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Amtlich: Trump ist irr

Wer sollte noch Zweifel haben?

Der US-Präsident Donald Trump nutzte seine Arabien-Reise in erster Linie dazu, seine eigenen Taschen und die seines Clans zu füllen. Nicht nur, dass er sich eine Air Force One schenken liess. Er vereinbarte jede Menge «Deals», die mit neuen Trump-Towers Geld in seinen Beutel klingeln lassen  sollen. Obwohl sie, wie die meisten seiner Projekte, in einem Desaster enden werden.

Ein Raubzug am helllichten Tag, nannte das die  «Financial Times».

All das ist menschlich verständlich. Nach einem Leben voller Flops ist er endlich am Ziel seiner Wünsche angelangt. Als US-Präsident in seiner zweiten Amtstzeit geht es den multipel gestörten Narzissten um nichts anderes als Selbstbereicherung.

Bei Treffen mit dem saudirarabischen Schlächter Mohammed Bin Salman oder beim Handshake mit dem gewendeten fundamentalistischen Irren Mohammed al-Baschir ging es ihm nur um eins: um Deals, die auch seine Taschen füllen.

Dabei liess er den grossen Partner der USA links liegen; Israel, no deal, zero points.

Nachdem er sich bereits als valablen Kandidaten als Papst lächerlich machte, liess er ein neues Video posten, das ihn als musikalisches Multitalent präsentiert.

Seit seiner aberwitzigen Berechnung von Strafzöllen, die er dann Schritt für Schritt zurücknahm, hat er für Handlungsunsicherheit auf den Weltmärkten gesorgt und musste erkennen, dass der Bond-Markt stärker ist als er. Zudem will er die US-Staatsschulden auf Kosten aller Dollar-Besitzer herunterfahren.

All das lässt nur einen Schluss zu: der mächtigste Mann der Welt ist irre geworden.

Das ist ein Fakt. Umso verblüffender ist es, dass es von Köppel abwärts («Friedensfürst») immer noch genügend Fans gibt, die all sein erratisches und unverantwortliches Handeln mit Lobeshymnen begleiten.

Die menschliche Dummheit, im Gegensatz zum Universum, ist unendlich, sagte Einstein so richtig.

Hier zerstört der mächtigste Mann der Welt aus Eigennutz die wirtschaftliche Basis von Verlässlichkeit und Berechenbarkeit der nach wie vor wichtigsten und militärisch stärksten Macht der Welt.

Und bekommt dabei Applaus von Verpeilten und Vollpfosten, die seinem verantwortlosen Handel durchaus Positives abzugewinnnen meinen.

Dabei ist ein skrupelloser Irrer an der Macht, dem es ausschliesslich um die Partikiuärinterressen von ihm selbst und seines Clans geht.

Die angekündigten «Deals» in Multimillardenhöhe von über einer Billion werden sich bei genauerer Betrachtung in Luft auflösen.

Sein Vorgänger versuchte immerhin, finanzielle Engagements mit Unrechtsstaaten wie Saudiarabien, Katar oder den VAE an Bedigungen zu knüpfen. Darunter die, dass kein Technologietransfer zu Staaten stattfinden dürfe,  die die völlige Vernichtung Israels fordern. Oder solche Erkenntnisse an Russland oder China weiterleiten werden.

All das ist dem multipel gescheiterten «Deal Maker» Trump völlig egal. Man muss  ihn nur mit genügend Gold und Pomp und einem dicken Bakschisch empfangen, und schon hat man ihn um den Finger gewickelt.

«World gone wrong», sang Bob Dylan einst. Er wusste nicht, wie die Realität ihn überholt.

Denn  eine Figur wie Trump konnten wir uns in unseren Alpträumen nicht vorstellen.

Chor der Dummschwätzer

Make journalism dumb again. 7,2 Millionen Dollar für Alaska, das muss rückgängig gemacht werden.

Da will der bald einmal mächtigste Mann der Welt, Herr über die mit Abstand grösste Militärmaschine, über genügend Atombomben, um den Planeten in die Luft zu sprengen, militärische Gewalt bei der Annexion souveräner Staaten nicht ausschliessen.

Er will noch mehr Faustrecht einführen, als in internationalen Beziehungen ohnehin schon herrscht. Der ganze Kontinent Afrika leidet unter den willkürlichen Grenzziehungen der Kolonialmächte. Dennoch kommt selbst der verrückteste afrikanische Herrscher nicht auf die Idee, eine Veränderung dieser Grenzen, notfalls mit Gewalt, zu fordern. Weil selbst der dümmste afrikanische Herrscher weiss, dass damit das totale Chaos ausbrechen würde, verheerende Bürgerkriege die Folge wären, Massenelend und Zerstörung.

Wenn Russland versucht, sich mit militärischer Gewalt ein Stück von der Ukraine abzuschneiden, wird das zu recht einhellig verurteilt. Wenn Israel ausserhalb seiner Landesgrenzen Kriegsverbrechen begeht und von der Annexion sowie Besiedelung weiterer Gebiete redet, wird das ebenfalls von jedem anständigen Kommentator verurteilt.

Aber wenn das stabile Genie Donald Trump Ungeheuerliches raushaut, dann wird schöngeschwatzt, relativiert, die Idee nicht einfach als absurd-gefährlich abgewatscht, sondern in schlechtester intellektueller Tradition mit wichtiger Miene «reflektiert» und «analysiert». Dabei ist sie nur eins: krank und gefährlich.

Entweder wagt man sich gleich an eine Apologie wie die Schande seines Berufs Hubert Wetzel. Dass zwar die Kommentatoren beim Tagi aufbegehrt haben, von der Redaktion bislang kein Wort gegen dessen Ungeheuerlichkeiten gestellt wurde, ist trauriger Beweis dafür, dass die Rumpfredaktion, vor Angst vor dem nächsten Rausschmeissen gelähmt, Schaumgummi als Rückgrat und opportunistischen Schaum im Hirn hat. Feigheit statt Anstand, was für ein Desaster.

Dass der gleiche Wetzel, der noch das Ende der Demokratie befürchtete, als Trump gewählt wurde, nun eine von dessen beknackten Ideen gar nicht so schlecht findet, ein Stück aus dem Tollhaus.

Die Copycat Urs Gehriger haut wie meist in der «Weltwoche» mal wieder kräftig auf die Kacke:

«Trumps Grönland-Offensive ist kein launischer Akt eines Grössenwahnsinnigen. Sie ist im geostrategischen Kontext zu verstehen.»

Gehriger stellt die Pseudofrage: «Wird Trump tatsächlich einen Krieg gegen einen Nato-Partner vom Zaun brechen?» Das weiss man noch nicht, aber alleine die Drohung damit reicht doch schon.

Der Mann mit der merkwürdigen Frisur und dem verletzten Ego eines häufigen Losers habe das ja auch nicht so gemeint. Was hat er eigentlich gemeint? Nachdem er seine Ansprüche auf souveräne Staaten raushaute, wurde Trump gefragt, ob er zur Umsetzung dieses Wahnsinns ausschliesse, auch wirtschaftliche und militärische Macht einzusetzen.

Zuerst antwortete der Amok mit einem knappen «Nein». Dann legte er nach:

«Nein, bei keinem von beiden kann ich Ihnen eine Zusicherung geben, aber eines kann ich sagen: Wir brauchen sie für unsere wirtschaftliche Sicherheit.»

Das verband er mit der Aufforderung an Dänemark, die Kontrolle über Grönland aufzugeben. Sonst werde er hohe Zölle gegen den Nato-Partner erheben. Von strategischer Bruderhilfe, von der Gehriger fantasiert, war keine Rede.

Was angesichts dieser Ungeheuerlichkeit etwas in den Hintergrund geriet: zum Nahen Osten fielen ihm auch markige Worte ein: «Im Nahen Osten wird die Hölle losbrechen, und das wird nicht gut für die Hamas sein, und es wird – offen gesagt – für niemanden gut sein.» Ausser, die Geiseln seien bis vor seinem Amtsantritt am 20. Januar wieder zuhause.

Absurd, ungenau, der typische Anfängerfehler eines Amoks. Wer wie Obama damals beim Giftgaseinsatz durch das Assad-Regime damit droht, dass ein Überschreiten dieser roten Linie nicht geduldet werde – und dann nichts tut, hat sich blamiert. Trump will sich ganz sicher nicht blamieren.

Der «geostrategische Kontext», von dem Gehringer schwafelt, besteht schlichtweg darin, dass sich die USA privilegierten Zugriff auf die reichen Bodenschätze Grönlands sichern wollen. Dafür ist Trump jeder Vorwand recht, und zu seinem Wohlbehagen gibt es auch unter deutschen Medienschaffenden genügend Blödköpfe, die das mit blumigen Girlanden von wegen Schutz Europas vor Russland und China versehen.

Das Gleiche gilt auch für den Panamakanal. Trumps Behauptung, die Gebühren für eine Passage seien exorbitant zu hoch und benachteiligten die USA, sind, um ein trumpsches Lieblingswort zu verwenden, Bullshit. Sie liegen unterhalb denen des Suezkanals, es wird niemand benachteiligt oder bevorzugt, und die Rückgabe des Panamakanals an Panama ist völkerrechtlich so unangreifbar die die territoriale Integrität der Ukraine.

Wenn schon, könnte Kolumbien nicht nur auf den Kanal, sondern auch auf Panama Anspruch erheben. Denn schliesslich war es ein imperialistischer Akt der USA, dass sich dieser Wurmfortsatz 1903 von Kolumbien abspaltete. Damit die Marionettenregierung den USA erlauben konnte, den Kanal zu bauen und auch gleich sich das Territorium drum herum unter den Nagel zu reissen. Der Hay-Bunau-Vanilla-Vertrag. Man nennt ihn auch den Vertrag, den kein Panamaer unterzeichnet hat. Aber solches historisches Wissen kann man weder bei Trump, noch bei Gehriger noch bei den meisten Schreibtätern voraussetzen.

Bei allem Wahnsinn, der auf der Welt herrscht, hat bislang seit dem Zweiten Weltkrieg kein Irrer versucht, sich einen souveränen Staat einzuverleiben. Im Gegenteil, es entstanden diverse neue Staaten als Abspaltung von grösseren Gebilden.

Da aber die Geschichte weit zurückreicht, findet sich immer ein historischer Anlass, die «Rückgabe» oder die «Übergabe» eines strategisch, militärisch oder wirtschaftlich interessanten Stück Staats zu fordern.

Fängt jemand damit an, bricht der völlige Wahnsinn aus. Der Zar Alexander II. leierte den Verkauf von 1,6 Millionen km2 an die USA an. Im Morgengrauen des 30. März 1867 war man handelseinig: es wurde ein Scheck über lächerliche 7,2 Millionen Dollar für Alaska ausgestellt. Weder die dort lebenden Ureinwohner, noch die dort lebenden Russen wurden gefragt. Dabei wurde sogar ein höheres Angebot von Grossbritannien ausgeschlagen.

Der Check, mit dem Alaska gekauft wurde.

Treppenwitz der Gesichte: zuvor hatte der Zar das riesige Territorium anderweitig zum Kauf angeboten. An das Fürstenhaus von Liechtenstein.

Alleine hier gibt es also genügend Gründe, die Rechtmäßigkeit dieser Transaktion anzuzweifeln. Oder aber, das tut ja Trump im Fall Grönlands auch, einfach auf den Tisch zu klopfen und bei der Rückgewinnung Alaskas wirtschaftliche sowie militärische Mittel nicht auszuschliessen.

«Matto regiert», nannte das Friedrich Glauser, «world gone wrong», sang Bob Dylan. Denn es ist ja nie der Wahnsinn eines Einzelnen. Sondern der Chor von Wahnsinnigen, der die Welt in den Abgrund schieben kann.

Tagi: Homepage als Gerümpelturnier

Wie kann man ein Aushängeschild so verlottern lassen?

Eine Zeitung liefert News. Diese Banalität scheint man in der Qualitätsoffensive, also beim Schuss in den Ofen, bei Tamedia vergessen zu haben.

Dass die News nun von zwei Hubs verwaltet werden, als wären sie Pakete, die man irgendwie rumschicken muss, ist das eine. Dass eine Homepage so unattraktiv wie möglich daherkommt, das andere.

So geht’s mal los. Immerhin ist noch erkennbar, dass es sich um die Webseite des «Tages-Anzeiger» handelt. Aber sonst? Wildwest. Selbstanpreisung (2.50 / Woche für 1 Jahr). Versteht man immerhin nach scharfem Nachdenken.

Dann zweimal quer scrollen, etwas, was man unbedingt vermeiden sollte. Oder halt auch nicht.

Und schwups, drei Minuten später sieht’s schon ganz anders aus. Irgend ein Algorithmus hat nach Anzahl Klicks, Verweildauer, dem Mondzyklus und dem Stand von Ebbe und Flut beschlossen, etwas umzustellen.

Dann kommt die Abteilung ungeordnete News aus aller Welt und aller Gattungen, einfach mal so serviert:

Zehn Happen, von Wahlen in der Moldau über Klimaschutz, ein Bob Dylan auf X, ein Brand in Pfäffikon oder der Senf am Sternen-Grill. Help yourself, such dir was aus. Oder lass es.

Dann, nach einer Riesenwerbung, kommt die Rubrik «Redaktion empfiehlt». Das ist nun sehr speziell; wieso sollte sie das tun? Heisst das, dass die anderen Artikel nicht empfehlenswert sind, sondern aus Zufall und Unachtsamkeit auf die Homepage kamen?

Dann, nicht minder merkwürdig, eine «News-Pause». Hier gibt es also keine News? Was ist dann ein Artikel «Möchten Sie wissen, wie Sie geschlafen haben?» Keine News, aber zum Einschlafen?

Wieder Werbung, dann «Züritipp(s) der Woche». Ob es sich noch nicht herumgesprochen hat, dass der «Zürtipp» eingespart wird, wie man der Öffentlichkeit und der Redaktion gleichzeitig mitteilte. Was sehr geschmackvoll war. Aber immerhin sorgte Qualität-Papst Bärtschi für ein paar Lacher, als er Abos erwähnte, die es gar nicht mehr gibt.

Wieder Riesenwerbung, dann Ressort «Zürich». Chrüsimüsi, würde man das wohl nennen, wenn es nicht irgendwie unsichtbar einem Ordnungsprinzip folgen würde. Nur welchem?

Werbung, dann «Schweiz». Was ist da vermeldenswert?

Echt? Minen und Minenopfer in der Ukraine, verjährte Straftaten von Geistlichen, 19 Entlassungen bei RTS. Das ist in der Schweiz los? Arme Schweiz.

Dann zweimal untereinander Werbung. Zuerst die übliche, dann Werbung für das neue Buch von Thomas Knellwolf. Blöd aber auch: dennoch schafft es der Wälzer nicht in die Bestsellerliste.

Dann ein weiterer Höhepunkt, «International». Der NL «Alles klar, Amerika?», zum Einloggen und Langweilen. Dann der Ukraine-News-Ticker, ohne einloggen, ebenfalls sacklangweilig. Als wäre das nicht genug Ukraine, gleich daneben «Alles rund um den Krieg in der Ukraine». Und daneben von der «Süddeutschen» serviert ein Porträt des möglicherweise getöteten Hamas-Chefs Sinwar. Eigenleistung der eigenen Auslandredaktion? Null.

Dann eine weitere Rubrik, die zur Leservertreibung dient: «Unter Verdacht: der True-Crime-Podcast». «Wirtschaft», «Sport», dann die Lieblingsrubrik aller verbliebenden Journis «Meinungen». Dann breaking news, «Bereit zum Wandern?» Ja, zum Abwandern.

Weil’s so schön war, die Rubrik «Podcast», Spionage, USA-Podcast, «Flo-Jo – alle Folgen im Überblick», die auch niemand interessierten, und dann muss nach rechts gescrollt werden, was aber gerade nicht funktioniert, was sicherlich auch kein Schaden ist.

Schliesslich, sozusagen im Unterholz versteckt, «Elif x Tagi: Unsere Kochserie», die ebenfalls kein Mensch interessiert hat. Tiefer gesunken ist dann nur noch die «Kultur», obwohl es die eigentlich gar nicht mehr gibt.

Ach nein, dann kommt noch «Leben», «Panorama», «Digital», «Reisen» und last and least «Das Magazin», aber soweit nach unten scrollt sowieso niemand.

Wenn man sich dieses Gerümpelturnier anschaut, versteht man zwei Dinge. Wieso Kerstin Hasse aus der Chefredaktion entfernt wurde. Und wie es aussieht, wenn eine völlig demotivierte Redaktion die Homepage mit Gefässen bespielen soll, die eigentlich der Leserabschreckung dienen.

Statt dummes Zeugs über angeblich neue Strategien und Qualitätssteigerung durch Rausschmeissen zu verzapfen, sollten sich die vielen Häuptlinge und Oberindianer vielleicht mal um etwas ganz Banales kümmern: wie baue ich eine Homepage eines Newsmediums so auf, dass der Leser auch animiert zu lesen beginnt.

Aber das ist eben gar nicht so einfach, deshalb lässt man ganz oben lieber die Finger davon.

Kris Kristofferson †

In der Stratosphäre der Musik wird es leerer.

Dass ein Enkel schwedischer Einwanderer die uramerikanische Countrymusik prägte, ist nur im Land der unbegrenzten (musikalischen) Möglichkeiten denkbar.

Kris Kristofferson (1936 – 2024)  stand vielleicht im Schatten der Überhelden Johnny Cash und Bob Dylan, aber mit Waylon Jennings, Willie Nelson und Cash feierte er Erfolge als «The Highwaymen».

Er war bedingungsloser Linker, unterstützte die sandinistische Revolution in Nicaragua und bereicherte seine Konzerte mit klaren politischen Botschaften in seinen Songs («Sandinista», «Don’t let the Bastards get you down»).

Er war Poet, Schauspieler, Sänger und Songwriter. Er hatte eine grossartige Rolle im gigantischen Film «Heaven’s Gate», der allerdings gigantisch flopte. Er hatte eine bedauerliche Rolle im Action-Kracher «Blade». Er war mit der Sängerin Rita Coolidge verheiratet, bis die Ehe an seinen Alkoholproblemen scheiterte. Seit 1983 war er mit Lisa Meyers verheiratet und lebte abseits von jeglichem Trubel auf der Insel Maui.

Er war wie ein flackerndes Licht am Firmament der Country-Musik; Tourneen wechselten mit Bühnenabstinenz ab. 2006 meldete er sich mit This Old Road zurück, es folgte noch Closer to the Bone und schliesslich zu seinem 80. Geburtstag The Cedar Creek Sessions.

Wäre er nicht ein solches Multitalent gewesen, wäre er vielleicht als One-Hit-Wonder in die Geschichte eingegangen. Denn trotz all seinen anderen Songs ragt natürlich einer heraus, mit dem nicht einmal er selbst, sondern Janis Joplin weltberühmt wurde: «Me and Bobby McGee».

Der Song hat eine verwickelte Entstehungsgeschichte. Kristofferson schrieb ihn zusammen mit Fred Foster, zunächst wurde er von Roger Miller aufgenommen. Kristofferson spielte ihn dann 1970 selber ein.

Aber seinen weltweiten Siegeszug trat er in der Version von Janis Joplin an, die den Text auf sich selbst anpasste. Er erschien im Januar 1971 und eroberte erste Plätze in den Pop-Charts. Joplin war bereits am 4. Oktober 1970 gestorben und erlebte diesen Triumph nicht mehr.

«Me and Bobby McGee» ist eine Ballade, die perfekt ein damals aktuelles Zeitgefühl widerspiegelt, ihm Wort und Ton verleiht. Sie handelt von zwei Hippies, die durch die USA driften und verdichtet dieses Lebensgefühl zu Zeilen, die selbst von Dylan oder Cash nicht übertroffen wurden. Schon der Anfang ist ein Monument eines Lebensgefühls:

«Busted flat in Baton Rouge, waitin› for a trainWhen I’s feelin› near as faded as my jeansBobby thumbed a diesel down, just before it rainedAnd rode us all the way into New Orleans»

Schwierig, das in aller Lakonik auf Deutsch zu übersetzen:

Abgebrannt in Baton Rouge, wir warteten auf ’nen Zug
Ich fühlte mich fast so ausgewaschen wie meine Jeans.
Bobby hielt ’nen Laster an, gerade bevor es anfing zu regnen.
Er brachte uns den ganzen Weg bis nach New Orleans.

Um schliesslich eine beeindruckende Lebensweisheit in einfache Worte zu fassen:

«Freedom is just another word for nothin› left to loseNothin›, don’t mean nothin› hon› if it ain’t free, no-noAnd feelin› good was easy, Lord, when he sang the bluesYou know feelin› good was good enough for meGood enough for me and my Bobby McGee»

Freiheit ist nur ein anderes Wort für nix zu verlieren haben
Doch nichts bedeutet nichts, Süsser, wenn es nicht umsonst ist.

Selten ist ein Verlust so mit leichter Hand hingetuscht worden, wobei hinter jedem Wort unendliche Trauer hervorlugt, dass Freiheit eben wirklich bedeutet, nichts zu verlieren zu haben, nicht mal eine Liebesbeziehung:

«One day up near Salinas, Lord, I let him slip awayHe’s lookin› for that home, and I hope he finds itBut, I’d trade all of my tomorrows, for one single yesterdayTo be holdin› Bobby’s body next to mine

Da war ein genialer Funke entstanden; die poetische und musikalische Kraft von Kristofferson, der selbst kein sehr begnadeter Sänger war, und die einmalige, schwärzeste weisse Blues-Stimme aller Zeiten einer Janis Joplin, die jeden ihrer Songs so sang, kreischte, stöhnte, als ginge es um ihr Leben. Das sie so intensiv lebte, dass sie allzu früh starb.

In seinen letzten Lebensjahren war Kristofferson von Krankheiten geplagt, die er aber stoisch ertrug. Nun spielt er irgendwo seine akustische Gitarre, bläst in seine Mundharmonika und bleibt ein guter Mensch, der so frei ist, wie man nur sein kann. Und hoffentlich jammt er mit Johnny Cash, während beide auf Willie Nelson warten.

 

Denunziations-Maschinen

Soziale Medien werden zum Rache-Verstärker. Die Medien auch.

«Unter einer Denunziation versteht man das Erstatten einer (Straf-)Anzeige durch einen Denunzianten aus persönlichen, niedrigen Beweggründen, wie zum Beispiel das Erlangen eines persönlichen Vorteils. … Das Wort «denunzieren» hat noch eine weitere Wortbedeutung, nämlich „als negativ hinstellen, brandmarken, öffentlich verurteilen“.»

Die Definition des Begriffs aus Wikipedia ist einfach. Die Methode selbst ist abartig und widerwärtig. Dazu gibt es aus dem Jahre 1884 ein hübsches Gedicht, das das Wesen des Denunzianten auf den Punkt bringt:

«Verpestet ist ein ganzes Land,
Wo schleicht herum der Denunziant.
[…]
Der Menschheit Schandfleck wird genannt
Der niederträcht’ge Denunziant.»

Üblicherweise erfolgen Denunziationen anonym. Im Rahmen der «#metoo»-Bewegung hat sich aber ein neues Modell entwickelt. Der Denunziant steht mit seinem Namen hin, denunziert aber eine einzelne Person oder eine ganze Gruppe von nicht genannten Opfern. Herausragendes Beispiel ist dafür der «Protestbrief» von 78 erregten Tamedia-Mitarbeiterinnen, die über 60 angebliche Vorfälle als Beleg aufführten, dass im Konzern eine frauenfeindliche, diskriminierende, sexistische und demotivierende Stimmung herrsche.

Kleiner Schönheitsfehler: keine einzige dieser Denunziationen war verortbar. Es fehlten Umstände, Zusammenhänge, Zeitangaben. Daher konnte bis heute kein einziger Vorwurf verifiziert oder falsifiziert werden.

Eine Steigerung dazu stellt das dar, was gerade (und ausgerechnet) der linksradikalen deutschen Punkband «Feine Sahne Fischfilet» passiert. Sie muss sich damit auseinandersetzen, dass ein anonymer Blog anonyme und nicht einmal spezifizierte Vorwürfe angeblicher «sexualisierter Gewalt» mit angeblich 11 Opfern erhoben hat. Diese Denunziation tauchte im August 2022 im Internet auf und verfolgt die Band seither wie ein Gespenst.

Nicht nur für Patrizia Laeri sind solche Behauptungen sexueller Übergriffe ein wohlfeiles Transportmittel, um mal wieder in die Medien zu kommen. Solche Vorwürfe haben meistens drei Dinge gemein. Sie werden von einer Frau erhoben, sie liegen jenseits aller Verjährungsfristen in der Vergangenheit, sie wurden damals nicht aktenkundig gemacht, und sie richten sich zumindest öffentlich gegen unbekannt, gegen eine nicht genauer identifizierte Person. Damit wird jeglicher Klage oder Anzeige wegen Rufschädigung oder Ehrverletzung vorgebeugt.

Stellt sich in einer Untersuchung (die sich nach so vielen Jahren naturgemäss sehr schwierig gestaltet) heraus, dass sich der Vorwurf nicht erhärten lässt, zudem bei genauerer Betrachtung Widersprüche auftauchen, dann behauptet die Denunziantin, dass hier sicherlich schwerwiegende Fehler begangen wurden. Gerne deutet sie auch an, dass es sich um Männersolidarität handeln könnte.

Das Schweizer Farbfernsehen hatte es letzthin gleich mit zwei solcher Fälle zu tun. Einer betraf einen welschen TV-Starmoderator, der andere angeblich eine Führungskraft am Leutschenbach. Beide Denunziationen stellten sich als halt- und substanzlos heraus.

Die verschärfteste Version ist die öffentliche Hinrichtung mit Namensnennung in einem reichweitenstarken Titel. Das exerziert gerade eine gefeuerte Mitarbeiterin gegen ihren ehemaligen Chef und ihren Ex-Arbeitgeber durch. Beide hat sie öffentlich und mit Namensnennung denunziert, gegen den Arbeitgeber hat sie Klage eingereicht.

Besonders fatal ist hier noch, dass diese Denunziation im leserstarken «Spiegel» erschien, begleitet von einer fast zeitgleichen Veröffentlichung in der «Zeit» durch die offensichtlich mit der Denunziantin verbandelte Journalistin Salome Müller, die deren Behauptungen ungeprüft und im Indikativ übernahm. Zudem mit weiteren angeblichen anonymen «Zeugenaussagen» ausschmückte.

Hier zeigt eine genauere Überprüfung der konkret beschriebenen Vorwürfe, dass sie in ihrer grossen Mehrheit nicht haltbar sind, zum Teil aus der Lüge überführter Quelle stammen und von keinerlei namentlichen Zeugen bestätigt wurden.

Nicht einmal das mögliche und naheliegende Motiv der Urheberin – Rache, nachdem sie ihr Ziel nicht erreichte, den Posten des Angeschuldigten zu erobern und stattdessen gefeuert wurde – wurde vor Veröffentlichung zumindest überprüft.

Ob es sich um anonyme Anschuldigungen in den asozialen Medien oder um Behauptungen in den Mainstream-Medien handelt: immer entwickelt sich schnell ein ganzer Schwarm von Kolporteuren, die die Denunziation aufnehmen, ausschmücken, mit angeblichen (und natürlich auch anonymen) weiteren Zeugenaussagen unterfüttern.

In keinem dieser Fälle gelingt es jemals – unabhängig davon, ob die Vorwürfe erfunden und erlogen sind oder zumindest teilweise zutreffen –, den Geist wieder in die Flasche zu kriegen. Kann der Betroffene seine Anonymität wahren, hat er noch Schwein gehabt. In keinem einzigen Fall getraute sich ein so anonym Angerempelter, öffentlich hinzustehen und zu sagen: Ich soll der Täter gewesen sein, das ist aber erstunken und erlogen.

Obwohl oder gerade weil bei solchen Denunziationen die Beweisumkehr gilt. Nicht der Beschuldiger muss seine Behauptungen beweisen, der Beschuldigte muss seine Unschuld belegen können. Wie aber soll das ihm gelingen, da es sich meistens um Ereignisse handelt, die sich naturgemäss unter vier Augen, Ohren und zwei Körpern abspielten – sehr häufig vor vielen Jahren.

Nicht nur in der Schweiz gibt es erschreckende Beispiele für diese neue Denunziationskultur. Der deutsche Komiker Luke Mockridge wurde zu Unrecht der versuchten Vergewaltigung beschuldigt. Obwohl das Verfahren eingestellt wurde (eben typisch Männersolidarität), begleiten seine Tourneen seither Proteste, auch in der Schweiz, er soll gecancelt werden, von der Bühne verschwinden. Die Juso Zürich entblödeten sich nicht, gegen seinen Auftritt im Hallenstadion eine Petition zu starten.

Der US-Schauspieler Kevin Spacey verlor seine ihm auf den Leib geschneiderte Hauptrolle in «House of Cards»; bislang kam es zu keiner Verurteilung gegen ihn. Der schmutzige Scheidungskrieg zwischen Amber Heard und Johnny Depp endete trotz massiver Anschuldigungen gegen ihn mit seinem Sieg. Beschädigt blieben beide zurück. Dem 85-jährigen Morgan Freeman wurde vorgeworfen, vor vielen Jahren anzügliche Bemerkungen auf Filmsets gemacht zu haben. Schliesslich wurde Bob Dylan beschuldigt, vor fast 60 Jahren sexuell übergriffig geworden zu sein. Diese Klage machte ihn zum Rekordhalter, noch vor Dustin Hoffman, gegen den lagen die Vorwürfe lediglich rund 50 Jahre zurück.

Was all diesen Fällen gemeinsam ist: sie verhöhnen die Opfer wirklicher Belästigungen, Übergriffe, Vergewaltigungen. Vor den öffentlichen Gerichtshöfen der Moral werden gnadenlos und schnell gesellschaftliche Todesurteile ausgesprochen, Karrieren vernichtet, Menschen jahrelang wenn nicht lebenslänglich stigmatisiert.

Dass das Internet, die sozialen Plattformen dafür ungeahnte Möglichkeiten bieten, ist widerlich, aber wohl kaum vermeidbar. Dass sich auch sogenannte Qualitätsmedien daran beteiligen, allen voran und bedauerlicherweise der deutsche «Spiegel», ist abscheulich und wäre durchaus vermeidbar.

Dafür müssten sie sich nur an ein paar grundlegende Regeln des Handwerks erinnern. Motivlage des Anklägers. Faktencheck. Umfeldrecherche. Zeugenbefragung. Aufdecken von Widersprüchen. Und bei wackeliger Ausgangslage: Verzicht auf Publikation.

Aber seit der Unsitte der «Leaks» und «Papers», also das Arbeiten mit Hehlerware aus anonymen Quellen mit völlig undurchsichtigen Motiven, sind die Massstäbe eindeutig verrutscht. Nicht zum Wohle der Bezahlmedien …

Kläglich ist auch die Reaktion involvierter Medien auf Anfragen. Tamedia (wir wollen es bei diesem Begriff belassen) räumt lediglich ein: «Wir können bestätigen, dass eine Klage bei uns hängig gemacht wurde. Weitere Details dazu können wir nicht bekannt geben.» Also was genau Anuschka Roshani einklagte und wie sich Tamedia dagegen zu wehren gedenkt: Staatsgeheimnis. Auch die «Zeit», deren Mitarbeiterin Müller eine mehr als zwielichtige Rolle in der Affäre spielt, geruht nicht mehr, auf Anfragen zu reagieren. Ein Verhalten, das von Journalisten sonst gerne lauthals beklagt wird.

Besonders widerwärtig ist dabei, dass es auch rechtlich kaum Möglichkeiten gibt, sich gegen solche Denunziationen zur Wehr zu setzen. Was soll ein Gericht zu geschickt formulierten, viele Jahre zurückliegenden Vorwürfen sagen, die die Denunziantin damit begründet, dass es sich laut ihr so abgespielt habe oder sie zumindest eine Äusserung so empfunden habe?

Geradezu brüllend komisch ist eine Nebenwirkung dieser neuen Denunziationskultur. Viele Chefs entdecken hier den Vorteil des Grossraumbüros. Und sollten dennoch Gespräche zu heiklen Themen (ungenügende Arbeitsleistung, Kritik an einem Fehler, gar Kündigung) in vertraulichem Rahmen stattfinden, wird inzwischen immer ein Zeuge dazugerufen. Am besten weiblich und verlässlich. Damit die Kritisierte erst gar nicht auf die Idee kommt, mit einer Denunziation zurückzuschlagen.

Ausserdem getraut sich kein Mann, der noch bei Sinnen ist, in einen Lift einzusteigen, in dem sich eine einzige Frau befindet. Auch das Führen eines Tagebuchs drängt sich auf, mit wichtigen Eckdaten. So kann man dann beispielsweise den Vorwurf, es sei bei einer Jahre zurückliegenden Weihnachtsfeier zu anzüglichen Bemerkungen (oder gar Handlungen) gekommen, problemlos als Lüge entlarven, weil die Feier gar nicht stattfand – oder man gar nicht anwesend war …

… aus den Löchern, Part II

Es war einmal, vor langer Zeit …

Der ewige Barde Bob Dylan dürfte wohl Rekordhalter sein. Er wurde vor zwei Jahren eingeklagt, dass er ein 12-jähriges Mädchen sexuell missbraucht haben soll. Vor inzwischen – 58 Jahren! Leider habe das vermeintliche Opfer solange gebraucht, um damit an die Öffentlichkeit gehen zu können.

Er löste damit Dustin Hofman ab, dem 2017 ebenfalls sexueller Missbrauch vorgeworfen wurde. Der habe in den 1970er-Jahren stattgefunden.

Angesichts des Canonica-Skandals bei Tamedia sehen sich nun auch diverse Frauen genötigt, sich als Opfer sexueller Übergriffe zu outen. Teilweise mit Ansage. So twitterte Patrizia Laeri schon mal drohend: «Nun bricht nach diesem Text aber gerade so viel auf, dass ich nicht mehr verdrängen kann und will.»

Was kann und will sie nicht mehr verdrängen? Der «Financial Feminist» hat Schröckliches erlebt:

Nun hat das Qualitätsmedium «watson» bei Laeri nachgefragt, was denn dann passiert sei: «Gemeldet habe sie den Vorfall nie bei SRF, erzählt Laeri. «Ich war in Schockstarre und wusste nicht, an wen ich mich hätte wenden sollen.» Am nächsten Tag habe der Redaktor so getan, als sei nie etwas passiert.»

Aber es ist noch mehr Schlimmes passiert:

Damit immer noch nicht genug, die gesamte Frauschaft bei elleXX (nur echt mit 2 X) eruptiert lange verdrängte Traumata. So hat auch Samatha Taylor Krasses erdulden müssen:

Ganz schlimm ist es auch der elleXX Nadine Jürgensen ergangen:

Welch ein Unmensch, ein Macho, ein Sexist von Chef. Wie konnte er nur, und erst noch auf Englisch. Allerdings berührt diese neuentdeckte Sensibilität von Jürgensen doch etwas merkwürdig. An diesen nun wahrlich nicht sonderlich sexistischen Ausspruch erinnert sie sich, als regelmässige Kolumnistin im «Magazin» ist ihr aber niemals die «fäkalisierte» und sexistische Sprache des abartigen Ex-Chefredaktors aufgefallen?

All diese Denunziationen lange im Nachhinein haben etwas gemeinsam: sie erfolgen gegen anonymisierte Übeltäter. Welcher «Redaktor in Leitungsfunktionen» war’s wohl? Da dürfen sich nun einige Mitarbeiter von SRF als denunzierte Schweine vorkommen. Und welche «Redaktionsleiter» sollen denn angeblich etwas von «erschlafen» gebrabbelt haben?

Das zeichnete auch die mehr als 60 angeblichen Beispiele der erregten Tamedia-Frauen aus, die sie ihrem Protestbrief beifügten. Der zuerst intern an Geschäftsleitung und Chefredaktion gehen sollte, dann aber via Spiess-Hegglin an die Medien durchgestochen wurde. Alle Beispiele waren anonymisiert; jeder männliche Tamedia-Mitarbeiter stand unter Generalverdacht. Bis heute ist nicht bekannt, ob auch nur ein einziges Beispiel eines verbalen Übergriffs verifiziert werden konnte.

Eine der Initiantinnen, Salome Müller, bleibt sich treu und schreibt in der «Zeit» über den Fall Canonica – unter Verwendung anonymer Quellen. Wieso dieses Qualitätsorgan das trotz schreiendem Interessenkonflikt der Autorin zulässt, ist ein Rätsel.

Aber immerhin, wir haben diese Kolumnistin schon mehrfach scharf wegen eines unseligen Nazi-Vergleichs kritisiert, hier zeigt sie Haltung:

Auch Simone Meier stellt unbelegte Behauptungen auf, will sich aber nicht als Opfer outen, sondern schreibt cool, dass sie das kaum wahrgenommen habe.

Als in den USA die «#metoo»-Bewegung Fahrt aufnahm, gab es neben wahren und erschütternden Fällen von männlichen sexuellen Übergriffen auch jede Menge Trittbrettfahrerinnen, die mit erfundenen oder nicht verifizierbaren Behauptungen ein Stück öffentliche Aufmerksamkeit abschneiden wollten.

Das sei hier niemandem unterstellt. Aber lange her, nicht verortet, nach so langer Zeit auch nicht mehr überprüfbar, damals nicht gemeldet, das hat schon mehr als ein Geschmäckle.

Genauso interessant wie die nun an die Öffentlichkeit drängenden Opfer sind Stimmen, die schweigen. In erster Linie die Edelfedern und Bannerträger im Kampf gegen Sexismus, Diskriminierung, Männerherrschaft und üble Machos.

Dazu gehört die gesamte aktuelle und ehemalige Redaktion vom «Magazin». Zu mehr als anonymem Gewäffel reicht die Zivilcourage nicht: ««Es war alles noch viel schlimmer. Was nun publik wurde, ist lediglich die Spitze des Eisbergs», sagt ein ehemaliger «Magazin»-Journalist, der nicht namentlich genannt werden will

Was für elende Feiglinge. ZACKBUM bat unter anderen den Journalisten des Jahres Christof Gertsch, des Lobes voll über das «Magazin», Nina Kunz, Kampffeminist Philipp Loser, den langjährigen Kolumnisten und jetzigen Chefredaktor a.i. der «Republik» Daniel Binswanger um Stellungnahme zu naheliegenden Fragen. Aber kein einziges Mitglied dieser ehrenwerten Gesellschaft mochte etwas sagen.

Lediglich der nachgerutschte Chefredaktor Bruno Ziauddin verwies mailwendend auf die Medienstelle von Tamedia, die sich dann mit dem damals gültigen Stehsatz meldete.

Natürlich wäre eine Bestätigung der Vorwürfe Roshanis potenziell stellengefährdend, wenn einer mit Namen und konkreten Beispielen hinstehen würde. Aber könnte man das nicht von diesen Maulhelden in Sachen Kampf gegen Sexismus erwarten?

Es ist so, dass Anuschka Roshani sich von all diesen übrigen Denunziantinnen dadurch unterscheidet, dass sie konkret wird. Beispiele nennt und diese auch belegt. Dazu sagt, dass Finn Canonica sich auch coram publico einer «fäkalisierten» und sexualisierten Sprache bedient habe, auch andere Redaktionsmitglieder mit eigenen und fremden sexuellen Storys belästigt habe.

Entweder ist Roshani selbst reif für die Couch und erfindet das alles. Oder aber, sie sagt die Wahrheit. Was ganz besonders peinlich für Mikael Krogerus sein muss. Auch er schweigt verkniffen. Das Gleiche tut seine Lebensgefährtin Franziska Schutzbach. Diese «feministische Aktivistin» ist sonst immer zuvorderst und lautstark dabei, wenn es darum geht, unerträgliche sexistische und frauenverachtende Zustände zu kritisieren.

Hat ihr denn ihr Herzallerliebster niemals etwas von den Zuständen auf der «Magazin»-Redaktion erzählt? Hat sie ihn denn niemals nachdrücklich aufgefordert, das nicht länger zu dulden? Kam es ihr niemals selbst in den Sinn, hier öffentlich Anklage zu erheben? Auch Schutzbach wurde natürlich Gelegenheit gegeben, sich zu diesen Fragen zu äussern. Sie antwortete mit tiefem Schweigen.

Wenn es wahr ist, was Roshani beschreibt, ist es eine verdammte Schweinerei, was ihr geschah. Wenn es wahr ist, was Roshani als Reaktion der Führungscrew von Tamedia beschreibt, ist es eine verdammte Schweinerei, die personelle Konsequenzen haben sollte.

Unverständlich bleibt allerdings, wieso Roshani dieses gestörte Verhalten ihres Chefredaktors so viele Jahre erduldete. Unverständlich ist auch das Verhalten der übrigen Mitwisser. Ihnen war der Schoggi-Job, der für Schweizer Verhältnisse privilegierte Arbeitsplatz mit grossen Freiheiten wichtiger als Zivilcourage. Wenn es stimmt, was Roshani und inzwischen weitere anonyme Zeugen behaupten, zeigten diese Schwächlinge wohlfeil Maulaffen absonderndes Gutmenschentum, wenn es um die Kritik an angeblichen unerträglich sexistischen Zuständen anderswo ging.

Da wurden Seite um Seite im «Magazin», in der SoZ und überall gefüllt, um mit grösster Sensibilität die Männersprache zu denunzieren, Inklusion zu fordern, den Genderstern durchzustieren, weibliche Gleichberechtigung einzufordern. Man stelle sich nur vor: und diese gleichen Typen sassen stumm am Redaktionstisch, während der Chefredaktor seine Gummifrauenbrust massierte, übelste Sprüche abliess, primitivste sexuelle Anspielungen machte, über künstliche Befruchtung, kleine Schwänze, sexuelle Orientierungen, dazu mit eigenen Erlebnissen prahlte?

Das kann man sich eigentlich nicht vorstellen, dürfte aber so gewesen sein. Ist das ein widerliches, opportunistisches, heuchlerisches Pack. Wie die sich morgens im Spiegel anschauen können, ohne tieferot zu werden, ist ihr schmutziges Geheimnis.

Oder aber, es ist so wie der Ex-Chefredaktor behauptet. Alles gelogen von Roshani, die Redaktion sei wie eine Eins hinter ihm gestanden. Nur: wieso bezeugt das dann keiner von diesen Helden öffentlich?

Wie sagte schon Voltaire so richtig: «Écrasez l’infâme.» Es macht aber keinen Sinn, das zu übersetzen. Diese Typen verstehen das in keiner Sprache.

Panzergeneräle

World gone wrong. Da hilft nicht mal das Dichterwort.

Setz dich hierher und hör zu. Das scheint Bob Dylan auf dem Cover seines Albums zu verlangen. Aber auch alttestamentarische Strenge nützt nichts im kriegsbesoffenen Wahnsinn des Jahres 2023.

Anscheinend hat der einzig bedächtige Staatsmann Olaf Scholz dem multiplen Druck nachgegeben und der Lieferung von Leopard-Panzern in die Ukraine zugestimmt. Es ist nicht bekannt, dass solche militärische Hilfe auch dem Jemen zuteil wird. Oder den Kurden, die in einem völkerrechtswidrigen Vernichtungskrieg vom NATO-Mitglied Türkei in Syrien in Grund und Boden bombardiert werden.

Aber das ist ja nur die Abteilung normale Heuchelei. Neutral bis jubelnd vermelden Schweizer Gazetten: «Deutschland gibt grünes Licht für Leopard-Panzer». So scheitert der «Blick» an der Herausforderung, auch noch Ukraine in den Titel zu quetschen. «Berichte: Deutschland liefert Leopard-Panzer an die Ukraine», tickert Tamedia auf Sparflamme. Ergänzt durch die Meldung: «Vor dem Hintergrund eines Korruptionsskandals in der Ukraine sind 5 Gouverneure und 4 Vize-Minister ihrer Ämter enthoben worden.» 

Die NZZ hält sich in den frühen Abendstunden noch bedeckt, vermeldet aber: «Brisante Wende bei den Waffenexporten: Schweiz soll für Lieferung von Munition und Panzern an die Ukraine Hand bieten.» Etwas begeisterter ist der «Blick», denn: «Seit Beginn des Ukraine-Kriegs sorgt der Bundesrat für Kopfschütteln im Ausland. Mehrfach lehnte er aus Neutralitätsgründen Anfragen für den Export von Rüstungsmaterial ab.»

Eine Nationalratskommission fordere nun aber: «So soll die Schweiz auf die Nichtwiederausfuhr-Erklärung verzichten, wenn «die Wiederausfuhr des Kriegsmaterials an die Ukraine im Zusammenhang mit dem russisch-ukrainischen Krieg erfolgt». Geht es nach der Kommission, tritt die Gesetzesänderung schon am 1. Mai in Kraft und wäre vorerst bis Ende 2025 befristet.»

World gone mad, aber versuchen wir es dennoch mit der Stimme der Vernunft. Sowohl deutsche wie Schweizer Gesetze verbieten den Waffenexport in Kriegsgebiete, auch via Drittländer, um diese naheliegende Lücke geschlossen zu halten.

An der Eindeutigkeit dieser gesetzlichen Bestimmungen ist nichts zu rütteln. Erst vor wenigen Monaten wurde das Kriegsmaterialgesetz der Schweiz noch verschärft. Aber seitdem haben sich vor allem Sozialdemokraten und Grüne in wahre Kriegsgurgeln verwandelt. Wie Schreibtischgenerale, Sandkastenhelden fordern sie lauthals die Lieferung von Waffen aller Art an die Ukraine.

Damit dort mehr und besser gestorben wird. Denn auch Panzer sollen überraschenderweise weder zum Schneeräumen, noch zum Transport von Getreide eingesetzt werden. Aber die Debatte, ob eine zunehmende Verwicklung in den Ukrainekrieg sinnvoll oder zielführend ist, müsste eigentlich gar nicht geführt werden.

Wenn rechtsstaatliche Grundsätze wie das Einhalten von Gesetzen noch irgend eine Bedeutung hätten. Der Bundesrat sorge für Kopfschütteln im Ausland, weil er sich an Schweizer Gesetze halten will? Wie verpeilt muss man sein, um einen solchen Satz zu schreiben?

Kriege werden nicht durch Panzer beendet. Sondern durch Verhandlungen. Kriege werden nicht durch Eskalation beendet. Sondern durch Verhandlungen. Einen Autokraten in die Enge zu treiben, der über das grösste Atomwaffenarsenal der Welt verfügt, ist keine gute Idee. Von einem möglichen Sieg der Ukraine zu schwadronieren, ist gemeingefährlich und fordert kaltherzig weiteres Leiden der ukrainischen Bevölkerung. Aus der sicheren Etappe.

Soll man denn der völkerrechtswidrigen und verbrecherischen Invasion durch Russland einfach zusehen? Soll man, genauso, wie man der völkerrechtswidrigen und verbrecherischen Invasion Jemens durch Saudi-Arabien zusieht. Wie man der verbrecherischen und völkerrechtswidrigen Invasion Syriens durch die Türkei zusieht. Oder eben nicht. Sondern indem man alles tut, damit Verhandlungen die Massaker beenden.

Aber in der Ukraine werden doch westliche Werte gegen russische Unwerte verteidigt, geht es um Freiheit und Demokratie gegen Knechtschaft und Autokratie. Hier treffen sozusagen Gut auf Böse, das Richtige auf das Falsche. Welch ein gerüttelter Unsinn. Die Ukraine war das korrupteste Land innerhalb der ehemaligen UdSSR, und das will etwas heissen. Die Ukraine ist das korrupteste Land Europas, und auch das will etwas heissen. In der Ukraine herrscht keine Freiheit und Demokratie, sondern ein autokratischer Präsident mit Günstlingswirtschaft, Pressezensur und Unterdrückung jeglicher Opposition.

Soll der Westen dafür eine atomare Auseinandersetzung riskieren? Soll die Schweiz dafür – und gegen das Kopfschütteln – ihre Gesetze über Bord werfen oder aufweichen?

Was soll man zu diesem Wahnsinn noch sagen? Kann’s der Dichter, der Lyriker, der Literaturnobelpreisträger, der schon über die «Master of War» sang, aber inzwischen eigentlich auch aufgegeben hat:

Feel bad this morning, ain’t got no homeNo use in worrying, ‹cause the world gone wrongI can’t be good no more, once like I did beforeI can’t be good, babyHoney, because the world’s gone wrong

 

Schlauer Bruce, blöder Tagi

Auch The Boss hat seine Songrechte verkauft. Warum bloss?

Bob Dylan hat’s getan. Neil Young hat’s auch getan. David Bowie selig war sowieso der Erste. Alle trennen sich von ihren Songrechten – für ein Heidengeld.

Bei Dylan waren’s 300 Millionen Dollar, nun topt Bruce Springsteen den Betrag mit 500 Millionen. Clever; nur: warum diese Welle, warum tun die alten Rockgötter das?

Mit 72 still on the road: Bruce Springsteen.

Dafür findet Tamedia eine ganze Latte von Erklärungen. Tourneen als Verdientsmöglichkeiten fielen weg, Spotify und andere Streamingdienste mit kleiner Marge für den Künstler, das Material ist nun gnadenlos für Werbezwecke einsetzbar.

Alles richtig, nichts ganz falsch. Nur der entscheidende Punkt entgeht dem Qualitätsorgan für gehobene Berichterstattung: Steuerersparnis. All diese Künstler, längst Multimillionäre, liegen in der Schwergewichtssteuerklasse von 40 Prozent aufs Einkommen.

Hier wird’s erklärt. Kurzgefasst: da die Tantiemen nun an den Käufer gehen und von ihm versteuert werden müssen, spart Springsteen rund die Hälfte an Steuern. Kapitalgewinn statt Einkommen, der Verkauf über ein Jahr gestreut, 20 statt 40 Prozent, that’s the trick.

Kann doch nicht so schwer sein, hat ZACKBUM schliesslich auch abgeschrieben. Aber wir sind halt ein echtes Qualitätsorgan, das die richtigen Informationen abschreibt und nicht rumeiert.

Schamloses blowin´ in the wind

Geburtstagsgeschenk zum 80. Für Bob Dylan. Missbrauchsvorwürfe …

Dustin Hoffman soll sich vor einer Frau entblösst und sie anschliessend um eine Fussmassage gebeten haben. Der grosse US-Schauspieler entschuldigte sich hilflos dafür – da er sich nicht mehr an den Vorfall aus dem Jahr 1985 erinnern konnte. Kein Wunder, mit weit über 80 und mehr als 30 Jahre später, als er zum ersten Mal erhoben wurde.

Ein neuer Rekord wird aktuell bei Bob Dylan aufgestellt. Der grosse Sänger und Literaturnobelpreisträger soll eine 12-Jährige sexuell missbraucht haben. Das behauptet sie zumindest in einer jüngst eingereichten Klage vor dem Obergericht Manhattans.

Die Frau ist heute 68 Jahre alt, der Missbrauch soll sich 1965 ereignet haben. Die in der Klageschrift anonymisierte Frau will bis heute unter den Folgen leiden und verlangt Schadenersatz in nicht bezifferter Höhe. Dylan liess mitteilen, dass diese falsche Anschuldigung energisch bekämpft wird.

Das rauschte natürlich durch den Medienwald, «Spiegel», «stern», FAZ, auch «20 Minuten» oder «Blick» schrieben die gleiche Tickermeldung ab und ergänzten sie mit mehr oder minder aktuellen Fotos des Künstlers.

Von «Spiegel» bis «20 Minuten», von «stern» bis «Blick»: gleiche Tickermeldung …

Dabei übersahen die Recherchiergenies dieser Qualitätsmedien allerdings ein kleines, aber entscheidendes Detail. Das mit ganz wenig Aufwand herauszufinden wäre. Aber das würde eine halbe Minute Aufwand bedeuten, plus den Einsatz von minimalem Grips sowie einem Hauch journalistischem Gespür.

Kurze Recherche mit interessantem Ergebnis

Denn eigentlich müsste sich jeder Journalist, der diesen Titel verdient, eine naheliegende Frage stellen:

Wieso wird diese Klage nach so langer Zeit ausgerechnet jetzt eingereicht? Und ausgerechnet in New York?

Als Gratulation zum 80. Geburtstag? Das kann ja wohl nicht der Grund sein.

Ist es auch nicht. Der Grund heisst «Child Victims Act». Das ist ein New Yorker Gesetz, das alle Verjährungsfristen für sexuellen Missbrauch an Minderjährigen aufhebt. Genauer: aufhob. Das sogenannte Lookback-Window, also das Zeitfenster, in dem entsprechende Klagen eingereicht werden konnten, endete am 14. August 2021. Genau zu dem Zeitpunkt, als diese Klage eingereicht wurde.

Das muss nun nicht heissen, dass ein solcher Missbrauch nicht stattgefunden haben könnte. Das muss nicht heissen, dass die Betroffene sich unglaubwürdig macht, indem sie erst 56 Jahre danach Klage einreicht. Das muss nicht heissen, dass sie es deswegen zu diesem Zeitpunkt tat, weil sonst schon längst alle Verjährungsfristen abgelaufen wären. Das muss nicht heissen, dass sie im letzten Moment die Berühmtheit des von ihr Angeschuldigten ausnützen will, um ihre Altersversorgung sicherzustellen.

Qualitätsmedien ohne Qualität

Aber die Berichterstattung zeigt: Selbst bei einer solchen Pipifax-Meldung, die überschattet wird von der Zivilisationstragödie in Afghanistan, sind die deutschsprachigen Medien, die Schweizer Medien nicht mal in der Lage, eine Sekunde Hintergrundrecherche zu investieren.

Das müsste den Unterschied zwischen Gratis-Info via Internet auf allen Kanälen und Bezahl-Info mit Zusatznutzen, aggregierter Qualität, einem wertigen Plus ausmachen. Damit der Käufer einen Grund dafür hat, seine Ausgabe nicht zu bereuen. Schliesslich hat er einen Wert bekommen, der gratis nicht erhältlich war.

So sollte es sein, wenn unsere Medien tatsächlich Qualität produzierten – und sie nicht nur behaupten würden. So müsste es sein, wenn sie verdienen würden, als unverzichtbare Vierte Gewalt mit 400 Millionen Steuerfranken pro Jahr subventioniert zu werden.

Das wäre schön. Aber die Realität ist hässlich: dazu sind sie nicht in der Lage.

Diese Information gibt’s nur auf ZACKBUM, der One-man-Show. Gratis.