Amok Somm
Nebel und spalten, das scheint seine Devise als Chef zu sein.
Der «Nebelspalter» entwickelt sich immer mehr zum Paradebeispiel, wie man es wirklich nicht machen sollte. Grosse Klappe, grosse Ausgaben, ein Fehlentscheid nach dem anderen.
Zunächst setzte die Riege älterer Herren auf den völlig falschen Mann, um essentielle Dinge wie CMS, Marketing, Geschäftsleitung und Einwerbung von Inseraten zu wuppen. Beratungsresistent verkrachte sich Markus Somm schon ganz am Anfang mit einem ausgewiesenen Fachmann, der Somms Ansage, dass es eine absolute Bezahlschranke ohne Wenn und Aber gebe, zu recht als vollgaga kritisierte.
Tolle Büroräumlichkeiten, eine sich aufblähende Payroll, teuer produzierte Selbstbespiegelungs-Videos, redaktionelles Chaos, dafür eine «Assistentin der Chefredaktion», Szenen aus Absurdistan. Lange Zeit erschien das Online-Magazin so inseratefrei wie die «Republik», nur nicht ganz freiwillig. Zahlen wurden wohlweislich keine bekanntgegeben. Dann wurde mal zähneknirschend bestätigt, dass ZACKBUM mit knapp 4000 Abonnenten durchaus richtig liege. Peinlich.
Dann viel fire und kaum hire, im Impressum scheint eine Drehtüre eingebaut zu sein, aus der aber mehr Leute rausgehen als reinkommen. Redesign eins, Redesign zwei, Wechsel des Geschäftsführers, Wechsel des CMS, Redesign drei, das übliche wilde Geruder, wenn ein Schiff Wasser zieht und leise gluck gluck zu machen beginnt.
Inhalt? Nicht nennenswert, nicht bemerkenswert, gepflegte Langeweile. Dem «Nebelspalter» ist es nie gelungen, sich als Stimme in der Öffentlichkeit zu etablieren. Und nun noch das. In der gewohnt ruppigen Manier des Hauses wurde der Chefredaktor der Printausgabe gefeuert. Per sofort freigestellt, und tschüss. Dabei figuriert er sogar noch im Impressum der Online-Version, damit es dort nicht so schmürzelig aussieht. Ein solcher Rausschmiss ohne Vorwarnung einer verdienten Führungskraft schlägt sogar noch die Freistellung Dorers bei Ringier. Das ist einfach rüpelhaft und unanständig.
Dabei war Ralph Weibel solidarisch und aufrecht bemüht, den absurden Spagat – online neu und politisch aktiv – Print traditionell und dem gepflegten Scherz verpflichtet – mitzutragen. Aber damit fing der Wahnsinn schon an. Wie man ernsthaft auf die Idee kommen kann, den «Nebelspalter» zu spalten und online etwas ganz anderes zu machen als im Print – gaga. Man hat zwar eine der traditionellsten Marken der Schweizer Medienlandschaft gekauft, die steht aber für alles andere als für das, was Somm* daraus machen wollte.
Das ist etwa so, wie wenn man Coca-Cola kauft, um dann Flugreisen anzubieten. Bei Verträgen spricht man von einem Grundlagenirrtum, beim «Nebelspalter» muss man gaga sagen.
Als einzige feste Grössen sitzen Markus Somm und Dominik Feusi auf ihren Stühlen. Bislang. Sie grinsen die wenigen Besucher auch von überall her auf der nochmals neu designten Homepage an. Viel besser geworden ist sie allerdings auch im dritten Versuch nicht.
Wie soll’s weitergehen? Die Frage ist wohl eher: wo soll das enden? Wenn man dermassen viele Fehler macht, dermassen erfolglos ist, dermassen viel Geld zum Fenster rausschmeisst, dann verröstet man schnell einmal die eingesammelten Millionen.
Die neuste Zacke im Zickzackkurs scheint nun zu sein, dass man Print und online näher zusammenführen will. Also das, was online nie sein sollte, nämlich ein Karikaturenblatt, nun mit Karikaturen anfüllen. Und die Printausgabe, die nie ein Politblatt sein wollte, mit Politik füllen. Mit anderen Worten hat man einen weiteren Grundlagenirrtum endlich eingesehen. Und durch zwei neue ersetzt.
Mysteriös bleibt einzig, wieso die Shareholder und der exzellent besetzte Verwaltungsrat diesem Treiben bislang tatenlos zuschaut. Offensichtlicher, dass ein guter Chefredaktor deswegen kein guter Unternehmer sein muss, war’s wohl nie in der jüngeren Pressegeschichte.
Schade eigentlich. Denn man kann Somm ja vieles vorwerfen, aber mangelnden Schreib- und Sprechfleiss sicher nicht. Nur schadet er sich natürlich auch hier selbst, weil sich die Hörer und Leser auf anderen Plattformen zunehmend fragen: Und der will uns die Welt erklären, dabei hat er nicht mal seinen eigenen Laden im Griff?
*Packungsbeilage: René Zeyer schrieb längere Zeit und gerne für die BaZ, als Somm dort Chefredaktor war. Ein guter Chefredaktor, der alle Freiheiten liess und mutig Druckversuchen standhielt.