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Rechtsverständnis

Die Sanktionen gegen Russland ritzen den Rechtsstaat.

Die Auswirkungen der Sanktionen auf die russische Wirtschaft sind sehr überschaubar. Dank Mulitmilliardeneinnahmen aus Rohstoffverkäufen in neue Richtungen klingelt das Geld in der Kasse des russischen Staates.
Die Auswirkungen der Sanktionen auf den Schweizer Rechtsstaat sind gigantisch. Und bedenklich.

Zunächst übernimmt der Bundesrat unbesehen sämtliche Sanktionen der USA und der EU. Theoretisch prüft er sie, praktisch winkt er sie durch. Damit ist nicht zuletzt die Schweizer Neutralität in Frage gestellt.

Dann haben von ihnen Betroffene keinerlei Möglichkeit zur Gegenwehr. Ein rechtsstaatlich unmöglicher Zustand. Russe, reich, Oligarch. Das genügt, damit das Eigentumsrecht ausser Kraft gesetzt wird. Schlimmer noch: gegen solche Arrestierungen oder Beschlagnahmen kann kein Rechtsmittel eingelegt werden. Das Buebetrickli: es handelt sich um Beschlüsse des Bundesrats. Dagegen kann kein Gericht angerufen werden, das Parlament kann auch nicht eingreifen.

Wenn sich ein Betroffener an den Bundesrat direkt wendet, werden seine Schreiben schlichtweg in den Papierkorb geworfen, Antworten gibt es nie.

All das sind rechtsstaatlich mehr als fragwürdige Zustände. Aber es geht noch schlimmer.

Da sich die Sanktionen als untauglich erweisen, werden sie ständig verschärft. Alleine die EU hat bislang 1435 Sanktionen gegen Russland erlassen. Gerade hat sich die dsyfunktionale Staatengemeinschaft auf ein 13. Sanktionspaket verständigt. Es wird wie seine Vorgänger in der EU mehr Schäden anrichten als in Russland. Es wird sicherlich ohne zu zögern auch in der Schweiz angewendet.

Rechtsstaatlich besonders empörend ist die Bestimmung, dass Schweizer Anwälte russischen Firmen nicht rechtlich beistehen dürfen. Berät ein Schweizer Anwalt eine Firma mit Niederlassung in Russland, droht ihm eine Gefängnisstrafe von maximal einem Jahr.

Das will nun ein Parlamentarier abschaffen. Dafür kassiert Beat Rieder, Mitte-Ständerat aus dem Wallis, bereits steifen Gegenwind. Er konstatiert: «Wegen des Ukraine-Kriegs werden jetzt überall Grenzen überschritten, deren Überschreiten vor einigen Jahren noch unvorstellbar gewesen wäre.»

Immerhin bekommt Rieder Unterstützung vom FDP-Vizepräsidenten Andrea Caroni, der im Tagi so zitiert wird: ««In unserem Rechtsstaat gewähren wir allen einen Rechtsbeistand. Das gilt sogar für Terroristen, Mafiosi und Kriegsverbrecher. Das können wir nicht einzig russischen Sanktionierten verwehren.» Caroni, ebenfalls Rechtsanwalt von Beruf, betont, er stehe hinter allen anderen Sanktionen. Aber diese gehe zu weit.»

Von den Befürwortern werden Feinheiten wie die angeführt, dass schliesslich nur Rechtsberatung verboten sei, käme es zu einem Gerichtsverfahren, dürfe dort ein Anwalt tätig werden. Absurde Haarspaltereien.

Noch schlimmer als diese Verletzungen des Rechtsstaats, um einen Unrechtsstaat bzw. unbescholtene Firmen und Einzelpersonen zu sanktionieren, sind die hysterischen Reaktionen der Befürworter. So sagt die SP-Ständerätin Franziska Roth im «Tages-Anzeiger»: ««Schweizerische Anwälte sollen Verbrechern und Embargo-Brechern weiterhin beim Verstecken ihrer Reichtümer helfen – das ist es, was die Motion fordert.» Dies sei nicht nur aussenpolitisch, sondern auch sicherheitspolitisch fatal: «Die Sicherheit Europas und der Schweiz hängt auch davon ab, dass die Embargo-Beschlüsse gegen die Putin-Freunde tatsächlich wasserdicht umgesetzt werden.»»

Die Sicherheit der Schweiz hängt in erster Linie und vor allem davon ab, dass sie ein Rechtsstaat ist und bleibt.

Man sieht hier nicht zum ersten Mal, wie dünn die Firnis ist, die bei vielen Menschen ihr Verhältnis zum Rechtsstaat bedeckt. Geht es um Russland, verschwindet die blitzschnell, dahinter kommt Hässliches zum Vorschein. Willkür, die Umkehrung der Unschuldsvermutung, ein Sanktionierter ist durch Zugehörigkeit zu einer Ethnie schuldig und kann nicht einmal seine Unschuld  beweisen. Rechtliche Unterstützung ist ihm auch zu verweigern, diesem Paria, diesem Verbrecher durch Nachnamen.

Solche Zustände herrschen in Unrechtsregimes wie in Russland. Das bedeutet natürlich nicht, dass die Schweiz wie Russland sei. Aber die Prinzipien des Rechtsstaas sind unser einziger und letzter Schutzwall vor Faustrecht und Barbarei, vor der politischen Auslegung von Gesetz und Recht, wie es gerade in den Kram passt.

«Nur ein starker Staat kann die vereinbarten Normen durchsetzen», tönt Roth auf ihrer Webseite. Vielleicht erklärt sich ihr Ausbruch gegen fundamentale Prinzipien der Rechtsstaatlichkeit so: «Bevorzugtes Essen und Getränk: Hauptsache ein Glas Rotwein, alles andere ist Beilage.»

Denn zu diesen Normen gehört, dass jeder Mensch das Recht auf die Vertretung durch einen Anwalt hat. Aber für Roth ist das offenbar eine Floskel, die man in US-Krimis hört, die aber in der Schweiz keine Gültigkeit habe. Verbrecher, Embargo-Brecher, Mörder, Pädophile – auch betrunkene Autofahrer – alle haben das Recht auf einen Anwalt. Und kann man sich keinen leisten, wird er gestellt. Punkt.

Wer hinnimmt, dass Sanktionen gegen einen Unrechtsstaat den Schweizer Rechtsstaat beschädigen, hat eigentlich im Ständerat nichts zu suchen.

 

Unfair-Media

Neues Altes von der Gurkentruppe.

«Fairmedia» war angetreten, als durchsickerte, dass Gottseibeiuns Christoph Blocher die «Basler Zeitung» gepostet hatte. Unter der Leitung von Markus Somm verwandelte sich das Blatt in eine muntere Plattform für verschiedene, aber lautstarke Meinungen und wurde als SVP-Postille geschmäht. Dabei war die Haltung viel liberaler als die von Tamedia. Beweis: in der BaZ durfte René Zeyer ungeniert und unzensiert publizieren, sehr zum Missfallen der damals noch mächtigen Credit Suisse und des Fürstenhofs zu Liechtenstein.

Tempi passati, die BaZ ist nun Teil der Einheitssauce aus dem Hause Tamedia, Zeyer durfte seinen allerletzten Artikel noch knapp vor Torschluss publizieren, seither niemals mehr in der BaZ.

Die «TagesWoche» ist inzwischen kläglich eingegangen, «Fairmedia» existiert kläglich weiter und war schon mehrfach im Fokus der Kritik von ZACKBUM. Denn «Fairmedia» hält sich selbst nicht an seine eigenen, grossspurig vorgetragenen Regeln.

Das «Kompetenzzentrum in Medienrecht und Medienethik» gibt von ihm Angerempelten nicht mal Gelegenheit zur Stellungnahme, schweigt auf Anfragen von ZACKBUM verkniffen und unethisch. Ergreift zudem einseitig Partei für eine ewig um ihr Verschwinden in den Schlagzeilen schlagzeilenträchtig kämpfende ehemalige Zuger Politikerin und sammelt sogar Geld für deren endlose Prozessorgien, wobei über die Verwendung nur «gegenüber unseren Spender:innen transparent kommuniziert» werde.

Das ist alles miefig und übel. Natürlich ist «Fairmedia» auch fest in den linken Kuchen eingebettet, wo man sich gegenseitig Posten und Pöstchen zuhält. Und genau das wird nun zu einem lustigen Problem. Denn der erste Präsident von «Fairmedia» hiess – Beat Jans. Genau, der frischgebackene SP-Bundesrat und Justizminister Jans.

Zudem ist «Fairmedia» personell und inhaltlich mit der ewig klagenden und ewig verlierenden Ex-Politikerin verbandelt. Die hat inzwischen, nachdem sie bis zum Bundesgericht hinauf verlor und sogar einen Rekurs gegen das Bundesgericht beim Bundesgericht einreichte (natürlich verloren), beim Europäischen Gerichtshof in Strassburg Klage eingereicht. Gegen die ganze Schweiz, notabene. Und die wird vom zuständigen Bundesrat und Justizminister vertreten.

Also darf Jans gegen die Kanzleipartnerin seines ersten Co-Geschäftsführers von «Fairmedia» antreten. Mit dem Bertschi-Clan ist Jans auch anderweitig verbandelt. Vater Bertschi sitzt im Vorstand von «Fairmedia», Tochter Bertschi ist Generalsekretärin – im Justizdepartement.

Da werden lustige Hintergrundgespräche stattfinden, bei denen Jans sich winden wird und betonen, dass er halt qua Amt leider, leider gegen seine eigenen Leute – und Ansichten – vorgehen müsse. Er wird das sicherlich mit letzter Kraft tun. Selbstverständlich wird bei lustigen Treffen von Jans mit dem Bertschi-Clan kein Wort zu diesem Thema verloren. Chinese Wall, Firewall, völlig klar. Schwester Bertschi wird weder Vater noch Bruder auch nur ein Sterbenswörtchen verraten. Man wird übers Wetter und die Langsamkeit der Berner sprechen. Da lachen ja die Hühner.

Im anständigen Bereich der Politik gäbe es die Möglichkeit, sich wegen Befangenheit herauszunehmen und die Chose seinem Stellvertreter im Bundesrat zu überlassen. Aber doch nicht ein Sozialdemokrat.

Grün, ohne rot zu werden

Bastien Girod hat alles, was es für einen aalglatten Politiker braucht.

Nach der Klimakonferenz ist selbstverständlich vor einer Wortmeldung von Girod, der bekanntlich in tiefer Nacht aus dem Schlaf gerissen werden könnte – und sofort zu irgend etwas Stellung nähme, sei es auch nur zum Sternenhimmel.

«Es läuft gerade extrem viel», beginnt er atemlos. Denn er wäre so gerne Bundesrat geworden, hat sich aber doch nicht zu kandidieren getraut: «In der vergangenen Woche mussten wir einmal mehr zusehen, wie das Machtkartell der Bundesratsparteien die Reihen schliesst und uns GRÜNEN einen Sitz in Bundesrat verwehrt.»

Dann gab es noch die Klimakonferenz, an der Girod sicher auch gerne teilgenommen hätte. Da fehle dann «ein verbindlicher Plan», ist dem scharfen analytischen Auge Girods nicht entgangen. Daraus folgt: «Es gibt noch einiges zu tun. Die Schweiz muss endlich Verantwortung übernehmen und sich zu Hause und an internationalen Klimakonferenzen für ambitionierte Massnahmen gegen die Klimaerhitzung einsetzen.»

Ach, und bevor er es vergisst, noch ein neckisches PS: «Wir GRÜNE zählen nicht auf Spenden von Grosskonzernen, sondern auf Menschen wie dich.»

Girod selbst zählte allerdings eher auf einen Grosskonzern namens «South Pole». Der Händler mit Klimazertifikaten steht immer wieder in der Kritik. Geheimverträge mit Ölriesen wie Shell oder Chevron, gleichzeitig verdient die Zürcher Firma Millionen mit Klimaschutz. Nun ist auch das Vorzeigeprojekt, die weltgrösste CO2-Kompensation in Simbabwe, explodiert.

Schon länger wurde «South Pole» vorgeworfen, eigentlich wertlose CO2-Zertifikate zu verkaufen. Zunächst zeigte sich der Grüne GirodHead of Clima Solutions») noch kämpferisch und verteidigte seinen Brötchengeber. Dann ging er auf Tauchstation. Sein Motto: «Klimaschutz. Soziale Gerechtigkeit. Kreislaufwirtschaft. Gleichstellung. Naturschutz. Grundrechte. Es ist Zeit für Lösungen.»

Der Trennungsschmerz für Girod ist nachvollziehbar, denn ein Direktor verdient dort locker bis zu 175’000 Franken im Jahr. Aber wie sagte Girod tapfer, bevor er auf Tauschstation ging: «Ich bin bewusst in die Privatwirtschaft gewechselt, um an sehr guten – wenn auch nicht perfekten – Lösungen zu arbeiten.»

Diese «Arbeit» hat Girod inzwischen eingestellt. Und ZACKBUM fragt sich bang: Bettelt Girod wohl um Spenden in eigener Sache? Denn eines ist und bleibt klar: ein Grüner läuft niemals rot an, das ist nicht in seiner DNA vorgesehen.

 

Beamter müsste man sein

Obwohl es diesen Status in der Schweiz gar nicht gibt.

Beamter, im Sinn von lebenslänglich garantierte Arbeitsstelle, das bleibt in der Schweiz ein feuchter Traum für viele Sesselfurzer. Wobei sie durchaus genügend Schmerzensgeld dafür kriegen, dass man sie theoretisch entlassen könnte. Aber wer will das schon.

Da gibt es nun die in vorderster Linie Stehenden, die auch ständig in der Öffentlichkeit beäugt werden. Also die Bundesräte. Die verdienen brutto 468’276 Franken im Jahr. Plus Spesenpauschale (30’000 Franken). Plus Kosten Telekommunikation, plus Repräsentations- plus Dienstfahrzeug. Plus GA 1. Klasse und GA für die Schweizer Seilbahnen. Radio- und TV-Gebühren zahlen die Bundesräte aber selber.

Das ist ganz hübsch, wobei bis heute ein Managing Director einer Bank nur müde lächeln würde bei einem solchen Angebot; ein CEO würde dafür nicht einmal einen halben Monat arbeiten.

Aber daneben ist ein Salärdschungel gewuchert, in dem subalterne Chefs oder Präsidenten leben, die bei der Verwaltung von Steuergeldern oder anderer Einnahmen null unternehmerische Verantwortung tragen, aber gigantisch abkassieren.

Da hätten wir mal den SRG-Generaldirektor Gilles Marchand. Der schlägt den Bundesrat mit 514’000 Franken. Man fragt sich, wofür er dermassen viel Kohle kassiert. Das gilt natürlich auch für die SRF-Chefin Nathalie Wappler, die allerdings mit 390’000 Franken doch unter einem Bundesratssalär liegt.

In einer anderen Liga spielt der CEO der Postfinance. Der hält sich offenbar für einen Banker mit bescheidenen Ansprüchen und gibt sich mit läppischen 800’000 zufrieden. Da kann natürlich der oberste Chef der Post nicht zurückstehen, Roberto Cirillo kriegt 821’000.

Die skandalgebeutelte RUAG zahlt ihrem Chef Andre Wall knapp 800’000 Franken. Ganz soviel verdiente er in seinem vorherigen Job als Chief Technical Officer bei der Iberia nicht. Grosse Ahnung von Rüstungsgeschäften hat er offenbar auch nicht, aber immerhin versteht er etwas vom Fliegen. Das kann bald einmal nützlich sein.

SBB-Chef ist auch kein Knochenjob, wird aber mit über einer Dreiviertelmillion entschädigt, was Vincent Ducrot ausnehmend freut. Dann hätten wir noch den staatlichen Unfallversicherer Suva, für den Schoggi-Job des CEO kassierte Felix Weber satte 630’000 Franken.

Im Vergleich dazu ist Marchand wiederum fast ein armer Schlucker. Trotz diesen absurden Gehältern (das Schweizer Durchschnittseinkommen liegt bei rund 85’000 Franken brutto, ein Bundesangestellter kommt im Schnitt dagegen auf 182’000 im Jahr, es Bitzeli mehr), passieren ständig Pleiten, Pech und Pannen.

Immerhin herrscht hier weitgehend Transparenz; das «Eidgenössische Personalamt» veröffentlicht jedes Jahr tapfer ein «Kaderlohnreporting», das jeder – auch Journalisten – einsehen kann. Aber darüber berichten sie mehr so im Vorbeigehen. Warum? Nun, nicht allzu wenige Medienschaffende wechseln gerne die Stelle – aus welchen Gründen auch immer – und fallen dann in ein gut gepolstertes und weiches Bett bei der Bundesverwaltung. So wie André Marty oder unlängst Pascal Hollenstein.

Besondere Qualifikationen, das ist das Sahnehäubchen, sind dafür nicht nötig.Vorherige Erfolge im Berufsleben auch nicht. Im Gegenteil; wenn sich ein Medienkonzern wie im Fall Hollensteins holterdipolter trennt – natürlich im gegenseitigen Einvernehmen –, dann mindert es die Bereitschaft zur Gegenwehr oder zum Protest, wenn bereits ein sanftes Ruhepöstchen zu einem netten Gehalt in Aussicht ist.

Als Leiter Kommunikation hätte Hollenstein eigentlich die Oberverantwortung für den fatalen Satz seiner Chefin während der Pressekonferenz über den Ramschverkauf der Credit Suisse. Dort sagte sie bekanntlich, dass das kein «bail-out» sei, womit sie dem Steuerzahler möglicherweise ein Milliardenproblem einbrockte. Aber das ist ja das Schöne an Quasi-Beamtenstellen: Verantwortlichkeit gibt’s nicht. Haftung noch viel weniger.

Die Höchststrafe ist normalweise eine Frühpensionierung oder die Versetzung auf ein Pöstchen (zu gleichem Gehalt, versteht sich), auf dem der Quasi-Beamte weniger Schaden anrichten kann.

Upscaling und Downgrading

Hochpumpen und Wertigkeit runtersetzen. Interessante Methoden.

Die in letzter Zeit etwas einfallslose Uhrenmarke Swatch hat eine Idee gehabt. Sie stellte eine Plastikversion der Omega-Kult-Uhr «Moonwatch» her. Das Original-Teil kostet von 6500 Franken aufwärts, die Kopie schlappe 250 Franken.

Die Idee ist wirklich originell, denn normalerweise versuchen Prestigemarken wie Omega, die Wertigkeit und Einmaligkeit ihrer Produkte zu stützen. Denn nur so können sie absurde Preise dafür verlangen, dass sie auf ein Billigkaliber, das unter Brüdern für 80 Franken zu haben ist, ein paar Komplikationen draufschrauben, in ein edles Gewand kleiden und für ein paar tausend an die Kundschaft bringen.

Nun hat Swatch den Vorteil, dass nicht nur Omega zum gleichen Konzern gehört, sich also gegen diesen Übergriff schlecht wehren kann. Es ist aber tatsächlich ein grossartiger Marketing-Gag; wie weiland bei Apple-Produkten bildeten sich am Erstverkaufstag lange Schlangen vor den Swatch-Läden, die auch Wochen und Monate nach der Lancierung nicht viel kürzer wurden.

Was ist besser als eine einmalige Aktion? Klar, die Wiederholung der Aktion. Natürlich muss etwas variiert werden, als vergreift sich Swatch diesmal an einer weiteren Nobelmarke des Konzern, an Blancpain.

Die Taucheruhr gibt’s auch ab 6500 Franken, in Sonderedition kann das auch bis zu 25’000 hochschnellen, wenn man sie bei Weissbrot kauft. In der Swatch-Ausgabe soll sie dann 400 Franken kosten. Dafür gibt’s dann aber auch kein Quarzgeknödel, sondern ein mechanisches Uhrwerk und Wasserdichte bis 90 Meter. Und tiefer dürfte ja wohl der normale Swatch-Kunde eher selten tauchen, abgesehen davon, dass die Tauchgänge zur Titanic momentan unterbrochen sind.

Das ist also ein gelungenes Beispiel für Downgrading.

Nun kommen wir zu einem misslungenen Beispiel von Upscaling. Die Rede ist für einmal nicht von Fabian Molina. Auch nicht von Sanija wie heisst sie doch gleich. Auch Kovic kommt erstaunlicherweise nicht vor, auch nicht Regula Stämpfli, ebensowenig wie andere Nullnummern. Denn schon wieder ist die Rede von Cédric Wermuth.

ZACKBUM ist so froh, dass Helmut Hubacher das nicht mehr erleben muss. Denn dem Mann tut die völlige Abwesenheit einer sinnvollen Tätigkeit nicht gut. Überhaupt nicht gut. In der Talkshow von Roger Schawinski tastete Wermuth nämlich mal das Terrain ab. Er will in Konkurrenz mit Molina und Funiciello treten. Jawohl, er schliesse nämlich eine Kandidatur zum Abwart, Pardon, zum Bundesrat, nicht aus.

Während aber Molina und Funiciello und Jositsch ohne Wenn und Aber mit diesem Gedanken spielen oder gar schon angetreten sind, ist Wermuth geschickter. Er macht seine Entscheidung vom Ausgang der Nationalratswahlen abhängig. Geht er als grosser Sieger ins Ziel, der den Stimmenanteil der SP deutlich vergrössert hat, rechnet er sich gewisse Chancen aus. Schliesslich hat er in den letzten Monaten sichtbar an seinem Markenkern gearbeitet. Akkurat geschnittener Bart, dunkles Jacket über weissem Hemd oder Pullover, natürlich locker leger niemals mit Krawatte. Gesichtsausdruck vor dem Spiegel eingeübt. Sympathisch lächelnd oder staatsmännisch besorgt, nicht mehr verkniffen oder übellaunig.

Das nennt man Upscaling. Damit werden kleine Formate auf Breitleinwand gepimpt. Auch Frösche beherrschen diesen Trick, wenn sie ihr Blähsäcke aufpumpen, um an Format zu gewinnen.

Allerdings gibt es bei Wermuth ein Problem. Aufblähen ist gut, aber auch der Frosch schnurrt wieder zur früheren Form zusammen, wenn  die Luft draussen ist. Oder auf die Politik übertragen: natürlich herrscht im Bundesrat das Prinzip Mittelmass. Aber ein gewisses Minimum an Kenntnissen, Fähigkeiten, politischem Wissen, Bildung und Prinzipien sollte man schon mitbringen.

Sonst wirkt das so, als ob eine Swatch ernsthaft eine Omega oder eine Blancpain sein möchte. Und da ist es dann sogar vom Erhabenen zum Lächerlichen nur ein kleiner Schritt. Wobei Wermuth alles andere als erhaben ist.

Von Riesen und Zwergen

Die UBS ist gross, der Rest der Schweiz klein.

Es ist immer wieder erfrischend, die Realität in aller Brutalität vorgeführt zu bekommen. Vor allem, wenn es um reine Machtfragen geht.

Die Schweiz ist zweifellos eine Demokratie, sogar eine direkte, die dem Stimmbürger reichlich Gelegenheit gibt, über ihn betreffende Belange mitzureden. Die Wahlen ins Parlament finden pannenfrei und korrekt statt, die Anzahl der Skandale von Politikern ist – sogar im mitteleuropäischen Vergleich – sehr überschaubar.

Hier braucht auch keine Regierung Millionenausgaben für Visagisten und Fotografen, hier fliesst nicht einmal Geld, wenn Regierende gerne positive Berichterstattung möchten. Das Ausnützen von Eitelkeiten reicht dafür.

Der Bau einer Turnhalle, einer Umfahrungsstrasse, der Steuerfuss, Tempo 30, gendergerechte Sprache, über (fast) alles kann abgestimmt und mitbestimmt werden. Das ist schön.

Manchmal geht es aber um die grossen Dinge, um reine Machtfragen. Wer hat das Sagen, das letzte Wort, wenn es um wirklich bedeutende Entscheidungen geht? Das Stimmvolk, seine Vertretung das Parlament, der Bundesrat, Behörden und Ämter und Institutionen wie die Nationalbank oder die Finanzmarktaufsicht FINMA?

Spätestens seit dem 19. März ist (wieder einmal) klar: wenn es hart auf hart kommt, haben all diese Gremien nichts zu sagen. Sind Statisten in einem Spiel, das von anderen gespielt wird. Es hatte etwas rührend Klägliches, wie ein sachfremder Bundespräsident mit ernster Miene vom Blatt las, was man ihm aufgeschrieben hatte. Es hatte etwas berührend Ärmliches, als eine fachunkundige Finanzministerin vom Blatt las, was sie nicht im Ansatz verstand.

Am Tisch sassen noch ein überforderter Präsident der Nationalbank, der seit der fatalen Einführung der Untergrenze zum Euro eine Schneise der Zerstörung hinterlässt. Und irgend jemand von der FINMA, an die sich sowieso niemand mehr erinnert. Dazu Plisch und Plum von der Credit Suisse, die keinerlei Schuldbewusstsein zeigen wollten dafür, dass sie die traditionelle, grosse den Namen der Schweiz im Titel führende Bank gegen die Wand gefahren hatten.

Und dann sass da noch ein kantiger Ire, der sich das Gequatsche simultanübersetzen liess, obwohl es ihn eigentlich nicht sonderlich interessierte. Denn Colm Kelleher wusste: der Einzige, der hier das Sagen hat, bin ich.

Der VR-Präsident der UBS wusste schon lange, dass die Credit Suisse in ernsthaften Schwierigkeiten steckt. Er wusste schon lange, dass die sinnvollste Abhilfe eine zeitweise Verstaatlichung, die Stützung mit unbegrenzter Liquidität durch die SNB, eine Auswechslung des unfähigen Managements und der anschliessende Börsengang wäre.

Das wäre sinnvoll, zum Vorteil der CS, des Schweizer Staates, des Steuerzahlers, des Finanzplatzes. Aber nicht zum Vorteil der UBS. Und Kelleher geht es einzig um den Vorteil der UBS. Daran ist auch nichts auszusetzen, das ist seine Aufgabe, dafür wird er bezahlt.

Wie es ihm dann allerdings gelang, die Bundeszwerge, die überforderte Regierung, die nichtsnutzige FINMA über den Tisch zu ziehen, das ist schon bedenklich. Wie er mit steinerner Miene am Tisch sass und zuhörte, wie die Marionetten brav ihre Texte aufsagten, es ist bewundernswert, wie er seine Gesichtszüge im Griff hatte und nicht gelegentlich ein breites Lächeln aufsetzte.

250 Milliarden Liquidität, im Notfall sicher noch mehr, 9 Milliarden Risikoübernahme, ein lächerlicher Kaufpreis von 3 Milliarden, keine Arbeitsplatzgarantie, keine Standortgarantie, keine Garnichts, Kelleher hätte sich am Anfang der Verhandlungen sicher nicht träumen, lassen, dass er mit allen seinen unverschämten Forderungen glatt durchkommt.

Und die Vierte Gewalt, die Medien? Von ein, zwei Ausnahmen abgesehen ein begleitendes Trauerspiel. Inkompetentes Gequatsche von überforderten Journalisten, die bei einer Bilanz nicht mal wissen, wo links und rechts ist.

Und als Sahnehäubchen eine Sondersession des Parlaments wie in Nordkorea. Mit dem einzigen Unterschied, dass dort immer einstimmig der Regierung zugestimmt wird. Das Schweizer Parlament wagte es dagegen, wofür es von den Medien streng gerügt wurde, seine Zustimmung zu verweigern. Nur: spielt überhaupt keine Rolle. Ist völlig egal. Das Parlament hätte auch fordern können, dass die CS die UBS übernimmt. Reine Folklore.

Der einzig ernsthafte Vorschlag, das «too big to fail»-Problem dadurch zu lösen, dass es keine solchen übergrossen Dinosaurierbanken mehr gibt, wurde von den grössten Versagern in der Debatte, der SP, versenkt.

Kelleher wird es sich sicher nicht angetan haben, dieses Kasperltheater anzuschauen und sich übersetzen zu lassen. Aber als man ihm auf Englisch eine Kurzzusammenfassung lieferte, hat er sicherlich herzlich gelacht und sich einen doppelten Teeling Single Grain oder vielleicht einen Bushmills eingeschenkt. Verdient hat er’s.

Die Not mit dem Notrecht

Wie die Mainstream-Medien Grundlegendes ignorieren.

Enteignung von Aktionären? Notrecht. 16 Milliarden mit einem Federstrich ausgelöscht? Notrecht. 209 Milliarden Staatsgarantien? Notrecht. Welches Notrecht eigentlich?

Wenn die Not gross ist, gibt es den sogenannten übergesetzlichen Notstand. Notstand wie Katastrophe, Krieg, Überschwemmung. Notstand wie Notwehr. Welches Notrecht kann eigentlich der Bundesrat anwenden, wenn er durch ihr unfähiges Management in Schieflage geratene Banken retten will, weil er meint, er müsse?

Zunächst einmal steht vor dem Notrecht in solchen Fällen das extra dafür verabschiedete Gesetz zur «Too big to fail»-Problematik. Zunächst einmal steht vor dem Notrecht das von der FINMA, der Bankenaufsicht verlangte und überprüfte Prozedere für systemrelevante Banken, wie die in einem Notfall ordnungsgemäss abgewickelt werden können.

Da mussten sogenannte Testamente eingereicht werden, die einen solchen völlig normalen Vorgang vorzeichnen. Denn es gibt das Grundgesetz im Kapitalismus, dass ein privates Unternehmen pleite gehen kann und muss, wenn sein Geschäftsmodell nicht mehr funktioniert.

Wenn also beispielsweise eine Bank über 3 Milliarden Miese macht, dafür aber über 30 Milliarden Boni ausschüttet, dann ist sie krank und liegt komatös auf dem Sterbebett. Ist aber, wir sprechen natürlich von der Credit Suisse, keinesfalls ein Notfall. Weil das jahrelang so zu und her ging.

Chronisch Kranke werden normalerweise nicht auf der Notfallstation behandelt. Aber das mag der Bundesrat anders sehen. Weil seine Mitglieder von finanztechnischen Feinheiten keine Ahnung haben, bemerkte die Landesregierung erst vergangenen Donnerstag, dass bei der CS die Hütte brennt.

Da muss die Feuerwehr kommen, mit Alarmsirene und Notrecht. Aber welches Notrecht eigentlich, gibt es denn in der Schweiz eigentlich Notrechtparagrafen? Jein.

Es gibt zwei Artikel in der Bundesverfassung, die dafür hingeprügelt werden. Artikel 184 ist der eine. Der trägt zwar den Titel «Beziehungen zum Ausland», hat aber den Absatz 3: «Wenn die Wahrung der Interessen des Landes es erfordert, kann der Bundesrat Verordnungen und Verfügungen erlassen. Verordnungen sind zu befristen

Was hat das mit einer Bank in Schieflage zu tun? Gemach, es gibt noch Artikel 185. Absatz 2 und 3 lauten:

«Er trifft Massnahmen zur Wahrung der inneren Sicherheit.
Er kann, unmittelbar gestützt auf diesen Artikel, Verordnungen und Verfügungen erlassen, um eingetretenen oder unmittelbar drohenden schweren Störungen der öffentlichen Ordnung oder der inneren oder äusseren Sicherheit zu begegnen. Solche Verordnungen sind zu befristen.»

Jetzt kommt der Witz, der keiner ist: gestützt auf diese beiden Artikel der Bundesverfassung hantiert der Bundesrat mit Notrecht bei Banken. Das tat er mehrfach bei der Rettung der UBS vor dem Abgrund, das tut er inzwischen schon wieder bei der Übung, die CS zum Schnäppchenpreis an die UBS zu verticken. Da fragt sich der juristische Laie, was das Problem der CS mit der «Wahrung der Interessen des Landes» oder mit der inneren Sicherheit oder «mit unmittelbar drohenden schweren Störungen» zu tun habe.

Ha ha, sagt da der Bundesrat, und willige Staatsrechtler, zufälligerweise als Professoren vom Staat angestellt, stimmen ihm zu: ein Zusammenbruch der CS könnte die Interessen des Landes im Ausland beschädigen, ein möglicherweise zusammenbrechender Zahlungsverkehr zu einer Störung der öffentlichen Ordnung führen.

Wenn der Laie nachfragt, ob das wirklich ernstgemeint ist, dann ist die Antwort, professoral eingekleidet oder einfach mit der besserwisserischen Attitüde, die man als Regierungsverantwortlicher haben muss: ja.

Eine solche Umdeutung geht eigentlich überhaupt nicht, müsste völlig ausgeschlossen sein, wenn gesunder Menschenverstand noch eine Rolle spielte. Wie sagt ein Anwalt, der normalerweise nicht zu kräftigen Ausdrücken neigt:

«Ein Megamurks von Beamtenärschen ohne dogmatische Kenntnisse.»

Die Herleitung der Anwendung von Notrecht ist ein Megamurks. Die Legitimation des Notrechts ist ein Megamurks. Was unter Anwendung von Notrecht stattfindet, ist – Überraschung – auch ein Megamurks.

Eigentlich müsste das Notrecht gegen den Bundesrat angewendet werden. Denn mit der Enteignung von Anteilseignern, dem Kotau vor der UBS, der Nichtberücksichtigung von alternativen Rettungsplänen schädigt der Bundesrat das Image der Schweiz und wahrt keinesfalls ihre Interessen. Eine Störung der öffentlichen Ordnung könnte höchstens durch diese Handlungen des Bundesrats eintreten.

Ist das absurd oder nicht? Unter Verwendung eines für solche Fälle gar nicht vorgesehenen Notrechts schafft der Bundesrat einen Notfall, den er eigentlich verhindern will. So geht verantwortungslose Regierungspolitik als Antwort auf verantwortungslose Bankführung.

Hört damit das Gemurkse auf? Nicht wirklich. Die grossen Medien, also Tamedia, CH Media und Ringier, ebenfalls die NZZ, haben in gewählten Worten hin und her gerudert. Einige Professoren sagen dies zu dieser Anwendung des Notrechts. Andere sagen das. Und letztlich gilt doch die Macht des Faktischen; ist nunmal so beschlossen, war wohl nicht anders möglich.

Was sich genau abspielte, das wird inzwischen aus der «Financial Times» abgeschrieben, weil die Schweizer Wirtschaftsmedien nicht mehr in der Lage sind, selber zu recherchieren. Dass der Abschreiber von 16 Milliarden Franken Additional Tier 1 auf null eine heikle Sache sein könnte: um das zu schreiben, muss man zuerst einmal kapiert haben, worum es sich hier genau handelt.

Und da der durchschnittliche Wirtschaftsjourni schon bei der banalen Frage zögert, ob das Eigenkapital zu den Aktiven oder Passiven gehört, nimmt er hier am liebsten den Telefonjoker oder wartet, dass auch das von der FT erklärt wird. Als die sofort von einem «Aufschrei» schrieb, trauten sich Schweizer Journis halb aus der Deckung, nachdem sie dieses Detail vorher schlichtweg überlesen hatten.

Es ist leider so: Bundesrat? Schwach. Nationalbank? Oberschwach. FINMA? Sackschwach. Medien: peinlich. UBS: clever.

Hyperventilieren ist nicht gesund

Banken, Ukraine, Rentenreform. Himmels willen …

Für die modernen Sparmedien gibt es zwei Ausnahmezustände. Der eine: es ist nichts los. Es ist wirklich nichts los. Dieser Ausnahmezustand wird dann mit einer ausführlichen Betrachtung und Beschreibung des eigenen Bauchnabels bewältigt. Der Leser bekommt ungefragt Beziehungsprobleme, Essgewohnheiten, Alltagserlebnisse, Kindergeburtstage und andere Nebensächlichkeiten serviert. Soweit tiefe Einblicke in die physische und psychische Verfassung des Journalisten.

Die gehobenere Form besteht darin, der Schweiz, der EU, der Ukraine, Russland, China, ja überhaupt der ganzen Welt mal wieder zu geigen, was sie zu tun und zu lassen hätte. Was sie falsch macht (fast alles) und was sie richtig macht (sehr wenig).

Beide Themen werden jeweils mit dieser gravitätischen Unwucht der eigenen Bedeutungsschwere abgehandelt. Das ist leider eine zunehmende Erkrankung vieler Schriftwerke. Umso unbedeutender, unwichtiger die Meinungsäusserungen von Journalisten werden, desto mehr pumpen sie ihre Werke mit vermeintlicher Wichtigkeit auf, geraten schnell in den Diskant, werden kreischig, behaupten wie der Irrwisch Seibt, dass es nun um alles gehe, um wirklich alles.

Dabei geht es meistens nur darum, im Print Spalten zu füllen und im Digitalen den Eindruck einer Themenfülle zu erwecken, die gar nicht existiert.

Der zweite Ausnahmezustand besteht darin, dass mehr als ein grosses Ereignis zeitgleich passiert. Denn seit mehr als einem Jahr ist der Grundbrummton durch den Ukrainekrieg gegeben. Wenn dann noch ein Erdbeben in der Türkei dazukommt, ist schnell einmal die Belastungsgrenze des normalen Journalisten erreicht.

Glücklicherweise haben es Erdbeben aber so an sich, dass sie schnell stattfinden, ihre Verheerungen aus dem Stehsatz beschrieben werden können, der Reigen von Fachleuten, Betroffenen, Schuldigen und überlebenden wird vorgeführt, und dann ist auch wieder gut.

So etwas wie die neuste Rentenreform ist schon sperriger. Eher kompliziertes Thema, irgendwie bedeutend, aber wo soll man noch Platz finden neben der Ukraine? Vor allem, wenn ja wie immer aus heiterem Himmel ein völlig unerwartetes Problem über uns hereingebrochen ist: der Credit Suisse geht es nicht so gut.

Da tut zum Beispiel Tamedia, verflixt, das heisst doch «Tages-Anzeiger», auch in Bern oder Basel, also da tun die Organe des Coninx-Clans das, was für sie inzwischen das Höchste der Gefühle ist. Sie richten einen «News-Ticker» ein, damit der überforderte Redaktor die Agenturmeldungen einfach per copy/paste ins Internet rammen kann.

Und es wird ein eigenes «Gefäss» mit eigenem Titel und eigenem Auftritt geschaffen. Hier heisst es originellerweise «Krise bei der Credit Suisse». Bei der UBS wäre es dann wohl «Unfall bei der UBS», bei den Genossenschaftern «Reibungen bei Raiffeisen», bei der Post «Panik bei Postfinance» und bei der ZKB als letzte der systemrelevanten Banken vielleicht «Zackbum bei ZKB». Dagegen würden wir natürlich energisch Einsprache erheben.

Aber auch bei der «Krise bei der Credit Suisse» wird getan, was man kann. Also nicht viel. Bei Tamedia (wir wollen uns diese Bezeichnung, auch Priska Amstutz zu Ehren, nicht abgewöhnen) gibt’s das obligaten Interview mit dem Fachmann, die «Antworten zur Rettung der Credit Suisse», die bange Frage «Bahnt sich eine Finanzkrise an?» und den kritischen Titel «Der Bundesrat tagt – und schweigt».

Dafür werden gleich zwei Koryphäen in die Schlacht geworfen. Aber Markus Brotschi (Bundeshausredaktor) und Charlotte Walser (promovierte Philosophin aus dem «Bundeshausteam») haben die undankbare Aufgabe, aus einem schweigenden Bundesrat einen Artikel zu melken. ZACKBUM kann eine gewisse Bewunderung nicht verhehlen:

«Im Bundeshaus herrschte am Donnerstag so etwas wie knisternde Anspannung.» Das ist schon mal gut, ein starker Anfang. Nennen wir es gebremstes Tremolo, denn es ist ja nur «so etwas» wie angespanntes Knistern. Und die Frage stand im Raum, schwebte unter der Parlamentskuppel, trieb die Volksvertreter durch die Wandelhalle: «Wie würde der Bundesrat reagieren

Um diese Frage zu beantworten, muss das Bundeshausteam seine Muskeln anspannen, die Ohren spitzen, Beziehungen ausnützen, um berichten zu können: «Tatsächlich traf sich die Landesregierung, wie im Lauf des Tages ruchbar wurde, am Nachmittag zu einer Krisensitzung

Trommelwirbel, nun muss aber der Knaller kommen: «Über den Inhalt der Sitzung werde nicht informiert, schreibt die Bundeskanzlei.» Das ist natürlich bitter, aber dem findigen Journi fällt schon noch etwas ein, denn sonst wäre der Artikel ja fertig: «Im Parlament sorgt die Nicht-Reaktion der Exekutive für Verunsicherung. Parlamentarier formulieren gegenüber dieser Zeitung zunächst ihre Irritation, wollen sich später dann aber nicht zitieren lassen.» Ist das aber nochmal ein Pech. Zuerst sagt der Bundesrat nix, dann sagen die Parlamentarier was, wollen aber doch nix gesagt haben.

Was kann da noch helfen? «Ein Insider spekuliert …», das ist immer das Ende jeder ernstzunehmenden Berichterstattung. Aber hier geht’s doch weiter: «Doch nun müsse man «gesetzgeberisch vorsorgen, dass so etwas nie mehr vorkommt», betonte Co-Präsident Cédric Wermuth». Wunderbar, der Vielschwätzer ist immer mit einer Stellungnahme zur Hand, und so bleibt uns allen ein Zitat von Fabian Molina erspart.

Das gibt natürlich Reaktionen: ««Die SP ist vorgeprescht», sagt (Mitte-Präsident, Red.) Pfister.» Damit ist ein Fass aufgemacht: «FDP-Präsident Thierry Burkart ist ebenfalls der Ansicht …», selbstredend «Für den Banker und SVP-Nationalrat Thomas Matter hat die CS nun die Hauptaufgabe …». Nur: offenbar haben es die Grünen und die Grünliberalen nicht rechtzeitig geschafft, etwas in die Mikrophone zu murmeln.

Dürfen wir kurz zusammenfassen: der Credit Suisse geht es schlecht, sie benützt die Kreditlimite von 50 Milliarden, die ihr bei der SNB zusteht. Der Bundesrat hat sich darüber informieren lassen und sagt nichts. Die Parteien sagen das, was sie meistens sagen.

ZACKBUM fragt aber: Wenn dieser Artikel das Niveau der Berichterstattung illustriert, kann man da dem Hause Tamedia die Kompetenz zutrauen, sinnvoll über die Ukraine, die Türkei, China, Russland, die USA und überhaupt die Welt zu berichten? Sieht das bei CH Media besser aus? Oder bei Ringier? Bei den Randgruppen-Postillen? Wenn man die NZZ als Ausnahme gelten lässt: ist das nicht ein unvorstellbares Elend?

Wumms: Edgar Schuler

Spätes Bekenntnis zum Gendern.

Edgar Schuler hat’s nicht leicht. So musste er eine ganze Zeitlang den morgendlichen Newsletter gestalten – im Wechsel mit Salomé Müller, einer der Initiantinnen eines Brandbriefs erregter Tagi-Frauen, die sich über Sexismus, Diskriminierung und demotivierende Arbeitsatmosphäre beklagten. Belegfrei und wirkungslos. Müller ist längst abgeschwirrt, Schuler bleibt.

Als sich Bruchpilotin Sanija Ameti von der «Operation Libero» keinen SVP-Bundesratskandidaten «schöntrinken» wollte, fand er das unerhört.

Jetzt aber wirft er der Landesregierung «Arbeitsverweigerung in der Genderdiskussion» vor. Sie setze «kein Zeichen für eine moderne Gesellschaftspolitik. Wie mutlos, wie schade», kanzelt er die Bundesräte ab. Sie seien «weit weg vom Volk», behauptet Volksversteher Schuler.

Wie das? Der «Lame Duck»-Bundesrat habe eine «Abfuhr für die amtliche Anerkennung des dritten Geschlechts» beschlossen. «Wo lebt dieser Bundesrat», fragt sich der Tagi-Redaktor. Ist er von Elon Musk schon auf den Mars geschossen worden? Nach Kabul disloziert? Auf jeden Fall entgehe der Landesregierung, dass «diese Debatte» über mehr Geschlechter «längst geführt» werde. Zwar nicht an Stammtischen, aber «überall dort», wo man sich mit «Geschlechtsidentität und Gleichstellung» beschäftige. Also zum Beispiel beim Tagi.

Schlimmer noch: «Dabei verweigert er sich ebenso sehr den klaren Tatsachen: Es gibt nun mal eine – zugegebenermassen kleine – Minderheit, die diskriminiert wird, wenn sie sich nur entweder der Kategorie Frau oder der Kategorie Mann zuordnen darf.»

Das sei «für eine Mehrheit der Menschen in der Schweiz kein akzeptabler Zustand mehr», fantasiert Schuler. Und beruft sich dabei auf eine Untersuchung des einschlägig bekannten «Forschungsinstitut Sotomo». Offenbar in der irrigen Meinung, dass sich keiner seiner Leser durch diese schwafelige und weitscheifende «Untersuchung» kämpfe.

Wer’s dennoch tut, liest diesen Satz:

«99,6 Prozent der Befragten bezeichnen sich entweder als Frau oder als Mann. Nur 0,4 Prozent … bezeichnen sich explizit als nicht-binär.»

Bei einer 9-Millionen-Schweiz sprechen wir also von allenfalls 36’000 Eidgenossen. Zählen wir noch die 20 Prozent ab, die unter 20 Jahre alt sind, kommen wir auf 28’800 non-binäre Schweizer. Und für diese angeblich diskriminierte Minigruppe, die psychologischen Beistand braucht, wenn ihr Non-binär-Sein nicht im Pass verzeichnet ist, geht Schuler auf die Barrikaden?

Wirft dem Bundesrat Volksferne vor, wo dieses Thema doch fester Bestandteil jedes Gesprächs beim Feierabendbier ist? «Sage mal», meint Heiri und bestellt noch ein Bier, «das ist doch ein Skandal, dass die in Bern oben die Non-Binären so diskriminieren.» – «», sagt Sandro und nimmt Heiri vorsichtshalber Bier und Autoschlüssel ab.

Mein lieber Schuler, was haben Sie nur geraucht, und gibt es das wirklich rezeptfrei?

 

Wumms: Irène Kälin

Karriereplanung in Grün.

Irène Kälin ist nicht mehr länger oberste Schweizerin. Sie hat das Amt der Nationalratspräsidentin turnusgemäss abgegeben.

Das ist natürlich bitter für die Karriereplanung, weil es doch so schöne Berichte über sie gab. Vor allem, als sie sich in die lange Reihe der Staatsmänner (und -frauen) gesellte, die mal für ein paar Fotos mit besorgt-betroffenem Gesichtsausdruck in die Ukraine reisten.

Als Erkenntnisse vermeldete sie (bzw. ihr Hoforgan «Blick»): «Ich reise mit einem wahnsinnig schönen Gefühl ab.» Dann hielt sie doch tatsächlich eine Rede im ukrainischen Parlament und stellte nach einer kurzen Begegnung mit dem Präsidenten Selenskyj fest: «Er ist trotz allem ein einfacher Mensch.» Wahnsinn.

ZACKBUM hätte nie gedacht, einmal mit Konzernjournalisten Philipp Loser einig zu sein, der schrieb: «Wir sehen Kälin in einem Zug bei Nacht. Wir sehen Kälin in einem Zug bei Tag. Ein diplomatischer Ausflug als Fotoroman.»

Aber eben, solche Auftritte in einer Fotoromanza werden nun schwieriger. Also meldet sich Kälin schnell noch nach der Wahl von Albert Rösti zu Wort. Und lässt, diesmal bei CH Media, vermelden, dass sie sich «kürzlich für einen grünen Angriff auf den SP-Sitz ausgesprochen» habe. Nicht ohne Hintergedanken, denn «sie signalisierte Interesse an einer Bundesratskandidatur».

Aber natürlich nicht gleich, «nächstes Jahr komme dieser Schritt aus familiären Gründen nicht in Frage», lässt sie noch aufnotieren. Dafür aber vielleicht Ständerätin, wär› doch auch was. Daran ist sie nämlich auch interessiert.

Kommt halt davon, wenn man süchtig danach geworden ist, wichtig zu schauen, Belangloses zu sagen und damit in die Gazetten zu kommen …