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Tagi banal

Platz für ein Winsel-Interview mit dem Versagerrat von Julius Bär.

Ist ein richtiges Schlamassel passiert, halten sich zunächst alle Verantwortungsträger krampfhaft an ihrem Sessel fest und wollen Teil der Lösung sein. Wenn ein Riesenschlamassel wie bei der Bank Julius Bär passiert und über 600 Millionen Franken zum Fenster rausgeschmissen wurden, dann klammern sich alle an ihr Pöstchen und sagen «ich war’s nicht».

Dabei ist es völlig unerklärlich, wie gestandene Banker einem Hochstapler und österreichischen Strizzi wie René Benko diesen gigantischen Betrag leihen konnten – auf windige Sicherheiten hin, die das Papier nicht wert sind, auf das sie geschmiert wurden.

Das Loch ist dermassen gigantisch, dass dann doch Köpfe rollen mussten. Verantwortlich für ein solches Desaster ist in erster Linie der Verwaltungsratspräsident, insbesondere, wenn er wie bei Bär auch noch im sogenannten Risk Committee sitzt, also in dem Organ, das die Risiken der Geschäfte beurteilen sollte – und alle Kredite durchwinkte.

Aber hier hat der VRP gegenüber dem CEO einen entscheidenden Vorteil. Er kann den CEO feuern, umgekehrt geht nicht. Der VRP könnte höchstens durch eine ausserordentliche Aktionärs-GV gekübelt werden, und das findet praktisch nie statt. Also durfte sich Versager Philipp Rickenbacher selbst verabschieden, mit dem üblichen Blabla: «it has been an honour for me … I am immensely grateful for all that». Damit hat er allerdings recht. Für sein viereinhalbjähriges Wirken kassierte er happige 27 Millionen.

Eigentlich Peanuts, so gerechnet. Bloss 4,5 Prozent von 600 Millionen Miese, aber genauso rausgeschmissenes Geld. VRP Romeo Lacher kassierte in der gleichen Zeit läppische 4 Millionen, rechnet «Inside Paradeplatz» vor.

Nun hat Lacher, wie weiland Versager-VRP Urs Rohner den Versager Tidjane Thiam feuerte, sich seines CEO entledigt. Rettet das seinen eigenen Kopf? In solchen Fällen muss man für gut Wetter sorgen. Am besten in Form eines Interviews. Dafür kommt am ehesten die NZZ in Frage. Will die nicht, oder würde die zu kritische Fragen stellen, geht’s die Leiter runter. Dann halt der «Tages-Anzeiger». im schlimmsten Fall «Blick» oder «SonntagsBlick», die ehemaligen Hoforgane des gefallenen Bankerstars Pierin Vincenz. Hier ist’s nun der Tagi.

Solche Interviews haben nichts mehr mit Frage und Antwort in freier Rede zu tun. Jedem angelsächsischen Journalisten würde es dabei den Magen umdrehen, aber hier müssen die Fragen zuvor genehmigt werden, unpassende werden aussortiert. Dann hat Corporate Communication den VRP entweder bis aufs i-Tüpfelchen gebrieft, was er sagen soll, oder es wird beim Autorisieren noch nachgeschliffen. Heraus kommt dann gebackene Luft.

Reines Gesäusel: «Wir mussten eine ganze Reihe von Abklärungen treffen … Wir haben sofort veranlasst … wir die volle Verantwortung übernehmen …» Das sieht dann so aus: «Mit Philipp Rickenbacher haben wir uns im gegenseitigen Einvernehmen darauf geeinigt, dass er zurücktritt.» Zum Totlachen.

Nun stellt Beatrice Bösiger die knallharte Frage, ob denn der VRP als oberster Verantwortungsträger nicht auch hätte zurücktreten müssen. In solchen Fällen erfolgt die Antwort aus dem bewährten Stehsatz für solche Fälle und Fragen: «... selbstverständlich auch meine Funktion diskutiert … Entschluss, dass es keinen Sinn macht … die Stabilität der Bank sicherstellen müssen … alles daranzusetzen, dass wir wieder zurück auf den richtigen Weg kommen.» Auch zum Totlachen. Wie es der Stabilität der Bank geschadet hätte, wenn der oberste Verantwortliche für das Schlamassel die Verantwortung übernommen hätte, keine Nachfrage.

Habe die Bankenaufsicht Finma etwas mit dem Abgang des CEO zu tun (natürlich hat sie das, aber): «Wir haben diese Entscheide gefällt, und sie sind nicht auf Druck der Finma gefällt worden.» Keine Nachfrage, ob Lacher das wirklich erzählen könne, ohne rot zu werden.

Wie kann es eigentlich sein, dass Bär auf wertlose Luftnummern, Luftschlösser Multimillionenkredite schüttete? «Wir werden über die unterliegenden Werte der Kredite keine öffentliche Auskunft geben.» Keine Nachfrage.

Aber immerhin, einen wohldosierten Hauch einer Selbstkritik  räumt Lacher ein: «Wir müssen eingestehen, dass wir eine Fehleinschätzung gemacht haben. Das ist nicht gut.Wir nehmen das sehr ernst und übernehmen als Verwaltungsrat und Geschäftsleitung die Verantwortung dafür.» Wie sich das im Verwaltungsrat äussert? Keine Nachfrage.

Das ist nun nicht die Schuld von Bösiger. Es ist aber so, dass der Tagi wohl eher auf dieses Weichspüler-Interview hätte verzichten sollen, da kritische Nachfragen offensichtlich nicht erlaubt waren. Aber immerhin, Bösiger lässt ihrem Frust freien Lauf, indem sie in einem Kommentar nachtritt: «Jetzt sollte auch der Präsident zurücktreten». Denn schliesslich bestimme der die Regeln der Kreditvergabe, habe hier ein gewaltiges Klumpenrisiko zugelassen und sitze schliesslich im Risikoausschuss.

Das ist nun für Lacher blöd gelaufen. Da wollte er sich mit einem glattgefönten Interview salvieren, und dann wird ihm nebendran der Rücktritt empfohlen. Künstlerpech.

Wie meistens eleganter löste das die NZZ. Die sprach auch mit Lacher, fand dessen Aussagen aber offensichtlich so inhaltsleer, dass sie einen Lauftext mit wenigen Quotes von ihm bastelte. So macht man das.

Wumms: Jessica Peppel-Schulz

Tamedia hat einen neuen CEO. Natürlich eine Frau …

Pietro Supino ist des Lobes voll: «Sie hat uns mit Ihrer dynamischen Persönlichkeit überzeugt, wir freuen uns jetzt schon auf sie

Es war natürlich klar, dass die vakante Stelle, die der entsorgte Marco Boselli hinterliess, mit einer Frau besetzt werden muss. Die gute Nachricht ist: Mathias Müller von Blumencron, die interimistische Leiter nach unten in der Publizistik, hört auf. Die schlechte: er bleibt im Verwaltungsrat von Tx, also von Tamedia, oder vom «Tages-Anzeiger». What ever, wie der Manager da sagt.

ZACKBUM möchte allerdings leise Zweifel an der Dynamik von Peppel-Schulz anbringen. Wie Tamedia, einigen wir uns auf diesen Namen, über sie vermeldet, war sie CEO beim Condé Nast Verlag Deutschland. Wahnsinn, der gibt die «Vogue» und ein paar andere Lifestyle-Blätter heraus, steckt notorisch in den roten Zahlen und macht einen Umsatz von schlappen 50 Millionen Euro. Im Jahr.

Zuvor war Peppel-Schulz CEO bei der United Digital Group (UDG). Die Digital-Agentur machte Umsätze im zweistelligen Millionenbereich und wurde nach ihrem Weggang von einem grösseren Mitbewerber geschluckt.

Also beste Voraussetzungen, die Publizistik eines Fast-Milliardenkonzerns zu leiten. Es gibt noch eine weitere Auffälligkeit im CV von Peppel-Schulz. Nach ihrem sicherlich aufreibenden Einsatz bei UDG machte sie dann mal einen «Sabbatical Break», wie sie auf LinkedIn vermeldet. Schlappe 9 Monate.

Dann war sie ganze 28 Monate CEO bei Conté Nast. Darauf begab sie sich im Juli 2021 in einen neuerlichen «Sabbatical Break». Der dauert nun ein Jahr und 10 Monate, also bis heute. Bzw. bis sie dann die Stelle bei Tamedia antreten wird.

Sicherlich gut erholt und ausgeruht. Ob es allerdings eine gute Voraussetzung ist, alle Verwerfungen durch die Pandemie usw. nicht an leitender Position mitverfolgt zu haben?

Aber ZACKBUM will die Vorfreude von Supino keinesfalls schmälern; Wunder gibt es immer wieder. Man muss nur an sie glauben.

Wumms: Axel Wüstmann

Wenn Würstchen an die Macht kommen, wird der Senf rationiert.

An diese alte Lebensweisheit erinnern die Zustände im Hause CH Media. Seit 2013 ist dort Axel Wüstmann als CEO am Gerät und spielte eine wichtige Rolle beim Aufblühen und Expandieren des Konzerns. Aufkauf einiger TV- und Radiostationen, die Übernahme aller NZZ-Beibootszeitungen, das waren ziemlich clevere Husarenstücke.

Nun rückt im Wanner-Clan die nächste Generation nach. Das hätte bedeutet, dass Wüstmann im März 2023 das Zepter an an Michael Wanner übergeben sollte. Der hatte zuvor versucht, den Voigt-Flop «watson» endlich aus den roten Zahlen zu holen. Nicht wirklich mit Erfolg.

Aber es ist klar: der Sohn vom Chef macht sich immer unaufhaltsam auf den Weg nach oben, wenn nicht Fürchterliches passiert.

Aber irgend etwas muss passiert sein, denn statt die angekündigte Stabsübergabe im März durchzuziehen, überraschte das Haus Wanner am Montag mit der Mitteilung, dass man sich per sofort von Wüstmann getrennt habe. Oder wie das offiziell immer heisst: man habe sich gemeinsam darauf geeinigt.

Viel an Gemeinsamkeiten kann es allerdings nicht mehr geben, wenn ein sowieso abtretender CEO per sofort den Badge abgeben muss. Nicht mal eine Würdigung von Mann und Werk wurde rechtzeitig fertig, so schnell fiel hier das Fallbeil.

Warum, was ist passiert? Nun, was innerhalb von Clans abgeht, ist ungefähr so transparent wie das Innenleben des Kreml. Schon die blitzartige Trennung von der journalistischen Leiter Pascal Hollenstein erfolgte ohne weitere Begründung und so schnell, dass Hollenstein ein Weilchen brauchte, bis er wieder ein sanftes Ruhekissen in der Bundesverwaltung fand.

Hier kann man höchstens vermuten, dass Wüstmann vielleicht nicht wirklich von den unternehmerischen Fähigkeiten von Wanner Junior überzeugt ist und das unziemlich durchblicken liess. Zumindest er dürfte kein Problem haben, eine neue Position zu finden. Ob Wanner allerdings CEO würde, wenn er Meier hiesse, das sei dahingestellt.