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Freierstündchen mit Folgen

Eine mediengeile Prostituierte zieht vor Gericht.

Die Dame mit dem hochgestochenen Pseudonym Salomé Balthus* kann mal wohl am neutralsten als Sexarbeiterin bezeichnen. Sie selbst zieht den Ausdruck «Hetäre» vor und bemüht sich unablässig, in den Medien aufzutauchen, denn die Konkurrenz in Berlin ist mörderisch – und ihre Preise nicht von schlechten Eltern.

Für das erste Skandälchen in der Schweiz sorgte sie, als sie bei Roger Schawinski in seiner damaligen Talkshow beim Schweizer Farbfernsehen zu Gast war. Nach einem Einspieler mit Alice Schwarzer, die die These aufstellte, dass freiwillige Prostituierte häufig in der Kindheit missbraucht worden seien, fragte sie der Talkmaster, ob dass auch bei ihr der Fall gewesen sei. Ohne grosse Regung verneinte sie das.

Nach der Sendung fiel Balthus dann plötzlich ein, sie sei mit dieser Frage bei Schawinski «missbraucht» worden. So überschrieb sie auf jeden Fall ihre damalige Kolumne bei der «Welt», und der Tagi titelte bissig «Der Pitbull hat ausgedient». Balthus verlor nach diesem Publicity-Stunt mitsamt Falschzitaten ihre Kolumne, auch Schawinskis Sendung wurde 2020 eingestellt, als «Sparmassnahme», sagte das Fallbeil vom Leutschenbach.

Genügend Grund für den «Weltwoche»-Redaktor Roman Zeller, sich der «Edelprostituierten» zu nähern. Für ein zweistündiges Gespräch drückte er den ordentlichen Tarif ab, 1000 Euro: ««Überreichen Sie der Hetäre das vereinbarte Honorar diskret in einem offenen Briefumschlag», lautet die Anweisung für den «heiklen Moment»», beschrieb er im Dezember 2019 die Begegnung in der Paris Bar in Berlin.

Für das Geld bietet sie ein wenig Unterhaltung, die Zeller als Gedächtnisprotokoll wiedergibt: «Diese Phase um den Schleifpunkt zum Orgasmus, der sofort wieder vorbei ist, sei von Mann zu Mann verschieden. «Auch die Laute, die sie machen», erzählt sie fasziniert und fragt: «Und wie stöhnst du?»»

Daraus entstand, eigentlich durchaus in ihrem Sinne, ein längerer Artikel. Aber noch schöner ist es natürlich, wenn sich auch daraus ein Skandal machen lässt. Also klagte sie die «Weltwoche» ein. Das Porträt sei gegen ihren Willen geschrieben worden: «Der Artikel hat mich zutiefst getroffen. Als ich ihn las, ist mir übel geworden, danach litt ich für einige Zeit unter Schlaflosigkeit und Niedergeschlagenheit.» So zitiert sie der «Tages-Anzeiger» vor dem Bezirksgericht Zürich. Deshalb habe sie die WeWo wegen Persönlichkeitsverletzung verklagt. Ausserdem stimmten die meisten Zitate von ihr nicht. Sie habe zwar gewusst, dass Zeller ein Journalist sei und über sie schreiben wolle, es sei aber ein reines Kennenlerngespräch, kostenpflichtig, vereinbart worden, nichts mehr.

Dann kommt der Höhepunkt (Pardon) ihrer Einlassung vor Gericht: «Wenn ein Kunde ein privates Treffen ausschlachten darf, um sexistischen Schmuddeljournalismus zu betreiben und mich mit falschen Zitaten herabzuwürdigen, dann kann ich meinen Beruf nicht mehr ausüben.»

Den übt sie aber weiterhin aus, wie sie – ein seltener Tiefpunkt des «NZZamSonntag Magazins» – zwischenzeitlich bekanntgab. Zuvor hatte sie es noch via «Blick» geschafft, in die Schlagzeilen zu kommen: «Schock für Edel-Prostituierte Balthus am WEF: «Plötzlich schaute ich in den Lauf einer Pistole»». Aber Entwarnung, der Sicherheitsbeamte habe «relativ schnell gemerkt, dass unter mein Negligé gar keine Waffe passt». Ist das vielleicht komisch.

Nun versucht sie als Beifang Schmerzensgeld und eine Gewinnherausgabe aus der WeWo zu pressen. Und freut sich natürlich, dass sie so mal wieder in die Medien kommt. Während der WeWo-Redaktor beteuert, dass er kein einziges Zitat erfunden habe, die käufliche Dame sehr wohl gewusst habe, dass er ein Porträt über sie schreibe und sie offenbar das Angenehme mit dem Nützlichen verknüpfen wollte. Publizität plus Penunse.

Publizität hat sie geschafft, ob es auch noch mehr Geld geben wird – das Urteil des Bezirksgerichts steht noch aus.

*Nach Leserhinweis korrigiert.

Es darf gelacht werden

Das kommt davon, wenn man den «Blick» kurz unbeaufsichtigt lässt.

Aber immerhin, er beantwortet endlich eine der wichtigsten und ältesten Fragen der Menschheit:

Wollen wir hier verraten, was ein «internationales Forschungsteam» herausgefunden hat, oder um es mit «Blick» zu formulieren: «es bringt nun allerdings Licht ins Dunkel». Nein, aber wir hoffen, dass das Absicht war.

Übrigens, wussten Sie, dass sich Insekten auch mitunter komplett (nicht etwa teilweise) auf den Rücken drehen «und stürzen mitunter ab»? Doch, die Lösung nur im «Blick». Gratis. Wahnsinn.

Fast ein wenig spät für eine modische Orientierung ist hingegen das hier:

Aber vielleicht sollte man das so sehen: ein wichtiger Tipp, um im Ausverkauf noch Winterklamotten zu erstehen, die rausgeräumt werden, um Platz für die Frühlingsmode zu machen. Ach so, das ist ja gar keine redaktionelle Leistung, sieht nur so aus, wird aber «Präsentiert von Chicorée». Und erst noch bezahlt, hoffentlich zu den verbilligten Tarifen. Denn nicht nur der «Blick» muss sparen, auch bei den Inseratepreisen wird gespart. Kein Wunder, zu den glorreichen Zeiten der Boulevardgurgel Peter Uebersax (Spitzname Übersack) kratzte der «Blick» an einer verkauften Auflage von fast 400’000 Exemplaren. Nicht zuletzt dank der neuen Strategie, ihn zu enteiern, entsacken, den Boulevard auszutreiben, sind es aktuell noch rund 75’000 Stück. Tendenz Sinkflug.

Inzwischen häufen sich die Hiobsbotschaften von der Ukrainefront. Einstmals siegesgewisse Kriegsgurgeln und Sandkastengeneräle fürchten Schlimmes. Die Munition geht aus, der Kampfeswillen auch, der Nachschub aus dem Westen stockt, dazu der Nahe Osten. Aber da kann «Blick» wenigstens Gegensteuer geben, dagegen anrudern:

Vergesst den Landkrieg, die Krim und so. Die «Aussenreporterin News» Myrte Müller berichtet live von der ukrainischen Kriegsflotte: «Nicht an der Landesfront, sondern im Schwarzen Meer hat die Ukraine bedeutende Erfolge erzielt. Blick erklärt mit fünf Fragen Selenskis Siegesstrategie.» Landesfront, Landfront, deutsche Sprache, schwere Sprache. Auch am Schreibtisch in der Hölle des Newsrooms. Aber macht ja nix, dafür ist der Artikel auch hinter der Bezahlschranke.

Auch beim Wunderwuzzi vermag «Blick» wahrlich Neues zu vermelden:

Der «Blick»-Leser wünscht sich nur, dass endlich mal ein neues Foto von Benko gezeigt wird.

Dann der objektive Autotest:

Das ist nun Spar-Journalismus, wie er besser nicht möglich ist. Der Test wird präsentiert von der getesteten Marke Kia, und die Testerin darf auch gleich noch Werbung in eigener Sache machen. Und «Blick» verdient und der Leser ist verarscht. Alles ist gut.

Nun kommt es wieder weltexklusiv nach der Devise: Storys, die sonst keiner will, hast du immer alleine:

ZACKBUM fragt sich aber: wer ist Tiziana Gulino? Wer ist der Vater? Was ist der «SI.TALK»? Was ist «Blick tv»? Und wer ist die Dame rechts?

Aber sollte sich da jemand zu sehr aufregen, auch hier weiss «Blick» Rat:

ZACKBUM findet es aber gemein, dass solche lebenswichtige Informationen geldgierig hinter der Bezahlschranke versteckt sind und somit für 99 Prozent aller «Blick»-Leser nicht zugänglich …

Dann eine Nachricht, die einen Verdacht von ZACKBUM bestätigt:

Durch die häufige Lektüre des «Blick»? Nein, über so ernste Themen sollte man keine Scherze machen.

Noch ein Absackerchen? Aber immer, da greifen wir doch zum bewährt herausragenden Dreierschlag jeder «Blick»-Ausgabe:

Um unnötige Geldausgabe zu verhindern: wir sagen unseren männlichen Lesern mit Penisproblemen nur «Stosswellentherapie». Und noch ein ganz praktischer Tip, der viele Männer aufatmen und Duschgel einsparen lässt: «Es ist sinnlos, sein Axe-Duschgel für die Intimreinigung zu verwenden. Einmal am Tag lauwarmes Wasser reicht völlig aus».

Wir verabschieden uns aber mit einer Horrormeldung, die unsere weiblichen Leser überhaupt nicht nachempfinden können: «Durch einen Stoss kommt es zu einem Riss des sogenannten Schwellkörpers und zu einem Austritt von Blut in den Penis, der dann anschwillt und sich bläulich verfärbt. Bei einem solchen Vorfall sollte man sofort in die Notaufnahme gehen

Sagen wir doch immer: wir Männer haben’s auch nicht leicht.

 

Frontalcrash des «Blick»

Das Organ der wenigen Buchstaben und ein 900-seitiger «Masterplan».

Zunächst muss man loben: während sich die meisten anderen Blätter an einem nebensächlichen Prozess über eine Entschädigungszahlung gütlich tun, kümmert sich «Blick» wenigstens um etwas Substanzielles. Die Frage, was Donald Trump eigentlich vorhat, sollte er nochmals zum US-Präsidenten gewählt werden.

Da hört die Berichterstattung meistens mit: Himmels willen, das darf nicht geschehen, auf. Aber nun geht die Ausland-Redaktorin Chiara Schlenz weiter. «Als Kind wollte sie Pferdebuchautorin werden», weiss die Autorenseite der Teilzeit-Journalistin, die zuvor für Nau.ch «als Video- und Newsjournalistin schweizweit unterwegs» war. Also beste Voraussetzungen, um sich in den US-Wahlkampf zu stürzen. Ein erstes Ergebnis hat ZACKBUM bereits gewürdigt.

Nun bohrt sie ein ganz dickes Brett. Sie hat sich ein Strategiepaper eines Thinktanks vorgenommen, das «Project 2025». Von der Heritage Foundation und anderen konservativen Organisationen werden hier Ideen zusammengetragen, was Trump in einer allfällig zweiten Amtszeit besser machen könnte als in der ersten. Dazu gibt es auch ein Buch:

Immerhin hat Schlenz bereits die Grundprinzipien des Boulevard-Journalismus verstanden, obwohl der «Blick» laut seiner Vordenkerin gar nicht mehr Boulevard machen will: «Das FBI abschaffen, den Regierungsapparat abbauen – kurz: Die amerikanische Demokratie aushebeln. Was dystopisch klingt, wird mit «Project 2025» zur Realität Amerikas.» Dystopisch, da mutet sie allerdings dem Leser des Organs mit den grossen Buchstaben was zu.

«Ist das «Project 2025» gefährlich für die USA», fragt Schlenz bang. Da wissen völlig unparteiische «Analysten» der urlinken Uni Berkeley mehr: «Der stille Putsch des Projekts stellt eine gefährliche Bedrohung für unsere Demokratie dar und schlägt einen ideologischen Aufstand vor». Wow; aber Schlenz ist nach ein paar Bauchklatschern im «Wahl-Barometer» vorsichtig geworden: «Ob es der Heritage Foundation und Trump aber gelingen wird, ihre Pläne so auszuführen, wie sie es planen, bleibt abzuwarten.»

Na, dann mal Tee trinken. Aber vorher noch schnell ein paar ungeliebte europäische Politiker abwatschen, denn das «Project 2025» finde «auch Gefallen bei europäischen Staatschefs». Der Beweis: «So nahm der ungarische Ministerpräsident Viktor Orbán (60) kürzlich an einem von Heritage organisierten Anlass teil.» Wehe, man erwischt einen anderen europäischen Staatschef beim WEF oder anderen organisierten Anlässen. Fehlt da noch eine? Natürlich, «ein weiteres Beispiel ist die italienische Ministerpräsidentin Giorgia Meloni». Die gibt doch tatsächlich preis: «Unsere Thinktanks arbeiten mit dem International Republican Institute und mit der Heritage Foundation». Statt sich schaudernd von denen abzuwenden.

Also aufgepasst. Trump wird die Demokratie in den USA aushebeln, und wenn wir nicht den Anfängen wehren, werden schlimme Finger wie Orbán und Meloni ihm in Europa nacheifern. Fehlen nur noch Marie Le Pen und die AfD in der Donald Horror Picture Show.

Der Wurmfänger

Leider ist es in der Schweiz einsam um Erik Gujer.

Natürlich, schon wieder. Aber ZACKBUM kann auch nichts dafür, dass die anderen Chefredaktoren grosser Massenmedien nichts oder nur Unwichtiges oder gar Unsinniges zu sagen haben. Schlichtweg Belangloses.

Der Chefredaktor und Geschäftsführer der NZZ, God Almighty, solange er auch wirtschaftlich mit seiner Expansion nach Deutschland Erfolg hat, nimmt sich jede Woche die Mühe, mit scharfem Blick Deutschland zu sezieren.

Die Ergebnisse seiner Autopsien sind lesens- und bedenkenswert. Daher müssen sie gelobt werden, weil sie unter Artenschutz im Schweizer Journalismus stehen.

«Früher herrschte Neid auf die teutonischen Streber mit ihren Exporterfolgen und gesunden Staatsfinanzen. Heute geht die Furcht um, das Land ziehe seine engsten Partner nach unten

Rezession im Jahr 2023, eine dysfunktionale Regierungskoalition mit einem führungsschwachen Chef, der schlimmer als weiland Helmut Kohl die Probleme auszusitzen versucht. Aber ohne dessen Fortune.

Dazu schreiender Wahnsinn im Sozialstaat. Das sogenannte «Bürgergeld», der Euphemismus für die frühere Sozialhilfe, wurde in lediglich zwei Jahren um 25 Prozent angehoben. Völlig irre, denn während Deutschland gleichzeitig Arbeitskräfte fehlen, sinkt so der Anreiz, einer bezahlten Arbeit nachzugehen, für Niedrigverdiener gegen null.

Der Staat als mit Abstand wichtigster Player in der Wirtschaft – er kontrolliert mehr als 50 Prozent des BIP und ist monströs wachsender Arbeitgeber – versagt bei seinen Kernaufgaben. Infrastruktur, Energieversorgung, Bildungssystem, schlanke Rahmenbedingungen für Unternehmertum schaffen – alles liegt im Argen.

Wie immer bei staatlichen Leistungen ist deren Verringerung ein Ding der Unmöglichkeit. Jede Anspruchsgruppe pocht auf ihre errungenen Privilegien, Stichwort Bauernprotest. Gnadenloses Urteil von Gujer: «Deutschland ist derzeit eine Ansammlung von griesgrämigen Sauertöpfen.»

Die Wirtschaft ist natürlich die Basis für politische Fehlentwicklungen: «Nur in der Bundesrepublik misslingt, was sonst in Europa halbwegs funktioniert: die Inklusion rechter Protestparteien in das politische System. Die AfD wird mit deutscher Gründlichkeit ausgegrenzt

Schlimmer noch, auf die Frustration der Stimmbüregr über das jämmerliche Schalten und Walten der Regierung und der Altparteien, reagiert der Staat und seine Machthaber mit Rundumschlägen gegen angeblich «rechtstextrem unterwanderten Bauern», von einer Bewegung, natürlich die AfD, die den Staat delegitimieren will, dabei besorgt er das selbst: «Wäre es nicht so trist, könnte man darüber lachen: Ausgerechnet die Regierung, die allenthalben vor Verschwörungstheorien warnt, verbreitet selbst Schauermärchen.»

So wird ein konspiratives Treffen von ein paar verpeilten Rechtsexttremen zu einer Art neuem Reichsparteitag aufgepumpt, wo der Umsturz geplant, zumindest angedacht werde. Wo die SPD sogar unter die 5-Prozent-Hürde zu fallen droht, denkt sie laut über ein Verbot der AfD nach. Deren Gottseibeiuns Björn Höcke soll das aktive und passive Wahlrecht entzogen werden. Als ob das das richtige Vorgehen gegen einen nationalistisch angebräunten Zeusler und Brandstifter wäre.

Eigentlich müsste alleine er schon die AfD unwählbar machen. Dass sie in Umfragen vor allem im Osten von Triumph zu Triumph eilt, ist nicht ihr Verdienst, sondern die Folge des unfähigen Regierungshandelns. Oder wie das Gujer formuliert: «Zu den Aufgaben einer Regierung gehört es, in anstrengenden Zeiten Lösungen aufzuzeigen und Zuversicht zu verbreiten. Hierbei versagen der maulfaule Kanzler und seine zerstrittenen Partner.» 

Man kann über diese Einschätzungen geteilter oder konträrer Meinung sein. Vielleicht ist Gujer sogar nicht der intellektuelle Überflieger in der Schweiz. Wäre es nicht so trist, könnte man darüber lachen. Zur Überfigur wird Gujer, weil seine Konkurrenz dermassen schwach abstinkt. Schreibt bei Tamedia, CH Media oder gar dem «Blick» einer ein Editorial oder einen Leitartikel, dann fliegt der so tief, dass er an jeder Bordsteinkante zerschellt. Sein Inhalt ist so flach, dass sich sogar Hühner vor Lachen am Boden wälzen. Der intellektuelle Gehalt ist nicht mal unter einem Elektronenmikroskop sichtbar.

Da wirkt Gujer natürlich riesenhaft, obwohl er vielleicht nur ein Scheinriese ist.

Journalismus schafft sich ab

Das kann kein Geschäftsmodell mehr sein.

Journalisten opinieren, räsonieren, analysieren, schätzen ein, meinen, fordern, wissen es besser. Das ist zwar manchmal mühsam, aber erlaubt.

Journalisten spielen sich als als Genderpäpstinnen wie Andreas Tobler, als Konzernbüttel wie Philipp Loser, als Kriegsgurgeln wie Georg Häsler, als Panikkreischen wie Marc Brupbacher oder als Stimme der Gutmenschen wie Reza Rafi auf. Das ist manchmal unerträglich, aber Ausschuss wird überall produziert.

Journalisten kreieren Narrative und Framings. Sie bestehen darauf, dass Donald Trumps Konkurrenten durchaus noch intakte Chancen hätten, genügend Delegiertenstimmen zu sammeln, um Kandidat der Republikaner in den Präsidentschaftswahlen zu werden. Damit wiederholen sie ihre Fehler bei den vorletzten Wahlen: am Schluss erklären zu müssen, wieso sie krachend danebenlagen. Journalisten sind nicht sehr lernfähig. Das ist extrem dumm. Dummheit existiert überall und ist bekanntlich lernbar.

Aber es gibt einen heiligen Gral im Journalismus, an dem man sich nur dann vergreift, wenn man sich abschaffen will. Es handelt sich um ein Einverständnis zwischen Journalist und Leser, das nicht mutwillig oder fahrlässig missbraucht werden darf.

Die einstmals auflagemässig grösste Zeitung der Welt hat dieses Prinzip sogar zu ihrem Titel gemacht. «Prawda», Wahrheit. Sie hatte versprochen, ihren Lesern nur die Wahrheit zu erzählen. Lenin und Trotzki kamen unabhängig voneinander auf die Idee, eine solche Zeitung zu publizieren. Ihr Herausgeber war der spätere langjährige Aussenminister der Sowjetunion Molotow. Er agierte im Hintergrund, offiziell gab es rund 40 Herausgeber, die von der zaristischen Zensur regelmässig verhaftet und zu drei Monaten Gefängnis verurteilt wurden. Sie waren sogenannte Sitzredakteure, dazu bereit, für anderen Strafen abzusitzen, die sie sich mit dem Verbreiten der Wahrheit einhandelten.

In ihren besten Zeiten hatte sie eine Auflage von über 10 Millionen Exemplaren. Allerdings verbreitete sie immer weniger die Wahrheit, immer mehr Lügen. Damit entkernte sie sich.

Nun kann man zu Recht fragen, was denn eigentlich die Wahrheit ist und wer zwischen Lüge und Wahrheit unterscheiden darf und die Autorität dafür hat. Niemand und jeder. Niemand ist im Besitz einer objektiven, einzig wahrhaftigen Wahrheit. Jeder glaubt an seine Wahrheiten, viele wollen wissen, dass sie die Wahrheit kennen.

Also ist alles relativ, alles erlaubt? Nein, eben nicht.

Denn es gibt eine unausgesprochene Vereinbarung zwischen Berichterstatter und Konsument. Der Konsument bezahlt normalerweise dafür (sei es entweder mit Geld oder seiner Aufmerksamkeit oder seinen Daten), dass er sich darauf verlassen kann, dass ihm in Berichten über Gegenden oder Ereignisse, die er nicht kennt, kein Bären aufgebunden wird.

Wird diese Geschäftsgrundlage aufgehoben, ist der Journalismus am Ende. Sein Tod tritt nicht sofort, aber auf Raten ein. Deshalb beschäftigten viele Redaktionen früher Mitarbeiter, die sich der sogenannten Dokumentation widmeten. Also alle Fakten und Tatsachenbehauptungen checkten, die in einem Artikel vorkamen. Sie taten das zum Schutz des Redaktors vor Irrtümern und zum Schutz des Konsumenten vor Falschinformationen.

Sie sind als eine der ersten Abteilungen den Sparmassnahmen zum Opfer gefallen. In der Schweiz existieren sie nicht mehr. Gelegentlich werden mit grossem Brimborium Journalisten beauftragt, einen sogenannten Faktencheck durchzuführen. Das ist aber nicht mehr das gleiche.

Im deutschen Sprachraum leistet sich der «Spiegel» noch die grösste Dokumentarabteilung. Darauf ist er besonders stolz und wird nicht müde, die vielen Stationen aufzuzählen, die ein Manuskript durchlaufen muss, bis es publiziert wird. Der Grossfälscher Class Relotius sprengte diese Reputation in die Luft. Ihm gelang es jahrelang unentdeckt, frei erfundene Reportagen zu publizieren, bei denen sogar nachprüfbare Angaben wie Distanzen oder örtliche Beschaffenheiten erschwindelt waren, um dem Spin der Story zu dienen. Nicht einmal das fiel den Faktencheckern des «Spiegel» auf.

Sie waren, mitsamt allen anderen Kontrollinstanzen, voreingenommen. Sie hatten das Interesse verloren, zu schreiben, was ist. Sie wollten beschreiben, wie es sein sollte. Wie es ihrer Meinung nach zu sein hatte. Sie machten den alten erkenntnistheoretischen Zirkelschluss: wenn ich mit einer vorgefassten Meinung an die Wirklichkeit herangehe, finde ich in der Wirklichkeit das, was ich zuvor hineingetragen habe. Oder noch schlimmer: wenn ich es nicht finde, erfinde ich es.

Das ist keine lässliche Sünde, sondern eine Todsünde. Dafür gibt es leider im Schweizer Journalismus immer mehr kleine und grosse Beispiele. Eine Aufzählung wäre endlos, aber es sind zwei Tendenzen zu erkennen. Am häufigsten betroffen davon ist Tamedia. Dort hat eine wahrhaftige Verluderung der Sitten stattgefunden.

Die Leser belehren und mit absurdem Genderwahn quälen zu wollen, das ist verkaufsschädigend, aber noch nicht tödlich. Den Lesern keine Reportagen, sondern die Wiedergabe vorgefasster Meinungen zu servieren, das ist dumm, aber noch nicht tödlich.

Sich immer wieder dabei ertappen zu lassen, dass die vorgefassten Meinungen so stark sind, dass die Wirklichkeit, wenn sie nicht passt, passend gemacht wird, das ist tödlich. Wenn ein Präsident eine Meinung vertritt, die dem Berichterstatter nicht passt, dann ist es dennoch seine Pflicht, sie dem Leser wiederzugeben. Denn dafür bezahlt er, weil er selbst weder am WEF anwesend ist, noch Zeit oder Lust hat, die ganze Rede im Wortlaut anzuhören.

Wenn aber schon im ersten und auch im letzten Satz des Berichts die Wirklichkeit, höflich ausgedrückt, umgebogen wird, dann fühlt sich der Leser zu recht verarscht, wenn er das entdeckt. Und glücklicherweise gibt es in der Schweiz noch so etwas wie eine Pressefreiheit, wo solche Verbiegungen aufgedeckt und denunziert werden können. Das unterscheidet die Schweiz von Russland und der Ukraine.

Berichterstattung, wenn sie etwas wert ist, sollte dazu dienen, dem Käufer und Konsumenten dabei zu helfen, die grosse, weite Welt und auch seine nähere Umgebung besser zu verstehen. Oder zu begreifen, dass vieles, was sich abspielt, komplex, widersprüchlich, unübersichtlich, nicht fassbar ist. Die beiden aktuellen Beispiele dafür sind der Ukrainekrieg oder der Krieg im Gazastreifen. Noch nie verfügten wir über dermassen viele Informationsquellen, noch nie waren wir so ungenügend informiert.

Daraus entstehen Verschwörungstheorien, das sei Absicht, Manipulation, Bevormundung, von finsteren Mächten orchestriert, um die öffentliche Meinung in ihrem Sinn zu beeinflussen. Aber die Wahrheit ist hier viel banaler. Natürlich gibt es Heerscharen von Spin Doctors, die sich diesen Versuchen widmen. Natürlich wird Selenskyj – im Gegensatz zu Putin – hochkarätig und sorgfältig beraten, wie er öffentlich aufzutreten hat. Vom gedrechselten Inhalt seiner Reden bis zu seiner Kleidung, seinem Gesichtsausdruck.

Aber das wäre durchschaubar, wenn man sich die Mühe machte. Wenn sich der 100. Todestag eines Welterschütterers wie Lenin jährt, um das zweite aktuelle Beispiel zu nehmen, dann wäre eine Würdigung, eine Auseinandersetzung auf Niveau mit seinen Taten geboten, vor allem in einem Intelligenz-Blatt wie der NZZ. Wenn stattdessen übelwollend die Krankheitsgeschichte seiner letzten Jahre ausgebreitet wird, ist das zwar kein Verstoss gegen das Wahrheitsgebot, aber so jämmerlich, dass der Leser sich auch fragt, wieso er dafür einen Haufen Geld zahlt.

Fazit: Journalismus, der die Übereinkunft mit seinen Konsumenten einseitig aufkündigt, schafft sich damit ab. Das ist nicht den Umständen geschuldet. Sondern selbstverschuldet. In der Schweiz steht Tamedia am nächsten vor diesem Abgrund, gefolgt vom «Blick».

«Blick» wird hysterisch

Schnappatmung, Gehirnstarre, Panik. So sad, würde Trump sagen.

Eigentlich will der «Blick» gar kein Boulevardorgan mehr sein. Seine Vordenkerin verkündete bereits den Abschied davon. Das scheint sich aber noch nicht überall im Kopfsalat der «Blick»-Redaktion herumgesprochen zu haben.

Denn  der «Ausland-Redaktor» Guido Felder (genau der, der auch beim US-Wahlmonitor hyperventiliert) hat einen richtigen Kracher gelandet:

Das erinnert fatal an die Corona-Kreischen, als unter «Experten» ein wahrer Wettbewerb ausbrach, wer die meisten Toten prognostizierte. In der Schweiz gewann ein Amok mit der Vorhersage von 100’000 an Corona-Verstorbenen.

Nun gibt’s den gleichen Wettbewerb bei dem Herbeifantasieren eines europäischen Kriegs, bzw. eines Angriffs von Putin auf die NATO-Staaten. Da gibt es einen «Nuklearforscher» namens Fabian Hoffmann, der offensichtlich zu wenig öffentliche Aufmerksamkeit als Professor an der Uni von Oslo geniesst. Das hat die Kriegskreische jetzt aber schlagartig geändert.

Zunächst zitiert Felber Sandkastenspiele deutscher Militärs. US-Präsidentschaftswahlen, führerlos, das könnte Putin ausnützen, um «seine Truppen in Nato-Staaten einmarschieren zu lassen». Bevor die «Blick»-Leser massenhaft in ihre Zivilschutzbunker flüchten, gibt Felber leise Entwarnung: «Wohl gemerkt, es ist ein Szenario.» Szenario, das ist ein neudeutscher Ausdruck für: Spekulation, Fantasie, haltlose Behauptungen.

Aber bevor wir alle aufatmen können, bringt Felber nun den Amok aus Oslo in Stellung. Der hat eine lustige Theorie: Weil Putin wisse, dass er kräftemässig der Nato unterlegen sei, würde er es gar nicht zur direkten Konfrontation kommen lassen, meint Hoffmann: «Russland würde nach russischer Doktrin versuchen, die Nato zur Unterwerfung zu zwingen, indem es signalisiert, dass es in der Lage ist, immer grösseren Schaden anzurichten.»

Und während Putin die Nato so drangsalierte, würde er etwas noch Aberwitzigeres machen: «Gleichzeitig würde Russland laut Hoffmann seinen nuklearen Schutzschirm über das Nato-Gebiet ausdehnen, das es in einem ersten Angriff erobern kann. Die Botschaft hier: Jeder Versuch, diese Gebiete zurückzuerobern wird zu einer nuklearen Eskalation führen.»

Putin erobert einen kleinen Nato-Staat. Dann führe er Schläge gegen die Infrastruktur der anderen Natostaaten. Schliesslich würde er sogar damit drohen, seine Eroberungen nuklear zu verteidigen, sollte die Nato zum Gegenangriff übergehen.

Hat der Mann eine Fantasie. Oder kriegt man in Oslo Zeugs, das anderswo im Giftschrank weggeschlossen wird? Oder sind dort die Ansprüche an eine akademische Tätigkeit viel niedriger als bei uns? Putin weiss zumindest etwas, das Hoffmann entfallen ist. Oder was er ignoriert, weil sonst sein ganzes Kriegszenario ins Wasser fiele. Das Grundprinzip der Nato lautet, dass ein Angriff gegen eines ihrer Mitglieder den sogenannten Bündnisfall auslöst. Das heisst, es wird als Angriff auf die gesamte Nato bewertet und entsprechend darauf reagiert. Notfalls auch atomar.

Genau aus diesem Grund hat Putin die Ukraine überfallen, bevor ihre Beitrittsverhandlungen zur Nato weiter fortgeschritten waren. Trivial, aber für Felber und Hoffmann offenbar unbekannt.

Nur so kann der Angstmacher vom «Blick» dann auf die Schlusspointe zusteuern: «Hoffmann: «Wenn wir den schlimmsten Fall in Betracht ziehen, was wir tun sollten, ist die Zeit bereits abgelaufen.»»

Also beim wahrscheinlichen schlimmsten Fall ist die Zeit bereits abgelaufen, etwas dagegen zu unternehmen. Nun, dann würde ZACKBUM vorschlagen, dass wir die Kriegsgefahr so stehen lassen, weil wir sowieso nix mehr machen können. Und als Vorbereitung für das Schlimmste heben wir doch einfach einen doppelten Wodka.

Nazdorovye.

Fotoromanza

Anders kann man den «Blick» nicht einfangen.

Es geht nichts über News aus erster Hand, samt Nationalitätenbeweis:

Aber immerhin: «Blick TV» gibt es noch. Und es gibt eine neue Volkskrankheit:

Da hat «Blick» genau hingehört. Oder auch nicht, es ist schlichtweg ein Inserat eines Hörgeräteherstellers. Sieht bloss so aus wie ein redaktioneller Beitrag.

Aber nun kommen wir zu den entscheidenden Fragen des Lebens:

Entweder würde ZACKBUM den Telefonjoker nehmen oder fragen: wer will hier schon leben?

Nun die Gespensterstory im «Blick», empfindsame Gemüter aufgepasst. Der Mann ist echt, nur kennt er nix:

Das Beispiel Rigozzi macht Schule. Auch ihm ist etwas Schlimmes passiert … Manchmal ist’s schon verzweifelt, was manche Menschen tun, um wieder ins Gerede zu kommen.

Aber auch beim Ratgeber kennt der «Blick» keine Schamgrenze:

Bereichert wenigstens das «Beste von Blick+»?

Nun ja, nicht wirklich. Dafür aber auch nur wenige.

Und für die, die es weiter oben im Überangebot noch nicht mitgekriegt haben:

Schliesslich ein schlagendes Argument für die 13. AHV-Rente:

Kleiner Tipp: wenn sie bei der nächsten Kreuzfahrt nicht mehr die Suite buchen, könnte es aber noch knapp reichen.

Wer solche Augenbrauen hat und so grimmig schauen kann, muss keine Angst haben, dass seine Forderungen nicht erfüllt werden.

Und als Absackerchen die Heuchlerin der Woche:

Miteinander, Austausch, sich ausreden lassen, aufeinander hören, auch wenn man verschiedenen Lagern angehört. Und morgen erzählt Trede ein anderes Märchen. Die Trede, die zu einer ihr unliebsamen Reportage schon keifte, man solle dieses «Scheissbuch» verhindern. Aber hier salbadert sie: «Miteinander sprechen, sich austauschen. Sich der Debatte nicht verschliessen, nur weil sie anstrengend ist oder vermeintlich zu nichts führt

ZACKBUM geht duschen.

 

«Blick» in die Glaskugel

Auch das noch. Das Organ mit dem Regenrohr im Logo schaut in die Zukunft.

Das kann eigentlich nicht gutgehen. Tut es auch nicht, diese gesicherte Prognose kann gewagt werden. Dabei ist immerhin ein Dreierteam am Gerät. Chiara Schlenz, Guido Felder und Samuel Schumacher. An deren Qualifikation kann es nicht liegen. Schlenz war zuvor «Video- und Newsjournalistin» für Nau.ch und arbeitet nun Teilzeit für den «Blick». «Ausland-Redaktor» Felder stellt sich so vor: «Gibts einen cooleren Job? Er sagt: No. 💪» Schumacher schliesslich ist «Ausland-Reporter» und war zuvor «Ressortleiter Ausland» bei CH Media. Das war der Job eines Häuptlings ohne Indianer.

Dieses Dreamteam eröffnet nun den «US-Wahlbeobachter» vom «Blick». Oder den «US-Wahlmonitor»; wie das Ding heisst, da ist man sich noch nicht so sicher. Anfangsschwierigkeiten, kann’s doch geben. Schlenz beantwortet gleich am Anfang eine Frage, die niemand gestellt hat. Ob das nicht ein wenig früh sei. Aber nein, «bei diesen Wahlen geht es um nichts Geringeres als das Überleben der ältesten Demokratie der Welt». Hoppla, das ist ja die Tonlage von Schwulstschwätzer Kornelius in der SZ und im Tagi. Aber gemach, Schlenz weist das schnell als Zitat von Joe Biden aus. Der diesen Satz immerhin stolperfrei über die Lippen brachte.

Also gut, Wahlbeobachter (oder Monitor oder so). Der muss natürlich mit einem Knaller beginnen. Nur: woher nehmen und nicht stehlen?

Nun, da probieren es die Drei mal mit einem Knallertitel:

Hui, bahnt sich da eine Sensation an, verliert Trump seinen Vorsprung, ist die Entscheidung wieder offen, wer für die Republikaner gegen Joe Biden antritt? Nicht wirklich:

Wie dieser Screenshot aus dem Wahlbeobachter (oder Monitor, aber lassen wir das) beweist, tendiert die Spannung gegen null. Die drei noch im Rennen verbliebenen Konkurrenten kommen zusammen auf etwa ein Drittel der Stimmen, die Trump alleine für sich einheimst, nach Umfragen. Das sieht im nächsten Caucus in Iowa nicht anders aus. Absolute Mehrheit für Trump, DeSantis krebst bei 17 Prozent herum, die vom Sterndeuter und Vermutungsjournalist Peter Hossli hochgeschriebene Nikki Haley gar bei unter 16 Prozent.

Also gibt es keinen Grund, einen solchen blödsinnigen Titel drüberzusetzen. Das sieht auch die Autorin des ersten «Livetickers» ein, der zudem überhaupt nicht live ist:

«Eigentlich sind die republikanischen Vorwahlen in Iowa wie ein Blick in eine trübe Kristallkugel. Und sie zeigen: Vergangene Wahl- oder Teilsiege sind in der US-Politik ungefähr so wertvoll wie gestern gekaufte Lottoscheine. Und es gibt nur eine Gewissheit im Rennen um das Weisse Haus: Alles ist ungewiss. Das macht es aber gerade so spannend. Ich packe schon mal das Popcorn aus.»

Das ist nun schon mal rein sprachlich, von den Gedankengängen ganz zu schweigen, mehrfach peinlich versemmelt. Ein Blick in eine Kristallkugel, selbst eine trübe, bezieht sich auf die Zukunft. Schlenz bezieht sich aber auf vergangene Wahlsiege. Wieso die so wertvoll – also wertlos – wie gestern gekaufte Lottoscheine sein sollen? Wenn die Ziehung morgen ist, können die durchaus den Hauptgewinn abräumen. Dann der Uraltkalauer, dass nur gewiss sei, dass alles ungewiss sei. Gähn. Das mache es spannend? Doppelgähn. Popcorn, schnarch.

ZACKBUM wagt nun selbst einen Blick in die Zukunft, bzw. hat ihn sich hier anfertigen lassen:

Die Illustration stammt übrigens, wie schon einige zuvor, von einer KI. Die ist nun entschieden intelligenter als dieses Trio Infernal vom «Blick», also ist die Prognose absolut sicher: Der «US-Wahlbeobachter» startet mit einem Flop, ist ein Flop und wird ein Flop bleiben.

Auch auf die Gefahr hin, als sexistischer Frauenunterdrücker gekreuzigt zu werden: vielleicht hätte man nicht – «Ladies first» – einer Teilzeitjournalistin den Start überlassen sollen.

Aber es gibt eine gute Nachricht: da er hinter der Bezahlschranke von «Blick+» stattfindet, wird er nur ganz wenige Leser quälen.

Slapstick, Fortsetzung

Immerhin ist dieser Artikel neu. Das kann man beim «Blick» nur bedingt sagen.

Früher, ja früher war der «Blick» bei Politikern nicht nur in Bern gefürchtet. Das Hausgespenst von Ringier hatte eine eigene Suite im «Bellevue Palace» neben dem Bundeshaus und soufflierte den ansonsten fabelhaften Adolf Ogi ins Elend, als der die EWR-Abstimmung mit dem Spruch vergeigte, dass das ja nur das Trainingslager für den EU-Beitritt sei.

Tempi passati, wie der Lateiner (also nicht der Chief of oder Head of beim «Blick») sagt:

Diese Strafaufgabe für den Leser hängt seit dem 2. Januar im Ressort «Politik» als Aufmacher zuoberst. Ob es da noch einen einzigen «Blick+»-Leser gibt, der die Chance nicht ergriff, den Text zu lesen? Und was sagen die 99 Prozent der übrigen «Blick»-Konsumenten, die leider draussen bleiben müssen?

Das hier wäre nun eine schöne Leser-Blatt-Bindung:

Aber leider, leider, wie die meisten guten Ideen stammt die nicht vom «Blick», sondern kommt nur so als Eigenleistung daher: «Dies ist ein bezahlter Beitrag, präsentiert von den Jungfraubahnen».

Eine Meldung im höheren Nonsens-Bereich ist diese hier:

Leider fiel den Textern kein weiteres Synonym für Ende ein, also wiederholen sie doch einfach «Schluss». Und eigentlich müsste man «aus» kleinschreiben, aber eben. Diese Auflistung ist ungefähr so sinnvoll wie die Hitparade «diese Nachrichten werden Sie nie mehr sehen», «diese Produkte sind aus», «diese Welle wird kein zweites Mal auf den Strand rollen».

Für die wenigen «Blick»-Leser, die prinzipiell keinen Wetterbericht hören, im alten Boulevardstil die «Kältepeitsche». Und nein, rechts ist kein Foto, wie das dann aussehen wird. Das ist Werbung.

Apropos, das ist nur Werbung.

Das hier ist auch Werbung, allerdings in eigener Sache. Das löst natürlich einen rasenden «muss haben»-Reflex aus, denn wer möchte schon nicht wissen, «was die grösste Genugtuung für Mama Odermatt wegen Marco» sei. Sollen wir’s verraten? Nein, das tut man nicht. Schliesslich enthüllt «Blick» diesen «exklusiven Artikel» für lau; einen ganzen Monat gibt es alles von «Blick+» für «CHF 0.-».

Zugreifen, Leute, heute noch günstiger, nächstens gibt es zwei Testmonate, und der Kunde bekommt noch zwei Franken zurück.

Aber wie auch immer: ZACKBUM ist zutiefst dankbar für diese Unterhaltung in trüben Zeiten. Wir wünschen «Blick», «Blick+», «Sonntagsblick», «blick.ch» mitsamt seiner Schar von Heads, Chiefs und Chefs ein langes Leben. Wissen aber: wenn wünschen helfen würde …

Die Umschreiber

Zwischen Fakt und Fiktion. Selbstentleiber auf den Redaktionen.

Nehmen wir an, es passe nicht ins korrekte Weltbild, dass es schneit. Während vor den Fenstern dicke Flocken vom Himmel fallen, holt der Umschreiber in seiner Verrichtungsbox tief Luft, setzt sich die schalldämpfenden Kopfhörer auf und legt los.

Die Bezeichnung Schneefall für das Symptom des Klimawandels hält einer näheren Betrachtung nicht statt. Oberflächlich betrachtet sieht es danach aus, aber wie wissenschaftliche Untersuchungen erwiesen haben, sind die einzelnen Schneeflocken deutlich kleiner als früher, ihre kristalline Struktur ist durch Umweltverschmutzung zerstört. Das Gleiche gilt übrigens für die gedankenlose Verwendung von «es regnet».  Die Anzahl Regentropfen hat deutlich ab-, ihr Giftgehalt zugenommen. Genauer müsste man von saurem, toxischem Tröpfeln sprechen.

Es käme doch keiner der wahrhaftigen Wiedergabe der Realität verschriebenen Journalisten auf die Idee, einen solchen Stuss zu sabbern? Aber sicher doch.

Eine hochwissenschaftliche Studie zweier angesehener Professorinnen über die Karrierewünsche von Studentinnen wird mit untauglichen Argumenten niedergemacht. Die Wahlchancen von Donald Trump. Die angebliche Existenz eines Netzwerks von rechtspopulistischen und verschwörungstheoretischen Infokriegern. «SonntagsZeitung» und «Tages-Anzeiger» mit rechtspopulistischer Agenda. Die faschistoide, wenn nicht offen faschistische AfD. Die wünschens- und lebenswerte 10-Millionen-Schweiz. Alles Männer- (seltener Frauen-)Fantasien wie von einem anderen Planeten.

Die Abfolge an Beispielen reisst nicht ab und vermehrt sich täglich ins Absurde: in den meisten Massenmedien, ganz extrem aber bei Tamedia und im Randgruppenorgan «Republik», findet ein bemühtes Umschreiben der Wirklichkeit statt. Was nicht passt, wird passend gemacht. Framing, Narrative, festgelegte und unerschütterliche Weltbilder haben Neugier auf die Realität, auf die Fähigkeit, Widersprüchlichkeiten auszuhalten und darzustellen, besiegt.

Selbst krachende Niederlagen in der Vergangenheit vermögen nicht, Wiederholungen von blühendem Wunschdenken zu verhindern. Längst vergessen, dass das Schweizer Farbfernsehen noch tief in die Wahlnacht hinein es nicht wahrhaben wollte, dass die USA nicht zum ersten Mal eine Frau zur Präsidentin gewählt hatten. Auch nachher kamen die «Analysen» nicht über das Niveau hinaus, dass die Amis halt massenhaft ungebildete Schwachköpfe seien, die trotz strengen Ermahnungen falsch gewählt hätten.

Ein ewiger Topos bei diesen Umschreibern ist auch das Verhältnis der Schweiz zur EU. Auch wenn sich angesichts völlig klarer Meinungsumfragen kaum einer mehr traut, offen für den Beitritt zu diesem dysfunktionalen Gebilde mit einer absaufenden Währung zu fordern, wird in Dauerschleife das Abseitsstehen der Schweiz, die Rosinenpickerei, die dramatischen Auswirkungen auf Forschung und Wirtschaft bedauert und bejammert. Es sei vermessen, einen «Sonderweg» zu wählen, sich nicht dreinzuschicken. Nur «Populisten» von der SVP verträten diese irrige Meinung. Damit schreiben diese Besserwisser an der Mehrheit ihrer eigenen Leser vorbei.

Einen Erziehungsauftrag sehen viele, meist männliche Kampfschreiber auch auf dem Gebiet der korrekten Schreibe und Denke. Jedes Sprachverbrechen, jede Verunstaltung ist ihnen recht, wenn sie angeblich inkludierend, nicht rassistisch, nicht frauenfeindlich sei. Dass der überwältigenden Mehrheit der Leser das Gendersternchen und andere Verhunzungen nicht nur schwer am Allerwertesten vorbeigehen, sondern von ihr als nervig und störend empfunden werden – was soll’s, da sieht die Chefredaktorin von Tamedia nur verschärften Erziehungsbedarf.

Interessant zu beobachten ist, dass sich CH Media weitgehend bedeckt und normal verhält, was das Umschreiben der Wirklichkeit betrifft. Der «Blick» ist gegenüber seinem früheren Lieblingsfeind, der SVP und ihrem Herrgöttli aus Herrliberg, oder ihrem «Führer», wie ihn das Hausgespenst zu titulieren beliebte, handzahm geworden. Aber auf dem Weg dorthin hat sich das Boulevardblatt, das keins mehr sein darf, selbst entkernt, entleibt, seiner Existenzberechtigung beraubt.

Einigermassen vernünftig verhält sich lediglich die NZZ, die sich gelegentlich intellektuell und sprachlich hochstehend über all diese Genderverirrungen der Kollegen lustig macht.

Wenn es nur der Kampf um den Mohrenkopf wäre, könnte man das als realitätsfernen Spleen einiger Journalisten abtun, die sich an der Sprache abarbeiten, weil ihnen die Realitätsbeschreibung zu anstrengend ist. Aber leider metastasiert dieses Phänomen in alle Winkel und Räume der Welt. Erschwerend kommt noch hinzu, dass immer mehr Journalisten fachfremd, ungebildet und ohne Hintergrundwissen sind. Ein peinliches Trauerspiel, wie die gesamte Schweizer Wirtschaftsjournaille eins ums andere Mal von angelsächsischen Medien bei der CS-Katastrophe abgetrocknet wurde.

Multikulti, Ausländerkriminalität, Aufarbeitung des Regierungshandelns während Covid, die Suche nach der Wirklichkeit im Ukrainekrieg, eine realitätsnahe Darstellung Chinas und anderer gegendarstellungsfreier Räume, Interviews, in denen dem Gesprächspartner nicht einfach Stichwörter zur freien und beliebigen Beantwortung hingeworfen werden – da herrscht zunehmend «flat lining». So nennt der Arzt den Hirntod, wenn auf dem Monitor nur noch flache Linien statt Ausschläge zu sehen sind.

Es ist eine Mär, dass mit weniger Mitteln halt nur noch Mittelmässiges, Mittelloses hergestellt werden könnte. Ein Blick aus dem Fenster genügte, um zu faszinierenden Storys zu kommen. Denn nie war die Wirklichkeit bunter, scheckiger, widersprüchlicher, interessanter, faszinierender, verwirrender als heute. Aber das muss man aushalten können.

Schlimmer noch: um das zu beschreiben, braucht es gewisse intellektuelle Voraussetzungen und sprachliche Fähigkeiten. Aber in ihrem tiefsten Inneren wissen viele dieser Rechthaber, Umschreiber, Umerzieher, dieser Worthülsenwerfer («dringend geboten, müsste sofort, energische Massnahmen, Fehler korrigieren»): damit decken sie nur das eigene Unvermögen zu, die tiefe Verunsicherung, die mangelhafte Beherrschung der deutschen Sprache zwecks Annäherung an die Wirklichkeit.

Aber es ist wie bei des Kaisers neuen Kleidern: immer mehr Leser sehen, dass diese selbsternannten Meinungskönige pompös daherschreiten, mit strengem Blick Zensuren verteilen, Handlungsanweisungen geben, der Welt sagen, wie sie zu sein hätte – aber in Wirklichkeit nackt sind. Lächerlich nackt. Und was ist schon ein lächerlicher Kaiser? Das Gleiche wie ein lächerlicher Journalist: überflüssig und machtlos.