auf allen Kanälen dagegen, so zuletzt in der NZZaS mit einem Kommentar. Sondern er hat auch eine Petition gestartet, mit (Stand Montag) über 7000 Unterschriften bislang.

Zudem ist Schawinski bereit, ans Bundesverwaltungsgericht zu gelangen, um das Zustandekommen dieser Entscheidung zu kippen. Ebenfalls am Sonntag holte sich Schawinski den wohl erfahrensten Radiotechniker ins Studio für einen «Doppelpunkt». Markus Ruoss hatte damals einen wichtigen Beitrag dazu geleistet, dass das Piratenradio von Schawinski vom Pizzo Groppera aus in bester Sendequalität in Zürich empfangen werden konnte.

Inzwischen ist Ruoss vehementer Befürworter von DAB+ und ebenfalls von der Abschaltung der UKW-Übertragung. Also ein spannendes Battle, das nur entsteht, wenn der Besitzer des Mikrophons einem kompetenten Widerpart Gastrecht gibt. Deshalb gibt es vergleichbare Sendungen auch bei, ähm, also bei, na, verflixt, niemandem. Vielleicht noch im «Talk täglich», früher mal, als Markus Gilli hier noch Gas gab. Und wer hat’s erfunden?

Alles Absprache, alles Schiebung?

Im «Doppelpunkt» liess Schawinski wie nebenbei noch eine weitere Bombe platzen. Er sagt, dass Vertreter der Privat-Radios schon 2016 mit der damaligen Bundesrätin Doris Leuthard die UKW-Abschaltung beschlossen hätten. Als Gegenleistung seien die Senderlizenzen stillschweigend von 2018 bis 2024 verlängert worden.

Das darum, weil Radio Energy 2008 kurzfristig die Lizenz abhanden gekommen war. Darin sieht Ruoss nichts Skandalöses, Schawi schon. Ganz abgesehen davon, dass durch eine Umstellung auf DAB+ aus vielen UKW-Radiogeräten Elektroschrott würde. Die Hörer zahlen diese Umstellung, ist eines seiner stärksten Argumente, zudem ist in jedem zweiten Auto nur UKW-Empfang möglich.

Also eine ganze Latte von Argumenten, eine Petition, ein absehbarer Rechtsstreit, ein nicht ganz unwichtiges Thema. Damit sorgt Schawinski sicher für Aufmerksamkeit in den Schweizer Medien, und sei es nur, um ihm einmal mehr eitle Selbstdarstellung von einem, der nicht loslassen kann, vorzuwerfen.

Es geht. Ohne Duplikate finden sich in der smd haargenau 5 Artikel zu diesem Thema. Bei CH Media schaffte es Schawinski immerhin zu einer Meldung in der Sammelrubrik «Paradeplatz». Nur «persoenlich.com» liefert kontinuierliche Berichterstattung. Ringier, NZZ, Tamedia? Schweigen im Walde, tiefes Schweigen. Ausser einem Kurzkläffer im «Blick», der mal wieder zeigen möchte, was nackter und hässlicher Konzernjournalismus ist; Titel: «Unsinnige Lösung eines nicht existierenden Problems». So sähe das auch, Überraschung, das Ringier-Radio Energy.

Man muss halt Prioritäten setzen

Während ein einziges Wort, von Adolf Muschg in der Sendung «Sternstunde Philosophie» geäussert, hohe Wellen schlägt, ist das Thema «wieso sollte die Schweiz als fast einziges Land UKW-Übertragungen abschalten?» keine Notiz wert. Könnte zwar Hunderttausende von UKW-Empfängern interessieren, denen Schwünge am Reck über die erlaubte und verbotene Verwendung des Begriffs Auschwitz schwer an einem bestimmten Körperteil vorbeigehen.

Aber das Thema ist ein Bitzeli komplexer als Auschwitz oder Sophie Scholl. Das macht’s bereits unattraktiv. Und welcher Journalist von CH Media würde sich noch trauen, das Thema überhaupt anzufassen, nachdem sich Sohn Wanner so klar positioniert hat. Oder bei den anderen grossen Medienhäusern, die sich offensichtlich ein Schweigegelöbnis auferlegt haben.

Ein weiterer Grund, wieso die viel beklagte Medienkrise zu guten Stücken selbstgemacht ist.

Packungsbeilage: René Zeyer ist schon diverse Male in Sendungen von Schawinski aufgetreten.

«Radio im Herz»

UKW abschalten, ja, nein? Noch wichtiger ist: Schawinski ja nicht abschalten.

Es ist mal wieder einer gegen alle. Roger Schawinski wehrt sich als einziger Betreiber eines Privatradios dagegen, dass beginnend im nächsten Jahr die Radio-Übertragung per UKW beendet wird.

Nicht nur vom Gebührensender SRG, sondern auch alle Privatradiobetreiber haben sich einverstanden erklärt. Alle? Ausser einem. Der bekommt nun die übliche Portion Häme ab. Im fortgeschrittenen Alter wolle er wohl nochmal zu seinen Anfängen zurück als der Radiopirat, der die Sendelandschaft in der Schweiz umgepflügt hat. Nostalgiker, aus der Zeit gefallen.

Das ist Häme, weil die Gegenargumente gegen seine Position sehr dünn gesät sind. Sandro Benini vom «Tages-Anzeiger» hatte sich die Mühe gemacht, in einem Artikel die Problematik und die widersprechenden Positionen aufzuzeigen. Zudem ist Benini ein bissiger, schneller und argumentativ keine Gefangenen machender Diskussionspartner, wie ich aus eigener Erfahrung weiss.

Er ist mit Roger Schawinski per du, wie ich übrigens auch. Das als Packungsbeilage. Es geht hier aber gar nicht in erster Linie darum. Es geht darum, dass Roger Schwaniski für seinen «Doppelpunkt» letzten Sonntag Benini eingeladen hat. Und zwar nicht, um ihn zu befragen und zu rösten, sondern um sich befragen und kritisieren zu lassen.

Die reine Hörfreude

Daraus entwickelten zwei Dinge. Zum ersten der wohl vergnüglichste Schlagabtausch zweier geübter Rhetoriker der letzten Monate, wenn nicht Jahre. Natürlich hatte Schawinski gewisse Vorteile, was profunde Kenntnisse von Technik und Geschäft betrifft.

Dass Benini Betriebskosten und Verbreitungskosten verwechselte, wurde ihm gnadenlos und mehrfach aufs Brot geschmiert.

Er wehrte sich damit, wieso ihn Schawi dann überhaupt eingeladen hatte, und hackte seinerseits immer wieder auf dem Argument herum, dass doch nicht alle anderen Trottel sein könnten, die mit der Abschaltung von UKW einverstanden seien, während nur Schawinski das Licht der Wahrheit sehe.

Es geht hier auch nicht um eine Darstellung sowie Würdigung der Argumente, die ausgetauscht wurden. Die kann (und sollte und müsste) jeder nachhören, der sich für die Umrüstungskosten, die Vor- und Nachteile von UKW, DAB/DAB+ und Internet interessiert.

Und da 58 Prozent aller Autos in der Schweiz kein DAB haben, zum Beispiel, werden zu diesem Thema sicherlich noch grosse Schlachten geschlagen werden. Schawinski macht den Anfang und hat angekündigt, dass er ohne weiteres zum Bundesverwaltungsgericht nach St. Gallen gehen wird, sollte dieser seiner Meinung nach unsinnige Entscheid nicht korrigiert werden.

Benini hielt tapfer mit seinem Argumentarium dagegen. Das wäre nun selbst für die Medien-Show ZACKBUM.ch höchstens eine Meldung wert. Und Meldungen machen wir nicht. Was es aber erwähnungswert macht: Wo, wo sonst gibt es einen solchen Schlagabtausch? Wo, wo sonst lädt sich der Chef einer Plattform seinen schärfsten Kritiker in eine Live-Sendung ein und lässt sich von ihm befragen und beharken?

Wo sonst können verschiedene Ansichten so spritzig, auch gnadenlos, aber humorvoll aufeinandertreffen? Wo sonst können Zuschauer live mitreden, und zwar ausführlich? Nirgends sonst. In den vielen, vielen Sendegefässen des Gebührenmonstrums SRG nicht. In den inzwischen miteinander verklumpten Privat-Radio- und TV-Stationen auch nicht.

Eine Oase in der Wüste

Seit Markus Gilli krankheitshalber «Talk täglich» und «Sonntalk» abgeben musste, stehen dort nicht nur Plastikwände zwischen den Diskussionsteilnehmern. Sondern das meiste, was dort geschwatzt wird, ist auch Plastik. Die «Arena» ist so zu Tode durchorganisiert worden, dass sie meilenweit von der einfachen Grundidee entfernt vor sich hinröchelt: ein paar Leute stehen um einen runden Tisch und geben sich Saures. Gelegentlich dürfen noch weitere Leute aus einem äusseren Zirkel was reinmopsen. Das war auch nicht immer eine Sternstunde der Rhetorik. Aber doch lebhaft, unterhaltsam.

Also kann man nur sagen: Ob weiterhin auf UKW, DAB/DAB+ und Internet übertragen wird oder nicht, dass ist sicherlich eine Debatte wert. Wenn Schawinski einmal abtritt, und er ist 75, dann ist guter Rat teuer. Denn er hat wirklich das «Radio im Herz», wie er sagt. Im Gegensatz zu den Managern, die die anderen Radiostationen leiten und noch nie eine eigene Sendung gemacht haben.

Die werden’s dann wohl genauso in den Sand setzen wie ihre Kollegen im Gebührensender SRG. Denn letztlich kommt es vor allem bei Radio nicht auf die Qualität des Dudelfunks an. Sondern auf den Wortinhalt. Und auf die Leidenschaft der Macher. Wie überall sonst auch.

Packungsbeilage: René Zeyer ist schon mehrfach in diversen Sendungen von Roger Schawinski aufgetreten.