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Will SoBli-Chef seinen Job loswerden?

Es ist mal wieder Flugzeit bei Ringier.

Steffi Buchli hat das Haus Knall auf Fall verlassen. Ausser Gerüchten gibt es keine nachvollziehbaren Gründe für den schwachen Abgang. Ist auch sie mit der Nemesis des Verlags übers Kreuz geraten? Oder mit Aidos? Wir müssen hier etwas gelehrt werden, denn Namensnennungen können gröberen Ärger verursachen.

Also sagen wir nur, dass es sich um eine Bündnerin handelt.

Auf jeden Fall ist das nach Christian Dorer bereits das zweite Bauernopfer bei einer völlig verfehlten Strategie, das Markenzeichen Boulevard des «Blick» zu enteiern.

Da fällt uns spontan der schöne Spruch ein: Es tut der Osterhase kräftig fluchen, wenn Kinder seine Eier suchen.

Bislang sitzt der Chefredaktor «SonntagsBlick» noch einigermassen sicher auf seinem Stuhl. Das scheint er aber ändern zu wollen. Denn in einem Anfall von österlichem Eingedenken schreibt Reza Rafi doch tatsächlich in seinem aktuelle Editorial:

«Heute profiliert sich jeder, der den Zeigefinger hebt. Von Kindererziehung über Sexualität und Lebensverlängerung bis zu Ökonomie und Weltpolitik: An jeder Ecke lauert ein Rechthaber.»

Und haut gnadenlos seiner eigenen, glücklichen (oder nicht so glücklichen) «Blick»-Familie eins in die Fresse:

«Tipps zu geben, ist das billigste Geschäftsmodell für Medien, PR-Leute, Parteienvertreter und alle anderen, die um Aufmerksamkeit buhlen

Um lammfromm zu enden: «Das Osterfest beendet die Zeit des Fastens, das einen zentralen Wert des Christentums fördern soll: die Demut.»

In aller gebotenen Demut, eine Auswahl aus der gleichen Homepage, auf der Rafis Editorial erschien:

Der Wein-Ratgeber.

Der erhobene Zeigefinger.

Die Kritik an Trump.

Die Promotions-Tipps.

Der Ratgeber.

Und noch ein Ratgeber.

Der Besserwisser.

Sucht man auf der Webseite des «Blick» nach dem Stichwort «Ratgeber», poppen 261 Treffer auf. Und hat nicht eine führende Bündnerin im Haus verkündet, dass der Abschied vom Boulevard (und von den meisten Lesern) mit mehr Service und Ratgebern einhergehen sollte?

Also wenn man da Rafi auch ungebeten einen Rat geben darf: in sich gehen, Busse tun, Haupt senken, im nächsten Editorial Gegensteuer geben. Sonst könnten das noch traurige Ostern ohne Auferstehung werden.

Alles Müller oder was?

Der Dritte im Bunde, Patrik Müller, ist auch aktiv.

Im Vergleich zu Tamedia geht’s im Wanner-Imperium recht ruhig und rumpelfrei zu. Obwohl man dort die neuste Runde des grossen Rausschmeissens einläutete. Das ist nicht zuletzt das Verdienst des dortigen Oberchefredaktors Patrik Müller. Der ist als einziger von der Trinität übriggeblieben. Arthur Rutishauser, Oberchefredaktor Tamedia, lupfte es über den Protest von hysterisch-erregten Tamedia-Frauen, die eine ganze Latte von anonymen und nicht belegten Behauptungen in die Welt setzten, über Sexismus und unerträgliche Arbeitsbedingungen.

Dann lupfte es Christian Dorer, Oberchefredaktor der «Blick»-Gruppe. Über ein nie genauer erklärtes angebliches Fehlverhalten. Die Ergebnisse einer «Untersuchung» wurden angekündigt, aber niemals veröffentlicht. Was nachkam, war in beiden Häusern kläglich.

Nur Müller hält sich, ging sogar als Sieger im Zweikampf mit Pascal Hollenstein, der publizistischen Leiter des Hauses CH Media, hervor. Dieser hatte sich zu oft als Sprachrohr für eine ehemaliger Zuger Politikerin hergegeben, die ständig öffentlich wiederholt, dass sie aus der Öffentlichkeit verschwinden will.

Müllers bislang ungetrübte Karriere kann auch darin ihren Grund haben, dass er recht flexibel ist, was seine politische Positionierung betrifft. Denn offensichtlich sind im Hause Wanner die Befürworter einer engeren Anbindung an die EU tonangebend. Diese Marschrichtung wurde von ganz oben schon vorgegeben.

Also interviewt Patrik Müller den Staatsrechtler Georg Müller, der überhaupt nichts von der Kompass-Initiative hält: «Die Kompass-Initiative – von einem Komitee lanciert, dem drei Milliardären angehören – gibt vor, die direkte Demokratie in der Schweiz zu stärken. Aber in Wirklichkeit wollen die Initianten verhindern, dass die Erweiterungen der Bilateralen Verträge mit der EU (Bilaterale III) zustande kommen

Wumms. Müller (der Staatsrechtler) lässt kein gutes Haar an der Initiative:

«… unnötige Ausweitung, welche den Entscheidungsprozess  verzögern, komplizieren und unsicherer machen würde … würde die Initiative die Handlungsfähigkeit der Schweiz einschränken … das macht die Initiative zu einem verzweifelten Versuch, die bereits laufenden Verhandlungen zu stören … die Rückwirkung der Initiative wäre verheerend. Eine solche Regelung könnte zu gravierender Rechtsunsicherheit führen».

Dann noch seine Schlusssalve: «Es liegt nahe, dass die Initianten auf einen Abschreckungseffekt setzen. Sie wissen, dass ihre Initiative rechtlich und praktisch problematisch ist, hoffen aber, damit die Verhandlungen über die Bilateralen III zu torpedieren. Sollte dies ihr wahres Ziel sein, wäre dies ein verantwortungsloses Störmanöver. Für die Wahrung der aussen- und wirtschaftspolitischen Interessen sowie für die Glaubwürdigkeit der Schweiz als Vertragsstaat wäre dies verheerend.»

Mit anderen Worten: die Initiative ist so ziemlich das Schlechteste, was jemals seitdem es das Initiativrecht gibt, auf die Rampe geschoben wurde. Von ein paar verantwortungslosen Milliardären, die eigentlich keine Ahnung von staatsrechtlichen Aspekten haben.

Dieser Meinung kann man unbenommen sein. Es wäre allerdings einem Chefredaktor durchaus angestanden, sich nicht nur als Stichwortgeber oder als Souffleur mit ein paar pseudokritischen Fragen aufzuführen. Denn an Staatsrechtler Müllers Philippika gibt es dermassen viele Schwachpunkte, sie enthält dermassen viele polemisch-demagogische Unterstellungen und Halbwahrheiten, dass sich hier ein munteres Streitgespräch hätte entwickeln können.

Müller hätte zum Beispiel fragen können, was genau die finanziellen Auswirkungen einer Übernahme von EU-Recht wären. Was die Gewinne, was die zusätzlichen Ausgaben durch die Anpassung an das Bürokratiemonster Brüssel.

Aber das hätte dann nicht ganz den Absichten des Besitzerclans entsprochen.

Ein cleverer Mann, dieser Müller (nein, nicht der Staatsrechtler).

Die SoZ macht sich

Wer hätte gedacht, dass die SoZ die NZZaS abtrocknet?

Journalismus ist halt ein People’s Business. Der Mann (oder die Frau) am Steuerrad entscheidet. Da hat sich in jüngster Zeit einiges zum Schlechteren verändert.

Längere Zeit waren Christian DorerBlick»-Familie), Arthur Rutishauser (Tamedia) und Patrik Müller (CH Media) die Platzhirsche im Tageszeitungsgeschäft. Auf einem anderen Planeten schwebt Eric Gujer (Chefredaktor, Geschäftsleiter und God Almighty der NZZ).

Dann wurden Dorer und Rutishauser übel gemobbt. Nach einer angeblichen «Untersuchung», deren Ergebnisse niemals bekannt gegeben wurden und angeblichen Gesprächen über eine Weiterbeschäftigung, war Dorer weg. Und ist seither Leiter der Migros-Kommunikation. Rutishauser wurde nach einem Protestbrief von 78 erregten Tagi-Frauen, die niemals belegte, vage Anschuldigungen erhoben, die alle männlichen Mitarbeiter unter Generalverdacht stellten, zum SoZ-Chefredaktor zurückgestuft. Nur Müller konnte sich halten und gewann sogar den Nahkampf mit der publizistischen Leiter nach unten Pascal Hollenstein. Der desavouierte sich als Sprachrohr für Jolanda Spiess-Hegglin und wurde von einem Tag auf den anderen entsorgt.

Sozusagen als Kollateralschaden musste auch Jonas Projer sein Pult bei der NZZaS räumen; nachdem seine Nachfolgerin auf der Zielgeraden absagte, wurde Beat Balzli, eigentlich vorgesehen als Booster für die Deutschland-Offensive, notfallmässig sein Nachfolger bei der NZZaS. Und Gieri Cavelti legt Wert auf die Feststellung, dass er sein Pult als Chef des SoBli freiwillig geräumt habe.

Was nachkam, nun, auch auf die Gefahr hin, der Misogynie bezichtigt zu werden: ein Frauenbonus wird in leitenden Positionen schnell zum Malus …

All diese Hintergründe muss man kennen, wenn man aktuell konstatiert: Der SoBli unter Reza Rafi hat weitgehend seine Bedeutung als ernstzunehmende Stimme am Sonntag verloren. Die NZZaS dümpelt mit Belanglosigkeiten vor sich hin, seine noch nicht vollständig in die NZZ integrierte Restmannschaft frönt ihren Pläsierchen, der Chefredaktor blamiert sich mit Editorials, die deutsche Unwichtigkeiten enthalten.

Und die SoZ läuft unter Rutishauser zu alten Formen auf. Höchstens Lukas Hässig mit seinem «Inside Paradeplatz» übertrumpft sie im CS-UBS-Bashing, dank Rutishausers Quellen und Beziehungen – und seiner ungebrochenen Schreibkraft.

Aber auch das Geschäft des Breitbandangebots beherrscht er. Während die NZZaS mit einer verunglückten Konservenbüchse aufmacht, setzt die SoZ auf einen Promi, der seinen runden Geburtstag feiert:

Auch wenn die SoZ gelegentlich unter einem verunglückten Layout leidet, das zu jedem Seitenaufmacher ein Riesenfoto verlangt, was dann oftmals an Banalität nicht zu überbieten ist, hat man hier ein nettes Porträt des Schneemenschen Reinhold Messner ausgegraben. Dazu ein kleiner Aufreger, eigentlich zwei. «Klimagesetz ist unsinnig und unsozial», da werden im Kreis 8 vegane Müeslis auf die SoZ gespuckt. Und «Schweizer Pistolen schützen Putin»; schlimmer wäre nur, wenn er auch noch eine Schweizer Uhr trüge. Hoppla, er trägt gelegentlich eine Schweizer Uhr, der böse Schlingel.

Auch der Immer-noch-Redaktor Peter Burkhardt bastelt aus Versatzstücken eine nette Rempelei-Story gegen den reichsten Schweizer zusammen. Denn Klaus-Michael Kühne hat wie viele Erben ein bewunderndes Verhältnis zu seinem Vater, der allerdings während dem Braunen Reich in üble Geschäfte verwickelt war, was der Sohn nicht wahrhaben will. Beziehungsweise den Deckel auf allen entsprechenden Dokumenten und Untersuchungen draufhält.

Dann noch ein «Heimkind», das «an den Behörden verzweifelte», Neues von der «Fettwegspritze»,  und als Auflockerung Tim und Struppi. Alleine der inhaltliche und visuelle vergleich mit der NZZaS lässt wenig Fragen offen:

Im Editorial regt sich Rutishauser wohlfeil auf: «Dass Russland mit Schweizer Waffen Krieg führt, ist eine Schande». Ist zwar etwas aufgepumpt – auch Rutishauser lässt sich gelegentlich von der Pumpstation Tagi anstecken –, aber erregt den Leser, was ja der Sinn der Sache ist.

Dann ein Schulthema, nicht weltbewegend, aber immer für Aufreger gut. Diesmal nicht wieder ein Verriss der letzten, gescheiterten Schulreform, sondern die Frage, wie die Schulen gegen die Handy- und Smartwatch-Plage vorgehen sollten.

Schliesslich der aufgepumpte Aufreger:

Issja furchtbar; hoffentlich haben die Waffen dann nicht Ladehemmung, was bei Schweizer Sturmgewehren leider vorkommt.

Dann beginnt eine nicht ganz brandneue, aber doch den Leser nicht wirklich amüsierende Werbekampagne mitten im redaktionellen Umfeld:

Geht auch so:

Ob sich der hier sicher genannt sein wollende Online-Händler damit einen grossen Gefallen tut?

Der alte, erfahrene USA-Kenner Martin Suter, der vielen «wir hassen Trump und lieben Harris»-Flachdenkern kräftig auf den Zeiger geht, weil er sich im Gegensatz zu den meisten anderen bemüht, so genau wie möglich die Wirklichkeit abzubilden, weist dann wieder auf die alte Erkenntnis von Bill Clintonit’s the economy, stupid») hin:

Dann kommen wir zu einem absoluten Stehaufmännchen. Marcel Salathé. War der nicht mal der grosse Corona-Guru der Schweiz? Überpräsent auf allen Kanälen? DER Fachmann? Und dann weg? Denn ohne Corona kein Salathé. Während aber viele seiner Kollegen (und Kolleginnen, man erinnert sich an Isabella Eckerle «Die Schweiz braucht einen Lockdown»?) in der Dunkelheit der Laborforschung verschwunden sind, hat sich Salathé neu erfunden. Schluss mit Epidemiologe, her mit dem «Co-Leiter des neuen KI-Zentrums der ETH Lausanne». Eine Wiedergeburt erster Klasse. Und um grosse Worte war er noch nie verlegen:

Und er weiss, zur Message gehört auch das entsprechende Foto:

Wie von Rodin gemeisselt. Gekonnt ist gekonnt, ein Profi halt, ein Meister der Selbstinszenierung. Aber eben gut.

Bei so viel Interessantem kann man wohlgemut eine Seite Ewiggestriges überblättern. Oder wer will schon lesen, welche Gedanken sich Bettina Weber über das verblühte Supermodell Christy Turlington macht, das letztes Jahr (!) verkündete, sie wolle keine plastische Chirurgie, was Weber spät, aber immerhin auffällt. Jacqueline Badran erinnert sich an ihre erste Anti-AKW-Demo – und daran, dass sie seither nichts dazugelernt hat. Und Markus Somm beschäftigt sich auch noch mit einem verglühten Polit-Pin-up-Girl, das nun wirklich allen zum Hals raushängt.

Aber selbst der «Sport», von ZACKBUM konsequent überblättert (überklettert, machte das Korrekturprogramm draus, endlich eins mit Humor), macht mit einem interessanten Interview mit Yeti Reinhold Messner auf, der schon mehrfach gezeigt hat, dass er nicht nur in seinen Händen Muskeln hat, sondern auch genügend Hirnzellen sein eigen nennt. Und wunderbar: das Interview ist mit Bordmitteln von Christian Brüngger erstellt.

Dann liefert Rutishauser, nach der Kühne-Sause, seinen Aufreger der Woche ab:

Selbst Jorgos Brouzos, der gerne gepflegte Langeweile versprüht, scheint seine Beförderung zum Wirtschafts-Chef gutgetan zu haben.Er erzählt eine hübsche Skandalgeschichte aus dem Unterholz der internationalen Wirtschaftswelt nach. Beteiligt ist das Imperium von Inder Gautam Adani (100 Milliarden Vermögen), die Behauptung des US-Leerverkäufers Hindenburg, dass Adani mit verdeckten Aufkäufen die Aktienkurse seiner Firmen hochmanipuliere und ein Urteil der Genfer Justiz, das 310 Millionen Dollar auf Schweizer Konti gesperrt hat, die darin verwickelt sein könnten. François Pilet veröffentlichte das zuerst auf seinem munteren Blog «Gotham City». Der wurde dann mit DoS-Angriff (Dental of Service, ein Server wird mit so vielen Anfragen bombardiert, dass er schlapp macht) fast in die Knie gezwungen.

Hübsche Crime-Story.

Dann geht’s man kann ein Niveau halt nicht durchhalten, bergab:

In der Schweiz soll es ungefähr 40’000 Transmenschen geben. Das sind 0,44 Prozent der Bevölkerung. Randgruppe trifft es nicht mal ganz. Also ist der Artikel für 99,5 Prozent aller SoZ-Leser zum Überblättern. Dann noch die Autobiographie von Frank Zappa. Nein, der ist schon ein Weilchen tot und kann sich nicht dagegen wehren, dass seine Tochter von seinem Ruhm zehrt und ihre Autobiographie schreibt.

Aufreger, Aufreger, Schauspielerin Gillian Anderson, die auch schon gloriosere Zeiten hatte, hat ein Buch über geheime Sex-Fantasien geschrieben. Von Frauen. Boach, geil.

«Hackbraten», eine Seite über Hackbraten. Weniger geil. Es gibt ein Einzelstück des Porsche 917. Überhaupt nicht geil. «Tintin flog natürlich Swissair», mässig lustig. Der Autor eines neuen Reiseführers über «Bikepacking» darf Gratis-Werbung machen. Auch nicht lustig.

Aber: Zwischen dieser SoZ und der NZZaS liegen Welten. Peinlich für die NZZ.

 

Wumms: Andreas Durisch

Der «Mid Risk»-Mann als Kommunikationsberater.

In den Chefetagen der Schweizer Wirtschaft wird immer der gleiche Fehler begangen. Zum einen holt man McKinsey als Berater. Das endet regelmässig im teuer bezahlten Desaster. Aber macht nix, sieht auf jeden Fall nach energischem Handeln aus, Kompetenz abholen, Wichtigtuerei, Gedöns.

Dann weiss inzwischen jeder: perception is reality. Die Wahrnehmung ist die Realität. Also braucht’s auch noch Kommunikationsspezialisten, die das manchmal unbeholfene Gestammel von Führungsfiguren glattföhnen. Interviews in watteweiches Geschwafel verwandeln. Für das «Wording» zuständig sind. Aus grossem Rausschmeissen strategisches Fokussieren machen. Aus krachenden Millionenverlusten dank Managementfehlern eine Neuausrichtung an veränderte Marktbedingungen. Und so weiter.

Perception is reality, so meinen die Führungskräfte, sie hätten in der Öffentlichkeit erfolgreich alles schönschwätzen lassen.

Für diese edle Tätigkeit werden die drei McKinseys auf diesem Gebiet regelmässig engagiert. Entweder Lemongrass oder die Konsulenten oder die Dynamics Group. Alles Abklingbecken für abgehalfterte Journalisten, die aus früheren Zeiten dicke Adressbücher mitbringen und behaupten, mit allen wichtigen Meinungsträgern, Politikern, Entscheidern, amtierenden Chefredaktoren auf Du und Du zu sein.

Unternehmenskommunikation ist das Gegenteil von Journalismus. Ehemalige Journalisten zu engagieren, das ist etwa so, wie wenn man sagt, ein Gärtner hat doch was mit Bäumen zu tun, also eignet er sich sicherlich als IT-Spezialist, da kommen Kabelbäume vor.

Dafür wird dann ein Haufen Geld zum Fenster rausgeschmissen. Zum Beispiel für Andreas «Dusch das»-Durisch. Das sei «ein vielfach erprobter Kommunikations-Experte mit Erfahrung in der Unter- nehmensberatung, in Krisensituationen und im Umgang mit Medien».

Logo, er leitete das Weltblatt «Schweizer Familie», beerdigte «Facts» und war 13 Jahre lang Chefredaktor der «SonntagsZeitung». «Ich bin kein Napoleon», räumte er bescheiden ein. Un holzte wegen des Mid-Risk-Journalismus zurück: «Die ganze Polemik um den Mid-Risk-Journalismus widerspiegelte den Konkurrenzkampf der Medien. Man gibt sich Saures, sofern sich die Möglichkeit bietet.»

Nun gibt Durisch im Solde des Migros-Bosses Mario Irminger allen Saures, die dessen Herkules-Aufgabe, den schlingernden orangen Riesen wieder auf Kurs zu bringen, kritisch beäugen. Unterstützt wird er dabei von einem ehemaligem Kollegen, dem Ex-«Blick»-Oberchefredaktor Christian Dorer. Der ist mehr der Mann fürs Grobe und hat sich schon liebevoll seines Ex-Verlags Ringier angenommen, als der «Blick» Kritisches schrieb. Denn da hat Dorer noch eine Rechnung offen, nachdem er mit einer unverständlichen Begründung abserviert worden war.

«Dusch das»-Durisch ist eher der Mann der leisen Töne. Der sich auch gerne aussichtsloser Fälle annimmt. Denn er begleitete CS-Präsident Urs Rohner in den Untergang. Da war dann halt nichts schönzuschäumen.

Nun also Irminger. Wie viel Kompetenz der sich für einen unbekannten Betrag wohl einkauft? Allerdings ist dieses Mandat doch einfacher als die vergebliche Beratung von «weisse Weste»-Rohner. Denn heutzutage sind die meisten Medien gerne bereit, gegenüber einem der letzten Grossinserenten die Beine breit zu machen.

«Ich berate Irminger in der strategischen Kommunikation», verriet Durisch «Inside Paradeplatz». Was ist denn das? Wikipedia hilft: das «steht für Text- und Medien-gestützte Aktivitäten, mit denen Einzelpersonen, Gruppen oder Organisationen bei ausgewählten Zielgruppen die Verbundenheit mit ihren politischen, ökonomischen, rechtlichen oder anderweitig motivierten Interessen halten oder stärken möchten. Dazu werden vor allem geheim gehaltene, oft aufwendige Strategien eingesetzt.»

Nun, mit der Geheimhaltung ist es so eine Sache. Aufwendig hört sich aber gut an. Für Durisch.

NZZaS: unser Sorgenkind

Geistesnahrung in Sonntagszeitungen: stattdessen Hungerspiele.

Es gibt Grenzen für alles, vor allem nach unten. Daher hat ZACKBUM die Lektüre des «SonntagsBlick» aufgegeben. Die «Sonntagszeitung» schwankt auf der dünnen Linie zwischen Abfall und Beifall hin und her. Ein einigermassen sicherer Wert war bis anhin die NZZaS, wenn man ihre grenzdebile Beilage aussen vor lässt.

Aber auch das Mutterblatt schwächelt in letzter Zeit in einer Art, die besorgniserregend ist. Da ZACKBUM nur diagnostizieren und nicht therapieren kann, eine weitere Bestandsaufnahme der Merkwürdigkeiten, Flachheiten und Haltlosigkeiten.

Das fängt wie immer mit der Coverstory und ihrer Bebilderung an:

Auch bei dem Blatt aus dem Hause NZZ wogt nun Wokes? Mit Verlaub, Fussball, auch wenn das sexistisch und diskriminierend empfunden werden mag, gar als Ausdruck unserer «Rape Culture», ist ein Männerspiel. Von Männern, mit Männern, für Männer. Es gibt auch Frauenfussball, zugegeben. Aber das ist eine Verirrung wie Zwergenwerfen.

Warum nur, warum, muss dann die NZZaS zwei weibliche Fans ins Bild rücken? Und abgesehen davon, ist «Warum berührt Fussball unsere Seele?» wirklich ein Aufmacherthema für das Blatt der Richter und Denker? Die höchstens Kopfball spielen, und wer ist hier schon in der Lage, die Abseitsfalle richtig zu erklären.

Und daneben eine Blödelei über Garfield? Und weiter unten die überschätzte, aber von der NZZaS gehätschelte Krimiautorin Christine Brand? Dazu «Russische Hackerangriffe rollen an», eine Schlagzeile von zeitloser Aktualität.

Muss Beat Balzli den Leser in seinem Editorial wirklich damit belästigen, dass er schlecht geschlafen hat? Vom Start eines Jets auf einer Schweizer Autobahn zurück zur Landung in der Normandie: «Welch historische Klammer, welch Gänsehautmoment.» Welch Geschwurbel. Offen bleibt, ob Balzli beim Lesen seines Texts ein Feuerzeug oder das Handylicht geschwenkt hat.

Denn, es ist mal wieder so weit: «Sie ist die Zeitenwende, und sie ist gekommen, um zu bleiben. Die Welt, wie wir sie gekannt haben, existiert nicht mehr.» Und die Geschichte muss umgeschrieben werden. Und als Konzernlautsprecher muss Balzli natürlich auch noch das «Swiss Economic Forum der NZZ» erwähnen. Sich dafür aber mit quietschen Reifen in die Kurve legen.

Dann die übrige Doppelseite am Anfang zum brandheissen Thema: «Was soll das Ganze überhaupt?». Ist halt schon blöd, wenn der Bundesrat, der das Birkenstock-Theater inszeniert, zu den Freisinnigen gehört.

Dann aber eine lustige Sammlung von Europaparlamentariern als Ansammlung von Skandalnudeln und Ausgemusterten. Immerhin ein sinnvoller Beitrag zu den Wahlen, die den meisten Wahlberechtigten in der EU schwer am Füdli vorbeigeht.

Dann wirft die NZZaS das Dreigestirn Georg Humbel, Daniel Friedli und Simon Marti in die Schlacht. Allerdings hätten die ein besseres Thema verdient. Denn «Das Zürcher Liebesnest» des deutschen NSU-Terroristen, na ja. Die brandheisse Story:

«Der dringende Verdacht: Die Frau soll vor Jahren eine intime Beziehung mit einem der meistgesuchten Rechtsterroristen Deutschlands unterhalten haben. Sie soll die ehemalige Freundin von Uwe Mundlos sein. Der Terrorist habe sich während der brutalen Anschlagserie auf Ausländer immer wieder in der Schweiz aufgehalten, berichtet das Nachrichtenmagazin «Der Spiegel».»

Also die Story ist vom «Spiegel», was können die drei – ausser abschreiben – sonst noch bieten? «Das Bundesamt für Justiz erklärt gegenüber der «NZZ am Sonntag», dass die Schweiz die deutschen Ermittlungen unterstützt». Hallo, Breaking News, der Hammer, wieso wird das nicht auf die Front gehämmert?

Vielleicht, weil das eigentlich die einzige News in diesem ellenlangen Artikel ist, der nochmals die längstbekannte Geschichte der rechten NSU-Terroristen nacherzählt. Und die Geschichte des «Spiegel». Angereichert mit solchen Hammerquotes: «Kenner des NSU halten Mundlos’ Schweizer Beziehung für plausibel

Aber nun kommt noch die Eigenrecherche, ganz gegen Schluss:

«Gemäss Recherchen der «NZZ am Sonntag» verkehrte die mutmassliche Freundin des Rechtsterroristen im Umfeld einer bekannten Band aus der Szene, für die sie Konzertsäle gemietet haben soll. Von deutschen Rechtsextremen wurde sie als wichtige Organisatorin bezeichnet. Die Frau lebte zeitweise in einer Wohngemeinschaft mit anderen Rechtsextremen in einer Zürcher Vorortsgemeinde.»

Wenn man «gemäss Recherche» schreiben muss, macht man sich eher lächerlich.

Aber leider: «Die Frau hat auf mehrfache Kontaktversuche dieser Zeitung nicht reagiert.» Richtig blöd ist dann: «Bei der Befragung im März soll die mutmassliche Freundin des Terroristen bestritten haben, Mundlos gekannt zu haben. Auch die Durchsuchung der Wohnung soll keine Ergebnisse geliefert haben, schreibt der «Spiegel». »

Oder auf Deutsch: dünne Geschichte, vom «Spiegel» angerührt, von der NZZaS nacherzählt, für den Schweizer Leser von sehr beschränktem Wert.

Dann begibt sich die NZZaS aber mutig in die Todeszone, in den Feminismus (oder das, was vom ihm heute noch übrig ist):

Streitende Frauen beim Frauenstreik? Kann man das mit Schlammcatchen regeln? Stutenbissig? Darf auch an Haaren gerissen werden? Warum müssen Frauen nur immer männliche Vorurteile bestätigen?

Wieso dann die NZZaS der Autorin Brand eine Doppelseite einräumt, obwohl die bekannt dafür ist, dass sie Crimestorys so erzählt, dass der Leser völlig verwirrt zurückbleibt? Dürfen wir den Anfang ihrer letzten in der NZZaS zitieren? «Noch denkt niemand etwas Schlimmes». Das wird schon bei Schulaufsätzen in der oberen Primarschule moniert.

Aber sehr lustig ist dann die Fortsetzung der Häme über die Migros, diesmal das «MMMuskelspiel». Der Migros-Kommunikationschef soll beim «Blick» interveniert – und indirekt mit einem Inserateboykott wegen zu kritischer Berichterstattung gedroht haben. Das ist grossartig, denn Christian Dorer war zuvor lange Jahre der erfolgreiche Oberchefredaktor der «Blick»-Gruppe, bis er von seiner Vorgesetzten wegen nie substantiierter, schwammiger Vorwürfe von einem Tag auf den anderen abserviert wurde.

Rache soll man kalt geniessen, obwohl der Mann mit dem Schwiegersohncharme das natürlich abstreiten würde.

Das sagte sich offenbar auch Peer Teuwsen, der sich immerhin die Feder an den Hut stecken kann, auf die skandalöse Behandlung des Autors Alain Claude Sulzer aufmerksam gemacht zu haben. Der sollte über die Verwendung des Wortes «Zigeuner» in einem eingereichtem Manuskript ernsthaft nachdenken, obwohl die Handlung in den 70er-Jahren spielt, wo der Begriff diskriminierungsfrei in aller Munde war. Sonst bekäme er halt keine Fördermittel.

Sulzer zog daraufhin sein Gesuch zurück. «Was wurde er verhöhnt und als Mimose belächelt. Er hätte doch sehr wohl zu einem Gespräch mit der staatlichen Förderungsstelle erscheinen können», schreibt Teuwsen. Aber: es war alles noch viel schlimmer: Die Baselbieter Kulturchefin «Esther Roth hatte ihr Veto eingelegt, sie sei laut GPK (Geschäftsprüfungskommission des Grossen Rats, Red.) nicht bereit gewesen, «Mittel zu sprechen». Entgegen der Empfehlung des Fachausschusses, der das Gesuch «aufgrund seiner literarischen Qualität» fördern und dies dem Autor schriftlich mitteilen wollte».

Roth hatte zuvor noch den Vorwurf der Zensur weit von sich gewiesen. Nun will sie «keine Stellung nehmen», der Autor Sulzer ist «nur noch sprachlos angesichts dieser staatlichen Willkür». Es bleibt zu hoffen, dass die von Anfang an laut gewordenen Rücktrittsforderungen gegen Roth endlich erfüllt werden.

Walder – Berset: Ende einer Affäre

Formaljuristische Gründe schützen das Duo.

Es war (und ist) einer der grösseren Skandale der jüngeren Schweizer Mediengeschichte. Als Beifang bei anderen Untersuchungen kam heraus, dass es während der Pandemie einen regen Mailaustausch zwischen dem Ringier-CEO Marc Walder und dem damaligen Gesundheitsminister Alain Berset gab.

Die auch sonst ein enges Verhältnis pflegten; so durfte Berset als Modepuppe durch das Ringier-Organ «Interview» tänzeln und wurde nicht nur dort gefällig und wohlwollend behandelt.

«Der Medienmanager und Journalist war vertrauter, ja inoffizieller Mitarbeiter des Bundesrats», schrieb die «Weltwoche» maliziös. Sie veröffentlichte Auszüge aus diesem Austausch, in dem Walder dem Bundesrat Ratschläge erteilte, die dieser auch umsetzte.

Andererseits liess Bersets Department via den damaligen Kommunikationschef Peter Lauener dem Ringier-Boss vertrauliche Vorabinformationen zukommen, die dieser dann an die «Blick»-Redaktion weitergab.

Walder reagierte bekanntlich hysterisch auf Corona; ein Video zeigte ihn, wie er stolz bekanntgab, dass er seine Redaktionen angewiesen habe, staatliche Massnahmen bedingungslos zu unterstützen und auf jegliche Kritik zu verzichten.

Das führte zu einer Teilentmachtung von Walder, der aber weiterhin der gesetzte Nachfolger von Michael Ringier bleibt, einem schweren Glaubwürdigkeitsproblem vom «Blick», der mit selten blödem «Statement» behauptete, völlig unabhängig in der Themenwahl und Positionierung zu sein. Und zu einer Krisensitzung des Bundesrats, in der Berset in den Ausstand treten musste.

Personell ist die Affäre ausgestanden. Lauener, der sogar vier Tage im Knast verbringen musste, hat längst als Bauernopfer gekündigt. Berset ist unterwegs zu höheren Weihen. Und Walder muss höchstens den wachsenden Einfluss von Ladina Heimgartner fürchten, ist aber ansonsten fest im Sattel. Während der damalige «Blick»-Oberchefredaktor Christian Dorer, der sich tapfer für seine Chefs in die Schlacht geworfen hatte, wegen niemals spezifizierten Vorwürfen entsorgt wurde.

Eine vollständige Veröffentlichung (und Verwendung in Strafverfahren) des Mailwechsels wäre sicherlich ein wichtiger Beitrag zur Transparenz in dieser üblen Affäre.

Das wird aber nicht geschehen. Nach zwei Jahren reiflicher Überlegung hat das Zwangsmassnahmengericht Bern mit ortstypischer Geschwindigkeit entschieden, dass die bei Hausdurchsuchungen sichergestellte Kommunikation nicht verwendet werden darf. Zum einen wegen Redaktionsgeheimnis und Quellenschutz, zum anderen, weil Lauener bei der Beschlagnahmung von Unterlagen bei ihm keinen Antrag auf Versiegelung stellen konnte.

Wieso sich ein Verlagsmanager auf journalistischen Quellenschutz berufen kann, ist schleierhaft. Aber selbst wenn diese Begründungen formaljuristisch in Ordnung gehen: damit bleibt ungeklärt, wie weit diese Partnerschaft zwischen einem Bundesrat und einem mächtigen Medienmanager ging.

Damit bleibt unaufgeklärt, wie eng das Päckli geschnürt wurde – wohlwollende Berichterstattung gegen Vorabinformation, plus Ratschläge des hypochondrischen Ringier-Bosses an einen damals offensichtlich überforderten Schönwetterbundesrat, der sich ohne jegliche Vorkenntnisse oder Erfahrungen plötzlich mit einer veritablen Krise konfrontiert sah und ihr mit der Einberufung von Task Forces und markigen Auftritten zu begegnen suchte.

Unvergessen auch die Behauptung von Berset, dass Impfen wirke und schütze. Das ist inzwischen vollständig widerlegt.

Aber dieses traurige Kapitel reiht sich ein in den anhaltenden Skandal, dass auch in der Schweiz die Medien sich weigern, ihr fragwürdiges, trauriges, einseitiges und zu hysterischen Übertreibungen neigendes Verhalten während der Pandemie aufzuarbeiten.

Beim «Blick» überboten sich Virologen mit Untergangsprophezeihungen von Zehntausenden von Toten und einem zusammenbrechenden Gesundheitssystem. Beim «Tages-Anzeiger» amtierte die Corona-Kreische Marc Brupbacher, der selbst Bundesräte übel beschimpfte, der damalige Politchef forderte gar eine Zwangsimpfung aller.

Da gäbe es jede Menge Bedarf, die eigene Rolle kritisch zu hinterfragen. Aber wenn Medien etwas nicht können (neben vielem anderen), dann ist es Selbstkritik. Immer gross im Austeilen, aber ein Glaskinn, wenn es ums Einstecken geht.

Glück und Pech

Glück für die Migros, Pech für Ringier.

Im März musste der erfolgreiche und beliebte Chefredaktor der «Blick»-Gruppe eine «Auszeit» nehmen. Als merkwürdige Begründung diente, dass Christian Dorer angeblich eine «bestimmte Mitarbeitergruppe» bevorzugt behandeln würde, was immer das bedeuten mochte.

Ringier behauptete dann, dass in der sechsmonatigen Auszeit untersucht würde, was es damit auf sich habe – und ob Dorer danach wieder in seine Position zurückkehren werde. Dann behauptete Ringier, dass man mit Dorer im Gespräch sei, um ihm allenfalls eine andere Aufgabe im Medienkonzern zu übertragen, aber als «Blick»-Oberchefredaktor kehre er nicht zurück.

Die Resultate der monatelangen «Untersuchung» wurden nie bekannt gegeben, «Persönlichkeitsschutz». Dass irgend jemand gegen Dorer Vorwürfe erhoben hätte, wurde jedenfalls nicht öffentlich bekannt. Soweit das Trauerspiel bei Ringier, ein Ablenkungsmanöver von desaströsen Zahlen in der «Blick»-Familie und dem Abserbeln von «Blick TV».

Profitieren davon tut nun die Migros. Wie bekannt wurde, übernimmt Dorer ab Februar die Gesamtleitung der Kommunikation des Migros-Genossenschaftsbundes. In dieser Funktion ist er direkt dem Präsidenten der Generaldirektion unterstellt, was die Bedeutung seiner Position unterstreicht. Migros hat damit einen versierten, kompetenten und gut vernetzten Kommunikationsprofi gewonnen, der zudem für die grösste Zeitschrift der Schweiz zuständig sein wird, das unterschätzte «Migros Magazin». Von dessen Auflage (2,15 Millionen) und Reichweite (3,15 Millionen) kann die unglückliche «Blick»-Familie nicht mal träumen.

Aber wenn auch dort die Auflagenzahlen nach unten gehen, steigt die Anzahl von Heads und Chiefs ins fast Unermessliche. Wahrscheinlich steckt Absicht dahinter: umso mehr leitende Köpfe es gibt, desto einfacher kann man einen köpfen, wenn mal wieder zur Ablenkung ein Schuldiger gefunden werden muss.

Wumms: Fabienne Kinzelmann-Opel

Eine bedeutende feministische Stimme erhebt sich.

Kinzelmann-Opel ist ein journalistisches Schwergewicht. Ihre Selbstbeschreibung lässt kein Klischee aus: «Digital- und Print-Journalistin mit unternehmerischer Denkweise und redaktioneller Erfahrung in Deutschland, der Schweiz und den USA. Brennt für gutes Storytelling, mutige Ideen und dafür, Dinge nach vorne zu bringen

Inzwischen sei sie «internationale Korrespondentin» bei der «Handelszeitung». Ob die das weiss? Dort ist sie im Impressum einfach als Nummer zwei unter «Internationale Wirtschaft» aufgeführt.

Eigentlich müsste sie dort Chefredaktorin, wenn nicht Editor at Large sein, bei dem Vorleben: «Zuvor war ich die führende Auslandsredakteurin für Blick und SonntagsBlick, eine der größten Schweizer Tages- und Sonntagszeitungen. Ich schrieb Analysen, Porträts und Interviews für Print und Online, berichtete bei brisanten Themen live vor Ort oder analysierte im Studio und verantwortete kanalübergreifend die Auslandsberichterstattung mit einem besonderen Schwerpunkt auf den USA, Europa, dem Klimawandel und sozialen Bewegungen. Zudem entwickelte und schrieb ich einen eigenen Newsletter über US-Politik

«Führende Auslandredaktorin» beim «Blick» ist nicht schlecht; dabei hat sie wohl sich selbst geführt …

Zudem ist sie noch «Co-Präsidentin des Vereins Qualität im Journalismus». In dieser Eigenschaft röhrt sie auf «persoenlich.com»: «Missbrauchsfälle zeigen strukturelles Versagen». «Strukturell», das ist auch so ein Allerweltswort wie «resilient» oder «zukunftsfähig». Auf die Frage, was bei den «Corona-Leaks» schief gelaufen sei, rudert sie qualitätsvoll um die Wahrheit herum: «Die richtige Frage wäre gewesen: Hat ein Bundesrat ein einzelnes Medienhaus bevorzugt – oder schlicht sein Departement nicht im Griff? Stattdessen schoss die Branche auf sich selbst, besonders auf den Ringier-Verlag. Aus meiner Sicht war da viel Neid dabei. Ich habe damals selbst für die Blick-Gruppe gearbeitet und bin sicher voreingenommen, aber ich habe ja live mitgekriegt, wie die Kolleginnen und Kollegen gearbeitet haben, was für gute Kontakte sie geknüpft haben.»

So kann man das auch sehen. Und wie steht es mit den Affären um Christian Dorer und Werner De Schepper; zwei Mitarbeiter, die unter dubiosen Umständen abgesägt wurden? «Ich möchte mich nicht zu Einzelfällen äussern. Denn diese zeigen immer auch ein strukturelles Versagen: Es gibt ein Umfeld, das absichtlich oder unabsichtlich nicht genau hinschaut oder gewisse Verhaltensweisen akzeptiert oder sogar fördert.»

Ein strukturelles Versagen liegt hier wohl eher beim Management, das Karrieren ruiniert, ohne eine nachvollziehbare Begründung dazu zu liefern. Huldvoll verzichtete «persoenlich.com» darauf, Kinzelmann-Opel zu fragen, wie sie im Rahmen von strukturellem Versagen die Berichterstattung der «Blick»-Familie beispielsweise zum Thema Till Lindemann qualifizieren würde. Da musste der «Blick» schleunigst einen Artikel löschen und ein liebedienerisches Interview mit dem Anwalt des Rammstein-Sängers veröffentlichen. Das war sicherlich kein Ruhmesblatt des Qualitätsjournalismus.

Ebenso wenig wie dieses Watteinterview mit einer Angeberin …

 

Kommunikationsgenie H.

Schweigen wäre Gold. Aber …

Immerhin, für Heiterkeit ist gesorgt: «Wir sind der Breaking-News-Kanal der Schweiz.» Die bessere Bezeichnung für «Blick TV» wäre wohl «Comedy Central». Oder «Breaking-Kanal». Diese Breaking News verkündete die frischgebackene CEO Ringier Schweiz via persoenlich.com.

Ladina Heimgartner reagierte damit auf einen Artikel von Francesco Benini von CH Media: «Blick-TV ist am Ende».  Gnadenlos listet er hier die Geschichte eines unaufhaltsamen Niedergangs auf. Mit grossem Brimborium im Februar 2020 gestartet (wenn irgendwo auf der Welt etwas Wichtiges geschah, sollte «Blick TV» nach 180 Sekunden die Bilder dazu haben), 17 fixe Formate am Tag, Kooperation mit CNN, 48 Angestellte.

Nach einem Jahr waren es immer noch 48 Angestellte, aber nur mehr drei fixe Formate. Die Einschaltquoten  weit entfernt von den Absichten, Gewinnschwelle nach drei Jahren: illusorisch. Besonders peinlich für Heimgartner: als ehemalige Chefin des romanischen Zwergsenders RTR hätte das doch ihre Kernkompetenz sein sollen, eine TV-Station zum Florieren zu bringen.

Stattdessen verkündete Ringier noch am Mittwoch stolz den Rückschritt in die Printwelt, die vollständige Übernahme von 20 Zeitschriften vom grossen Bruder Axel Springer, der das tut, was Ringier behauptet: Springer setzt voll auf die Karte digital und trennt sich konsequent von Print-Produkten.

Gnadenlos geht daher Benini mit der TV-Frau ins Gericht: «Keine gute Figur machte während der Leidensgeschichte des Senders Ladina Heimgartner, die soeben zur Chefin von Ringier Medien Schweiz befördert worden ist. Sie redete die Probleme von Blick-TV schön und drosch dabei leere Phrasen. Dabei wussten Medienschaffende innerhalb und ausserhalb von Ringier: Blick-TV ist ein Flop.»

Aber davon will sie nicht lassen: «Sendeschluss ist keiner in Sicht. Wir verzichten zwar ab Montag auf drei tägliche Sendungen, aber diese Anpassung ist alles andere als das Ende von Blick TV.» Dann das übliche Manager-Blabla: «Ressourcen und Stärken vermehrt … Bedürfnisse noch besser treffen … Learnings sind klar … Newsroom anpassen … Verschiebungen …» Solche Aussagen geben den 48 Angestellten viel Sicherheit und Zukunftsvertrauen.

Ziemlich angefasst reagiert Heimgartner dann auf die Kritik von Benini: «Der neueste Beitrag von CH Media ist vom selben Journalisten wie im Frühling 2022 – und leider genauso unsachgerecht, unprofessionell und unjournalistisch wie damals. So ist zum Beispiel unsere Stellungnahme nicht in die Berichterstattung eingeflossen. Das Ergebnis ist eine Ansammlung wilder Thesen, die nicht den Tatsachen entsprechen und leider von diversen anderen Medien ungeprüft übernommen wurden.»

«Unsere Stellungnahme»? Da scheint die Dame etwas nicht mitbekommen zu haben: «Bis am Donnerstagabend gab die Medienstelle von Ringier keine Auskunft zum Aus von Blick-TV; die Fragen zum Thema waren ihr am Donnerstagmorgen per Mail zugestellt worden.» Ausserdem: eine einzige, winzige inhaltliche Richtigstellung auch nur einer Aussage von Benini, statt reine Polemik? «Unsachgerecht, unprofessionell und unjournalistisch, wilde Thesen, die nicht den Tatsachen entsprechen»? Das ist starker Tobak und müsste dann schon mit vielleicht ein, zwei Beispielen untermauert werden.

Alles, was bei «Blick» läuft, liegt im Verantwortungsbereich von Heimgartner. Die Auflagenverluste, das missglückte Redesign, die Absetzung unter dubiosen Umständen des Oberchefredaktors Christian Dorer, dass der Chefredaktor des «SonntagsBlick» das Weite suchte, dass diese Stellen durch zweite Garnitur und einen Kopfsalat von unüberschaubar vielen «Heads» und «Officers» ersetzt wurde. Das mag bei einem Zwangsgebührensender, der weder auf Einnahmen, noch auf Ausgaben achten muss, noch angehen. Aber in der Privatwirtschaft?

Nun fügt Heimgartner all diesen Flops noch einen weiteren hinzu: souveräne Kommunikation ist auch nicht ihre Stärke. Auf die Frage, wieso denn zusammen mit der Jubelmeldung über die Auflösung des Joint Venture mit Springer in der Schweiz nicht das Abwracken von «Blick TV» kommuniziert worden sei, sagt sie zu persoenlich.com: Zu diesem «gewichtigen Investment» stehe «die Einstellung von drei Nachrichtensendungen in keinem Verhältnis».

Nur: das jämmerliche Erscheinungsbild von «Blick TV» steht zu den gewichtigen Millioneninvestitionen auch in keinem Verhältnis. Fehler machen kann jeder. Sie einfach zugeben, das braucht allerdings eine gewisse Grösse.

 

Ende vom Anfang?

Oder Anfang vom Ende bei «Blick TV»?

«Morgen Montag, 17. Februar, startet die Blick-Gruppe mit dem ersten digitalen Sender der Schweiz.» Das waren noch Zeiten: «Im Viertelstunden-Rhythmus sendet das digitale TV Informationen zu Politik, Wirtschaft, Sport und Unterhaltung.»

Ein «Herzensprojekt» von CEO Marc Walder. Klotzen statt kleckern. Jonas Projer vom Schweizer Farbfernsehen weggelockt. 48 Mitarbeiter. Hier wird das Fernsehen von morgen schon heute gemacht. Und überhaupt: «Mit dem Start von Blick TV geht die Blick-Gruppe ihren digitalen Weg konsequent weiter.»

Tja, da ist auf dem Weg wohl eine Bildstörung aufgetreten. Zuerst ging Projer wieder von Bord. Eine kompetente, weibliche Fachkraft mit sehr viel TV-Erfahrung zeigte nun den Weg in die Zukunft. Denn wer hätte besser als Ladina Heimgartner, Ex-Chefin des Grosssenders RTR (für Nicht-Insider: Radiotelevisiun Svizra Rumantscha), die entscheidenden Hinweise geben können, wie man «Blick TV», dazu auch den «Blick», den SoBli und blick.ch zum Erfolg führt?

Nun gut, «Blick» und SoBli verlieren dramatisch an Auflage, das passiert halt allen Printprodukten. Nur nicht so stark und prozentual zweistellig. Und der digitale Weg? Ach ja, gerade hat Ringier den Kollegen von Axel Springer sämtliche gemeinsam betriebenen Printprodukte abgekauft. Denn Springer geht tatsächlich konsequent den digitalen Weg. Ringier den realen Rückweg. Wer wäre da besser geeignet als Heimgartner, um diese Keimzelle zukünftigen Erfolgs zu führen?

Und «Blick TV»? Ach, hm. Ab kommenden Montag ist es aus. Nein, also mit den Nachrichtensendungen ist es aus. Das sei aber überhaupt nicht das Ende von «Blick TV». Ein Anfang ist es aber irgendwie auch nicht. Und die 48 Nasen bei «Blick TV»? Ach ja, hm, da gebe es dann vielleicht im Rahmen der Neuorganisation des Newsrooms (wir erinnern uns: jede Menge Heads und Officers und kaum Fusssoldaten) doch die eine oder andere Umstellung.

Kooperation mit CNN (sozusagen CNN Money Switzerland à la Ringier), Zukunft, Resilienz sicherlich auch, digital, Video, Bewegtbild, Multi-Channel, Blabla, Blüblü.

Und immerhin, das Logo wurde gewaltig verhunzt, Pardon, verbessert:

Runder, weiblicher, feiner, sinnloser, erfolgloser …

Schon gibt es einige Heads, Officers und wohl auch Fusssoldaten weniger. Alles schrumpft bei der kleinen, aber glücklichen «Blick»-Familie. Das Regenrohr im Logo gewinnt weiter an Symbolkraft. Inhaltlich nicht mehr Boulevard, sondern irgendwie resilienter. Entscheidende Heads weg, Christian Dorer aus unklaren Gründen geköpft, der SoBli-Chef suchte das Weite, Werner de Schepper sehr ruppig rausgepfeffert, als Ersatz eine sympathische Sport-Chefin und ein Mikrophonständer. Für Projer gab es sowieso keinen richtigen Ersatz. Aber genügend Heads, um immer mal wieder einen zu köpfen.

So macht man das. Das gibt viel Anlass zu Hoffnung bei den 1000 Mitarbeitern von Ringier Schweiz AG. Die sind nicht so wirklich auf dem Weg in die digitale Zukunft. Was soll nun aus all diesen Print-Produkten werden? Flaggschiff «Beobachter», bislang stabile «Bilanz», eiernde «Schweizer Illustrierte», noch florierende «GlücksPost»?

Wenn man extrapoliert, was bei der «Blick»-Familie passiert ist: rette sich, wer kann. Augen zu und durch. Das wird nicht digital, sondern brutal.