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Abrazo, Maduro

Die USA haben einiges versucht, den venezolanischen Diktator von der Macht zu vertreiben. Neu mit Umarmung?

Man muss die Meldung des «Wall Street Journal» noch in einer zweiten seriösen Newsquelle absichern, um’s zu glauben: eine Gruppe höherer US-Regierungsbeamter flog vergangenen Samstag nach Venezuela, um mit Diktator Nicolás Maduro die Möglichkeit einer Aufhebung des Ölembargos zu diskutieren.

Nebenbei auch noch die Freilassung einiger Gefangener, aber eigentlich geht’s natürlich ums Öl. Die USA gehörten lange Jahre, auch noch zu Zeiten von Hugo Chávez, zu den Importeuren von venezolanischem Öl. Denn das Land sitzt auf den wohl grössten Ölreserven der Welt.

Nur ist es Chávez und vor allem seinem Nachfolger Maduro gelungen, Venezuela in verzweifelte Armut zu stürzen, während sich die herrschende Clique selbst für lateinamerikanische Verhältnisse ungeniert, ungehemmt und unanständig bereichert. Dafür dienen vor allem weiterhin Ölexporte, deren Gewinne nicht etwa in dringend nötige Nahrungsmittelkäufe fliessen, sondern in die tiefen Taschen korrupter Funktionäre.

Korrupter und unfähiger Funktionäre, muss man hinzufügen, denn mit unermüdlicher Arbeit ist es nur aus Parteitreue zu ihren Posten gekommenen Managern gelungen, die Erdölproduktion Venezuelas auf einen Bruchteil früherer Zeiten zurückzufahren.

Alle Putschversuche gescheitert

Alle Versuche, vor allem der Trump-Regierung, Maduro zu stürzen oder seinen Gegenpräsidenten Juan Gaidó bei einer Machtübernahme zu unterstützen, sind kläglich gescheitert. Fast vergleichbar mit der Ukraine befinden sich Millionen von Venezolanern auf der Flucht, um den unerträglichen Lebensumständen in ihrem Land zu entkommen.

Maduro, das müssen selbst linke Solidaritätsbesoffene anerkennen, ist die Karikatur eines sozialistischen Führers. Unfähig, korrupt bis in die Knochen, ohne jedes Anzeichen, dass er einen Plan hätte, um das Land aus dieser Misere herauszuführen. Venezuela stellt praktisch nichts selbst her, muss alles importieren, auch Nahrungsmittel, und durch das Absacken der Ölproduktion, plus das Abzweigen bedeutender Teile der Einnahmen, fehlen die Devisen.

Auch alle Sanktionen, die die USA gegen Venezuela verhängten, hatten keine Wirkung – ausser, dass es der Bevölkerung noch dreckiger ging. Aber spätestens seit Corona ist auch dieses Höllenloch von der Landkarte des Interesses verschwunden.

Sollte es der Biden-Administration aber tatsächlich ernst sein, wäre das für Maduro ein verspätetes Weihnachtsgeschenk ungeahnten Ausmasses. Es wäre Ostern, Geburtstag und Wünsche wahrwerden auf einmal.

Es geht halt ums Öl, worum denn sonst

2005 betrug die Ölproduktion noch 3 Millionen Fass pro Tag, 2018 hatte sich das halbiert, heutzutage sind es noch 800’000, wenn die Angaben stimmen. Um den Output zu steigern, müssten die USA zunächst einiges Geld in die Hand nehmen, um die marode Infrastruktur wieder einigermassen in Betrieb zu setzen. Das ist aber nicht so einfach und so schnell möglich. Ein Spezialist schätzt, dass es fünf Jahre mit jährlichen Investitionen von 12 Milliarden Dollar bräuchte, um das Produktionsniveau wieder auf frühere Höchststände zu heben.

Es gibt noch eine zweite, gewaltige Hürde. Venezuela braucht eigentlich jeden Tropfen Öl, um seine Schulden gegenüber Russland und vor allem China zu begleichen; hier steht der faktisch bankrotte Staat mit über 60 Milliarden Dollar in der Kreide.

Die USA wiederum importierten täglich 540’000 Fass Öl aus Russland. Nachdem das von der Biden-Administration abgeklemmt wurde, muss schnell Ersatz her. In den «besten» Zeiten importierten die USA aus Venezuela mehr Öl. Dort ist also die entsprechende Infrastruktur vorhanden.

Allerdings ist es selbst mit dem Einsatz modernster Technologie und Milliarden nicht möglich, eine zu Schanden gewirtschaftete, marode, verlotterte Produktionsinfrastruktur in nützlicher Frist hochzufahren. Selbst eine Steigerung der Tagesproduktion auf eine Million Fass wäre schon ein Gewaltsakt. Das wäre zwar mehr als genug, um Russland zu ersetzen. Aber weder China noch Russland würden es komisch finden, wenn der Schuldendienst, sowieso schon verzögert, weiter verdünnt würde.

Auch Kuba könnte wieder einmal profitieren

Also zeugt dieser Versuch der Biden-Administration von einer unfassbaren Dummheit. Sozusagen als Kollateralschaden würde sich auch das völlig in den Seilen hängende Kuba freuen. Das profitierte über Jahre von sozialistischen Brudergaben in Form von Gratis-Öl. Was auch seit einigen Jahren versiegte und zusammen mit dem Zusammenbruch des Tourismus und der Erschwerung von Überweisungen der Exilkubaner für eine Wirtschaftskrise sorgte, die schlimmer ist als während des sogenannten «periódo especial», der speziellen Periode in Friedenszeiten nach dem Zusammenbruch des sozialistischen Lagers Anfang der 90er-Jahre.

Das hatte auf Kuba zehn dunkelschwarze Jahre zur Folge, bis Anfang 2000 Chávez sozusagen von Fidel Castro adoptiert wurde. Eine teure Freundschaft für Venezuela. Vielleicht mit Fortsetzung.