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Früheres Qualitätsmedium

Seit CH Media die ehemaligen NZZ-Titel schluckte, geht’s bergab.

Immerhin, die Restanz der Fusion zwischen CH Media und den NZZ Lokaltiteln ist inzwischen entsorgt. Pascal Hollenstein spielt nicht mehr die publizistische Leiter nach unten, sondern ist offen für Neues.

Allerdings hat das nicht unbedingt zur Qualitätssteigerung beigetragen. Schauen wir uns mal diese Seite des St. Galler «Tagblatt» an. Das war früher mal ein niveauvolles Blatt, das stolz darauf war, aus dem Hause NZZ zu stammen. Inzwischen muss halt die Einheitssauce aus Aarau übernommen werden:

Auf dieser Seite gibt es zwei bemerkenswerte Dinge. Zunächst das Foto des SVP-Nationalrats und Herausgebers der «Weltwoche». Ein Bild sagt bekanntlich mehr als tausend Worte. Nun ist Roger Köppel sicherlich kein Schönling. Aber muss es ein Foto sein, überschrieben noch mit «Brandrede», das an einen bissigen Fanatiker erinnert, einen Schreihals? Offener Mund, zum Zubeissen bereit, fanatische Augen hinter Brillengläsern, jede Bildredaktion, die noch etwas Ehre im Leib hätte, würde so ein Foto nicht vorschlagen. Ausser natürlich, es entspricht allen Vorurteilen, die man gerne pflegen möchte.

Darunter ist der Titel interessant. Man erinnert sich, am Freitag kam Tamedia mit dem Primeur, dass der Impf-Präsident Christoph Berger entführt worden sei und sich «stundenlang» in Geiselhaft befunden habe. Der Entführer sei möglichweise ein Corona-Leugner, ein Aluhutträger, ein Anhänger von Verschwörungstheorien. Zum grossen Ärger von Tamedia bekam der Konzern mittels Superprovisorischer untersagt, den Namen des Entführungsopfers zu nennen. Was die Konkurrenz, inklusive NZZ und CH Media, dann fröhlich tat.

Es brandete dann eine Welle von Kommentaren über die Leserschaft herein. Vergiftetes Klima in der Schweiz, vor allem Corona-Skeptiker neigten zur Militanz, gar zur Gewalt. Furchtbar, keine Zustände, und nun das noch, selbst vor einer Entführung schrecken diese aufgepeitschten Fanatiker nicht zurück. Welch eine bedauerliche Degeneration der politischen Auseinandersetzung in der Schweiz.

Nun haben all diese Japser ein dummes Problem. Der entführte Impfchef ist ein aufrechter Mann und äusserte sich ein einziges Mal gegenüber den Medien zu seiner Entführung. Dabei stellte er klar, dass er während der einen Stunde, in der er in der Gewalt des Entführers gewesen sei, keinesfalls den Eindruck gehabt habe, das Kidnapping habe etwas mit seiner Position zu tun. Im Gegenteil, Berger schreibt, dass er sich nicht einmal sicher sei, ob der Entführer gewusst habe, welches Amt er bekleide. Es sei ihm offensichtlich nur ums Geld gegangen.

Nach der Zusicherung, das Geld zu besorgen, liess ihn der Kidnapper überdies nach einer Stunde wieder laufen. Nach dieser dilettantischen Aktion kam es beim polizeilichen Zugriff zu einem Blutbad. Der Entführer, der plötzlich eine Waffe gezogen haben soll, wurde bei der nachfolgenden Schiesserei tödlich verletzt. Zuvor hatte eine Kugel aus seiner Waffe seine Lebensgefährtin getötet.

Alles Weitere liegt noch im Dunkeln, auch, welche Rolle ein Geschäftspartner des Erschossenen spielt. Auf jeden Fall scheint ein direkter Zusammenhang mit der Bewegung der Impf-Skeptiker unwahrscheinlich. Dieses Statement von Berger wird daher in den Mainstream-Medien mehr oder minder kommentarlos wiedergegeben. Ein kurzes Zeichen der Reue, ein Eingeständnis, dass man vorschnell einem Narrativ aufsass – fanatisierter Impfgegner greift zur rohen Gewalt und entführt den Impfchef –, ach was.

Wenn ein Narrativ mit der Wirklichkeit kollidiert, ist das halt Pech. Für die Wirklichkeit.

Entschuldigung!

Virus und Hirntätigkeit: ein neues, erschreckendes Beispiel.

Christoph Berger ist der «Präsident Eidgenössische Kommission für Impffragen». Roger Schawinski führt als Einziger das Format «Talk Radio» in der Schweiz weiter. Spannende Gespräche zum Thema Corona; der alte Fuchs zeigt’s mal wieder allen.

Logisch, dass Berger und Schawinski aufeinandertrafen. Beste Gelegenheit für Berger, Fragen zu beantworten und zu klären. Dass ihn Schawinski dabei nicht mit Wattebäuschchen bewerfen würde – wer weiss das nicht.

Dünnhäutig und überfordert: Berger.

Dass Schawinski allergisch auf Herumeiern reagiert, wer wüsste das nicht. Der Talker warf Berger vor, die Schweiz sei das Schlusslicht in Europa bei den Booster-Impfungen, man habe insbesondere mit Blick auf Omikron getrödelt.

Logisch, dass das Berger nicht als Kompliment nahm. Dann machte er etwas ganz Originelles: er gab die beleidigte Leberwurst. «So diskutiere ich nicht weiter», sagte der Staatsangestellte, und legte auf.

Schawinski rief im völlig zu Recht nach, dass so einer eine Fehlbesetzung in seiner Position sei. So weit, so lustig. Aber Berger ist ein echter Scherzkeks. Nun will er, dass sich Schawinski bei ihm entschuldige.

Wofür? Dass Berger sich lächerlich machte? Dass er dünnhäutig das Gespräch abbrach? Hätte Schawinski ihn aus der Leitung gekübelt, könnte man vielleicht über eine solche Forderung sprechen. Aber so? Eigentlich sollte sich Berger bei der Öffentlichkeit, seinen Mitarbeitern und bei Schawinski entschuldigen.

Anschliessend zurücktreten. Denn er ist tatsächlich eine Fehlbesetzung. Ein Kinderarzt als Kindergärtner.