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Immer wieder rechnen mit «Republik»

Der Inhalt der meisten Artikel hat wenig mit der Realität zu tun. Mit Aritmethik noch viel weniger.

Ist es Publikumsverarsche, Unfähigkeit oder Schönschwätzen? Oder eine Mischung von allem?

«Denn jedes Jahr zum Geburtstag der «Republik» drücken wir in der Redaktion kollektiv die Daumen und haben die eine oder andere schlaflose Nacht. Warum, fragen Sie? Lassen Sie uns erklären.»

Um längeres Gelaber abzukürzen: Immer im Januar, dem Geburtsmonat der Geldbettelei, stehen rund 5500 Ab-Verlängerungen an. Im unwahrscheinlichen Fall, dass alle den Vollpreis von 240 Franken zahlen, würde es so 1,32 Millionen Franken in die immer hungrige Kasse der Hängematte-Republikaner spülen.

«Um Ausgaben und Einnahmen in Einklang zu halten, müssen wir im Januar ein Umsatz­ziel von rund 1,4 Millionen Franken erreichen.»

Hm.

Im Dezember noch laberte die «Republik»: «3,5 Millionen Franken: Der Umsatz, den wir kumuliert bis Ende Januar erreichen müssen, um Kürzungen im laufenden Geschäfts­jahr zu vermeiden.
1,8 Millionen Franken: Der Umsatz, den wir kumuliert von Juli bis Ende November erreicht haben.»

3,5 Millionen minus 1,8 Millionen sind 1,7 Millionen. Die hätten also im Dezember und Januar erzielt werden müssen. Wenn im Januar immer noch 1,4 Millionen fehlen, tröpfelten also im Dezember schlappe 300’000 Franken rein. Das entspräche auch der Eigendarstellung:

Im Dezember konnten sich rund 750 Verpeilte entschliessen, ein Abo abzuschliessen. Wie viel davon Vollzahler, Schnupper-Abonnenten irgend einer Form oder Monatseinsteiger sind,, da schweigt das Transparenzgebot der «Republik». Gleichzeitig hatten etwas mehr 500 Zahler die Schnauze voll und gingen von Bord. Macht einen Monatsüberschuss von lachhaften 48’000 Franken. Oder anders gerechnet, 750 Abos à 240 Franken (unwahrscheinlicher Idealfall) macht 180’000 Fr., nicht etwa 300’000.

Weiter im wilden Ritt durch die Zahlenparallelwelt: «Folgt der Januar unserer durch­schnittlichen Verlängerungs­rate von 75 Prozent, dann erzielen wir damit einen Umsatz von rund 950’000 Franken.» Eigentlich wären es dann 990’000, aber lassen wir solche Peanuts.

Nun stünde man bei gar 85.88 Prozent «Verlängerungsrate». Das wären dann Einnahmen von 1,134 Millionen. Fehlt noch ein Stück zu 1,4 Millionen. Da könnten dann Neuabonnenten einspringen. Ganze 600 brauche es im Januar, «kein Pappenstiel». Das wären dann immer in der besten aller Abowelten noch mal 144’000 Franken. Zusammen 1,278 Millionen. Fehlen immer noch 122’000 Franken.

Mindestens. Und unter der Voraussetzung, dass nur Vollabos gelöst werden und das all diese Zahlen stimmen. Das ist immerhin ein Fehlbetrag von 8,71 Prozent.

Es kommt erschwerend hinzu: «Denn aufgrund einer buchhalterischen Rechnungs­umstellung (siehe Geschäfts­bericht) können wir es uns nicht erlauben, auch nur ein kleines Defizit zu machen – und aktuell reicht unser finanzielles Polster nicht aus, um einen schlechten Januar aufzufangen.»

Oder auf Deutsch: die Bude ist sowieso chronisch überschuldet und müsste schon längst die Bücher deponieren, wenn nicht zwei Millionenerben so nett wären, ihre Darlehen in den Wind zu schiessen. Stattdessen Zahlenzauber und Kaninchen aus dem Hut.

Aber gehen wir doch mal davon aus, dass der Spruch «Auf ein gemeinsames, hoffnungsvolles 2025!» nichts mit der Realität zu tun hat. Sondern nehmen wir an, dass die «Republik» mal wieder Defizit macht, rote Zahlen schreibt. Daraus ergeben sich, im Rahmen der Transparenz, doch drei Fragen:

  1. Wenn sie sich das laut eigener Aussage nicht erlauben kann, ist sie dann endlich pleite und deponiert die Bücher?
  2. Wenn die Situation wieder so bedrohlich ist, wieso hört man nie etwas von einem freiwilligen Lohnverzicht, beispielsweise in der Höhe des Defizits?
  3. Wann komm die nächste Selbstmorddrohung «Hilfe, wenn Ihr nicht sofort spendet, müssen wir den Laden abwickeln»?

Dafür müsste man ja nur copy/paste von der letzten machen, überhaupt kein Aufwand.

Ursache und Wirkung, Part II

«tsüri» unterstützt das linksgrüne Zürich, Zürich unterstützt das linksgrüne «tsüri».

Das kann man Win-Win nennen. Oder auch Journalismus als Prostitution. Durch einen Artikel in der NZZ werden Zusammenhänge noch klarer. Dass «tsüri» am Tropf von Subventionen mit Steuergeldern hängt, war schon immer klar. So wie die «Republik» nur überlebt, weil zwei reiche Erben ihre Kredite in die Tonne treten. Denn wären sie nicht davon zurückgetreten, hätte das Blatt der guten Denkungsart schon längst die Bücher deponieren müssen.

Aber noch widerlicher führt sich «tsüri» auf. Die NZZ hat bei der Stadt Zürich nachgefragt, welche Leistungen sie bei dem angeblich journalistisch-unabhängigen Krähorgan eingekauft hat. Der Höhepunkt war 2021 erreicht; mit über 150’000 Franken überschüttete die linksgrüne Stadt das linksgrüne Magazin. Das hatte sich von ein paar Tausend Franken im Jahr 2016 schon auf fast 100’000 Steuerfranken im Jahr 2019 gesteigert. In den letzten beiden Jahren waren es immer noch um die 50’000 Franken pro Jahr.

Die NZZ enthüllt ein besonders widerliches Beispiel:

«So finden sich in den Schwerpunkt-Reihen nun redaktionelle Beiträge, die von «Tsüri»-Journalisten gegen Bezahlung verfasst wurden. Für mehrere tausend Franken pro Beitrag schreiben diese Sätze wie: «Unter allen Schweizer Energieversorgungsunternehmen steht EWZ auf dem Podest.» Eine klassische Publireportage, die nicht explizit als solche gekennzeichnet ist, sondern mit dem Label «Sponsor 49»

Oder: «Ein anderes Beispiel für solche Auftragsarbeiten ist eine 14-teilige Podcast-Reihe, die die Stadt Zürich als Arbeitgeberin in ein positives Licht rückt. Eine Journalistin von «Tsüri» erzählt in jeder Folge, dass die 30 000-köpfige Stadtverwaltung aus Zürich eine lebenswerte Stadt mache, und unterhält sich zum Beispiel mit dem städtischen Projektleiter der umstrittenen Rad-WM über die Highlights des Anlasses. Fragen und Themen wurden vom Personalmarketing der Stadt vorgegeben.»

Aber durch diesen Artikel werden weitere Hintergründe erhellt. Nachdem die NZZ, als seriöses Organ dem Chefredaktor Simon Jacoby Gelegenheit zur Stellungnahme gab, reagierte der mit einem knappen Mail. Und einer Artikelserie gegen die NZZ, in der er dem Blatt unter anderem einen deutlichen Rechtsruck und Nähe zur AfD vorwarf. Was wiederum Linksautonome dazu motivierte, ihr auch propalästinensisch motiviertes Unbehagen mit einem Farbanschlag Ausdruck zu verleihen.

Natürlich gefällt es «tsüri» überhaupt nicht, so demaskiert zu werden: «Man nimmt Geld vom Staat entgegen, um über staatlich geförderte Institutionen zu berichten. Und reklamiert dennoch die klassische Rolle der «vierten Gewalt» für sich, die eine kritische Distanz wahrt.»

Das gilt inzwischen für weite Teile der sogenannten «journalistischen» Kulturberichterstattung, nachdem Tamedia bekannt gab, dass es den «Züritipp» einstellen wird. Anlass für die SP-Regierungsrätin Jacqueline Fehr, pro Jahr 80’000 Franken Steuergelder in einen Kulturkalender zu stecken. Anlass für das «Theaterhaus Gessnerallee», eine eigene «Zeitung» herauszugeben; nach journalistischen Kriterien, versteht sich. Die Stadt steckt 3,5 Millionen Franken Steuergelder in dieses Theater. Die Kommunikationschefin der Gessnerallee ist Rahel Bains, ehemals bei «tsüri». Der linke Kuchen, wie er leibt und lebt.

Natürlich springt auch «tsüri» auf den Kulturzug und kündigt den «Tsüritipp» an, samt Crowdfunding. Eine neue Einnahmequelle, neben dem Geständnis von Jacoby: «Unsere grösste Kundin ist die Stadt Zürich».

Nichts gegen ein cleveres Geschäftsmodell; «tsüri» hat es im Gegensatz zur «Republik» geschafft, ohne die tiefen Taschen von Millionären über die Runden zu kommen. Dafür greift es aber dem Steuerzahler ins Portemonnaie, ohne dass der dazu etwas sagen könnte.

Wes Brot ich ess, des Lied ich sing. Ein ewiges Problem der Medien, die sich ja irgendwie finanzieren müssen. Das gab im Verhältnis zu Grossinserenten schon immer einen Eiertanz; eine kritische Autoberichterstattung (neben den Detailhändlern sind die Autoimporteure die letzten Grossinserenten) ist so selten wie ein Pinguin in Australien.

Aber dass ein Organ wie «tsüri» auf ein paar kritische Fragen (und die Möglichkeit zur Stellungnahme) mit Schmierenartikeln über den Anfragenden reagiert, das ist eher selten. Und dass sich ein Organ dermassen ungehemmt an einen Financier ranschmeisst, ihn in kaum getarnten Lobhudel-Auftragsarbeiten über den grünen Klee hochschreibt, das ist anrüchig. Und haut dem Anspruch, ein angeblich journalistisches und unabhängiges Medium zu sein, eins in die Fresse, dass die Zähne rausfliegen.

Schnell sind die Jungs (und Mädels and everybody beyond) dort allerdings. Kaum ist die mediale Hinrichtung der NZZ erschienen, hebelt «tsüri» zwei ältere Stücke wieder auf die Webseite zuoberst. Den «Transparenzbericht» über die Finanzierung, der so transparent ist, dass der grosse Brocken Steuergelder nicht separat ausgewiesen wird. Und die süsse Rache «So viel Geld überweist die Stadt Zürcher Medienhäuser». Dativ ist auch im Titel Glücksache. Aber dann kommt’s:

 

Glashaus, Steine? Nicht wirklich, denn «tsüri» zählt einfach die halbe Million dazu, die das Zurich Film Festival bekommt. Das hat allerdings mit der Publizistik der NZZ nichts zu tun; auch bevor die alte Tante das Festival aufkaufte, haute die Stadt massig Geld rein. Ohne diesen Betrag wäre «tsüri» mit Abstand vorne, die NZZ mit 6’257 Franken städtischer Gelder im Peanutsbereich.

Es ist hanebüchen lustig: die NZZ wirft «tsüri» wohlbelegt vor, dass die Internetplattformen von Steuergeldern der Stadt Zürich ausgehalten wird und sich mit liebedienerischen Artikeln revanchiert. Daraufhin wirft «tsüri» der NZZ vor, sie werde rechtsradikal. Auf diesen Rachefeldzug springt auch die schreibende Schmachtlocke auf, die es nicht verträgt, dass die NZZ im Gegensatz zur «Republik» mit Journalismus Erfolg hat. Und ein paar linksautonome Chaoten wollen ein Zeichen setzen und beschmieren das Gebäude der NZZ. Wobei sie erst noch von der Polizei erwischt werden.

Wie all diese Widersprüche die woken Linken in Zürich aushalten können? Locker, denn einen solchen Widerspruch zwischen Sein und Schein sind sie ja auch im eigenen Leben gewohnt. Nicht wahr, Herr «Flüge verbieten»-Wermuth.

Elendsjournalismus

Faktencheck war früher, heute ist Dummschwätzen.

Es ist ja vielleicht nur eine Kleinigkeit, aber es ist bezeichnend für den elenden Zustand des Journalismus im Allgemeinen und dem angeblichen Qualitätsmedienkonzern Tamedia.

Es geht um die Debatte, ob man der Palästinenserhilfsorganisation der UNO, der UNRWA, weiterhin 20 Millionen Franken aus Schweizer Steuergeldern zur Verfügung stellen soll oder nicht. In diesem Zusammenhang gibt es eine SDA-Tickermeldung, die ein «oli» offenbar für Tamedia zurechtgeschnitzt hat, weshalb er neben der SDA als Autor erscheint.

In dem kurzen Stück heisst es:

«Die Schweiz ist einer der grössten Geldgeber der Uno-Agentur.»

Jedem, der sich auch nur oberflächlich mit dem Budget der UNRWA beschäftigt, müsste auffallen, dass das nicht stimmen kann. Wer sich unsicher ist, könnte ja einen Blick in das öffentliche Budget werfen. Wer lesen kann, woran ZACKBUM bei immer mehr Journalisten zweifelt, würde dort die wahren Zahlen des Budgets problemlos eruieren können.

Gut, zählen muss man auch noch können, bzw. Zahlen lesen. Ganz rechts unten, damit sich der moderne Journalist nicht in der Tabelle auf S. 9 verläuft, steht der Totalbetrag für die Jahre 2024 und 2025. Gefunden? Ja, das sind 2’219’261’000 Dollar. Oder rund 2,2 Milliarden. Für das Fiskaljahr 2024 beträgt das Budget rund 1,15 Milliarden Dollar. Davon sind 20 Millionen genau 1,74 Prozent. Und damit soll die Schweiz der grösste Geldgeber sein?

Das dürfte die USA, Schweden und die Europäische Union aber schwer wundern, die eigentlich meinen, die drei grössten Geldgeber zu sein.

Wer sich immer noch unsicher ist, könnte einen Blick auf Seite 25 (aber das ist halt schon verdammt weit hinten) werfen:

Das sind natürlich nur Prognosen, erstellt vor dem Hamas-Massaker, aber immerhin: von den USA werden 229 Millionen erwartet, von der EU 104 Millionen, von Schweden 58 Millionen, von Deutschland zusätzlich zur EU 38 Millionen. Dann kommt unter ferner liefen die Schweiz.

Es ist eine Kleinigkeit, aber leider symptomatisch für den maroden, komatösen Zustand der sogenannten Qualitätsmedien.

Zu transparent?

Die «Republik» legt ihre Zahlen offen. Vielleicht ein Fehler.

Vielleicht ist der Titel des Beitrags absichtlich abschreckend: «Der Fokus liegt auf Stabilität». Denn was soll bei der «Republik» stabil sein? Desaströser Zustand der Finanzen, nach der Offensive die Defensive, Steuerschummelei, Sexismus-Affäre, knapp an der Pleite entlang, ein Irrwisch als VR-Präsident, zwei unerfahrene Chefredaktoren, reihenweise Abgänge in der Teppichetage, eine demotivierte Crew, die am liebsten mit Arschtreten beschäftigt ist und kaum noch Output hat – stabil im Desaster?

Aber greifen wir doch ein paar transparente Zahlen heraus. 3,9 Millionen Franken werden zwischen Juli 2023 bis Juni 2024 für die «Redaktion» ausgegeben. Von insgesamt 6,58 Millionen. Wenn’s die «Republik» noch solange macht.

2,1 Millionen kassieren die Festangestellten, 312’000 werden für Freie ausgegeben. Der Ausbildungsetat beträgt 0. Produktion und  Korrektorat verschlingen eine halbe Million, mit Dienstleistungen von aussen sogar 585’000. Der Flop «Republik zum Hören» wird weiterhin mit 200’000 Franken honoriert.

Tech und Design, Community, Departement des Inneren: satte 2,17 Millionen, plus «Unternehmensführung» eine halbe Kiste. Macht 2,67 für Overhead, Technik und redaktionsfremde Dienstleistungen.

Die Geschäftsleitung besteht aus zwei Personen, die 256’000 Franken verdienen; 128’000 pro Nase. So viel zum Einheitslohn. Dazu kommen noch 33’000 Franken «Sachkosten»; der VR und der Vorstand und der Genossenschaftsrat kassieren weitere 224’000 Franken. Von ehrenamtlicher Tätigkeit hat hier noch niemand etwas gehört.

Besonders stossend sind die schön versteckte Posten Rechtsberatungen (83’500 Franken) und «Übrige Beratungsdienstleistungen» in der Höhe von satten 286’300 Franken. Darin enthalten sind «Aufwendungen für die Revision in der Höhe von CHF 48’343 (Vorjahr CHF 46’207) sowie Kosten für die Findungskommission (FIKO) von CHF 26’110 (Vorjahr CHF 0) und Kosten für die Organisationsentwicklung von CHF 106’380 (Vorjahr CHF 0)». Organisationsentwicklung? Womit immer noch über 100’000 Franken für «Beratung» allgemeiner Art übrig blieben. Wie die «Republik» dermassen überberaten nicht mal den VR richtig besetzen konnte und in ein Fettnäpfchen nach dem anderen trat – unglaublich.

Das sind die Ausgaben, wie sieht es bei den Einnahmen aus? Die bestehen nur aus Abos; zurzeit zählt die «Republik» 28’450 «Mitgliedschaften und Abos». Das Magazin rechnet mit einer durchschnittlichen Erneuerungsrate von 75 Prozent. Das bedeutet, dass haargenau 7112 Abonnenten neu dazukommen müssen, wenn dieser Stand  gehalten werden soll.

Hier kommt das nun wirklich übliche Gejammer: «Die schlechte Nachricht zuerst: Über die Sommer­monate haben mehr Verlegerinnen die Republik verlassen, als neue dazu- (oder alte zurück-)gekommen sind. Das erhöht den Druck auf die verbleibenden Monate.»

Ergänzt mit dem üblichen haltlosen Optimismus: «Nun die gute Nachricht: Das ist kein Ding der Unmöglichkeit. Im Oktober stiegen die Verkaufs­zahlen sichtbar, zum ersten Mal seit einiger Zeit, was uns sehr freut und vorsichtig optimistisch stimmt. »

Hä? Laut der Abbildung im Cockpit sieht diese «sichtbare Steigerung» im Oktober so aus:

Grün sind die neuen Abos; der Balken im Oktober liegt über 250. Im September lag er darunter. Aber im September lagen die Abgänge bei über 500, im Oktober kratzten sie an dieser Zahl. Seit Beginn des Geschäftsjahrs im Juli 2023 gab es immer mehr Abgänge als Zuwachs. Woher soll da Optimismus kommen, selbst vorsichtiger?

Das ist so gaga, wie wenn man im Regen steht und sagen würde: okay, ein paar Tropfen haben mich erwischt, aber mich stimmt optimistisch, dass die meisten mich nicht getroffen haben.

Fokus auf Stabilität? Wie stabil kann der Aufenthalt in einer Gesinnungsblase sein, die immer höher über der Realität schwebt?

Das einzig Stabile ist: die nächste Bettelaktion kommt bestimmt.

Geld und Waffen für die Taliban

Flughafen-Chaos bebildern, einander abschreiben, Ferndiagnosen. Wichtige Fragen bleiben unbeantwortet.

  • «Cäsar schlug die Gallier. Hatte er nicht wenigstens einen Koch dabei?»

So liess Bertolt Brecht einen «lesenden Arbeiter» fragen. Wer war Brecht, was ist lesen? Das wären die aktuellen Gegenfragen eines Journalisten.

Alleine in der Hauptstadt Kabul patrouillieren Tausende von schwerbewaffneten Taliban durch die Strassen. Meistens eher ärmlich gekleidet und mit kaum marschtauglichem Schuhwerk. Aber immer bis an die Zähne bewaffnet.

Kostet alles ein Gewehr: Taliban in Kabul.

Naheliegende Fragen: wer kocht für die? Womit? Woher haben sie all die Waffen? Wie wird das Ganze finanziert? Allah ist gross, aber der Mensch braucht Nahrung, einen Platz zum Schlafen. Humvees sind nicht für ihren sparsamen Benzinkonsum bekannt; Waffen brauchen Munition, dazu gibt es natürlich Repräsentationskosten:

Gut gekleidete Taliban-Terroristen in Katar.

Die geballte Investigativkraft von Tamedia schreibt immerhin zwei Berichte zusammen, die allgemein bekannt sind und im Internet leicht erhältlich:

Nicht aus dem Internet, wie die Tamedia-Recherchen.

Der «Spiegel», das grossartige Nachrichtenmagazin, hat’s gerne spektakulärer und meint, das komme von spekulieren:

Mal einen raushauen: neuste «Spiegel»-Masche.

Man muss tiefer in den angelsächsischen Journalismus einsteigen, um die Originalquellen zu finden, von denen auch hier alle deutschsprachigen Medien abschreiben. Dazu gehören natürlich zuvorderst das Wall Street Journal (WSJ) und die Financial Times (FT). Aber auch diverse englische, indische, australische oder neuseeländische Qualitätszeitungen, die diesen Namen noch verdienen.

Krieg kostet, aber wer bezahlt’s und wie?

Krieg kostet, das ist eine ewig gültige Wahrheit. Noch im Dreissigjährigen Krieg (1618 – 1648) war es üblich, dass die Truppen die von ihnen besetzten Länder verheerten, ausplünderten, sich von Diebstahl ernährten. In modernen Kriegen versucht man, das zu vermeiden, im Kampf um die Unterstützung der Zivilbevölkerung. Besonders wichtig ist das in einer asymmetrischen Kriegsführung, wo Aufständische wie Fische im Wasser in der Bevölkerung schwimmen müssen, wie das Mao nannte.

Deshalb kommt nur ein kleiner Teil der Einnahmen der Taliban über Steuern und Abgaben herein, obwohl sie in den von ihnen besetzten Gebieten Afghanistans das schon früh installierten. «Ushr» heisst dieses Steuersystem, es soll eine 10-prozentige Abgabe auf Ernten und 2,5 Prozent auf Vermögen erhoben werden.

Die Beschaffung von Waffen, das war der einfachste Teil der Taliban-Offensive. Überall, wo sie ein Gebiet eroberten, übernahmen sie die wohlgefüllten Lager der von den USA mit Milliarden aufgepäppelten afghanischen Armee. Wenn Taliban an Weihnachten glauben würden, wäre ständig Bescherung gewesen. Nagelneues Material; Ausrüstung, Waffen, Fahrzeuge, Kommunikationsgeräte. Schlüssel steckt; dazu gab es immer genügend Überläufer, die sich gerne als Instruktoren das Überleben sicherten.

Das sind allerdings nur Kleckerbeträge; es wird geschätzt, dass vor der Machtübernahme die afghanischen Taliban ein Jahresbudget von rund 1,6 Milliarden Dollar bewirtschafteten. In erster Linie stammen ihre Einnahmen aus dem Opiumgeschäft.

Afghanistan ist (wieder) der weltweit grösste Hersteller und Exporteur von Opium. Nun ist der Koran auch in Bezug auf Rauschmittel auslegungsfähig, wir zitieren hier Sure 4, Vers 43:

„Oh ihr, die ihr glaubt, kommt nicht zum Gebet, während ihr betrunken seid, bis ihr wieder wisst, was ihr sagt.“

Das ist sicherlich eine nüchterne Forderung, die in allen Religionen gelten sollte. In der engeren Auslegung des Korans, wie sie die Taliban pflegen, ist aber der Genuss jeglicher Rauschmittel streng verboten. Sich gleichzeitig in erster Linie mit Opiumhandel zu finanzieren, das alleine zeigt bereits die Verlogenheit und Heuchelei der Taliban.

Wie regulieren die Taliban ihren Finanzhaushalt in Dollar?

Wenn man einige hundert Millionen umsetzt, dann ist unvermeidlich der grössere Teil davon in der Weltwährung US-Dollar. Hier kommt nun eine ganz interessante Frage aufs Tapet, die von keinem unserer Qualitätsmedien beantwortet wird.

Wieso ziehen die USA den Taliban nicht sofort den finanziellen Stecker raus? Selbst die mächtigen Schweizer Grossbanken, selbst die souveräne Schweizer Regierung kuschten sofort, als die USA im Steuerstreit dezent darauf hinwiesen, dass sie bekanntlich Herr des Dollar sind. Und da jede Dollar-Transaktion weltweit ans US-Schatzamt gemeldet werden muss, können sie per sofort die Verwendung verbieten.

Da jede Bank der Welt existenziell davon abhängig ist, täglich Hunderttausende, Millionen von Dollar-Transaktionen aufgrund von Standardverträgen mit anderen Banken durchführen zu können, bedeutet für sie der Ausschluss durch die USA den sofortigen Tod. Denn niemand will mit einem solchen Paria noch Geschäfte machen, Ansteckungsgefahr.

Nun sind die Taliban keine Bank, aber natürlich benützen sie Banken. Denn Geldflüsse im Milliardenbereich kann man nicht ausschliesslich in Cash abhandeln. Afghanistan verfügt, wie jedes Land auf der Welt, über eine Notenbank (DAB) und ein Finanzsystem.  Wie meist bei Umstürzen hat deren Webseite inzwischen eine humoristische Anmutung.

Nun will die DAB über ein paar Milliarden Reserven in Dollar verfügen, zum Beispiel. Solche Reserven sind auch nicht in Cash im Hauptsitz in Kabul gelagert, sondern irgendwo auf der Welt angelegt (hoffentlich). Die USA könnten nun problemlos weltweit die Verwendung von US-Dollar in jedem Zusammenhang mit Afghanistan verbieten. Damit wäre das Regime zwar nicht sofort am Ende (auch andere Unrechtstaaten wie Venezuela halten sich trotzdem über Wasser). Aber es wäre ein empfindlicher Schlag.

Daher erhebt sich die vermeintlich banale Frage:

  • Wieso tun das die USA nicht?

Leider hat der versammelte und geballte Sachverstand deutscher Qualitätsmedien darauf keine Antwort.