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Tagi-Logik

Schwarz ist weiss und ja ist nein.

«Patrice Siegrist befasst sich vor allem mit Themen in den Bereichen Mobilität, Wohnen und Stadtentwicklung.» Wäre er nur dabei geblieben. Dann hätte er sich nicht komplett lächerlich gemacht. Allerdings nicht nur sich selbst. Sondern er tritt einen weiteren Beweis an, dass das Wort Qualität im Glashaus an der Werdstrasse ein Fremdwort ist, dem nicht mal zeitweise Asyl gewährt wird.

Oder anders formuliert: wo ist Simon Bärtschi, wenn man ihn braucht? Wo ist der Tageschef, der Ressortleiter, die Chefredaktion? Machen wohl alle «News Pause». Verständlich, schliesslich werden zurzeit die Gespräche mit denjenigen geführt, die ihr Opfer für die Steigerung der Qualität bringen müssen und gefeuert werden.

Darf ZACKBUM anregen, auch Siegrist auf die Shortlist zu nehmen? Denn so ein Stück schreiende Unlogik, Widersprüchlichkeit in sich selbst ist wirklich einmalig. Herausragend. Unübertroffen. Das schafft nicht mal «tsüri», die «Republik» oder «Die Hauptstadt». Und das will etwas heissen.

«Susanne Brunners Sprachverbot ist eine schlechte Idee», behauptet Siegrist forsch. Unglaublich, diese SVP, jetzt will sie auch noch die Sprache verbieten? Zumindest die Fremdsprache? Aber Scherz beiseite, nein, schon der Titel ist kreuzfalsch. Aber wenn schon, denn schon, sagt sich Siegrist:

«Ein Wort reicht, und es wird emotional. Dabei geht der Kern der Initiative schnell vergessen. Die «Tschüss Genderstern!»-Initiative ist ein illiberaler Versuch, ein Kommunikationsreglement mit einem Sprachverbot zu belegen.»

Für diesen Sprachlogiker und Fremdwort-Besteiger (illiberal, Determinativkompositum!) ist der Versuch, die Vergewaltigung der deutschen Sprache durch einen im roten Bereich drehenden links-grünen Stadtrat zu beenden, ein «Sprachverbot». Ganz im Unterschied zu einem Sprachgebot, denn das ist was ganz anderes: «Die Stadt verwendet in der Verwaltungskommunikation seit 2022 neben geschlechtsneutralen Formulierungen den Genderstern, die Stadtpolizei sucht zum Beispiel nach «Zeug*innen». Damit will die Stadt alle Geschlechter sprachlich gleichberechtigt behandeln: also Frauen, Männer und nonbinäre Personen.»

Vielleicht zum Mitschreiben, auch von Siegrist: das ist Unsinn. Nonsens. Bescheuert. Das alles ist die Schuld eines unbekannten Übeltäters, der meinte, wenn er Genus mit Geschlecht und nicht mit Gattung übersetzt, dann verstehen das auch Blödis.

Das hat auch jahrhundertlang ziemlich gut funktioniert. Bis noch grössere Blödis auf die bescheuerte Idee kamen, dass man mit solchen Sprachverhunzungen dafür sorgen könne, dass Geschlechter, die sich vorher auch nicht ausgeschlossen fühlten, nun richtig inkludiert fühlen können. Denn es ist doch klar: sucht die Stadtpolizei nach «Zeugen», dann sagen sich weibliche Leser (Pardon, Leser*Innen*): also ich wäre ein Zeuge, aber ich bin da ja nicht gemeint. Und notbinäre Personen können sich sowieso nie für etwas entscheiden.

All dem liegt ein banales Missverständnis zu Grunde.

Grammatikalisches Genus ist nicht gleich biologisches Geschlecht. Kann doch nicht so schwer sein.

Aber es ist ja noch schlimmer. Tamedia hat offensichtlich viele Probleme. Nicht zuletzt ein Qualitätsproblem, ein Schreibproblem, es werden massenhaft holprige, sogar unverständliche Texte, bar jeder Logik, jedes Zusammenhangs publiziert, Beweisstücke für mangelhafte Beherrschung des Handwerks, übelriechende Blasen aus der Gesinnungsblase, und damit der Leser gequält und in die Flucht geschlagen.

Aber statt dagegen etwas zu tun, vermeldet Siegrist stolz: «Vor drei Jahren hat Tamedia einen Leitfaden für gendergerechte Sprache für die Redaktionen verabschiedet. Darin heisst es, dass die Journalistinnen und Journalisten «diskriminierungssensibel» schreiben sollen. Ziel sei eine «zeitgemässe, faire, gut lesbare und schöne Sprache». Das generische Maskulinum werde, wenn möglich, ersetzt. Sonderzeichen sollen aber nur in Ausnahmefällen verwendet werden, beispielsweise der Gender-Doppelpunkt

Falsche Baustelle, kann man nur sagen. Leitfaden für schlechter Schreiben. Leitfaden für Leserleid. Daraus, dass Tamedia die Zeit mit solchem Unfug verschwendet, schliesst Brachiallogiker Siegrist messerscharf: «Dass sich die Stadt Zürich ähnliche Gedanken macht, darf die Öffentlichkeit erwarten.» Da muss ihm ZACKBUM entschieden widersprechen: nein, das darf und will die Öffentlichkeit nicht erwarten. Denn wo sie kann, spricht sie sich immer mit überwältigender Mehrheit gegen solche Sprachdummheiten aus.

Aber das ist Siegrist wurst; ist die Mehrheit zu blöd, die Sinnhaftigkeit von «Zeug*innen» einzusehen, dann muss sie halt erzogen, dazu gezwungen werden. Dabei gäbe es ja noch einiges zu verbessern in der Sprache der Stadt, moniert Oberlehrer Siegrist. Denn wie heisst das Ding, wo nach «Zeug*innen» gesucht wird? «Zeugenaufruf». Ein unglaublicher Lapsus, eigentlich müsste es heissen: «Zeug*innenaufruf*erin».

Das sei ein «Sprachdiktat», behaupten die Gegner. Ja was denn sonst, aber nein, schlaumeiert Siegrist: «Es handelt sich einzig um einen nicht perfekten Versuch, die Kommunikation der Verwaltung zu modernisieren.» Wenn das eine Modernisierung sein soll, dann bleiben wir gerne altmodisch.

Was ist denn für ihn modern? «Wenn plötzlich von einem dritten Geschlecht die Rede ist, rüttelt das wohl an der Grundüberzeugung vieler, die in einer binären Gesellschaft aufgewachsen sind.» Tja, es ist ja noch schlimmer. Nicht nur, dass wir weiterhin in einer Gesellschaft leben, wo es jedem freigestellt ist, sich einem der über 160 verschiedenen Gender angehörig zu fühlen. Trans, non-binär, schwul, lesbisch, was auch immer. Das gibt aber niemandem das Recht, übelwollend Hand an die Sprache zu legen und sie in aller Öffentlichkeit zu missbrauchen.

Es ist ja verständlich, dass sich Siegrist bei seinen weiblichen Vorgesetzten einschleimen möchte, damit er sein Pöstchen behält. Aber muss auch er diesen peinlichen Anblick öffentlich darbieten? Hat der Mann (oder als was auch immer er sich definiert) denn kein Schamgefühl?