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Wie man einen Club schlachtet

Wenn Fundamentalisten und Heuchler übernehmen.

Die jährliche Mitgliederversammlung des Clubs der Zürcher Wirtschaftsjournalisten war ein kleiner, aber feiner Anlass. Zunächst die Vereinsmeierei, dann eine (fast) immer interessante Podiumsdiskussion mit illustren Gästen. Dann Apero und schliesslich gemeinsames Essen. Alles off the record, daher konnte man sich bespassen, Kontakte knüpfen, Vorurteile abbauen und interessante Leute kennenlernen.

Da dafür fast die gesamten Mitgliederbeiträge draufgegangen wären, war es guter Brauch, sich diesen Anlass sponsern zu lassen. Wie das alle grossen Medienhäuser auch tun. Jeder Journalist müsste eigentlich wie in der Formel eins mit x Aufnähern herumlaufen, wer alles sein Gehalt bezahlt. Was selbstverständlich an seiner unabhängigen und unparteiischen Berichterstattung nichts ändert.

Und morgen erzählen wir ein anderes Märchen.

Denn immer wieder kritisieren die Wirtschaftsjournalisten von Tamedia den profitgetriebenen Kurs von Pietro Supino. Bei Ringier herrscht ein angriffiger Ton gegen Marc Walder oder Ladina Heimgartner. Und den Söhnen des Wannerclans mit ihren Fehlentscheidungen weht ein scharfer Wind in den Organen von CH Media entgegen. Auch Eric Gujer muss sich immer wieder Kritik in den eigenen Spalten der NZZ gefallen lassen. In einer Fantasiewelt …

Leider ist auch unter Wirtschaftsjournalisten die woke Pest ausgebrochen. Angeführt von Holger Alich, verlangte eine Mehrheit an der letzten GV, dass das Sponsoring des Anlasses abgeschafft werden müsse, zu gross sei die Gefahr einer Beeinflussung oder eines Reputationsschadens. Worin der genau bei festangestellten Journis bestehen sollte, die bis unter die Haarwurzeln von Inserenten gesponsert sind, vermochte er allerdings nicht zu erklären.

Damit hat die Heuchelei eine neue Höchstmarke erreicht. Denn die tapferen Kämpfer für einen reinen Anlass wollten es sich anschliessend nicht entgehen lassen, sich noch ein letztes Mal gesponsert den Magen vollzuschlagen und sich kräftig eins auf die Nase zu giessen. Ein übelkeitserregender Anblick.

Damit dürfte der Club nach 57 Jahren ziemlich am Ende sein, denn die Alternativvorschläge der Fundamentalisten sind so abwegig wie lächerlich wie unrealistisch. Der Präsident Marc Kowalsky hat bereits die Konsequenzen gezogen:

«An der Generalversammlung vom Mittwoch hat sich die Mehrheit der anwesenden Mitglieder des Clubs Zürcher Wirtschaftsjournalisten für zukünftige Jahresveranstaltungen ohne Sponsor ausgesprochen. Damit reduzieren sich die Einnahmen des Clubs um mehr als die Hälfte. Das wird spürbare Folgen haben auf das zukünftige Leistungsangebot des CZW und seinen Charakter.
Selbstverständlich respektiere ich den Willen der Mehrheit, teile ihn in diesem Fall aber nicht. Demzufolge bin ich auch die falsche Person, um ihn umzusetzen. Ich habe daher mein Amt als Präsident heute niedergelegt.»

Da es sich um ein nicht gesponsertes Ehrenamt handelt, ist kaum anzunehmen, dass einer der Fundamentalisten einspringen wird.

Auch wenn Alich sonst nicht viele Spuren im Wirtschaftsjournalismus hinterlässt: er kann sich immerhin damit brüsten, diesen Club gekillt zu haben.

Es ist immer das Gleiche: Fundamentalismus und Fanatismus haben so etwas Spartanisches, Unfrohes, Trockenes, Lebensunlustiges, Miefiges, Selbstgerechtes und vor allem auch Humorloses an sich. Ein Umfeld und Umgang, den man tunlichst meiden sollte.

Wenn die Vernunft einmal siegt

Der Club Zürcher Wirtschaftsjournalisten bleibt, wie er ist.

An der letzten Generalversammlung geschah Unschönes. Drei Anträge wurden von den wenigen Anwesenden angenommen. Der erste: Umbenennung in den «Club Zürcher Wirtschaftsjournalist*innen».

Zweiter Antrag: «Ausarbeitung einer Branchenvereinbarung mit dem Ziel, dass die Redaktionen in ihrer Berichterstattung 50% Akteurinnen der Wirtschaft zu Wort kommen lassen.» Dritter: «Verzicht auf Sponsoring bei der Jahresveranstaltung; Prüfung alternativer Finanzierungsmodelle oder Anpassung des Rahmens der Veranstaltung.»

Damit wäre der Club im 50. Jahr seiner Existenz Opfer des Genderwahns, Opfer einer falsch verstandenen Quotenregelung und Opfer einer Sparmassnahme geworden, die die Begegnung mit hochkarätigen Wirtschaftsführern und Politikern unmöglich gemacht hätte.

Also in einem Wort: eine Notschlachtung. Glücklicherweise unterlag diese Abstimmung einem Formfehler und musste deshalb wiederholt werden. Nicht nur wegen Corona diesmal schriftlich; die Mitglieder (und auch die ohne) hatten zwei Wochen Zeit, nochmals abzustimmen.

Erfreuliches Resultat: «Es haben 76 von 116 wahlberechtigen Mitgliedern abgestimmt. Die Wahlbeteiligung lag damit bei 65.5 Prozent bzw. war mehr als drei mal so hoch wie an der physischen GV. Die Abstimmungsergebnisse sind also basisdemokratisch breit abgestützt und drücken den Willen der Mehrheit unser Clubmitglieder aus.»

Noch erfreulicher: für einmal in diesen Zeiten siegte die Vernunft und der gesunde Menschenverstand. Der Antrag auf Umbennung erhielt zwar wieder eine knappe Mehrheit von 51,32 Prozent. Da aber für eine Statutenänderung eine Zweidrittelmehrheit nötig wäre, ist er abgelehnt.

Klar fiel das Resultat bei der Quotenfrauregelung aus. Nur 23,7 Prozent waren dafür, eine satte Mehrheit von 65,8 Prozent waren dagegen. Schliesslich wurde der Verzicht auf Sponsoring des Jahresanlasses mit 33,3 Prozent Ja-Stimmen gegen 50,7 Prozent Nein abgelehnt.

Ende gut, alles gut, und dem Club bleibt das Mitglied René Zeyer erhalten, der nach der ersten, ungültigen Abstimmung seinen Austritt aus Protest erklärt hatte.