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Kann die NZZ Krise?

Falkenstrasse Open: Wer gewinnt, die NZZ oder das CS-Schlamassel?

Nehmen wir es mal sportlich. Früher hätte ein rauchender Journalist in den Telefonhörer geschrien: haltet die Druckmaschinen an, es gibt News. Dann hätte er die neusten Entwicklungen bei der Credit Suisse in die Maschine gehämmert, während ein Bote sofort jedes Blatt zum Setzer gebracht hätte.

Heute geht es viel digitaler und ruhiger zu. Aber dennoch ist es sportlich: Was liefert das Haushofblatt der Finanzwelt in den zwei Tagen nach dem Rücktritt des VR-Präsidenten der zweitgrössten Schweizer Bank?

Quiet please, Aufschlag CS. Trockene Medienmitteilung, Return NZZ. Die alte Tante spielt über fünf Sätze, also mit fünf Artikeln auf.

Darin ist mal alles, was man so braucht. Ein mehrmals aktualisierter Artikel, der das Faktische beschreibt: «Credit-Suisse: Nach seinen Quarantäneverstössen muss Präsident Horta-Osório gehen».

Darin kommentarlos der kühle Dank: «Vizepräsident Schwan verabschiedete seinen Präsidenten im Communiqué denn auch nur kurz und bündig mit einem einzigen Satz: «Wir respektieren António Horta-Osórios Entscheidung und sind ihm für seine Führungsrolle bei der Festlegung der neuen Strategie, welche wir über die nächsten Monate und Jahre weiter umsetzen werden, zu Dank verpflichtet.»»

Sec, trocken, technisch nicht brillant, aber solide Rückhand.

Natürlich darf auch ein Stück Spekulationen über Hintergründe nicht fehlen.Mit lockerem Spielbein geht’s weiter: «Horta-Osórios Abgang bei der Credit Suisse: Geht es um die gebrochene Quarantäne oder um mehr

Das ehrwürdige Blatt wird sogar leise witzig:

«Ob die Präsidentschaft des Portugiesen wegen oder mit Verstössen gegen die Corona-Regeln zu Ende gegangen ist, bleibt umstritten.»

Leichter Volley mit Anspielung auf das Problem, dass es nicht möglich ist zu unterscheiden, ob ein Patient wegen oder mit Corona ins Spital eingeliefert wird.

Die NZZ kann auch mal ziemlich böse werden

Dann kommt ein Zweihänder zum Einsatz: «Die Credit Suisse lässt kaum einen Skandal aus – eine Übersicht der Turbulenzen der letzten Jahre».

Diese Schärfe wird verständlich, wenn man das Ausmass der Flops, Bussen und des ständigen Krebsgangs des Aktienkurses verfolgt:

«Die Schweizer Grossbank durchlebt die turbulentesten Jahre seit der Finanzkrise. Sie stolpert seit Jahren von einem Skandal in den nächsten. Strategische Fehler und Missmanagement werden offenkundig.»

Den letzten Aufschlag hat natürlich der Kommentar, vom Wirtschaftschef Chanchal Biswas höchstpersönlich.

Leider merkt man hier, dass der Trainer, bzw. ein Korrektiv fehlt. Denn dieser leicht eiernde Kommentar ist das Schwächste am ganzen Spiel. Biswas meint, es sei doch ein nettes Leitmotiv, so anzufangen:

«Wenige Stunden nach Novak Djokovic hat es auch António Horta-Osório erwischt

Und es durchzuziehen: «Horta-Osorio wurde zum Verhängnis, dass er – wie Djokovic auch – den Eindruck machte, er stehe über dem Recht

Das stimmt nun im Falle von Djokovic eindeutig nicht, das wäre dann klar Ball im Netz. Auch die Schlussfdolgerungen schaffen es nicht über die obere Netzkante:

«In einer Credit Suisse, die zwar stabile, aber eher tiefere Renditen erwirtschaftet, winken auch geringere Löhne und Boni.» Daher vermutet der Wirtschaftschef die Heckenschützen in der Abteilung Investmentbanking:

«Es dürften diese Kreise gewesen sein, welche die Regelverstösse von Horta-Osório ans Licht der Öffentlichkeit brachten und auch gezielt einen Keil zwischen den Präsidenten und Konzernchef Thomas Gottstein zu treiben versuchten

Mag sein, kann sein, muss nicht sein. Schliesslich entlässt er den neuen VRP (und den Leser) mit zwei offenen Fragen, die eigentlich keinen Kommentar darstellen, sondern Ausdruck von Hilflosigkeit sind:

«Wie stellt er sicher, dass alle in der Bank am gleichen Strick ziehen? Und vor allem: Sind alle Kolleginnen und Kollegen im Verwaltungsrat und in der Geschäftsleitung die richtigen Leute dafür?»

Diese Frage kann man sich bezüglich Führungsetage Wirtschaft bei der NZZ auch stellen …

 

Meinungen vom Heiligen Gral

Wer Wirtschaftschef bei der NZZ ist, ordnet die Welt.

Chanchal Biswas kletterte gelenkig und nicht nur für NZZ-Verhältnisse schnell die Karriereleiter hoch. Unterbrochen von kurzen Abstechern in die Privatwirtschaft wurde er 2019 Leiter der Wirtschaftsredaktion der NZZaS, als zusammengelegt wurde, zog der Kapitän des Beiboots am Steuermann des Tankers vorbei.

Seither beschallt er die Wirtschaft mit seinen Kommentaren. Es steht zu vermuten, dass er als Freizeitsport Slalomfahren betreibt. Einen solchen legt er zum Beispiel mit «Die Strafzahlung in Frankreich hat auch etwas Gutes für die UBS-Mitarbeiter» hin.

Dort wurde die Grossbank gerade auch in der zweiten Instanz in allen Anklagepunkten schuldig gesprochen. Für die illegale Anwerbung von Kunden und Geldwäsche im Zusammenhang mit Steuerbetrug. Strafrechtlich veruteilt, das nennt man einen neuen Tolgen im Reinheft. Ach, und die Kleinigkeit von 1,8 Milliarden Euro muss die Bank auch noch abdrücken.

Oder in den Worten von Biswas:

«Es scheint, dass die Bank im Berufungsprozess mit ihrer neuen Verteidigungsstrategie gut gefahren ist.»

In erster Instanz war sie noch zur Zahlung von 4,5 Milliarden verknurrt worden. Auch gegen das zweite Urteil kann noch Berufung eingelegt werden.

Weiterentwicklung der Relativitätstheorie

Nun ist bekanntlich alles relativ im Leben. Auch in Relation dazu, dass die Bank vor fünf Jahren gegen eine Zahlung von 1,5 Milliarden ohne Vorstrafe hätte davonkommen können. Aber das schlugen die drei massgeblichen Figuren aus. Ex-CEO Sergio Ermotti kann ein Vermögen von rund 200 Millionen Franken streicheln. Der abgängige Chief Legal Markus Diethelm muss mit insgesamt 100 Millionen auch nicht am Hungertuch nagen. Und Noch-VRP Axel Weber bekommt für sein süsses Nichtstun insgesamt 50 Millionen.

 

So sähen sich Plisch und Plum gerne.

Sicher, Peanuts, im Vergleich zu rund 2 Milliarden Franken Busse plus Vorstrafe. Aber ist die Bank damit «gut gefahren»? Aber sicher, wenn alles relativ ist: «Gerade im Vergleich mit der angeschlagenen Credit Suisse wird die UBS heute als solides und gut geführtes Finanzinstitut wahrgenommen», nimmt Biswas wahr.

Aber dann geht doch der Slalomfahrer mit ihm durch: «Ein Erfolg also für die Schweizer Bank? Klar. Aber das Steuerverfahren in Frankreich muss den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern auch eine Mahnung sein. Es ist nicht selbstverständlich, dass die Bank heute erfolgreich wirtschaftet.»

Selbstverständlich ist das allerdings nie, wie Biswas weise und richtig feststellt. Dann zählt er aus dem umfangreichen Sündenkatalog der Bank ein paar Höhepunkte auf, ohne jeden Anspruch auf Vollständigkeit. Um den Leser schliesslich völlig verwirrt zurückzulassen:

«Dass der Steuerstreit mit dem französischen Staat der UBS erhalten bleibt, ist für die bankinterne Hygiene gar nicht schlecht. Er erinnert an die pannenreiche Vergangenheit – und daran, dass Übermut vor dem Fall kommt.»

Wenn wir die Stimme aus dem heiligen Gral der Wirtschaft richtig verstehen, ist diese Busse also Ausdruck eines Falls nach Über-, eventuell sogar Hochmut. Wobei die UBS allerdings mit ihrem Übermut gut gefahren ist. Oder eine neue Panne an alte erinnert. Aber auf jeden Fall ist die Credit Suisse noch viel schlimmer dran.

So sieht der Aktienkurs einer soliden und gut geführten Bank aus.

Schliesslich nimmt man die vorbestrafte Bank mit langem Sündenregister als «solide und gut geführtes Finanzinstitut» wahr. Echt jetzt? Weil der Aktienkurs der UBS immer noch zweistellig ist, aber um die 16 Franken herumdümpelt, wo er doch mal stolze 75 Franken betrug?

Kurs im Schönschreiben

Relativieren ist schon gut, aber dieser Slalom erinnert doch fatal an Berichte in Staatsorganen des längst verblichenen Sozialismus, wo auch Stillstand, Rückschritt oder krachende Niederlagen schöngeschrieben wurden.

Mann mit Maske: Chief Legal Markus Diethelm in Paris.

Denn eine Riesenbusse, auch wenn sie kleiner geworden ist, plus ein schwarzer Fleck auf der bekleckerten weissen Weste, das ist nichts Gutes für niemanden. Nicht für die UBS-Mitarbeiter, deren Wertschöpfung damit vermindert wird. Nicht für UBS-Kunden, die sich fragen dürfen, ob sie mit einem solchen Geldhaus weiter Geschäfte machen wollen.