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Will SoBli-Chef seinen Job loswerden?

Es ist mal wieder Flugzeit bei Ringier.

Steffi Buchli hat das Haus Knall auf Fall verlassen. Ausser Gerüchten gibt es keine nachvollziehbaren Gründe für den schwachen Abgang. Ist auch sie mit der Nemesis des Verlags übers Kreuz geraten? Oder mit Aidos? Wir müssen hier etwas gelehrt werden, denn Namensnennungen können gröberen Ärger verursachen.

Also sagen wir nur, dass es sich um eine Bündnerin handelt.

Auf jeden Fall ist das nach Christian Dorer bereits das zweite Bauernopfer bei einer völlig verfehlten Strategie, das Markenzeichen Boulevard des «Blick» zu enteiern.

Da fällt uns spontan der schöne Spruch ein: Es tut der Osterhase kräftig fluchen, wenn Kinder seine Eier suchen.

Bislang sitzt der Chefredaktor «SonntagsBlick» noch einigermassen sicher auf seinem Stuhl. Das scheint er aber ändern zu wollen. Denn in einem Anfall von österlichem Eingedenken schreibt Reza Rafi doch tatsächlich in seinem aktuelle Editorial:

«Heute profiliert sich jeder, der den Zeigefinger hebt. Von Kindererziehung über Sexualität und Lebensverlängerung bis zu Ökonomie und Weltpolitik: An jeder Ecke lauert ein Rechthaber.»

Und haut gnadenlos seiner eigenen, glücklichen (oder nicht so glücklichen) «Blick»-Familie eins in die Fresse:

«Tipps zu geben, ist das billigste Geschäftsmodell für Medien, PR-Leute, Parteienvertreter und alle anderen, die um Aufmerksamkeit buhlen

Um lammfromm zu enden: «Das Osterfest beendet die Zeit des Fastens, das einen zentralen Wert des Christentums fördern soll: die Demut.»

In aller gebotenen Demut, eine Auswahl aus der gleichen Homepage, auf der Rafis Editorial erschien:

Der Wein-Ratgeber.

Der erhobene Zeigefinger.

Die Kritik an Trump.

Die Promotions-Tipps.

Der Ratgeber.

Und noch ein Ratgeber.

Der Besserwisser.

Sucht man auf der Webseite des «Blick» nach dem Stichwort «Ratgeber», poppen 261 Treffer auf. Und hat nicht eine führende Bündnerin im Haus verkündet, dass der Abschied vom Boulevard (und von den meisten Lesern) mit mehr Service und Ratgebern einhergehen sollte?

Also wenn man da Rafi auch ungebeten einen Rat geben darf: in sich gehen, Busse tun, Haupt senken, im nächsten Editorial Gegensteuer geben. Sonst könnten das noch traurige Ostern ohne Auferstehung werden.

Bester Boulevard

CH Media zeigt es dem «Blick», wie das geht.

Wer mit uns «im Aufzug nach oben fährt, der fährt auch mit uns im Aufzug nach unten», erklärte schon vor vielen Jahren der Könner Mathias Döpfner das Prinzip des Boulevard von «Bild». CH Media exerziert das gerade beispielhaft mit der Bachelorette der Politik durch.

Vergangenes Wochenende das tränentriefende «jetzt rede ich»-Interview, mitsamt («unfassbar») der unglaublichen Story, dass die Dame wegen einer Schmerzattacke über den Jahrzehnte zurückliegenden Tod des Bruders sich nicht anders zu helfen gewusst hätte, als ab ins Internet damit. Die Story ist löchriger als das Marienbild, auf das sie ballerte. Dafür, dass sie gar nicht gesehen haben will, worauf sie schoss, hat sie den Kopf der Gottesmutter und von Jesus aber gut perforiert.

Die Reaktion des Publikums war, gelinde gesagt, durchwachsen. Aber immerhin, die Dame hat sich wieder ins Gespräch gebracht. Nun gibt es neuerdings wieder an einem Tag fast 100 Treffer in der Mediendatenbank für ihren Namen.

Allerdings diesmal nicht unbedingt so, wie sie es gerne hätte. Ausser, sie ist abgebrüht genug, um sich zu sagen: any news are good news. Denn diesmal rauscht durch den Blätterwald: «Der «saudumme» Post hat ein juristisches Nachspiel». Nach dem einfühlsamen Gspüri-Interview folgt nun der Blattschuss aus dem Hause CH Media: «Nach den Schüssen auf ein Jesusbild führt die Staatsanwaltschaft ein Verfahren wegen Störung der Glaubensfreiheit», schreibt Kari Kälin im Kopfblattsalat des Wanner-Imperiums.

Denn er hat schlichtweg mal nachgefragt: «Die Staatsanwaltschaft Zürich hat gegen sie Ende Oktober ein Strafverfahren eröffnet wegen Störung der Glaubens- und Kultusfreiheit, wie ihr Sprecher Erich Wenzinger auf Anfrage mitteilt. Bis zu einem rechtskräftigen Abschluss des Verfahrens gelte die Unschuldsvermutung.»

Schon kurz nach der Ballerei wurde bekannt, dass verschiedene Strafanzeigen gegen die Pistolenschützin eingegangen waren. Aber Strafanzeige einreichen, das ist einfach und kostenlos. In vielen Fällen beantwortet das dann die Strafverfolgungsbehörde mit einer sogenannten Nichtanhandnahmeverfügung. Kein ausreichender Anfangsverdacht vorhanden, um den Justizapparat in Bewegung zu setzen. Hier aber wurde offenbar ein Strafverfahren eröffnet.

Verstösse gegen diesen Artikel werden normalerweise mit einer Geldbusse erledigt, ohne Gerichtsverfahren. Ausser, die beschuldigte Person wehrt sich dagegen, was der Dame durchaus zuzutrauen wäre.

Auf jeden Fall ist die Erinnerung daran, dass ihre gezielte Provokation ein juristisches Nachspiel hat, nicht unbedingt karriere- und imagefördernd. Kommt erschwerend hinzu, dass die sorgfältig gedrechselte und gewundene Erklärung, in welchem angeblichen Ausnahmezustand sie die Schiessübung gepostet hätte, vor Widersprüchlichkeiten nur so strotzt. Alleine die Tatsache, dass ja nicht sie selbst die Fotos schoss, lässt das Märchen aus 1001 Nacht zusammenfallen.

Grossartig läuft es aber für CH Media. Zuerst der Dame die Spalten öffnen, exklusiv, sie bricht ihr Schweigen. Dann die Resonanz und Wirkung abwarten, Schonfrist für beendet erklären, und wumms, eine über die Rübe ziehen. Da würde selbst Döpfner anerkennend eine Augenbraue nach oben ziehen und sagen: genau so macht man das, bravo.

 

Ach, «Blick»

Er schafft es wieder mal, Lachen und Weinen auszulösen.

Lachen, weil es so lächerlich ist. Weinen, weil es so lächerlich ist. Aber zunächst einmal eine Story, die an die gute alte Zeit des «Boulevard»-«Blick» erinnert. Wahrscheinlich bekommt der Verantwortliche dafür auch einen Rüffel von einem der vielen Heads, Officers, Chefs und Chiefs und Leitern:

Wagt sich der «Blick» allerdings ins gegendarstellungsfreie Ausland, wird’s kunterbunt:

Man wird ja wohl noch fragen dürfen. Überhaupt ist Putin und der Ukrainekrieg eine gewisse Obsession für den «Blick»:

Indem er Putin dieses Foto schickt?

Warum? Darum; das ist immer eine intelligente Ansage.

Bleibt natürlich die Frage, ob Trump das weiss – oder ob es ihm «Blick» erst mitteilen muss.

Nun in die Weiten des Weltraums, wo die völlige Leere und Gegendarstellungsfreiheit herrscht:

Aber Genaues weiss man nicht, darauf weist schon ein vorsichtiges «möglicherweise» hin. Erst wenn es Musk geschafft hat, zum Mars zu fliegen, wird man Genaueres wissen.

Nun eine schreckliche Story mit einem schrecklich verpixelten Foto, das in voller Grösse seine schreckliche Wirkung entfaltet:

Vielleicht wäre ein unverpixeltes Foto des Kühlschranks sinnvoller gewesen.

Jetzt kommen wir zur Jö-Story des Tages:

Oh, Pardon, diese herzigen Tierli sind ja aus einem Inserat, ZACKBUM meint diese hier:

Wenn man bedenkt, dass Cédric Wermuth neben diesen enormen Anstrengungen auch noch daran arbeitet, kein gewalttätiger und frauenunterdrückender Macho mehr zu sein – unvorstellbar, was der Mann leistet.

Dann aber lässt der «Blick» den Leser ratlos zurück:

Ja was denn nun? «Mit Video», aber «zum Wegschauen»? Das ist höherer Dada, das hätte das Cabaret Voltaire auch nicht besser hingekriegt.

Und als Absackerchen noch ein Beitrag aus der Rubrik «Ratgeber und Service», das zweite starke Standbein des «Blick», auch wenn er nicht alles selber machen kann:

Gebt es zu, liebe ZACKBUM-Leser, das habt Ihr Euch alle auch schon gefragt. Und, neugierig, was ist die richtige Antwort? Da sagen wir doch mit Douglas Adams: «42». Das ist nämlich die Antwort auf fast alles, die ein Supercomputer nach 7,5 Millionen Jahren Rechenzeit herausgefunden hat.

So lange dürfte es auch ungefähr dauern, bis aus 20 Franken im Monat ein Vermögen geworden ist. Ob und wann der «Blick» mal wieder zu sich kommt, eine Antwort darauf ist aber weder ZACKBUM noch einem Supercomputer möglich, daran verzweifelt selbst die KI.

ZACKBUM hat gefragt, das ist die Antwort, die beweist, dass auch KI ihre Grenzen hat:

«In den letzten Jahren wurden mehrere Maßnahmen ergriffen, um die Qualität der Berichterstattung zu verbessern. Ob und in welchem Maße diese Bemühungen von den Lesern als Verbesserung wahrgenommen werden, hängt von individuellen Präferenzen und Erwartungen ab.»

Endlich! Sex-Jö-Story im «Blick»

Manchmal rutscht doch noch der Boulevard durch. Wenn keiner schaut.

Da ist mal die erschütternde Geschichte von Davina Geiss. Hä? Das ist eine Tochter der Geissens. Hä? Das sind so Trash-Reality-TV-Stars, die zeigen, dass man auch reich sein kann und keinen Geschmack haben.

Nun weiss Aurelia Schmidt, «Redaktorin People» beim «Blick»: Davina Geiss sei als Reality Star und als Influencerin erfolgreich. «So teilt Davina Geiss (21) mit ihren über eine halbe Million Followern auf Instagram regelmässig Ausschnitte aus ihrem Jet-Set-Leben in der berühmten Geissens-Familie.»

Wahnsinn. Aber Ruhm hat eben auch seine Schattenseiten: ««Davina ist ja die Königin der Dickpics», beginnt Carmen Geiss (die Mama, Red.) im Familienpodcast «Die Geissens» zu erzählen. Mit «Dickpic» ist umgangssprachlich ein Foto von einem Penis gemeint, das Davina Geiss eben unaufgefordert zugeschickt wird.»

Und wo bleibt Jolanda Spiess-Hegglin, wenn  man sie mal braucht. Dabei würden Frauen dadurch traumatisiert, auch Davina ist ein Opfer: «Ich glaube, ich kann keinen Freund haben nach den ganzen Bildern, die ich bekommen habe.» Aber sie gibt die Hoffnung nicht auf: «Es wird irgendwann mal der Richtige dabei sein. Nicht jeder Mann ist ein Schwein.»

Da ist ZACKBUM natürlich beruhigt.

«Blick» kommt erst richtig auf Betriebstemperatur, noch eine grossartige Story:

Wegen «Crop-Tops». Hä? Nun das sind die beiden Trägerinnen, die aus dem Flieger flogen, hier allerdings züchtig bedeckt:

Ein Crop-Top ist das, was man in der Bildmitte sieht. Unter den gemachten Lippen und den …, aber ZACKBUM will natürlich nicht sexistisch werden.

Nun passierte das dramatische Ereignis auf einem Flug zwischen Los Angeles und New Orleans. Das ist dann doch ein wenig weit weg von der Schweiz. Aber wenn der «Blick» gleich zwei Fachkräfte in die Schlacht wirft – Christina Benz und Sandra Meier –, dann lässt sich auch ein Schweizer Bezug reinwürgen.

Einfach, «Swiss» fragen: ««Grundsätzlich gibt es keine Kleidervorschriften für unsere Fluggäste. Wir vertrauen auf das Gespür unserer Gäste und machen damit durchwegs positive Erfahrungen», sagt Mediensprecherin Karin Montani zu Blick.»

Es gibt da noch einen anderen Aspekt, der beachtet werden muss: ««Es ist wichtig, sich bewusst zu machen, dass die Kleidung an Bord eines Flugzeugs so gewählt werden sollte, dass man im unwahrscheinlichen Fall einer Evakuierung das Flugzeug schnell und sicher verlassen kann», erklärt die Mediensprecherin.»

Allerdings vermisst man hier die letzte Recherchierenergie der beiden Autorinnen. Denn die Frage hängt unbeantwortet im Raum, ob man mit, nun ja, grösserem Vorbau in einem Crop-Top richtig für eine Evakuierung des Flugzeugs gekleidet ist oder nicht. U.A.w.g.

Wendehälse bei der NZZ

Etwas mehr Selbstkritik würde auch dem Weltblatt nicht schaden.

Lange Zeit konnte sich die NZZ nicht einkriegen. Die Bachelorette der Politik posierte, hüpfte und liess blutrote Lippen aus einem edelblassen Gesicht leuchten.

Schon im September 2023 schrieb ZACKBUM: Man muss hier von einer Obsession für ein Politiker-Pin-up sprechen. Samuel Tanner, David Birner, Gina Bachmann, Andrea Kucera, Nadine A. Brügger, so viele schwärmten die «Meisterin der Selbstinszenierung» an.

Den Vogel schoss aber die ehemalige Moderedaktorin der «Annabelle», Andrea Bornhauser, im Magazin der NZZaS ab. Schwüle Tonlage, schwüle Fotos, Schwärmen wie ein Backfisch:

«Sie sieht sich als eine Art moderner Laokoon, der einst die Trojaner vor dem Untergang retten wollte. «Ich möchte die Leute aufklären. Wer soll es sonst tun?»»

Aber inzwischen gilt auch für das Qualitätsblatt NZZ, was im Boulevard schon seit vielen Jahren Gesetz ist. «Wer mit uns im Lift nach oben fährt, fährt auch mit uns nach unten», wie das ein ehemaliger «Bild»-Chef auf den Punkt brachte.

Tempi passati, wie der Lateiner in der NZZ sagt. Fertig geschwärmt. Schluss mit Anhimmeln. Keine Modestrecke mehr. Kein gestelltes Lustig-Foto mehr. Oder wenn schon, als Illustration für eine vernichtende Bildlegende:

«Sie liebt es, ihre politischen Gegner zu reizen – doch nun stolpert Sanija Ameti wegen eines Instagram-Posts.» Keine Groupies mehr auf der Redaktion, Michael von Ledebur wird ganz streng: «Sanija Ameti sieht sich als Meisterin der Provokation – doch mit ihren Schüssen auf die Gottesmutter ruiniert sie ihre Karriere».

Seine Schlusspointe: «Ameti sagte in einem Radio-Interview einmal: «Ich liebe das Spiel mit den Medien einfach.» Womöglich hat sie dieses Spiel zu weit getrieben. So weit, dass sie verkannte, was das Bild der durchlöcherten Gottesmutter auslösen würde.»

Vielleicht wäre hier Platz und Gelegenheit gewesen, so nebenbei kurz und kritisch die Rolle der NZZ in diesem Spiel zu reflektieren, die wie kaum ein anderes Organ der Selbstdarstellerin eine Plattform bot. Aber dazu ist die alte Tante nicht in der Lage. Im Gegenteil, geradezu eine Hinrichtung ist der Kommentar von Zeno Geisseler.

Noch im Februar gab Geisseler unkritisch die üblich provokanten Aussagen von Ameti wieder. Aber jetzt ist das Tischtuch zerschnitten:

«Kopfschüsse für Jesus und Maria: Sanija Ameti kann mit ihrer moralischen Überlegenheit einpacken», 

wummert er schon im Titel.

Mit einer Spiegelung fährt er wie mit einer Dampfwalze über den gefallenen Star: «Es braucht nicht viel, um sich vorzustellen, mit welchem heiligen Zorn Ameti sofort gnadenlos auf einen Politiker wie Andreas Glarner eingedroschen hätte, wenn dieser eine ähnliche stupide Aktion gewagt hätte, etwa ein paar Salven aus einer Armeewaffe auf eine Kalligrafie des islamischen Glaubensbekenntnisses abzufeuern. Glarner hätte Polizeischutz gebraucht, Ameti hätte derweil ergriffen von moralischer Überlegenheit zu mehr Toleranz aufgerufen und die SVP in die rassistische Ecke gestellt.»

Es sieht mehr so aus, als hätte sich Geisseler ergriffen, besser angefasst in einen heiligen Zorn geschrieben. Denn er lässt das Fallbeil immer wieder niedersausen: «Jetzt bekommt Ameti ein paar Schlücke ihrer eigenen Medizin verabreicht.»

Die Einleitung für einen klaren Befehl: «Eine Grünliberale, die als schiessfreudige Muslimin die Gefühle von Christen beleidigt, ist das Letzte, was die GLP brauchen kann. Dass die GLP Schweiz nun ihren Parteiausschluss fordert, ist darum konsequent. Ameti sollte dem Entscheid zuvorkommen und von selber gehen.»

Das ist so massiv geholzt, dass man unwillkürlich zu psychologisieren beginnt und über die Motive von Geisseler nachdenkt.

Wieso nun auch noch die NZZ, mit gravitätischer Verspätung, nachtreten muss? Aber unbenommen, Ameti hat es am Schluss ihrer kurzen Karriere geschafft: sie ist Schlagzeilenproduzentin Nummer eins. Vor Ukraine, Trump/Harris, vor allem anderen. Aber diese Sternschnuppe wird sehr schnell verglühen.

Es wäre aber der NZZ wenigstens gut angestanden, um es in diesem staatstragenden Tremolo zu sagen, anlässlich des unrühmlichen Abgangs von Ameti – sozusagen Operation misslungen, Patient weg – über ihre eigene Rolle zu reflektieren. Sind da nicht etwas die Massstäbe verrutscht? Brauchte es so viele Pin-up-Auftritte, Foto- und Modestrecken mit einem politischen Leichtgewicht? Mit einer Bachelorette der Politik, die mit Äusserem plus provokanten Sprüchen ein Nichts umhüllte.

Der Abgang von Ameti ist peinlich, aber folgerichtig. Provokation als Prinzip unterliegt der Notwendigkeit der stetigen Steigerung. Und das explodiert immer, früher oder später. Aber die NZZ ist wohl da, um zu bleiben. Also sollte sie vielleicht öffentlich bekanntgeben, was ihr da passiert ist, wie sehr Hormone eine Rolle gespielt haben, falsch verstandener Feminismus – und was sie tut, um solche Ausflüge in die Niederungen zukünftig zu vermeiden.

Tagi: Rücksturz in die Realität

Nach dem Highlight der SoZ wieder zurück in die Niederungen des Tagi.

Selbst dem «Blick», der SI oder anderen Klatschblättern ist das Nicht-Ereignis keine Zeile wert. Aber das Blatt der Auslotung von Tiefenbohrungen ist ganz aus dem Häuschen. «Besuch aus der Boulevardwelt», schreibt Pascal Unternährer verschämt, im untauglichen Versuch, sich von seiner eigenen Schreibe zu distanzieren.

Begleitet wird die Sosse von superscharfen Fotos des ehemaligen Models:

Diese qualitativ hochstehende Aufnahme wurde aus dem Instagram-Account von Heidi Klum kopiert. Dann zeigt Unternährer, was knallharter Recherchierjournalismus ist: «Ins Fischer’s Fritz gelangten die Feiernden am Sonntag per Schiff vom Bauschänzli aus, wie Augenzeugen berichten.» Augenzeugen, au weia.

Und dann hat offensichtlich ein «Leserreporter» noch diesen Schnappschuss beigetragen:

Darauf weist dezent die Fotobyline hin: «PD», das steht für Pressedienst, bedeutet gar nichts, bzw. dass es gratis verwendet werden kann. Und was man hier sieht? Dass man nichts sieht, ist doch auch eine starke Bildaussage. Aber damit ist der Rechercheur noch nicht am Ende seiner Kunst: «Einen Schwumm im Zürichsee haben sich die Gäste auch gegönnt – offenbar spontan, denn die Badekleider und -hosen mussten sie sich im Lokal ausleihen

Aber es fehlt noch die Abrundung, daher wird nochmals die Berichterstattung über den «Superstar Zendaya» rezykliert. Die gönnte sich nämlich nicht nur eine Glace in Zürich, sondern «tanzte dort sogar Hip-Hop».  Wahnsinn: «Zendaya, die völlig ungeschminkt unterwegs war, sei entspannt, offen und völlig frei von Starallüren gewesen, sagte die Glaceverkäuferin.» Da sieht man mal, was man alles rauskriegt, wenn man richtig recherchiert. Und auch hier darf das Beweisfoto – natürlich PD – nicht fehlen:

Zendaya! Hält! Eine Glace! In der Hand! Wow.

Aber damit ist zwar der Leser, aber Unternährer noch nicht am Ende. Denn «auch Justin Bieber (Mitte) und seine Frau Hailey gönnten sich am See eine Glace.» Der Beweis (PD; was sonst):

Allerdings ist sich ZACKBUM nicht sicher, ob der Schattenriss in der Mitte (und nicht etwa der links) Bieber sein könnte. Da hätte der knallharte Rechercheur vielleicht noch mit der Lupe nacharbeiten müssen.

Ach ja, dann fanden noch Wahlen in den neuen Bundesländern oder einfacher «in Ostdeutschland» statt. Da ist natürlich digitales Storytelling gefragt. Das geht dann so:

Für diejenigen, die das überlesen haben sollten, kommt dann noch eine eigene Rubrik:

Nun hat der Deutschland-Korrespondent Dominique Eigenmann auch nur zwei Hände, also werden einzelne Artikel hier rezykliert.

Was ist sonst noch so berichtenswert, aus nah und fern? Zum Beispiel das hier:

Ein Restaurant von und für Veganer. Extremes Randgruppenpublikum, nur 5 Prozent der Schweizer bekennen sich zu dieser ungesunden Mangelernährung. Aber gibt es wenigstens einen Anlass für diese Schleichwerbung? Nicht wirklich, wie man dort esse, «knapp fünf Jahre nach der Eröffnung», fragt sich Claudia Schmid, die sonst eher Spezialistin für Nutella ist. Und für schweineteure Lokale. Denn wer meint, etwas Früchte und Gemüse wären billig, täuscht sich: «Vier Gänge kosten 109, fünf Gänge 120 (unsere Wahl) und sechs Gänge 134 Franken

Darauf einen Schluck «spritzigen Cava» für läppische 14 Franken.

Bei solchen Gewaltsleistungen ist es verständlich, dass im Ressort «Schweiz» Erschöpfung herrscht.

Vier Artikelanrisse am 2. September 2024, und es handelt sich wohlgemerkt um eine Tageszeitung. Theoretisch, denn der jüngste Artikel ist vom 31. August, die anderen sind vom 30. August.

Die Videos «Die Jagd nach der schnellsten Frau der Welt» und «Dein knusprigster Su Börek» sind zwar auch nicht mehr taufrisch (2. und 27. August), aber enthalten immerhin Bewegtbilder.

Wenden wir wieder die Bärtschiskala der Peinlichkeit an und vergeben für das Gesamtprodukt eine solide 10. Ach, eher 11. Milde gemessen.

«Blick» in die Abenddämmerung

Wie man ein einstmals erfolgreiches Boulevardblatt in den Abgrund führt.

«Manchmal beginnt man eine Kolumne am besten mit einer Zahl. Die Zahl lautet 74 852. Die Zahl ist die neuste beglaubigte Auflage des Blicks.» So startet Medienjournalist Kurt W. Zimmermann seine neuste Kolumne in der «Weltwoche».

Natürlich ist das ein wenig polemisch, denn alle Printtitel verzeichnen schmerzliche Auflageverluste im Print. Und versuchen, das mit Zugewinnen online schönzureden.

Aber nirgendwo ist’s so dramatisch wie beim «Blick». Der hatte mal, das waren noch Zeiten, eine Auflage von 380’000. Wie soll man das einordnen? Natürlich hat auch der Verkauf von Dampfloks nach der Elektrifizierung der Eisenbahn dramatisch nachgelassen. Ist das bei Newsmedien nach der Erfindung des Internets nicht vergleichbar?

Nein. Hier besteht nur insofern eine Ähnlichkeit, als die meisten Medienkonzerne versuchen, im Internet mit der Dampflok zu fahren. Sie verschenken dabei Inserateeinnahmen an Google, versuchen es mit Bezahlschranken und «Paid Content», wo sie die Beine spreizen und werblichen Inhalt wie redaktionelle Beiträge daherkommen lassen, bis es unappetitlich wird.

Besonders ungeschickt stellt sich auch hier der «Blick» mit seinem «Blick+» an. Trotz gewaltiger Werbekampagne mit dem bescheuerten Slogan «plussen» ist die Anzahl Abonnenten nur unter dem Mikroskop zu erkennen. «Blick am Abend», eingestellt. «Blick TV», enthauptet, skelettiert. SoBli, als eigenständige Marke ausgehöhlt. Den fähigen Oberchefredaktor Christian Dorer aufgrund einer Weiberintrige gegen ihn aus fadenscheinigen Gründen per sofort freigestellt. Dann eine gewichtige Untersuchung angekündigt, das Resultat aber verschwiegen.

Leute, die noch meinen, im «Blick» politisch relevante Themen aufgreifen zu können, ergreifen die Flucht, wie zuletzt Sermîn Faki und Pascal Tischhauser. Stattdessen gibt es eine Inflation von Chiefs, Heads und Officers, viele Häuptlinge, wenig Kindersoldaten als Redaktionsindianer.

So wie sich Tamedia von linksautistischen Gutmenschen in den Abgrund schreiben lässt, steuert der «Blick» das gleiche Ziel damit an, dass er sowohl politisch wie gesellschaftlich in die Bedeutungslosigkeit absinkt. Eine Oberchefin, die zuvor in einer geschützten Werkstatt einen zwangsgebührenfinanzierten Randgruppensender für 30’000 Rätoromanen betrieb, und ein «Chief Content Officer», der sich im Sport auskennt, ein Duo Infernal für ein Boulevard-Organ, das laut oberster Direktive gar keins mehr sein will.

Aber was ist ein Produkt, das sich durch grosse Buchstaben, kurze Texte und bunte Bilder definiert, wenn es kein Boulevardblatt mehr sein darf? Dann ist es nichts mehr. Das ist so, wie wenn einer Chilisosse die Schärfe genommen wird. Wie alkoholfreier Wein. Wie ein Auto ohne Motor.

Das Fatale daran ist, dass der «Blick» nicht etwa von Anfang an eine Fehlkonstruktion war. Sondern mit den klassischen Handgriffen zu einem Erfolgsmodell und zu einer sprudelnden Geldquelle wurde. Busen, Büsis, Blut. Plus Kampagnen, plus Lufthoheit über den Stammtischen, plus keine Angst vor einfachen Lösungen und Forderungen, wie es halt dem Volks gefällt. Plus Meinungsmacht. Wie sagte der Machtstratege Gerhard Schröder mal so richtig: «Man kann Deutschland nicht gegen die «Bild» regieren.»

Obwohl auch dieses Boulevardblatt schmerzlich an Auflage verloren hat, ist es immer noch Meinungsmacht geblieben. So wie der «Blick» in der Schweiz mal eine war. Gefürchtet von Politikern, aber auch von Promis und solchen, die es sein wollten. Denn er wendete das alte Prinzip an: hochschreiben, bejubeln, dann niedermachen. Wer willig für Interviews zu haben war, Intimes auf Wunsch ausplauderte, der wurde gehätschelt. Wer sich dem verweigerte, wurde geprügelt.

Auch Männerfreunschaften wurden gepflegt, wie die von CEO Marc Walder mit Pierin Vincenz, Alain Berset oder Philippe Gaydoul. Die durften sich in der Sonne wohlwollender Berichterstattung aalen. So wie bis vor Kurzem auch DJ Bobo, denn zu Ringier gehört ja ein Konzertveranstalter. Inzwischen ist da aber etwas kaputtgegangen, denn der Bäcker aus dem Aargau mit seiner klebrigen Stampfmusik wird inzwischen nach allen Regeln der Kunst in die Pfanne gehauen.

Nur: er verzichtet auf jede Stellungnahme, jeden Kommentar. Denn dieser René Baumann ist ein cleveres Kerlchen. Er weiss, dass man heutzutage Gewäffel vom «Blick» einfach abtropfen lässt. Wirkungslos.

Dass der «Blick» seit Jahren links an seinem Zielpublikum vorbeischreibt, ist das eine. Immerhin wurde die obsessive Fehde mit dem «Führer aus Herrliberg» beendet. Aber politische Bedeutung, die hat der «Blick» spätestens seit der Machtübernahme zweier Frauen nicht mehr. Obwohl das Hausgespenst Frank A. Meyer unermüdlich «Relevanz» fordert, was Ladina Heimgartner vielleicht mit «Resilienz» verwechselt.

Das Schicksal des «Blick» ist deswegen besonders tragisch, weil er eigentlich eine USP hätte. Würde er wieder richtigen, guten Boulevard machen, könnte das Blödelblatt «watson» einpacken, «20 Minuten» hätte endlich eine ernstzunehmende Konkurrenz. Denn es gibt schlichtweg kein Boulevardblatt mehr in der Schweiz.

Aber gegen ständige Fehlentscheide ist keine Zeitung der Welt auf die Dauer resilient. Und eines ist im Journalismus dann doch gewiss: Lächerlichkeit tötet. Wie ZACKBUM nicht müde wird zu belegen

Wollen täten wir schon …

Nur: ist es nicht hoffnungslos?

Wenn man helfen kann, ist ZACKBUM zur Stelle. Das ist ja unsere eigentliche Aufgabe: zu helfen, dass die Medien besser werden. Nur: sie werden immer schlechter, trotz all unserer Bemühungen. Aber gut, das hier könnte ein Lichtblick sein:

Wir haben trotzdem weitergemacht. Trotzdem? Ja, denn wir mögen es ausgesprochen nicht, einfach so geduzt zu werden. Was wir noch weniger mögen: wenn es schon im zweiten Wort einen Fehler hat. Welche Sprachamateure müssen da am Werk sein, wenn die nicht mal das Adjektiv «willkommen» richtig schreiben können?

Aber gut, auch das konnte unsere Hilfswilligkeit nicht bremsen. Dann also zu den Fragen, die wir alle tapfer beantwortet haben. Der Beweis:

Lustig war eigentlich keine Frage, ausser vielleicht der hier:

Wir haben lange geschwankt, ob wir stattdessen nicht «Keine Angabe» anklicken sollten, aus Solidarität mit allen Verwirrten, die nicht mehr wissen, welchem Geschlecht sie sich eigentlich zuordnen sollen. Kein Wunder, es gibt ja ungefähr 160 verschiedene Gender; da brauchen manche ein Leben lang, um nicht herauszufinden, welches das für sie passende ist.

Aber Scherz beiseite, aus dem Inhalt von Umfragen kann man schöne Rückschlüsse ziehen, wo denn eigentlich der Schuh drückt. Das ist hier mehr als offensichtlich: nach den üblichen Einleitungsfragen geht es dann ausführlich um «Blick+».

Nicht alle ZACKBUM-Leser kennen das. Das ist die furchtbar originelle, der «Bild»-Zeitung abgekupferte Idee, die Angebote von «Blick» teilweise hinter eine Bezahlschranke zu verstauen. Das ist auch gelungen – zumindest technisch. Allerdings sind die Inhalte so unterirdisch (ZACKBUM machte sich bereits mehrfach darüber lustig), dass man sich fragt, wer denn bereit ist, dafür wirklich Geld auszugeben.

Leider hilft einem da Ringier nicht weiter; die Zahl der zahlenden Gäste ist ein gleich behütetes Staatsgeheimnis wie die Zahl der Zuschauer von «Blick TV». Wenn aber ein Verlag auch lange nach der Einführung eines neuen Gefässes nur murmelt, dass die Zahlen sehr erfreulich seien und selbstverständlich oberhalb der Erwartungen liegen und man wirklich gut unterwegs sei, dann kann das nur eines heissen: au weia.

Aber eigentlich wollten wir ja dem Hilferuf von «Blick» gehorchen. Wie könnte denn das Blatt mit dem Regenrohr im Logo besser werden? Nun, definieren wir zuerst besser. Besser heisst doch wohl höhere Einschaltquote, mehr Einnahmen. Besser heisst, als Stimme wahrgenommen werden. Besser heisst, Debatten anzustossen, in der Bevölkerung virulente Themen zu artikulieren, klar Stellung beziehen. Besser heisst, Kampagnen fahren, wie es sich für den Boulevard gehört.

Aber hoppla, Boulevard? Das will der «Blick» ja laut seiner Vordenkerin gar nicht mehr sein. Nix mehr «Blut, Busen und Büsis». Aber war das denn nicht jahrzehntelang eine Erfolgsmischung? Es mal krachen lassen mit grossen Buchstaben? Nicht so edle Instinkte bei den meist männlichen Lesern ansprechen? Sich darüber aufregen, worüber sich die Bevölkerung aufregt? Selber Aufreger schaffen? Volkes Stimme sein, die Lufthoheit über den Stammtischen erobern und behalten?

Ach so, das alles will «Blick» ja nicht mehr sein. Was dann? Das weiss niemand so richtig, und wer’s wusste, wurde rausgeschmissen. Wie soll man da noch helfen? Da ist man hilflos, und es ist hoffnungslos.

«So sad», wie Trump sagen würde, der alte Heuchler, der aber ein ungemein gutes Gespür für Volkes Stimme hat. Aber Hand aufs Herz, hat das irgend jemand beim «Blick»? ZACKBUM verspricht Finderlohn.

«20Min» ist der neue «Blick»

So geht Boulevard. Tamedia macht’s Ringier vor.

Der «Blick» wurde enteiert und seines Markenkerns beraubt. Leser mit Entzugserscheinungen haben nun einen rettenden Hafen gefunden:

«Töchter bei BDSM-Sessions gefesselt? Jetzt spricht der Stiefvater». So macht man das. Nur noch leicht optimierbar; dass BDSM die Abkürzung für «Bondage & Discipline, Dominance & Submission, Sadism & Masochism» ist, dürfte wohl nur Anwendern dieser Praktik bekannt sein. «Perverse Sexspiele» heisst das im gepflegten Boulevard.

Auch der nächste Dreierschlag auf der Homepage ist bester Boulevard:

Geht da noch einer? Klar:

Aber auch ernste Themen kann «20 Minuten»:

Natürlich darf die Abteilung «jöh» und Lebenshilfe nicht fehlen:

Aber auch die Politik und die Wahlen kommen kurz und knackig:

Sex-Ratgeber, da bist du, warst du:

Und noch eine Kategorie, die auch anderen Medien gut anstünde:

Muss man nicht wissen, ist aber gut zu wissen. Es kann dann auch nicht alles gelingen:

Uralt-Sonnenbrillenmodelle, rezykliert und für 200 Franken aufwärts, na ja. Der Dicke mit der merkwürdigen Frisur als Trendsetter? Wunderbar. Nur sollte man dann den Titelbalken nicht über seinen Trend legen, denn das unförmige Jacket und die zerknitterten Hosen sind’s nicht, sondern das hier:

Nach unten schauen, ganz nach unten. Genau, Fischersandalen heisst das, weil da das Wasser rein und auch wieder rauslaufen kann. Was uns der nordkoreanische Diktator damit sagen will, das entzieht sich allerdings der rationalen Analyse, genau wie die meisten seiner Taten.

ZACKBUM ist begeistert. «20 Minuten» illustriert mal wieder ein Grundprinzip des Kapitalismus. Wenn ein Marktteilnehmer ohne Not und aus Dummheit ein Marktsegment aufgibt, nach dem Nachfrage existiert, kommt ein anderer und füllt die entstandene Lücke.

Stellen wir dagegen die Front des Print-«Blick»:

Dafür wollen die tatsächlich 3 Franken. Ablöscher-Headline im abgenudelten «Darum wird ...»-Stil. Schon veraltete Stricker-Headline. Aufreger-Versuch mit dem «Wolfs-Massaker», Dragqueens, die den meisten Lesern dann doch am Allerwertesten vorbeigehen, der deutsche Bundeskanzler mit Augenklappe; ein Foto, das jeder schon überall gesehen hat, ein «Bild des Tages», oder auf Deutsch: ein Füller, wir konnten beim besten Willen nichts anderes zusammenkratzen und auf die Front klatschen.

Und schliesslich das missglückte Logo, das nicht mal durch Gewöhnung besser wird. Kein Knaller mehr, wie es sich für Boulevard gehören würde. Rechts ein unverständlicher Strich, das L als Regenrohr, fort mit allem Kantigen, so soll es angeblich weiblicher werden, was bekanntlich – neben dem grün-woken Intellektuellen, das Stammpublikum des «Blick» ausmacht.

So macht man das richtig:

Ach, und übrigens, das Original, das nur deswegen ungestraft abgekuppelt werden durfte, weil es ja im Hause bleibt, ist wie fast immer viel besser als die Kopie:

Ach, und während «20 Minuten» konsequent gratis ist und bleibt, setzt «Blick» neuerdings auch noch auf eine Bezahlschranke, hinter der Unbezahlbares versteckt wird. Unbezahlbar, weil wertlos.

«20 Minuten» müsste nur noch hier und da etwas nachschärfen und sich vielleicht überlegen, ob es die vornehme Zurückhaltung aufgeben wollte und in den Kampagnen-Journalismus einsteigen. Ja nicht mit Kommentaren und Meinungen, aber mit knackigen Wellen. Zum Beispiel: «Wir fordern gerechte Renten für alle». Aufregerthema, populistische Nummer, das könnte noch weiter Schub geben.

Auf diese naheliegende Idee ist das Blatt der einfachen Worte für einfache Menschen auch nicht gekommen, dafür aber «20 Minuten»:

Und nein, das ist kein «Paid Content»; ZACKBUM ist konsequent werbefrei wie die «Republik», hat aber weder Steuerprobleme noch einen Sex-Skandal am Hals.

 

Wenn die NZZ knutschen will,

dann interviewt sie Gerhard Pfister.

Die frischgebackene «Redaktorin Gesellschaft» Esthy Baumann-Rüdiger wirft dem Mitte-Chef Pfister Kusshändchen, Pardon, Fragen zu.

Beziehungsweise Feststellungen, Einladungen zum Plaudern: «Sie haben ein besonderes Verhältnis zur Literatur.» Dann der Klassiker jedes People-Interviews im niederen Boulevardbereich:

«Sie waren acht Jahre alt, als Ihre Mutter starb. Was hat das mit Ihnen gemacht

Da bleibt sie dann investigativ hartnäckig: «In welchen Momenten hat Ihnen eine Mutter gefehlt? – Sie lernten Ihre Mutter also eher über andere Menschen kennen?» Aber auch tiefe Fragen hat sie im Köcher: «Gibt es Dinge, die Sie fürchten?» Eigentlich geht es auch um die letzten Fragen: «Sie sagten, es sei Zufall, dass Sie noch am Leben seien. Andere würden es Schicksal oder Vorbestimmung nennen. – Hat sich dadurch die christliche Perspektive auf ein Leben nach dem Tod für Sie relativiert

Sie arbeitet gnadenlos den Katalog der einfühlsamen Talkshow-Fragen bis zum letzten Posten durch: «Welchen Traum würden Sie sich gerne erfüllen

Ach, und die Antworten? Freundliches Geplauder, nicht der Rede wert.

Interessant ist aber die Frage, wieso sich die NZZ nicht mehr allzu entfernt von den nächsten Wahlen so an den Chef der Mittepartei ranschmeisst. Vielleicht deswegen, weil deren Bundesratssitz genauso wackelt wie einer der beiden FDP-Sitze.

Sicherlich, eingekleidet ist das in eine typische Sommerserie. Wir sprechen mit allen Parteichefs, Bedingung: es wird über alles gequatscht, nur nicht über Politik.

Erschwerend kommt hinzu, dass im konservativen Lager die SVP die FDP längst abgehängt hat und die liberale Partei trotz langer Tradition höchstens noch als Juniorpartner mitspielen dürfte. Erschwerend kommt hinzu, dass sich die FDP sowohl in der Frage Neutralität und Ukrainekrieg wie auch beim blamablen Ramschverkauf der Credit Suisse nicht gerade mit Ruhm und Ehre bekleckert hat. Ausgerechnet die Wirtschaftspartei hat eine Bundesrätin, die von Wirtschaft oder Finanzen oder Banken nun wirklich keine Ahnung hat, aber Finanzministerin ist.

Das alles mögen Gründe sein, sich bei der «Mitte» etwas ranzuschmeissen. Aber muss das gleich so peinlich sein? Man könnte doch auch aus der Distanz mal einen koketten Blick rüberwerfen, in die Mitte. Sich beim Setzen den Stuhl zurechtrücken lassen. Mit den Wimpern klimpern. Aber gleich so? Das ist eine Ranschmeisse, die Pfister ohne weiteres als übergriffig zurückweisen könnte. Tut er natürlich nicht.

Aber wundern tut er sich sicherlich. So wie der NZZ-Leser auch.