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Zu transparent?

Die «Republik» legt ihre Zahlen offen. Vielleicht ein Fehler.

Vielleicht ist der Titel des Beitrags absichtlich abschreckend: «Der Fokus liegt auf Stabilität». Denn was soll bei der «Republik» stabil sein? Desaströser Zustand der Finanzen, nach der Offensive die Defensive, Steuerschummelei, Sexismus-Affäre, knapp an der Pleite entlang, ein Irrwisch als VR-Präsident, zwei unerfahrene Chefredaktoren, reihenweise Abgänge in der Teppichetage, eine demotivierte Crew, die am liebsten mit Arschtreten beschäftigt ist und kaum noch Output hat – stabil im Desaster?

Aber greifen wir doch ein paar transparente Zahlen heraus. 3,9 Millionen Franken werden zwischen Juli 2023 bis Juni 2024 für die «Redaktion» ausgegeben. Von insgesamt 6,58 Millionen. Wenn’s die «Republik» noch solange macht.

2,1 Millionen kassieren die Festangestellten, 312’000 werden für Freie ausgegeben. Der Ausbildungsetat beträgt 0. Produktion und  Korrektorat verschlingen eine halbe Million, mit Dienstleistungen von aussen sogar 585’000. Der Flop «Republik zum Hören» wird weiterhin mit 200’000 Franken honoriert.

Tech und Design, Community, Departement des Inneren: satte 2,17 Millionen, plus «Unternehmensführung» eine halbe Kiste. Macht 2,67 für Overhead, Technik und redaktionsfremde Dienstleistungen.

Die Geschäftsleitung besteht aus zwei Personen, die 256’000 Franken verdienen; 128’000 pro Nase. So viel zum Einheitslohn. Dazu kommen noch 33’000 Franken «Sachkosten»; der VR und der Vorstand und der Genossenschaftsrat kassieren weitere 224’000 Franken. Von ehrenamtlicher Tätigkeit hat hier noch niemand etwas gehört.

Besonders stossend sind die schön versteckte Posten Rechtsberatungen (83’500 Franken) und «Übrige Beratungsdienstleistungen» in der Höhe von satten 286’300 Franken. Darin enthalten sind «Aufwendungen für die Revision in der Höhe von CHF 48’343 (Vorjahr CHF 46’207) sowie Kosten für die Findungskommission (FIKO) von CHF 26’110 (Vorjahr CHF 0) und Kosten für die Organisationsentwicklung von CHF 106’380 (Vorjahr CHF 0)». Organisationsentwicklung? Womit immer noch über 100’000 Franken für «Beratung» allgemeiner Art übrig blieben. Wie die «Republik» dermassen überberaten nicht mal den VR richtig besetzen konnte und in ein Fettnäpfchen nach dem anderen trat – unglaublich.

Das sind die Ausgaben, wie sieht es bei den Einnahmen aus? Die bestehen nur aus Abos; zurzeit zählt die «Republik» 28’450 «Mitgliedschaften und Abos». Das Magazin rechnet mit einer durchschnittlichen Erneuerungsrate von 75 Prozent. Das bedeutet, dass haargenau 7112 Abonnenten neu dazukommen müssen, wenn dieser Stand  gehalten werden soll.

Hier kommt das nun wirklich übliche Gejammer: «Die schlechte Nachricht zuerst: Über die Sommer­monate haben mehr Verlegerinnen die Republik verlassen, als neue dazu- (oder alte zurück-)gekommen sind. Das erhöht den Druck auf die verbleibenden Monate.»

Ergänzt mit dem üblichen haltlosen Optimismus: «Nun die gute Nachricht: Das ist kein Ding der Unmöglichkeit. Im Oktober stiegen die Verkaufs­zahlen sichtbar, zum ersten Mal seit einiger Zeit, was uns sehr freut und vorsichtig optimistisch stimmt. »

Hä? Laut der Abbildung im Cockpit sieht diese «sichtbare Steigerung» im Oktober so aus:

Grün sind die neuen Abos; der Balken im Oktober liegt über 250. Im September lag er darunter. Aber im September lagen die Abgänge bei über 500, im Oktober kratzten sie an dieser Zahl. Seit Beginn des Geschäftsjahrs im Juli 2023 gab es immer mehr Abgänge als Zuwachs. Woher soll da Optimismus kommen, selbst vorsichtiger?

Das ist so gaga, wie wenn man im Regen steht und sagen würde: okay, ein paar Tropfen haben mich erwischt, aber mich stimmt optimistisch, dass die meisten mich nicht getroffen haben.

Fokus auf Stabilität? Wie stabil kann der Aufenthalt in einer Gesinnungsblase sein, die immer höher über der Realität schwebt?

Das einzig Stabile ist: die nächste Bettelaktion kommt bestimmt.

Geld und Waffen für die Taliban

Flughafen-Chaos bebildern, einander abschreiben, Ferndiagnosen. Wichtige Fragen bleiben unbeantwortet.

  • «Cäsar schlug die Gallier. Hatte er nicht wenigstens einen Koch dabei?»

So liess Bertolt Brecht einen «lesenden Arbeiter» fragen. Wer war Brecht, was ist lesen? Das wären die aktuellen Gegenfragen eines Journalisten.

Alleine in der Hauptstadt Kabul patrouillieren Tausende von schwerbewaffneten Taliban durch die Strassen. Meistens eher ärmlich gekleidet und mit kaum marschtauglichem Schuhwerk. Aber immer bis an die Zähne bewaffnet.

Kostet alles ein Gewehr: Taliban in Kabul.

Naheliegende Fragen: wer kocht für die? Womit? Woher haben sie all die Waffen? Wie wird das Ganze finanziert? Allah ist gross, aber der Mensch braucht Nahrung, einen Platz zum Schlafen. Humvees sind nicht für ihren sparsamen Benzinkonsum bekannt; Waffen brauchen Munition, dazu gibt es natürlich Repräsentationskosten:

Gut gekleidete Taliban-Terroristen in Katar.

Die geballte Investigativkraft von Tamedia schreibt immerhin zwei Berichte zusammen, die allgemein bekannt sind und im Internet leicht erhältlich:

Nicht aus dem Internet, wie die Tamedia-Recherchen.

Der «Spiegel», das grossartige Nachrichtenmagazin, hat’s gerne spektakulärer und meint, das komme von spekulieren:

Mal einen raushauen: neuste «Spiegel»-Masche.

Man muss tiefer in den angelsächsischen Journalismus einsteigen, um die Originalquellen zu finden, von denen auch hier alle deutschsprachigen Medien abschreiben. Dazu gehören natürlich zuvorderst das Wall Street Journal (WSJ) und die Financial Times (FT). Aber auch diverse englische, indische, australische oder neuseeländische Qualitätszeitungen, die diesen Namen noch verdienen.

Krieg kostet, aber wer bezahlt’s und wie?

Krieg kostet, das ist eine ewig gültige Wahrheit. Noch im Dreissigjährigen Krieg (1618 – 1648) war es üblich, dass die Truppen die von ihnen besetzten Länder verheerten, ausplünderten, sich von Diebstahl ernährten. In modernen Kriegen versucht man, das zu vermeiden, im Kampf um die Unterstützung der Zivilbevölkerung. Besonders wichtig ist das in einer asymmetrischen Kriegsführung, wo Aufständische wie Fische im Wasser in der Bevölkerung schwimmen müssen, wie das Mao nannte.

Deshalb kommt nur ein kleiner Teil der Einnahmen der Taliban über Steuern und Abgaben herein, obwohl sie in den von ihnen besetzten Gebieten Afghanistans das schon früh installierten. «Ushr» heisst dieses Steuersystem, es soll eine 10-prozentige Abgabe auf Ernten und 2,5 Prozent auf Vermögen erhoben werden.

Die Beschaffung von Waffen, das war der einfachste Teil der Taliban-Offensive. Überall, wo sie ein Gebiet eroberten, übernahmen sie die wohlgefüllten Lager der von den USA mit Milliarden aufgepäppelten afghanischen Armee. Wenn Taliban an Weihnachten glauben würden, wäre ständig Bescherung gewesen. Nagelneues Material; Ausrüstung, Waffen, Fahrzeuge, Kommunikationsgeräte. Schlüssel steckt; dazu gab es immer genügend Überläufer, die sich gerne als Instruktoren das Überleben sicherten.

Das sind allerdings nur Kleckerbeträge; es wird geschätzt, dass vor der Machtübernahme die afghanischen Taliban ein Jahresbudget von rund 1,6 Milliarden Dollar bewirtschafteten. In erster Linie stammen ihre Einnahmen aus dem Opiumgeschäft.

Afghanistan ist (wieder) der weltweit grösste Hersteller und Exporteur von Opium. Nun ist der Koran auch in Bezug auf Rauschmittel auslegungsfähig, wir zitieren hier Sure 4, Vers 43:

„Oh ihr, die ihr glaubt, kommt nicht zum Gebet, während ihr betrunken seid, bis ihr wieder wisst, was ihr sagt.“

Das ist sicherlich eine nüchterne Forderung, die in allen Religionen gelten sollte. In der engeren Auslegung des Korans, wie sie die Taliban pflegen, ist aber der Genuss jeglicher Rauschmittel streng verboten. Sich gleichzeitig in erster Linie mit Opiumhandel zu finanzieren, das alleine zeigt bereits die Verlogenheit und Heuchelei der Taliban.

Wie regulieren die Taliban ihren Finanzhaushalt in Dollar?

Wenn man einige hundert Millionen umsetzt, dann ist unvermeidlich der grössere Teil davon in der Weltwährung US-Dollar. Hier kommt nun eine ganz interessante Frage aufs Tapet, die von keinem unserer Qualitätsmedien beantwortet wird.

Wieso ziehen die USA den Taliban nicht sofort den finanziellen Stecker raus? Selbst die mächtigen Schweizer Grossbanken, selbst die souveräne Schweizer Regierung kuschten sofort, als die USA im Steuerstreit dezent darauf hinwiesen, dass sie bekanntlich Herr des Dollar sind. Und da jede Dollar-Transaktion weltweit ans US-Schatzamt gemeldet werden muss, können sie per sofort die Verwendung verbieten.

Da jede Bank der Welt existenziell davon abhängig ist, täglich Hunderttausende, Millionen von Dollar-Transaktionen aufgrund von Standardverträgen mit anderen Banken durchführen zu können, bedeutet für sie der Ausschluss durch die USA den sofortigen Tod. Denn niemand will mit einem solchen Paria noch Geschäfte machen, Ansteckungsgefahr.

Nun sind die Taliban keine Bank, aber natürlich benützen sie Banken. Denn Geldflüsse im Milliardenbereich kann man nicht ausschliesslich in Cash abhandeln. Afghanistan verfügt, wie jedes Land auf der Welt, über eine Notenbank (DAB) und ein Finanzsystem.  Wie meist bei Umstürzen hat deren Webseite inzwischen eine humoristische Anmutung.

Nun will die DAB über ein paar Milliarden Reserven in Dollar verfügen, zum Beispiel. Solche Reserven sind auch nicht in Cash im Hauptsitz in Kabul gelagert, sondern irgendwo auf der Welt angelegt (hoffentlich). Die USA könnten nun problemlos weltweit die Verwendung von US-Dollar in jedem Zusammenhang mit Afghanistan verbieten. Damit wäre das Regime zwar nicht sofort am Ende (auch andere Unrechtstaaten wie Venezuela halten sich trotzdem über Wasser). Aber es wäre ein empfindlicher Schlag.

Daher erhebt sich die vermeintlich banale Frage:

  • Wieso tun das die USA nicht?

Leider hat der versammelte und geballte Sachverstand deutscher Qualitätsmedien darauf keine Antwort.