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Auch Anwälte wollen werben

Christophe Germann passt sich dem Tamedia-Niveau an.

«Legal thinking out of the box», so preisen sich «Germann Avocats» aus Genf an. Das Team besteht aus Dr. Christophe Germann und Dr. Flavia Germann, höchstwahrscheinlich verwandt oder verschwägert.

Nun dürfen Anwälte bis heute keine Werbung für sich machen. Aber Tamedia bietet gerne nicht nur eigenen Mitarbeitern Gelegenheit, Unsinn zu verzapfen: «Die Schweiz hat den Vertrag über die Nichtverbreitung von Kernwaffen ratifiziert. Die kürzlich fusionierten Banken UBS und CS tragen massiv zur Verletzung dieses internationalen Abkommens bei

Oha, ist das eine Tatsache oder einfach eine Behauptung? Zweiteres: «Credit Suisse und UBS sind gemäss dem neusten Bericht von PAX und der Friedensnobelpreisträgerin International Campaign to Abolish Nuclear Weapons (Ican) «Risky Returns: Nuclear Weapon Producer and Their Financiers» die einzigen Schweizer Geldinstitute, die noch beträchtliche Finanzdienstleistungen für das Kernwaffenwettrüsten liefern. Diese NGOs schätzen die Investitionen beider Banken in Unternehmen, die nukleare Massenvernichtungsbomben produzieren, auf über 5 Milliarden Dollar.»

Was NGOs so alles behaupten, wenn der Tag lang ist. Dann stellt Germann weitere absurde Behauptungen auf, bei denen er aber selbst einen solchen «Beleg» schuldig bleibt: «Der Scherbenhaufen CS kostet die Schweizer Öffentlichkeit voraussichtlich den Betrag von 109 Milliarden Franken, was ein Viertel der Kosten eines Wiederaufbaus der Ukraine ausmacht, welche die Weltbank zurzeit auf 411 Milliarden Dollar schätzt.»

Kann Germann behaupten, mit dem dritten Auge der Zukunftssicht ausgestattet zu sein? Es sind insgesamt 259 Milliarden, die im Feuer stehen. Ob davon überhaupt etwas von der «Schweizer Öffentlichkeit», also vom Steuerzahler, berappt werden muss, steht in den Sternen. Dass der Wiederaufbau der Ukraine entschieden mehr als 411 Milliarden Dollar kosten wird, das ist hingegen ein Fakt.

Nach diesem Ausflug in die Ukraine kehrt Germann mit mehr schlechten Nachrichten in die Schweiz zurück: «Dieses Geld wird voraussichtlich verpulvert, nachdem die Nationalbank im letzten Jahr einen Verlust von 134 Milliarden Franken hat verbuchen müssen. Eine volkswirtschaftliche Apokalypse ist zu befürchten: Beim nächsten Börsen-Windstoss wird das Kartenhaus zusammenfallen. Allzu grosse Bank, um unterzugehen, allzu kleiner Staat, um zu überleben.» Was die Staatsgarantien für die Bankenfusion mit den Verlusten der SNB zu tun haben, das erklärt Germann genauso wenig wie seine düstere Ansage einer Apokalypse, dem drohenden Untergang der Schweiz gar.

Nun steigert sich Germann am Schluss seines «Gastkommentars» selber zum apokalyptischen Reiter: «Im Vergleich zu diesem relativ harmlosen Szenario riskiert die Ukraine hingegen einen Weltuntergang im leibhaftigen Sinne, der heute nicht bloss volkswirtschaftlich durch selbst verursachte Misswirtschaft jederzeit erfolgen kann. Es geht ums schiere Überleben dieser Nation. Die Schweizer Neutralität ist im Lichte dieser Realität neu zu definieren – wer Zeuge wird von Vergewaltigung und Meuchelmord am helllichten Tag und auf offener Strasse, kann nicht einfach gegenüber Opfer und Täter «neutral» wegschauen. Dasselbe gilt für schlimmste Verletzungen des Völkerstrafrechts: Unser Land muss sich krasse Doppelmoral vorwerfen lassen, wenn es die Lieferung von konventionellen Waffen zur Verteidigung der Ukraine gegen das kriminelle Putin-Regime verweigert und gleichzeitig amoralischen Ultralaxismus bei der Finanzierung von nuklearen Massenvernichtungsmitteln betreibt.»

Eine «volkswirtschaftliche Apokalypse» samt Untergang der Schweiz wird also zu einem «relativ harmlosen Szenario». Nun geht es plötzlich gar nicht mehr darum, sondern um die Schweizer Neutralität und die mit ihren Gesetzen übereinstimmende Weigerung, in ein Kriegsgebiet Waffen zu liefern. Gerade für eine Anwalt ist das schon speziell, wenn der die Schweizer Regierung dazu auffordert, gegen Schweizer Gesetze zu verstossen.

Gegen das Mitteilungsbedürfnis einer Genfer Anwaltskanzlei ist nichts einzuwenden; Werbung in eigener Sache ist erlaubt, wenn’s Tamedia zulässt. Nur sei eine kleine Frage gestattet: Würden Sie einen Anwalt mandatieren, der mit wilden Behauptungen um sich wirft und offen zum Rechtsbruch auffordert?