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Wegducken bei der «Republik»

Beissen, aber nicht gebissen werden wollen. Typisch.

Im Austeilen ist die «Republik» ganz gross. Sie ortet ein rechtes Verschwörungsnetzwerk, outet seine Mitglieder, gibt aber nur einem von 30 die Möglichkeit, etwas im Schmierenartikel zu sagen. Sie führt ein ausführliches, stundenlanges Interview mit dem Chefredaktor der NZZaS – und reduziert es auf zwei, drei Soundbites und die launige Bemerkung, dass seine Rolex unter dem Kittel hervorblitze.

Üben ihre eigenen Verleger Kritik an solchem Kloakenjournalismus, werden sie überheblich zurechtgestossen. Man sei weiterhin von seinem Werk überzeugt, Diskussionen darüber seien sinnlos. Logisch, wenn man meint, die Wahrheit mit Löffeln gefressen zu haben …

ZACKBUM dachte, dass es doch für die breitere Öffentlichkeit von Interesse sein könnte, wie denn eigentlich der Chefredaktor  der «Republik» so tickt. Schliesslich erwartet die doch auch, dass andere Chefredaktoren ihr Red und Antwort stehen.

Der länger amtierende Christof Moser wurde zur «Stabsstelle Chefredaktion» befördert oder degradiert – man weiss es nicht. Allerdings ist er per 3. Juni 2022 aus dem Verwaltungsrat ausgeschieden. Verwaltungsräte haben Verantwortlichkeiten und eine Haftbarkeit. Weiss Moser etwas, was die anderen VR oder die Verleger nicht wissen? Gleichzeitig hat es eine ganze Latte neuer VR ans Steuerrad der «Republik» gespült. Auf jeden Fall ist nun Herbert Werner Constantin Seibt der letzte Mohikaner aus den Reihen der Gründer, der noch im VR sitzt.

Für diese und viele andere Fragen wenden wir uns daher an Oliver Fuchs, immerhin «seit Februar 2022 Chefredaktor a.i.». Der fiel schon durch etwas verunglückte Leserkommentare in der «Medienwoche» auf, aber das ist doch verjährt.

Also freundliche Anfrage, im Rahmen eines Porträts hätte man gerne ein Gespräch geführt, wann es denn passe. Da kommt mailwendend, nach nur kurzer Angststarre, die Antwort: «Das gelingt sicher auch ohne mein Zutun.»

Nun pflegen wir hier keinen «Republik»-Stil, und auch auf das nachgeschobene Angebot können wir nicht eingehen:

«Falls sich schwere Vorwürfe ergeben sollten, danke ich bereits jetzt für die Gelegenheit, dann konkret schriftlich Stellung nehmen zu können.»

Schriftlich? Falls? Es gäbe so viele interessante Gesprächsthemen, dass die Verschriftlichung eines längeren Gesprächs garantiert Lesevergnügen bereiten würde. Da könnte man endlich mal einen Teil der Kritikpunkte abarbeiten, auf die die «Republik» gewohnheitsmässig gar nicht mehr reagierte. Denn im Austeilen ist man gross, im Einstecken ganz klein und furchtbar empfindlich und blitzschnell beleidigt verstummt.

Also wird das nichts. Dabei hätte ZACKBUM ein Porträt gemacht, dass Fuchs gerecht worden wäre. Seine Stärken, aber auch Schwächen, seine Meinungen, aber auch Widersprüche, sein Wollen, aber auch sein Können anständig und ausgewogen wiedergegeben hätte. Wie es sich eben für ein journalistischen Standards entsprechendes Stück gehört.

Damit rechnet die «Republik» eben nicht, da für sie Porträts nur die Möglichkeit einer Hinrichtung darstellen. Am liebsten, ohne dass der Porträtierte etwas dazu beitragen darf. Am liebsten, indem ausschliesslich anonyme Heckenschützen zitiert werden. Wenn die «Republik» wüsste, wie viele gequälte Mitarbeiter sich schon bei ZACKBUM gemeldet haben. Und was wir alles über die internen Intrigen und Grabenkämpfe wissen. Aber nicht veröffentlichen, weil sich kein Republikaner und auch kein Ex-Republikaner dazu versteht, mit seinem Namen hinzustehen.

Was es alleine über das Verhältnis zwischen Christof Moser und Constantin Seibt alles zu sagen gäbe, damit könnte man locker eine Seibt-Strecke von 70’000 Buchstaben füllen. Aber eben, nicht unser Stil.

PS: Dabei sollte die «Republik» ZACKBUM dankbar sein. Wir schaufeln wenigstens Traffic auf deren Webseite. Nach unserem kritischen Artikel über die Behandlung der Verleger durch arrogante «Republik»-Redaktoren in der Kommentarspalte zum Schmierenartikel «Der Aufsteiger» passierte das hier:

«Zu viele Anfragen, bitte später probieren.» Keine Ursache, gern geschehen.

Wir basteln uns einen Schwurbler

ZACKBUM-Leser denken mit.

Die Leserquälung des «Republik«-Autors Constantin Seibt hat einen gewitzten Kommentarschreiber zu einem höllisch guten Tipp veranlasst.

Wir alle kennen Deep Fake. Nein, so heisst nicht die Bräunungscreme vonDonald Trump, sondern so wird eine Software bezeichnet, mit der man lippensynchron neue Texte aufsprechen kann. Also Trump lobt Präsident Biden, der gibt zu, dass er meistens nicht weiss, wo er ist, und wenn doch, was er dort soll. Und so weiter. Eine teuflische Sache.

Dass Bilder lügen können, wissen wir spätestens, seit im Stalinismus in Ungnade gefallene Revolutionäre einfach aus Bildern herausgeschnitten oder retouchiert wurden. Diese Technik hat sich seit der Digitalisierung perfektioniert; auch mit Metadaten ist es heutzutage fast nicht mehr möglich zu entscheiden, ob eine Fotografie die Wirklichkeit wiedergibt – oder ob daran herumgedoktert wurde.

Nun auch beim Bewegtbild. Schon seit Längerem wird Künstliche Intellgenz verwendet, um Sprache zu automatisieren. Textüberetzungsprogramme werden immer raffinierter und vor allem lernfähig.

Die nächste Stufe wurde unter anderem von Elon Musk initiiert. Seit 2015 beschäftigt sich eine von ihm gegründete Firma mit KI und hat unter anderem einen ziemlich genialen Textgenerator entwickelt.

GPT3 heisst seine neuste Version, und die kann was. Das Beste daran: sie kann einen Seibt vollständig ersetzen. Man kann ihr die entsprechenden Keywords füttern, also bspw. Faschismus, Trump, Köppel, dazu Tonalität, ein Quote, Stil, Art des Schriftstücks, Länge, Stossrichtung – und zack, auf Knopfdruck kommen 62´000 Anschläge heraus.

Die schlechte Nachricht, aber nur für Seibt:GPT-3 macht ihn überflüssig. Die gute: jeder kann sich seinen eigenen Seibt-Text basteln. Allerdings: wer will das schon?

Wumms: Constantin Seibt

Der Langschreiber ist zurück. Neuer Rekordversuch: 64’291 Anschläge.

Thema: Ukraine. Inhalt: Sprachdurchfall. Tonalität: diffamierend. Beispiel: ein Schwachsinnsdialogfetzen, den der längst abgehalfterte US-Amok Steve Bannon in einer Radio-Show in den USA von sich gibt.

Die Schlussfolgerungen Seibts im Originalton:

«Kurz: Es handelt sich um den international standardisierten Mahlstrom, der die öffentliche Debatte mit austauschbarem Bullshit flutet.
Natürlich, es ist kein Zufall, dass vor allem gealterte, lausbübische Herren mit einer Leidenschaft für die immer gleichen Tabu­brüche dieses Gewerbe betreiben. Es ist intellektuelle Impotenz.
Aus allem, was sie von sich geben, folgt: nichts.
Doch das wäre zu freundlich gedacht. Es handelt sich nicht um privaten Verfall. Es handelt sich um die pausenlose Verstopfung des öffentlichen Diskurses, um einen Angriff auf die Demokratie.
Kurz: um professionelle protofaschistische Propaganda.
Und deshalb gibt es doch eine Antwort auf Texte wie den von Roger Köppel: «Russisches Kriegs­schiff, fick dich!»»

Wer das nicht ganz versteht: keine Bange, das ist ein gutes Zeichen. Seibt gerät nun nicht nur in der Länge aus dem Leim, auch im Inhalt. Denn er ist schreckensbleich: «Die Schübe gehen immer in die gleiche Richtung: Faschismus. Mit jedem Schub schneller

Die Schübe schüben schneller, sie schüben in Richtung Faschismus? Wo das? Nun, eigentlich überall dort, wo man nicht gleicher Meinung wie Seibt ist. Also fast überall.

Der Artikel. Mit Selbstporträt des Autors?

Seine Schübe sind hingegen sehr bedenklich: «Überhaupt gibt es nur wenige demokratische Länder, die frei von Krebs sind: Autoritäre Parteien wuchern überall in Europa.» Autoritäre Parteien, was immer das sein mag, vielleicht meint er demokratisch-legitimierte Parteien wie die SVP oder die AfD, wuchern wie Krebs? Ist es eine Krebswucherung, dass sie beachtliche Mengen an Wählerstimmen bekommen?

Nein, Seibt ist kein Faschist, es wäre dumm, dieses Allerweltsschimpfwort auf ihn anzuwenden. Aber eines ist er sicher: ein Antidemokrat. Und ein Demagoge: «Kein Zufall, dass Rechtsaussen-Politiker, Verschwörungs­anhängerinnen, Corona-Skeptiker und die Putin-Verehrerinnen nun zusammen­wachsen.»

Und ein verpeilter Seher: «Wenn kein Wunder passiert, ist Amerika in naher Zukunft im Lager der Faschisten.»

Was kann man da tun? Von jetzt an sämtliche Ergüsse des verwirrten Herrn ignorieren.

 

Führungslos durch die Nacht

Christof Moser tritt überraschend als Chefredaktor der «Republik» zurück.

Als herrliches Beispiel für transparente Kommunikation teilt die «Republik» mit, dass sich ihr Chefredaktor per Ende Januar verabschiedet. Er sei ein bisserl müde, werde aber den «Übergangsprozess» noch einige Monate begleiten.

Die Gründer: nun ist nur noch einer übrig: Seibt (Mitte).
Wallraff gehörte nie dazu, alle anderen (Moser rechts) sind nun weg.

Ob er in anderer Funktion dem Online-Magazin erhalten bleibe oder nicht, das wisse er noch nicht. Und nein, für Interviews stehe er nicht zur Verfügung.

Interimistisch übernehme sein Stellvertreter Oliver Fuchs, über dessen Befähigung auf irgend einem journalistischen Gebiet man mit guten Gründen so seine Zweifel haben kann.

Aber es solle dann eine neue Führungscrew entstehen, teilen die Retter der Demokratie noch mit.

Wenn ein Chefredaktor bekannt gibt, dass er in 20 Tagen dann mal weg sei, als Begründung eine gewisse Müdigkeit anführt, die Nachfolgeregelung nur aus einer Interimslösung besteht, dann hat’s gekracht.

Hat Moser die unendlichen Streitereien mit dem Godfather der «Republik» satt gehabt? Hat Constantin Seibt endlich den Machtkampf doch gewonnen? Ist Moser mit seinem Mikromanagement und seiner verbohrten Weigerung, ohne rechtlichen Zwang irgend einen Fehler einzugestehen, den übrigen Republikanern zunehmend auf den Geist gegangen?

Hat er sich in der Frage, ob die «Republik» als potenzieller Grossprofiteur dem vor der Abstimmung stehenden Medienpaket zustimmen soll oder nicht, zu sehr aus dem Fenster gelehnt?

Man weiss es nicht. Man weiss nur: Transparenz ist was anderes.

Republikanische Spitzenleistung

Die tun was. Für das Geld der Verleger. 66’702 Anschläge. An einem sonnigen Samstag. Wahnsinn. Wenn man nur am Inhalt arbeiten würde …

Es ist wirklich nicht so, dass der «Republik»-Verleger nicht ab und an was für sein vieles Geld kriegen würde, das er in die Rettung der «Republik», Pardon, der Demokratie, steckt. Also zumindest quantitativ gibt es nur zu loben.

Samstag, 12. Juni. Zwischen 4.48 h und 5.00 h scheppert es nur so auf der Webseite des Organs der ungepflegten Langeweile. Alles schon wach dort? Eher nicht, das kann man so programmieren, und wozu hat man sich eine schweineteure Insellösung eines CMS geleistet.

Gut, fast 9000 Anschläge werden schon mal verbraucht, um die übrigen 56’000 anzupreisen. Vielleicht ein kleiner Overkill, aber wenn man schon die Tinte nicht halten kann …

Vorsichtige Annäherung an Wortgebirge

Wie wollen wir uns dem Gebirge nähern? Nun, mutig mit der Erstbesteigung des grössten Buchstabenhügels. Wissenschaft und Politik, ein «explosives Verhältnis, wie die Pandemie» zeige. Das ist nun ein Thema, das seit Beginn wissenschaftlicher Forschung beackert, umgepflügt, gesiebt, geschüttelt, gewürgt, kritisiert, exemplifiziert und überhaupt toter als tot geschrieben wurde.

Aber da gilt naürlich auch: wenn alle schon alles darüber gesagt haben, ist das doch kein Grund, dass Michael Hagner nicht auch noch 26’000 Buchstaben drüberstreut. Schliesslich ist er ETH-Professor für Wissenschaftsforschung, und so ein Essay rutscht ihm an einem langweiligen Beamtenvormittag in den Computer.

Er stellt nochmal die grundlegenden Fragen:

«Wie viel Diktat verträgt Forschung? Und wie viel Wahrheit Politik?»

Um dieses Spannungsfeld, wie wir Poststrukturalisten sagen, um diese interagierende Systeme, um mit Luhmann zu sprechen, an einem Beispiel zu exemplifizierne, wie es seit Popper Brauch ist, wärmt Hagner nochmal die Story auf, dass der ungarische Präsident Orbán über die Existenz einer von George Soros gegründeten und finanzierten Uni in Budapest nicht richtig glücklich war.

Oder um es ganz wissenschaftlich wie Hagner auszudrücken: «Es war unvermeidlich, dass die lebendige, über die Grenzen Europas hinaus orientierte Universität ein Pfahl im Fleisch des nationalistischen Minister­präsidenten Viktor Orbán werden würde. Und das keineswegs nur, weil der vom Rechtsaussen­populisten offen antisemitisch attackierte Soros die Institution weiterhin unterstützte.»

Denn, was wollte die Uni? Na, das, was sie «gemäss Universitäts­theoretikern von Wilhelm von Humboldt bis Jacques Derrida tun soll»: lehren und forschen. Bedauerlich nur, dass es die vereinten Anstrengungen von Humboldt (1767 – 1835) und Derrida (1930 – 2004) sowie so vieler Geistesgrössen dazwischen brauchte, um diese Erkenntnis aus den Bergwerken des geistigen Schürfens ans Tageslicht zu befördern.

Können wir irgend eines neuen Gedanken Blässe in diesem Essay erahnen?

  • «Soziologe Robert Merton»
  • «STEM-Fächer»
  • «der Bakteriologe und Wissenschafts­soziologe Ludwik Fleck»
  • Was ist eine Uni? «Eine Gemeinschaft der Forscher beziehungs­weise Dozentinnen, der Studenten und natürlich auch jener, die den Betrieb Tag für Tag ermöglichen. Ohne all diese Angehörigen ist die Universität – nichts.»
  • «War Immanuel Kants durchaus politische Schrift «Der Streit der Fakultäten» nun seine Privat­meinung oder eine Stellung­nahme des berühmten Königs­berger Philosophie­professors?»
  • «renommierte Historikerin wie Ute Frevert»
  • «der Boden für eine neue Differenzierung bereitet: jene von innovations­relevantem und innovations­irrelevantem Wissen, begleitet von einer forcierten Delegitimierung des letzteren».
  • Und dann noch die AfD, die Schweinebacken: «die andere Partei fordert genau das für deutsche Universitäten, was in Orbáns Ungarn gerade passiert: die Gender Studies als akademisch verankerte Disziplin auszumerzen.»
  • Während in der Schweiz die SVP ebenfalls die Axt an die Schweizer Geisteswissenschaften lege.

Irgend ein Anzeichen, dass des Gedankens Blässe über einer neuen Erkenntnis schwebt? Aber nein, damit will der Professor doch den «Republik»-Leser nicht an einem Samstagmorgen vom Beladen des SUV für den Ausflug in die Natur abhalten. Aber immerhin entlässt er uns mit einem Brüller in den Alltag:

«In einer früheren Version haben wir beim Akronym STEM das «M» der Medizin zugeschrieben, richtig ist die Mathematik. Wir bedanken uns für den Hinweis aus der Verlegerschaft.»

Das ist ungefähr so peinlich, wie wenn ein Autojournalist korrigieren müsste: In einer früheren Version habe ich das P in PS dem Pudel zugeschrieben, richtig ist das Pferd.

Von ganz oben nach ganz unten

Steigen wir aus der dünnen Luft höchster Wissenschaftlichkeit in die Niederungen dumpfster Kommentierung der aktuellen Politik:

«Die globale Mindeststeuer für Konzerne steht vor dem Durchbruch. Die Schweiz wird mittun müssen. Schlimm? Im Gegenteil.»

Von wem kann ein solcher Satz sein, an dem schlichtweg alles falsch ist? Genau, da kann es nur einen geben. Die schreibende Schmachtlocke. Der unermüdliche Zeichen- und Fanalsetzer. Der immer grandios alles Besserwisser. Der ewig erhobene Mahn- und Zeigefinger. Der one and only Daniel Binswanger. Was er uns dann mit 10’000 Anschlägen sagen will? Wir sparen uns die sonst verschwendete Lebenszeit.

Dann bliebe noch der 21’000-Riemen

«Obduktion einer vergeigten Kampagne. Wie konnte man eine derart klare Sache nur vermasseln?»

Die Rede ist vom CO2-Gesetz. Mitautor ist das political animal Constantin Seibt. Wollen wir es uns antun, wie er mit einem weiteren Sprachdurchfall einen Artikel vergeigt und vermasselt? Bei dem Wetter, das am Wochenende herrschte? Eben.

 

 

Hilfe, mein Papagei onaniert V

Hier sammeln wir bescheuerte, nachplappernde und ewig die gleiche Leier wiederholende Duftmarken aus Schweizer Medien. Subjektiv, aber völlig unparteiisch.

 

Gestörter «Blick»

Leser-Blattbindung, bei diesem Begriff kriegen Medienmanager sofort glänzende Augen. Wettbewerbe, Ratgeber, die Kaffeemaschine zum Abo, die «Sonderaktion nur für «Blick»-Leser», das alles war gestern.

Heute ist «Community». Auch wenn ältere Leser das vielleicht mit Kommune übersetzen und sich schaudernd abwenden, das ist auf jeden Fall Leser-Blattbindung. He, ihr seid Teil von etwas Grösserem, und wer will das in der heutigen Vereinzelung nicht sein?

Also gibt es die «Blick»-Community. Die darf Vorschläge für Artikel machen, während die Kindersoldaten im Newsroom brav stehend applaudieren. Also gut, nicht alle stehen und nicht alle machen ein freundliches Gesicht dazu:

Verzweifelter Newsroom der «Blick»-Familie. (Screenshot blick.ch)

Immerhin, ganze drei (in Zahlen 3) wurden schon umgesetzt, darunter ein Thema, das jedem auf den Nägeln brennt: «Mit diesen Tricks gewinnst du jedes Tischfussball-Turnier». Aber nun wird’s ernst, nun wird ein relevantes Thema angepackt:

Als ob es den Tagi-Protest nicht gäbe: Muss es denn eine Frau sein?

Ein Leser hatte behauptet: «In der heutigen Welt bestimmen Persönlichkeitsstörungen wie Narzissmus und Borderline alles Tun.» Weil «Blick»-Leser nicht unbedingt per du mit Fremdwörtern sind, wollen sie darüber Aufklärung, habe eine Abstimmung der Community ergeben.

Wunderbar, die Redaktion macht sich sogleich ans Werk. Recherchieren, rumtelefonieren, Fachleute, Organisationen, Begriffserklärungen, wichtige Fragen beantworten wie: mehr Männer als Frauen? In welchem Alter? Wo ist die Grenze zwischen Boderline und Narzissmus? Was ist aus der guten alten Neurose geworden?

Ja, so wäre das früher gewesen. Heute ist es so:

1000 Buchstaben für Deine Erzählung. Hau rein!

«Hier wollen wir das Schweigen brechen», heisst es lupfig im Text. Hier wollen wir uns möglichst viel Arbeit sparen, wäre die richtige Übersetzung.

«nau.ch» als Telenovela erzählt

Neben den verfilmten Herz-Schmerz-Geschichten gibt es auch – für des Lesens Mächtige, das entsprechende Heftchenangebot. Schauen wir mal, ob «nau.ch» den Telenovela-Test besteht.

Wir fragen uns hingegen, ob nau.ch wirklich eine teure Umfrage braucht, um auf diese billige Erkenntnis zu kommen.

Wir finden, dass hier die Antwort ein klares Nein sein muss. Welcher Seestern kann schon behaupten, so tief in ein Dekolleté geblickt zu haben? Oh, Seesterne haben keine Augen. Aber vielleicht ist das Dekolleté auch nicht ganz echt. Pfui, für diesen Machospruch streicheln wir jetzt einen Igel.

Auch nau.ch beweist: Journalisten spiegeln welterschütternde Ereignisse am liebsten an sich selbst. Vor allem, wenn eine Begegnung mit zwei wichtigen Politikern das Gefühl auslöst, vom Mantel der Geschichte umweht zu werden.

Aber: Es ist nicht so, dass Nau.ch sich nur Themen von überragender Bedeutung widmet. Was passiert, wenn eine Redaktion leicht durchdreht, kann man hier sehen.

«Republik» als Telenovela

Manche könnten meinen, dass zwischen «nau.ch» und der «Republik» Welten liegen. Vor allem, was die intellektuelle Flughöhe betrifft. Schlechte Nachrichten für das Randgruppenpublikum der «Republik»: das täuscht.

Wir sind keine Corona-Skeptiker, aber diesen Ansatz haben wir nicht verstanden. Vielleicht ist die Flughöhe doch in so dünner Luft, dass wir in Schnappatmung geraten. Oder aber, das ist dem Autor passiert, der seine eigene Fähigkeit zum Klugschwätzen etwas überschätzt.

Wenn das Wort Klugschwätzen fällt, ist die schreibende Locke nicht weit. Zwei Sätze, ein Flachsinn. Es gibt ein Corona-Spektakel? Das sei nicht sehr erhebend? Für wen? So wenig Wörter, so viele Fragezeichen. Nun zeichne sich aber eine andere Zukunft ab. Anders als was? Wird das Corona-Spektakel in Zukunft erhebend? Oder hört die Schweizer Politik endlich auf die guten Ratschläge von Daniel Binswanger? Früher schon brauchte es Sachkundige, um die dunklen Prophezeiungen der Seher zu interpretieren und zu übersetzen. Wer erledigt das für Binswanger?

Aber genug der Kolumnen, hier geht’s zur Sache. Gleich sechs Schreib- und Zeichen-Riesen der «Republik» kümmern sich präventiv um den «Nebelspalter». Alle auch mit seherischen Gaben ausgerüstet, denn es gibt ihn noch gar nicht neu. Macht nix, während man noch beim Namen der Autorin «Martha Monster» die Augen nach oben rollt, erzittert man bei Constantin Seibt. Zu recht, dieser Hirnspalter hat 55’525 Anschläge. Die Lesezeit betrage locker ein halbes Stündchen. Wir geben zu: da ist uns unsere Lebenszeit zu wertvoll.

Ausserdem: Für uns ist seriöser Journalismus, über etwas zu schreiben, das es schon gibt. Dann weiss man, worüber man schreibt. Aber das hat die «Republik» nicht nötig.

Mit diesem Höhenflug, nur knapp 9000 Anschläge, überrascht uns Olivia Kühni. Sie litt ja selber jahrelang, aber stumm unter diesen Zuständen bei Tamedia, von denen sie heute schaudernd sagt: «Diese Kultur ist toxisch, oft sexistisch, für viele Menschen darin soul crushing. Sie ist vor allem auch, und das ist die Ironie am Ganzen: geschäftsschädigend.»

Aber sie will, als ehemalige Wirtschaftsredaktorin (daher «soul crushing», you know), auch Optimismus versprühen: «Eigentlich birgt eine solche Disruption immer auch Chancen. Beispielsweise für den Versuch, Journalismus nicht mehr nur als wenig geschätztes Neben­produkt der Werbe­wirtschaft zu verstehen, sondern als Haupt­aufgabe – und die Leserinnen entsprechend als wichtigste, einzige Kunden.» Disruption? Das unbelegte Gewäffel einiger Journalistinnen, die sich damit einen Kündigungsschutz verschaffen wollen?

Das war ein Querschnitt durch das Schaffen der «Republik» (50 Nasen, Budget 6 Millionen) einer Woche. Der Gesamtoutput war zwar länger, aber nicht grösser als der von ZACKBUM.ch (Budget 0, Kosten für die Kunden 0).

Auch die NZZaS hat ein Frauenproblem

Aline Wanner legt neben Felix E. Müller das Niveau der Medienkritik im Hause NZZ tief und tiefer. Während es bei der Temperatur einen absoluten Nullpunkt gibt, sucht die NZZaS noch danach.

«Frauen vergraulen mit Tamedia»,

so hebt Wanner an. Muss man nicht verstehen, Mann fragt sich aber, ob sie nicht eher «Frauen kraulen mit Tamedia» meinte. Aber wer weiss schon, was Frauen wollen. Auf jeden Fall hätten zum Tag der Frau 78 solche einen «offenen und beklemmenden Brief an die Chefredaktion» geschrieben. Eigentlich war das ursprünglich ein interner Brief an Chefredaktionen und die GL, aber was soll’s.

Mit schnellen Trippelschritten nähert sich Wanner dem Höhepunkt: «Es folgen haarsträubende Beispiele, die vor allem eines belegen: ein Klima von Missgunst, Sexismus, Respektlosigkeit, Kleinlichkeit.» Uns haben die Beispiele keineswegs die Haare gesträubt, sie erschienen uns allerdings als Ausdruck von Kleinlichkeit, Missgunst und Respektlosigkeit. Aber den durch Anonymität allgemein als Täter denunzierten männlichen Mitarbeitern bei Tamedia gegenüber.

«Wer kann da seine Mitarbeiterinnen, von denen es ohnehin zu wenige hat (was ebenfalls ein unternehmerisches Problem ist), beschimpfen und vergraulen?» Mit dieser Frage löst sich Wanner völlig von der Realität, denn bislang haben die angeschriebenen Entscheidungsträger mit Betroffenheit, Zerknirschung, ja sogar mit pauschaler Entschuldigung reagiert. Also genau mit dem «Feingefühl», das Wanner von ihnen fordert.

Was auch Wanner besser anstünde als ihre Heuchelei. Oder darf es ihr egal sein, da Männer ja ausschliesslich Täter sind, dass in ihrem Organ gerade der Chefredaktor eher harsch und ruppig gefeuert wurde? Aber da geht Arbeitsplatzsicherung vor Entrüstung, wie schäbig.

Schreibstau bei den «Republik»-Stars?

Wir haben – gendermässig weitgehend korrekt – den Output von Anja Conzett und Constantin Seibt im Verlauf des Jahres 2020 angeschaut. Meist lang, dafür nicht oft.

Wie sagte schon Helmut Kohl so unsterblich richtig: Am Schluss kommt es darauf an, was hinten rauskommt. Damit meinte er, grosses Buha, Erklärung von Prinzipien, Absichten, edlen Zielen wie die Rettung der Demokratie, das ist ja Pipifax. Was wird geliefert, das ist entscheidend. Oder wie der Jasser so weise sagt: «ufm Tisch müends verrecke».

Also legen wir mal auf den Tisch, was die beiden Schreibstars vom 1. Januar bis 31. Dezember 2020 geleistet haben. Geschlechtlich gleichberechtigt haben wir alle Artikel gezählt, dabei zwischen Allein-Autorenschaft und Gemeinschaftswerk unterschieden. Zudem haben wir vermerkt, wenn das gleiche Thema mehrfach abgearbeitet wurde. Beteiligungen an den sogenannten «Kurzbriefings», die aber manchmal länger sind als ein Wochenausstoss hier, wurden nicht berücksichtigt.

Ebenso wenig die Menge der Buchstaben. Dass da Quantität nicht der Qualität förderlich ist, wurde ja schon mehrfach festgestellt. Zunächst kann man auch lobend erwähnen, dass beide «Republik»-Mitarbeiter in keinen der Flop-Skandale verwickelt waren. Nicht in die «Globe Garden»-Kiste, nicht in die mit Gegendarstellungen erledigte ETH-Story und auch nicht in die SNB-Frauenmobbing-Fanatsie.

Wir entschuldigen uns bei «Republik»-Lesern, dass dieser Artikel mit 6400 Anschlägen nur ein Drittel so lang wie ein «Kurzbriefing» ist.

Damit sind wir aber leider mit dem Lobenswerten schon durch. Lassen wir etwas sprechen, womit die «Republik» bis heute Mühe hat: Zahlen.

Wir legen die Zahlen auf den Tisch

Ladies first, gentlemen later: Anja Conzett hat im vergangenen Jahr bei 13 Artikeln als Autorin gezeichnet. Darunter so anspruchsvolle Porträts wie über Doris Fiala oder die Besitzerin des Modeladens «Thema Selection». Ganze drei Mal widmete sich Conzett dem Bündner Justizskandal.

Vier dieser Artikel bastelte sie mit einem oder mehreren Co-Autoren. Dann ist noch zu erwähnen, dass der «Basel-Report» als Teil eins und zwei erschien, was nur einmal gezählt wurde. Sieht man es von den Themen her, so widmete sich Conzett im ganzen Jahr ganzen fünf.

13 Stück bei der Schreiberin, und wie viele beim Schreiber?

Wie steht es bei der Edelfeder, dem Grund für viele, die «Republik» zu verlegen, also schlichtweg einen Haufen Geld zu zahlen, wie sieht’s bei Constantin Seibt aus? Keine Ahnung, ob das sowohl bei ihr wie bei ihm mit 13 Monatslöhnen zu tun hat: 13 Artikel hat er auf seinem Zähler. 5 davon mit einem oder mehreren Co-Autoren. Bei den verbleibenden 8 widmete er sich viermal Trump, schrieb dazu einen Nachruf und eine Buchrezension.

Also kommt man bei Seibt auf drei Themen im eigenen Ausstoss, dabei unvermeidlich der Brexit und der Vaterschaftsurlaub. Wer da verblüfft fragt: Ist das alles für jeweils schätzungsweise rund 120’000 im Jahr brutto? Aber nein, im Fall von Seibt müssen unbedingt seine 15 ADHS-Kolumnen gewürdigt werden. Nachdem er schon im «Piloten» der Öffentlichkeit gestand, dass er erst im fortgeschrittenen Alter mit einer Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung diagnostiziert wurde.

Geistig deutlich überqualifiziert?

Das ist natürlich strange, denn normalerweise wird das bereits im jugendlichen Alter festgestellt. Wie auch immer, andere hätten sich vielleicht in diese Krankheit verloren. Denn Symptome, Typen, Schweregrade, Ursachen und Therapiemöglichkeiten sind fast unendlich grosse Themengebiete.

Aber eine Edelfeder macht das daraus, was ein guter Schreiber aus allem machen muss: eine Kolumne. In bereits 15 Folgen, und ein Ende ist nicht absehbar. Vielleicht sollte Seibt mal darüber nachdenken, was von mittelschweren Fällen gesagt wird: «Unter Umständen ergreifen sie einen Beruf, für den sie geistig deutlich überqualifiziert sind.»

Deutlich überqualifiziert, das ist das Stichwort für ZACKBUM.ch

Geistig überqualifiziert, das ist die geeignete Überleitung zu ZACKBUM.ch. Wir wollen hier in keinen Nahkampf über die Inhalte, das Gewicht und die geistige Tiefe der Beiträge eintreten. Höchstens, dass häufig von der Anzahl Buchstaben her unser Wochenausstoss nicht länger ist als ein Tagesausstoss der «Republik». Der dadurch aber keinesfalls besser wird.

Aber zurück zu den Zahlen. Unser glückliches, kleines Dreier-Dreamteam hat seit dem Start von ZACKBUM.ch bis gestern genau 562 Artikel veröffentlicht. Plus einen Videocast. Das macht in genau 202 Tagen, wir arbeiten übrigens 7 Tage die Woche, pro Tag 2,8 Artikel. Wie Roger Schawinski schon richtig bemerkte: Das ist ungefähr gleich viel wie von der «Republik». Nur sind es dort 50 Nasen und der Spass kostet über 6 Millionen im Jahr. Bei uns sind’s drei, und es kostet den Leser nix.

Pro Monat ist das ein Gesamtoutput von 85. Oder pro Nase und Monat 28. Also so viel in einem Zwölftel der Zeit, die Conzett und Seibt zusammen für 26 Artikel brauchen, wenn man seine Kolumnen nicht mitzählt.

Tut man das, hat jeder von uns in einem Monat so viel Produktion wie Seibt in einem ganzen Jahr. Ach, und Gegendarstellungen, berechtigte Kritik am Faktischen unserer Artikel hatten wir bislang null. Wenn man von unserer Schwäche absieht, Namen und Geschlecht von vorkommenden Personen nicht immer korrekt niederzuschreiben.

Kann man überhaupt vergleichen?

Ach, und wir wenden dann auch noch einige Zeit dafür auf, dass wir trotz der Gratisarbeit hier die Miete und die Heizung zahlen können. Kann man wie bei Corona so oder so rechnen, jeweils herauszupfen, was Wasser auf die eigene Mühle ist?

Was ist schon eine hingeschmetterte Kolumne, Polemik oder Analyse bei ZACKBUM.ch gegen eine – nun ja – hingeschmetterte Kolumne, Polemik oder Analyse bei der «Republik»? Was ist schon ein Nachruf auf Roman Brodmann zum 100. gegen einen Nachruf auf die Bildchefin Brigitte Meyer?

Sind bei der «Republik» die einzelnen Beiträge zu lang, aber tiefschürfend recherchiert und gedacht und von x Instanzen durchgesehen? Während bei uns die einzelnen Beiträge (meistens) knackig kurz sind, durchaus auch tiefschürfend recherchiert und gedacht und nur nach dem Vier-Augen-Prinzip durchgesehen?

Wir rechnen in aller Bescheidenheit unser Monatsgehalt durch, wenn wir bei der «Republik» wären

Kann man so sehen. Aber: Sind Conzett und Seibt, zum Beispiel, mit ihrem Output wirklich (ohne Spesen) 240’000 Franken im Jahr wert? Oder wären wir, bei gleichem Output im Monat, für ein Monatseinkommen von 240’000 prädestiniert? Oder räumen wir selbstkritisch ein: Wir sind zehnmal schlechter, unwichtiger, unfähiger, uninteressanter, langweiliger als die beiden «Republik»-Stars. Dann wären wir aber immer noch pro Nase 24’000 pro Monat wert.

Wir finden, das ist der Moment, in dem die «Republik» aus Solidarität und zur Abwechslung mal nicht für sich selbst, sondern für uns betteln gehen könnte.

Constantin Seibt zum Zweiten

Radio SRF 2 «ehrt» den Republik-Mitbegründer, indem es am Sonntagmittag ein Interview vom April 2020 wiederholt.

«Musik für einen Gast» auf Radio SRF 2 gehört zum Besten, was der Kultursender zu bieten hat. Besonders gut sind die Interviews, wenn sie von Röbi Koller, Eva Oertle oder Michael Luisier geführt werden. Doch etwas stört. Nicht nur in den Sommerferien, sondern auch quer durchs Jahr werden Sendungen wiederholt, die noch gar nicht so lange zurück ausgestrahlt wurden. Negativbeispiel ist das Interview mit Journalist und Republik-Mitbegründer Constantin Seibt von nächstem Sonntag. Es ist doch tatsächlich die Wiederholung des Gesprächs vom 26. April 2020.

 

Das sieht man aber erst im Kleingedruckten ganz unten bei der Vorschau auf www.srf.ch.

So, wie es fast nichts älteres gibt als eine Tageszeitung von gestern, ist doch auch ein Interview mit einem Journalisten rasch zu sehr abgehangen. ZACKBUM.ch hat bei der Medienstelle von SRF schriftlich nachgefragt. Die Antworten kamen von Silja Hänggi, Mediensprecherin Kommunikation/ Media Relations.

Warum wiederholt Radio SRF so oft Sendungen von «Musik für einen Gast»? Sie kommen dann jeweils zur «Primetime» und als Zuhörer ist man zuerst nicht sicher, ob sie neu ist oder eine Wiederholung.

SRF 2 Kultur wiederholt seit längerer Zeit «Musik für einen Gast»-Sendungen und produziert nicht 52 neue Ausgaben pro Jahr.

Paradebeispiel ist das Interview mit Constantin Seibt. Es kommt nun morgen Sonntag zum zweiten Mal – nur acht Monate nach der Erstausstrahlung. Im Journalismus ist das eine Ewigkeit. Was sind die Gründe, Herrn Seibt nochmals solch eine Ehre zukommen zu lassen? 

Bei der Auswahl der Wiederholungen werden Ausgaben gewählt, die spannend und anregend waren.

Irgendwie liegt wegen den Wiederholungen eine Unsicherheit in der Luft, dass diese beliebte Sendung ganz gekippt wird. Was ist da dran? 

Regelmässige Wiederholungen von besonders spannenden oder anregenden Sendungen gehören seit vielen Jahren zum Sendungskonzept von «Musik für einen Gast».

Seit wann gibt es die Sendung eigentlich und wer hat sie erfunden?

«Musik für einen Gast» ist eine Sendung von SRF 2 Kultur. Sie präsentiert seit Jahrzehnten Prominente und weniger Bekannte im Gespräch über sich selbst, ihren Beruf, ihr Leben – und über ihre Lieblingsmusik. Insoweit folgt sie ihrem britischen Vorbild, der Sendung «Desert Island Discs», die seit den 1950er Jahren in der BBC gesendet wird.

Für ZACKBUM-Leserinnen und Leser hier der Link auf die Sendung vom 26. April 2020. Wer sie verpasst hat und nicht bis Sonntag warten mag….

 

 

Folio: voll teurio

12.60 Franken – wer soll das bezahlen?

Im April hätte die erste Folio-Ausgabe nach dem Relaunch erscheinen müssen. Wegen der Werbeflaute hat die NZZ die Erstausgabe bis September verschoben. Ein halbes Jahr mussten Folio-Abonnenten also auf die neue Nummer warten. Trotzdem blieb es in der Schweiz relativ ruhig.

Nun ist die Ausgabe seit ein paar Tagen im Kiosk erhältlich. Der Inhalt ist so geil wie Militärbiscuit. Das Heft klebt in den Auslagefächern wie Leim. Ein möglicher Grund: Die NZZ hat den Preis angehoben, und zwar empfindlich.

Vor dem Relaunch kostete eine Einzelausgabe 9.80 Franken. Neu beträgt der Verkaufspreis 12.60 Franken. Das ist viel für 74 Seiten. Die FAZ kostet 5.10 Franken, die Zeit 8.20 Franken. Die Weltwoche 9 Franken.

Wer bezahlt 12.60 Franken für ein dünnes Heft, das – seien wir ehrlich – vor allem von seiner Vergangenheit zehrt? Früher schrieben die Besten im Folio: Wolf Schneider, Martin Suter – und Constantin Seibt.

Und wer schreibt heute exklusiv im Folio? Eben.

Der grosse Scoop der Republik

Endlich hat das Online-Portal «Republik» wieder mal einen Primeur. «Alfred Heer bricht sein Schweigen», zitierte der Blick die Internetzeitung. Der «Tages-Anzeiger» brachte die Story ebenfalls – mit Quellenangabe. Der Titel auch hier: «Alfred Heer bricht sein Schweigen». Es war der erste nennenswerte Primeur seit der Kindergarten-Story im Dezember 2019. Dabei hatte Gross-Investor Daniel Meili schon länger mal verlauten lassen, die «Republik» könne durchaus mehr Recherche-Geschichten bringen, die für Aufsehen sorgen. Als Positivbeispiel kommt einem da die Wochenzeitung «WoZ» in den Sinn, die eben mit ihrem wahren Scoop über eine verunglückte wissenschaftliche Untersuchung rund um Emil Bührle in ein Wespennest gestochen hat.

Wen interessiert der Verlierer?

Doch warum redete Heer denn plötzlich wieder? Ganz einfach: Das Spiel war gelaufen, der Sieger bekannt. Zur Erinnerung: Vergangenen Samstag bestimmten die SVP-Delegierten ihren neuen Parteipräsidenten. Den Tessiner Marco Chiesa (45). Alfred Heer, SVP-Nationalrat aus Zürich, schaffte es nicht. Im letzten Moment zog die Zürcher Kantonalsektion die Kandidatur zurück. Während alle News-affinen Journalisten nun dem neuen Parteichef ihre Mikrofone hinhielten, wählten Anja Conzett und Constantin Seibt von der Republik einen anderen Weg. Sie fragten lieber beim Verlierer nach.

Die «Liaison» Conzett/ Heer

Dazu muss man wissen, dass Anja Conzett ein besonderes Verhältnis hat zu Alfred «Fredi» Heer. Sie zog mit ihm schon um die Häuser  und schrieb über diese Beizentour am 6. März 2019 ein langes, durchaus wohlwollendes Portrait in der Republik. Sie protokolliert, wie Heer «ausgerechnet in der Hausbar der Republik nicht willkommen ist. Verhandlungen zwecklos. Ein Halbstarker am Tresen ruft noch eine abfällige Bemerkung hinterher – es ist fürchterlich peinlich». Immerhin. Es gibt laut Conzett ein Happy-End: «Ein paar Tage später, beim Wiedergutmachungsessen in Caduff’s Wine Loft. Fredi Heer ist wieder sein grummlig stoisches Selbst». Ein Text, der beim eher links ausgerichteten Stammpublikum der Republik nicht sehr gut ankam. Anbiederung war noch eine milde Kritik.

Uralttrick  mit der Frage im Titel

«Ausgerechnet in der Hausbar der Republik», «peinlich», Wiedergutmachungsessen». Unabhängiger Journalismus sieht tatsächlich anders aus. Entsprechend zahm kommt das aktuelle Interview mit Alfred Heer daher. Conzett und Seibt müssen sogar zum Uralttrick greifen und das Gespräch mit «Was ist los in der SVP, Herr Heer» betiteln. Das macht man nur, wenn einfach kein Fleisch am Knochen ist. Dazu passt, dass die Fragen oft länger als die Antworten sind. Das ist ein bisschen so, wie wenn man Neymar fragt, wie er sich fühle nach der Niederlage seines Clubs im Champions-League-Final gegen Bayern. Ein Profi bleibt cool und bringt keine Internas ans Licht.

Aufhorchen lässt im Interview (Leselänge 27 Minuten) lediglich die Aussage, dass Heer die Kündigung seiner Wohnung bekommen hat: «Ich werde ja aus der Wohnung geschmissen – Totalsanierung. Neben mir wohnt eine Frau, die wohnt seit 60 Jahren da, Mietzins 1300 Franken für 3 1/2 Zimmer.» Sie sei zu ihm gekommen und habe sich beklagt: «Immer dieser Profit, ist das nicht schrecklich?» Heer verstehe sie ja, wo wolle sie jetzt hin?

Journalistisch wäre das durchaus eine Story gewesen. «Wegen Profit: Ausgerechnet SVP-Nationalrat fliegt aus Wohnung.» Doch weder Conzett, noch Seibt scheinen ein Herz für die Wohnungsnot wenig Verdienender zu haben. Logisch, verdienen beide doch 8000 Franken auf 100 Prozent.