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«Blick» wird intelligent

Wo die Zukunft des Journalismus schon heute stattfindet.

«Blick» hat bekanntlich ein wenig Probleme mit der Aktualität. So verkündete das Organ mit dem Regenrohr noch am Montag, dass die Resultate der russischen Präsidentschaftswahlen noch nicht bekannt seien. Obwohl es sie unter diesem Lead doch vermeldet.

Das ist eher blöd. Aber hier soll es darum gehen, dass Blick intelligent wird. Doch, daran kann es keinen Zweifel geben. Hier ist der Beweis:

Gut, man hätte vielleicht noch irgendwo das Wort Vietnam unterbringen können, aber he, so wenig Platz und so wenig Zeit in der Verrichtungsbox in der Hölle des Newsrooms.

Aber wieso intelligent? Der Artikel ist am 18. März gegen Abend auf «Blick» online erschienen. Fast zwei Tage, nachdem genau die gleiche Story in der «SonntagsZeitung» stand:

Aha, aber was soll denn an copy/paste intelligent sein? Nun, wir lösen das Rätsel auf, es verbirgt sich ganz am Schluss des Artikels. Da ist als Autorenkürzel «nim» angegeben. Aber danach, kursiv und abgesetzt: «Mit Unterstützung von KI für dich erstellt».

Oha. Abgesehen davon, dass hier der Leser ungefragt geduzt wird: was soll denn das heissen? Wurde einer KI der Artikel der SoZ gefüttert, plus ein paar weitere Meldungen zum Thema, und dann sollte sie auf Länge einen «neuen» Artikel basteln? Wurde «Sprachniveau niedrig» eingegeben, wurde «ja nicht boulevardesk» verlangt? Was hat denn dieser (oder diese) «nim» gemacht, denn der Autor wurde von der KI ja nur «unterstützt»? Hat sie ihm Kaffee gemacht, den Nacken massiert – oder die Tasten geführt?

Auf jeden Fall wollten wir «Blick» von da an Intelligenzblatt der neuen Art nennen. Aber dann macht halt der weitere Inhalt (fast) alles wieder kaputt.

Das soll das Beste von «Blick+» sein? Geldwert?

Und die Tipps, Himmels willen:

Aber immerhin, es kommt kein Klodeckel vor.

ZACKBUM fasst zusammen: «Blick» sollte mehr KI verwenden. «Blick» sollte überhaupt mehr Intelligenz verwenden. Aber erst mal haben, sagten die Schwaben …

Alles Abschreiber

Marc Walder soll an Macht eingebüsst haben. Bullshit.

Es hallte und dröhnte durch die Schweizer Medien. In Variationen, aber mit der gleichen Grundaussage: Der CEO und Mitbesitzer des Verlagshauses Ringier sei entmachtet worden. Zumindest zurechtgestutzt. Walder sei nicht mehr direkter Vorgesetzter des «Blick»-Oberchefredaktors. Er könne auch nicht mehr anstellen oder entlassen, das behalte sich nun der Verwaltungsrat vor.

Das kommt halt davon, wenn alle allen abschreiben, und irgend eine Quelle eine kühne These in den Raum gestellt hat.

Häme und Schadenfreude sind sicherlich genussvolle menschliche Eigenschaften. Allerdings sollten sie nicht den Blick auf die Realität vernebeln. In der Mitteilung, auf die überall Bezug genommen wurde, heisst es zum Schluss und völlig unmissverständlich: «Der Verwaltungsrat steht uneingeschränkt hinter dem CEO und Miteigentümer Marc Walder.»

Noch Fragen? Ja, eine. Wenn Walder der designierte nächste Präsident des Verwaltungsrats ist und bleibt, wie genau soll er entmachtet worden sein, indem der VR neuerdings Chefredaktoren wählt oder feuert?

Lemminge sind wahrlich individualistische Einzelgänger gegen die copy/paste-Journalisten der Schweiz.

Hilfe, mein Papagei onaniert: die SoZ

Wir nehmen uns eine einzige Sonntagszeitung vor. ZACKBUM ist auch nur ein Mensch.

Das gibt’s für Fr. 6.40:

Die grosse Aufmacherstory, wie zu erwarten:

Vielleicht hätte man eher so titeln sollen: Jetzt verkleben sie sich schon den Kopf. Aber natürlich ist auch die SoZ hin und hergerissen, ob sie die Klebe-Aktionen toll, fragwürdig oder bescheuert finden soll.

Gleich zwei Redaktoren braucht die Abfassung einer Nonsens-Meldung:

Die Dame hat inzwischen gleichviel Chancen wie Christoph Blocher, die Nachfolge Maurers anzutreten …

Aber nun die positive Meldung der Woche, ein Lösungsansatz für die Energiekrise:

Mehr solche Gesetzesbrecher, mehr Windräder, und wir können dann doch die AKW stilllegen.

Was soll man über den neuen britischen Premier schreiben, wenn man nichts über ihn zu schreiben weiss? Einfache Sache, meint die SoZ.

Da machen wir doch copy/paste eines Artikels des Korrespondenten der «Süddeutschen Zeitung» Arne Perras. Der von Singapur aus einen tiefen Einblick in indische Angelegenheiten hat. Er ist immerhin näher dran als Christof Münger, der Auslandchef ohne Ausland von Tamedia.

Weiter unaufhaltsam auf dem Weg nach unten ist das Gefäss «Fokus». Diesmal nicht nur ein Interview als Aufmacher, sondern auch ein Beitrag zur Rubrik «was macht eigentlich ...»:

In ihrer Schludrigkeit ist die SoZ nicht einmal in der Lage, dem Leser im Lead die Information zu gönnen, von wem denn eigentlich das Zitat ist. Rudolf Strahm heisst der Politik-Rentner.

So lobt man sich den «Wissenschaftsjournalisten»:

Felix Straumanns launiger Beitrag ist mindestens so sachlich, faktenorientiert und wissenschaftlich wie diese Karikatur.

Nun kommen wir zum nächsten Beitrag zum Thema «Leser dürfen zuschauen, wie Journis ihren Bauchnabel betrachten».

Ein halbseitiges Symbobild, ein schnarchlangweiliger «Erfahrungsbericht», fertig ist eine weitere Seite Leserverarschung.

Nun aber der IQ-Test für ZACKBUM-Leser. Worüber schreibt man, wenn die Skisaison näherrückt, aber noch nicht wirklich da ist? Na? Richtig, Gratulation, natürlich über das Thema Kunstschnee.

Und was bietet die «Wirtschaft»? Einen Knaller, der Nik Walter sicherlich gefällt:

Denn bleibt dort die Küche kalt, wird weniger geschmatzt, geschlürft und gekaut.

Nein, lieber Leser, das ist kein bezahltes Inserat. Es ist schlimmer, es ist ein unbezahltes Inserat. Ausser, ein solches Gerät steht nun beim zuständigen Journi rum:

Ist das hier ein bezahltes Inserat?

Aber nein. «Der 340 PS leistende Handschalter» mit «Fahrspasssituationen», der als «3,0-Liter-Modell ab 64’900 Franken startet», wurde von der Redaktion nach ökologischen, energiesparenden und Nachhaltigkeitskriterien ausgewählt.

Was bekommt man für Fr. 6.40? Kleingeld, Trinkgeld, schmales Münz. Rezykliertes, Langweiliges und Rechthaberisches. Nabelschau, absurde Reise- und Autotipps. Schnarchinterviews, während Recherche, elegante Schreibe, geistige Anregung Pause macht.

Pause? Oder endgültig eingespart.

Kopieren geht über studieren

Die Obduktion von Fundstücken: Tamedia bereitet das Waffenarsenal der Taliban «infografisch auf». Todesursache: copy/paste.

Das wünscht man sich doch von einem Qualitätsmedium wie den Kopfblättern aus dem Hause Tamedia. Eine qualifizierte Antwort auf die Frage, welches Waffenarsenal den Taliban eigentlich in die Hände gefallen ist.

Da wird geliefert:

 

«Ein unfassbares Waffenarsenal haben die Taliban ergattert. Der Überblick in Zahlen und Typen – infografisch aufbereitet.»

Endlich einmal spielt Tamedia die Power einer Zentralredaktion mit eigener Infografik, Fachkompetenz, harter Recherche, weltweite Analyse, voll aus. Wer vorher daran zweifelte, dass über 700 Franken Abokosten sinnvoll investiertes Geld sind: hier wird er vom Gegenteil überzeugt.

Diese Aufstellungen gibt’s nur bei Tamedia:

Als Quelle wird der «US-Rechnungshof» angegeben.

Echt jetzt?

Diese Aufstellungen gibt es fast überall im Internet, bereitgestellt von wirklichen Qualitätsmedien. Die ganze Kunst von Tamedia besteht in einem copy/paste. Ach ja, natürlich und der Übersetzung auf Deutsch, darf man nicht vergessen.

Eigenleistung? Null. Recherche? Null. Aufwand: was es halt beim Kopieren so braucht. Aber die Infografik? Ach, diese Infografik:

Das Original aus der «Times».

Die Kopie, «aufbereitet», bei Tamedia.

Zusatznutzen? Null. Schon erschöpft durch diese Riesenaktion kam die Redaktion nicht mal auf die naheliegende Idee, das Waffenarsenal der Taliban mit dem der Schweizer Armee zu vergleichen. Einfach, damit der Leser eine Ahnung hat, ob das viel oder wenig ist, was den Taliban in die Hände fiel.

Wie viel Radschützenpanzer hat denn im Vergleich das Heer der Eidgenossen? Also das Teil, das ungefähr dem Taliban-M1 117 entspricht?

Ganze 924 Stück. Wunderbar, die Gotteskrieger haben maximal 634.

Und wie viele gepanzerte Jeeps hat denn die Eidgenossenstreitkraft? Was dem Taliban sein Humvee ist, ist dem Schweizer sein Mowag Eagle. Kostet schlappe 500’000 Euro pro Stück, daher verfügt die beste Armee der Welt (unsere) über 329 Exemplare.

Die religiösen Wahnsinnigen haben hingegen bis zu 22’000 Stück. Au weia. Ihre Eliteeinheiten laufen übrigens auch nicht mehr in Sandalen und mit einer Kalaschnikow bewaffnet rum:

Vielleicht würden ja 700 Franken Abokosten Sinn machen, wenn die geballte Fachkraft von Tamedia, so neben dem Kampf gegen Sexismus und der Betrachtung des eigenen Bauchnabels, auch mal auf solche Vergleiche käme.

Ist keine Riesenarbeit, tut nicht weh, macht aber den Waffenschrank der Taliban viel nachvollziehbarer.

Aber wozu auch, wer merkt denn schon, dass die müden Fakten und schlappen «Infografiken» schlichtweg kopiert wurden.

Ein Vergleich mit den Beständen der Schweizer Armee? Aber hallo, auf diese Idee muss man erst mal kommen, und dafür ist der Tamedia-Journalist einfach zu schlecht bezahlt. Oder zu dumm. Wir wagen kein endgültiges Urteil.