Unser inkompetenter Bundesrat
Bonusstreichung als Zückerchen für die Öffentlichkeit. Versemmelt.
Dank dem unermüdlichen Arthur Rutishauser wissen wir: das Handeln des Bundesrats und insbesondere der Finanzministerin Karin Keller-Sutter («this is not a bail-out») beim Untergang der Credit Suisse ist an Unfähigkeit schwer zu überbieten.
Die Bank wurde zum Schnäppchenpreis an den gewieften Colm Kelleher, der mit allen irischen Wassern gewaschene VR-Präsident der UBS, weggeben. Der hatte sich schon längst auf den Fall vorbereitet und bot am Anfang eine schlappe Milliarde. Obwohl die Bank ein Mehrfaches wert war. Dann liess er sich auf 3 Milliarden hochverhandeln und holte sich dafür üppige Garantiezusagen ab. Seine schwierigste Leistung war, bei der legendären Pressekonferenz ein ernstes, staatstragendes Gesicht zu machen und zu unterdrücken, mal schnell aufs Klo zu gehen und schallend zu lachen.
Die zuständige Bundesrätin, gelernte Dolmetscherin, wusste offensichtlich nicht, was sie mit dem Satz «this is not a bail-out» auslösen würde. Genau das wäre die Voraussetzung für die angeordnete Abschreibung von At1-Wandelanleihen im Nominalwert von 16 Milliarden Dollar auf null gewesen. So laufen weltweit Schadensersatzprozesse, während nur das Bundesverwaltungsgericht tatenlos über dem Fall brütet und den Klägern so viele Hindernisse wie möglich in den Weg legt.
Aber in anderer Sache ist es zu einer Entscheidung gekommen. Die angeordnete Streichung von Boni für das mittlere Kader war rechtswidrig. Die Sache ist noch nicht rechtsgültig. Aber in seiner Begründung, aus der Rutishauser genüsslich zitiert, watscht es das Finanzdepartement und den gesamten Bundesrat regelrecht ab:
«Weder die Vorinstanz noch die Beschwerdegegnerinnen haben konkret dargelegt, dass und inwiefern die einzelnen Beschwerdeführenden durch ihr Tun oder pflichtwidriges Unterlassen übermässige Risiken und damit die finanzielle Situation der Verfügungsadressatinnen im März 2023 verschuldet hätten. Es ist auch unbestritten, dass die Vorinstanz keine Abklärungen getroffen hat in Bezug auf diese Frage und den Beschwerdeführenden auch kein rechtliches Gehör gewährte.»
Multiversagen, setzen, Pfeife, heisst das weniger juristisch ausgedrückt.
Und weiter mit Rutishauser: «Die sinngemässe Argumentation von EFD und UBS, die verfügte Streichung oder Kürzung der vertraglichen Ansprüche der Beschwerdeführenden sei notwendig und gerechtfertigt, «weil die Beschwerdeführenden erheblich (mit)verantwortlich seien für die wirtschaftliche Situation der Credit Suisse, welche die Staatshilfe notwendig gemacht habe, stellt somit eine völlig unbelegte und rechtlich irrelevante Behauptung dar», sagten die Richter.»
«Völlig unbelegt und rechtlich irrelevant», da müsste jeder Jurist rot anlaufen und sich ins «Schäm di»-Eckchen stellen. Hier geht es um vergleichsweise läppische 60 Millionen. Aber auch die CoCos AT1 (die sogenannten Todesspiralen-Anleihen) waren Bestandteil von aufgeschobenen Bonusprogrammen, die im April 2023 hätten ausbezahlt werden sollen. Und nicht wurden. Nach diesem Urteil vermutet Rutishauser, dass hier Kläger möglicherweise einen Anspruch auf satte weitere 250 Millionen haben.
Wer soll das bezahlen? Die CS mangels Existenz kann nicht. Die UBS will nicht und kann darauf verweisen, dass das ja eine notrechtliche Anordnung des Bundesrats war, die AT1 auf null abzuschreiben. Also dürfte die Staatshaftung greifen.
Mit freundlichen Grüssen an den Schweizer Steuerzahler, der das dann blechen darf.
Dass sich Keller-Sutter und der Gesamtbundesrat in diesem finanztechnischen Dickicht verstolpert haben, ist eine Sache. Was die ganzen wohlbezahlten juristischen Sesselfurzer im EFD machen, welches Kommunikationsgenie der Bundesrätin den fatalen Satz mit auf den Weg gab, das verschwindet hinter den hohen Mauern der Amtsstuben, wo das bewährte Prinzip gilt: also schuld ist hier keiner, wir verrichten nur unseren Dienst.
Dienst ist Dienst, und Schnaps ist Schnaps. Das gilt auch für Schnapsideen.