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Hilfe, mein Papagei onaniert

Niveau: liefergelegt. Denkapparat: ausgeschaltet. Banalyse statt Analyse. Part 2.

«Held. Staatspräsident. Präsident. Format. Mutig. Grösse. PR-Genie. Tapfer. Vorbild. Gewachsen. Anführer. Mediengenie. Ausgezeichneter Redner. Motivierend. Unterschätzt. Überlegen. Stark. Begeisternd. Landesvater. Treue. Patriotismus. Freiheit. Echt. Authentisch»

Blütenlese eines Tages.

In einem Rechtsstaat gilt, dass ein Angeschuldigter nicht seine Unschuld beweisen muss. Sondern der staatliche Ankläger die Schuld, die über jeden vernünftigen Zweifel erhaben sein sollte. Denn sonst gilt der zentrale Satz: Im Zweifel für den Angeklagten.

Das gilt für alle und überall. Natürlich mit Ausnahme von russischen Oligarchen. Tamedia verfügt offenbar seit Längerem über Insiderkenntnisse, was Roman Abramowitsch betrifft. Früher, ja früher, war er ein gern gesehener Gast, mitsamt seinen Firmen und natürlich Steuergeldern sowie spendablen Ausgaben.

Roman Abramowitsch (links).

Die Berichterstattung war lange Jahre wohlwollend, höchstens etwas verwundert über den Multimilliardär. Das hat sich in den letzten Jahren geändert, und seit dem Überfall auf die Ukraine weht ein eisiger Wind dem Oligarchen ins Gesicht.

Seine Vermögenswerte in der Schweiz sollen eingefroren werden, weiss Tamedia. Und die Rechercheure wissen auch, dass die Schweizer Justiz geamtet hat. Genauer das Bundesverwaltungsgericht in St. Gallen. Dorthin war Abramowitsch gezogen, um die Bundespolizei und andere Schweizer Behörden dazu zu zwingen, Anschuldigungen gegen ihn zurückzunehmen.

Fedpol hatte geurteilt, die Anwesenheit des Oligarchen in der Schweiz sei eine «Gefährdung der öffentlichen Sicherheit sowie Reputationsrisiko für die Schweiz». Der Rohstoff-Magnat sei «wegen Verdachts auf Geldwäscherei und mutmasslicher Kontakte zu kriminellen Organisationen bekannt».

Das wollte Abramowitsch nicht auf sich sitzen lassen und verlangte Streichung, Löschung, Zurücknahme – oder Offenlegung von Belegen für diese Behauptungen. Nun urteilten die obersten Verwaltungsrichter der Schweiz, laut Tamedia:

«Die St. Galler Richter betonen zwar auch, dass die erhobenen Daten Verdachtsinformationen seien. Aber Abramowitsch habe «in keiner Weise» belegen können, dass die Ermittlungsergebnisse grundfalsch wären

An dieses skandalöse Urteil schliesst sich nun sicherlich eine strenge Rüge der Autoren Thomas Knellwolf und Bernhard Odehnal an. Denn das sind sicherlich zwei sattelfeste Verteidiger des Rechtsstaats, Kritiker von Unrechtsstaaten wie Russland. Die Ukraine ist zwar auch alles andere als ein Rechtsstaat, aber das spielt zurzeit nicht so eine Rolle.

Unschuldsvermutung, im Zweifel für?

Eine grosse Rolle spielt allerdings, dass es sich hier nicht um einen normalen Staatsbürger handelt – sondern um einen russischen Oligarchen. Und für die gelten natürlich rechtsstaatliche Prinzipien nicht. Schliesslich weiss man ja, wie die zu ihrem Vermögen kamen. Und wie nah die Putin standen oder stehen.

Und ist es nicht herrlich, dass ihre Flieger nun am Boden bleiben. Die Jachten im Hafen. Die Häuser und Villen versiegelt werden, mitsamt den Bankkonten. Und nicht mal die Black Centurion von American Express funktioniert mehr. Der Rechtsstaat Schweiz auch nicht so wirklich.

Wer die hat, lässt zahlen.

Aber so einen Kollateralschaden muss man doch im Kampf gegen Putin, für die Ukraine, gegen Oligarchen in Kauf nehmen. Nur Putin-Versteher oder nützliche Idioten des Kreml, die zu häufig «Russia Today» geschaut haben, können das kritisieren.

Denn Abramowitsch steht nun auf der Sanktionsliste der EU, und die Schweiz übernimmt die bekanntlich. Die «Republik», sie sei für einmal lobend erwähnt, hat sich etwas Gedanken gemacht, wie man eigentlich als russischer Reicher auf diese Shitlist kommt:

«Ob also ein russischer Oligarch auf einer Sanktions­liste landet oder nicht, wird durch einen vielschichtigen und relativ intransparenten Vorgang bestimmt. Und auch der Zufall spielt wohl mit, ob jemand ins Visier der Sanktions­behörden gerät oder nicht. So hatte beispiels­weise das US-Finanz­ministerium seine 2018 veröffentlichte «Putin-Liste», die als Grundlage für spätere Sanktionen dienen sollte, von der Milliardären-Liste abgeschrieben, die das Magazin «Forbes» im Jahr zuvor veröffentlicht hatte.»

In der Schweiz kann man ja die Liste der «Bilanz» durchforsten … Die ersetzt locker ein ordentliches Strafverfahren mit Urteil. Denn man weiss ja seit Proudhon:

«Eigentum ist Diebstahl.»