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Little big Town

Zürich hat’s ja. Gleich doppelt.

Interessant, wie dieser Wahnsinn in den Medien unter «ach ja, so was aber auch» abgehandelt wird. Die Stadt Zürich hat rund 450’000 Einwohner. Die werden von 30’000 Sesselfurzern verwaltet. Die kassieren dafür Monat für Monat 175 Millionen Franken Gehalt.

Woher man das alles so genau weiss? Weil ihnen das Gehalt gleich zweimal ausgezahlt wurde. 350 Millionen Lohnsumme statt 175 Millionen. Denn Zürich hat auch eine zur Stadt passende Kantonalbank. Bei der merkt niemand, wenn mal so 175 Millionen mehr ausbezahlt werden. Nicht unsere Schuld, sagt die ZKB, wir beziehen unsere Software von der Swisscom. Nicht unsere Schuld, sagt die Swisscom, wie beziehen unsere Software von einer KMU.

Als Sahnehäubchen berichtet «20 Minuten», dass es Angestellte geben soll, die überhaupt nicht einsehen, den doppelt bezahlten Lohn einmal zurückzuzahlen. Da seien einige in echter Kampfstimmung und wollten sich mit Zähnen und Klauen dagegen wehren, eindeutig fälschlicherweise zu viel Bezahltes zurückzuzahlen.

Beunruhigend ist, dass solche Staatsangestellte für die ordentliche Anwendung von Gesetzen und Vorschriften sorgen sollen. Mit dieser Mentalität, dieser Einstellung?

Die Stadt Zürich lässt sich also die Verwaltung ihrer 450’000 Einwohner 2,275 Milliarden Franken im Jahr kosten; vorausgesetzt, der 14. Monatslohn ist noch nicht eingeführt. In ihrer Aufstellung «Wichtigste Branchen» fehlt allerdings dieser Beitrag zur Vollbeschäftigung in Zürich. Dort stehen 32’381 Vollzeitäquivalente bei «Erziehung und Unterricht» zuoberst, gefolgt von rund 32’000 bei «Erbringung von Finanzdienstleistern» was sicherlich demnächst deutlich schrumpfen wird. Dann «Gesundheitswesen» und schliesslich rund 30’000 bei «Verwaltung und Führung von Unternehmen und Betrieben, Unternehmensberatung».

Also grösstenteils Berufe ohne messbare Wertschöpfung.

Ein Bürokrat verwaltet 15 Einwohner der Stadt. Nimmt man Erziehung- und Gesundheitsaufgaben dazu, trifft es auf 5 Einwohner einen Beamten oder Staatsangestellten, wenn man die wenigen privaten Dienstleister nicht berücksichtigt.

Aber immerhin sind da einige Leichtlohngruppen dabei; teilt man die 175 Millionen durch die Anzahl Bezüger, ist der Durchschnittslohn 5833 Franken, brutto. Da hat’s ein Stadtrat etwas komfortabler, er kassiert 250’000 Franken im Schnitt, plus Extras und Spesen und Repräsentieren und so weiter.

Auch da schöpft man aus dem Vollen. Während es in den anderen Städten 7 Amtsvorsteher schaffen, alles im Griff zu behalten, braucht es in Zürich gleich 9. Wobei die Viertelmillion eindeutig als sehr knauserig empfunden wird, denn die armen Stadträte müssen sich mit Nebenjobs noch weitere 150’000 dazuverdienen. Die Hälfte davon kassiert gleich mal Corine Mauch mit ihrem Mandat beim Flughafen Zürich ab.

Ist ja auch verständlich, bei den Mietpreisen in der Stadt. Vorausgesetzt, die Stadträte wohnen nicht kostengünstig in einer subventionierten städtischen Wohnung an bester Lage …

Aber dafür bekommt der Staatsbürger und Steuerzahler wenigstens erstklassige Arbeit abgeliefert. Man denkt an das absurde Bussenparadies Langstrasse, an die Unfähigkeit, undiplomierte Lehrkräfte anständig zu bezahlen oder überhaupt dort Lohnauszahlungen zeitgerecht vorzunehmen.

All das zusammen bietet das Bild eines dysfunktionalen, hypertrophen Wasserkopfs einer Stadtbürokratie, die sich ungehemmt vermehrt und jeglicher Kontrolle entzogen ist. Sollte durch das Schrumpfen des Finanzplatzes Zürich wichtige Steuerzahler wegfallen, müsste man nicht nur die doppelte Auszahlung von Gehältern überdenken …

Schauspielhaus: geht doch

Wer nicht Putin beraten will, sondern Lokales regeln, hat Erfolg.

Lob, wem Lob gebührt. Eigentlich ist es Matthias Ackeret zu verdanken, dass der barbarische Abriss und Neubau des Schauspielhauses Zürich verhindert wurde.

Er führte den Kampf dagegen an, rief die Webseite «Rettet den Pfauen» ins Leben und engagierte sich an vorderster Front gegen die Pläne, für über 100 Millionen Franken die existierende Pfauenbühnen abzubrechen und modernen Zeiten anzupassen.

Das war Wunsch und Beschluss des Stadtrates, angeführt von der sonst immer siegreichen Corine Mauch. Die Befürworter machten, ähnlich wie beim Referendum gegen die Steuermilliarde für reiche Medienclans, die üblichen Fehler.

Zuerst die Opposition nicht wirklich ernst nehmen, dann in aller Eile ein Befürworterkomitee zusammenbasteln, einen Kommunikationsmenschen engagieren – und dann die Abstimmung im Gemeinderat mit 39 gegen 75 Neinstimmen krachend verlieren.

Die Argumente, das müsse einfach sein, der Saal sei kaum mehr bespielbar, eine Renovation käme noch viel teurer, verfingen nicht. Auch der Vorwurf, man wolle da aus nostalgischen Gründen ein Museum schützen, denn Bertolt Brecht und die anderen grossen Dramatiker, deren Stücke im Pfauen aufgeführt wurden, seien doch schon längst tot.

Entscheidend war, neben den kommunikativen Fähigkeiten Ackerets, der im Hauptberuf Verleger und Chefredaktor der Medienplattform persoenlich.com ist, dass es den Befürwortern der Radikallösung nie wirklich gelang, von ihrer Seite Emotion in die Debatte zu kriegen.

Einige Staatskünstler machten brav den Kotau, ein paar Namen engagierten sich für den Abriss, aber keiner konnte wirklich erklären, wieso das denn unbedingt nötig sei und die Beerdigung einer langen Tradition ein Kollateralschaden, den man verschmerzen könne.

Als allgemeine Lehre kann man herausziehen, dass alle guten Ratschläge Richtung Bern oder Moskau doch eher l’art pour l’art sind, Strassentheater, Slapstick, Schmiere. Ein lokaler Publizist, der sich bei einer lokalen Angelegenheit engagiert, kann hingegen zeigen, dass er etwas bewegt. Vom Anfang «gar nicht erst ignorieren» bis zum Erfolg brauchte es einigen Einsatz und auch Hinrschmalz. Aber es ist beruhigend: so gewinnt man sogar gegen die geballte Macht der Bürokratie und der Politik und gegen eine Stadtpräsidentin, die sonst eigentlich immer als strahlende Siegerin vom Platz geht.

 

Packungsbeilage: Der Autor hat mit seiner Unterschrift bezeugt, dass er für die Erhaltung des Pfauen ist.

Habermas im SoBli

Manchmal fehlen auch ZACKBUM die Worte.

Man muss es sehen, um es zu glauben:

Kennt Corine Mauch Habermas?

Reza Rafi, der Mann fürs Grobe beim SoBli, zitiert wirklich einen Buchtitel von Jürgen Habermas?

Darf man demnächst eine Einführungskurs in den herrschaftsfreien Diskurs und eine Zusammenfassung der beiden Bände der «Theorie des kommunikativen Handelns» des deutschen Soziologen und Philosophen erleben?

Man wäre einen Moment lang versucht, dem SoBli und Rafi eine vorher ungeahnte intellektuelle Fallhöhe zuzugestehen.

Aber der SoBli will seine Leser nicht unangenehm überraschen, daher begibt sich Rafi wieder auf seine gewohnte Flughöhe: «Jakob Tanner, Historiker und Ex-Mitglied der Bergier-Kommission, betont, dass zwingend auch die Geschichte der Provenienzforschung untersucht werden müsse. «Viele der impressionistischen Gemälde, die in der Bührle-Sammlung hängen, hatten jüdische Vorbesitzer. Das wurde bisher viel zu wenig beachtet.»»

Echt jetzt? Nichts wurde bisher mehr beachtet, untersucht und für unbedenklich befunden. Daher ist jeder Journalist, der Tanner einen solche Unfug unwidersprochen sagen lässt, jenseits von Faktizität und Geltung.