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Buebetrickli mit UKW?

Radiopionier Roger Schawinski feierte einen Etappensieg. Aber jetzt schlägt die Staatsbürokratie zurück.

Man soll einen alten Piraten nie unterschätzen. Im Alleingang brachte er eine Petition mit über 60’000 Unterschriften auf den Weg. Damit kippte Roger Schawinski die Absicht, in der Schweiz die Ausstrahlung per UKW demnächst abzustellen.

Das hatten die Beteiligten, also SRG, BAKOM und die Vereinigung der Privatradios, so untereinander abgekartet. Die Privatradios stimmten zu, weil ihnen dafür als Zückerchen erlassen wurde, sich nochmals um ihre Konzessionen bewerben zu müssen. Nur einer verweigerte damals sein Einverständnis. Na und, sagten sich die übrigen Privatradios, Schawinski lebt halt in der Vergangenheit, wir in der Zukunft.

Seither sangen sie das Hohelied der Abschaltung, die DAB-Technologie sei ein prima Ersatz dafür, zudem koste die Fortführung der UKW-Ausstrahlung ein Gewehr oder sogar zwei; der Präsident der Privatradiovereinigung sprach sogar von einem «mehrstelligen Millionenbetrag», der eingespart werden könnte.

Auf Nachfrage von ZACKBUM, wie er denn auf diese Zahl komme, drückte er aber auf die Räuspertaste und ging spontan in eine Sendepause. Unhöflich und inkompetent, auf eine Bitte um Stellungnahme nicht einmal mit einem «rauch’s dir» zu reagieren.

Viele gute Kräfte sind gegen eine UKW-Abschaltung

Die beiden ehemaligen Medienminister Moritz Leuenberger und Doris Leuthard, unter deren Regie die Abschaltung beschlossen worden war, schlugen sich hingegen auf die Seite Schawinskis und verlangten einen Marschhalt.

Denn Tatsache ist: DAB oder DAB+ ist kein sinnvoller Ersatz. Für diese Technologie spricht lediglich, dass sie mit Dutzenden von Steuermillionen gepusht wurde. Die bittere Wahrheit ist aber: UKW wird dereinst vom Internet-Empfang abgelöst werden. DAB+-Empfangsgeräte werden dann genauso zu Elektroschrott wie zuvor die DAB-Empfänger.

Nun schaffte es Schawinski, die beschlossene Abschaltung zumindest aufzuschieben. Ein Triumph, aber so schnell geben sich Beamte natürlich nicht geschlagen. Schliesslich hat das für Konzessionen zuständige Bakom jahrelang in Abstimmung mit der SRG diese DAB-Technologie promotet – inzwischen in ganz Europa alleine auf weiter Flur.

Nun versucht es das Bakom offenbar mit einem Buebetrickli. Wie Schawinski auffiel, fehlt in der Vernehmlassung für das neue Konzessions-Konzept für Privatradios ein entscheidender Punkt: die Erwähnung der Verbreitungstechnologien.

Immer noch im Kämpfermodus: Roger Schawinski.

Auf Deutsch und auf Nachfrage räumt das Bakom ein, dass es neuerdings ab Anfang 2025 UKW nicht mehr geben soll. Punkt. Warum? Darum.

Obwohl kaum die Hälfte aller Autos in der Schweiz mit DAB-Empfängern ausgerüstet sind, obwohl es noch mindestens sieben Jahre dauern wird, bis für die Verkehrssicherheit nötige 90 Prozent DAB empfangen könnten.

Es gibt einen peinlichen Grund für dieses Verhalten

Der einzige Grund für dieses Buebetrickli liegt auf der Hand. Würde das Bakom, wie es vernünftig wäre, die Abschaltung von UKW flexibel so handhaben, dass sie erst erfolgt, wenn eine allgemein verwendete Ersatztechnologie vorhanden ist, dann würde das bedeuten, dass diese via 5G und VoIP erfolgt. Nicht mehr über DAB+.

Das wiederum würde bedeuten, dass zum zweiten Mal alle Käufer solcher Empfangsgeräte Elektroschrott entsorgen dürften. Und das wiederum würde offenkundig machen, dass sich das Bakom, zusammen mit der SRG, einen multimillionenteuren Flop geleistet hat.

Obwohl dafür kein einziger Sesselfurzer persönlich zur Verantwortung gezogen würde: das mag der Beamte nicht. Das würde an seiner Selbsteinschätzung kratzen, dass er vielleicht nicht der Schnellste und Hellste ist, aber dafür korrekt, akkurat und verantwortungsvoll. Keinesfalls ein Verschwender von Steuergeldern und keinesfalls der Schuldige dafür, dass Millionen von Empfangsgeräten entsorgt werden müssen.

Nach der gewonnenen Schlacht ist vor der nächsten

Schawinski muss schon wieder zur Attacke blasen, denn: «Eine inhaltliche Begründung» für die Abschaltung 2025 lieferte das Bakom nicht.

«Damit aber will sich das zuständige Bundesamt schon wieder in die Büsche schlagen. Zuerst taten sie das mit dem Hinweis auf eine «Branchenvereinbarung», die dann grandios kollabierte. Jetzt im Hinblick auf die Neukonzessionierungen.»

«Dagegen gilt es nochmals anzutreten», ruft Schawinski auf persoenlich.com zum neuerlichen Gefecht.

Wofür sind die Mainstream-Medien eigentlich noch gut?

Immer fragwürdiger wird hier die Informationspolitik der grossen Verlegerclans. Vor allem Wanners CH Media verfügt über eine nette Kollektion privater Radio-Stationen. Nach einer eher unglücklichen Intervention von Wanner Junior herrscht hier Schweigen. Schawinski, Petition, Verschiebung des ursprünglich beschlossenen Termins zur Abschaltung?  Ach, war da was?

Schlimmer noch: Das Referendum gegen das verabschiedete Mediengesetz ist zustande gekommen.

Die Agentur SDA waltete ihres Amtes und machte eine Meldung daraus. Alle grossen Medienkonzerne der Schweiz beziehen ihre Artikel von der SDA. Hier handelt es sich zudem um ein Thema, das sie unmittelbar betrifft. Schliesslich sollen ihnen eine Milliarde Steuerfranken zugehalten werden. Darüber muss nun im Februar 2022 abgestimmt werden. Aber: Schweigen im Blätterwald. Vierte Gewalt, Informationsauftrag, wichtig, seriös, Qualität? Pipifax.

UKW als Nostalgie-Funk. Hätte CH Media gerne.

 

Bakom rüffelt Keystone-SDA

Anlass ist falsche Zahl der Regionalbüros.

Die Deutsche Presse-Agentur (dpa) ist das Pendant zur Nachrichtenagentur Keystone-SDA. Im Unterschied zu den Schweizern erhält die dpa aber keine Subventionen oder sonstige finanzielle Zuwendungen des Staates. Im Unterschied zur SDA arbeiten bei der dpa zehn Personen im Faktencheck-Team. Dort werden eigene Nachrichten nochmals überprüft und gegebenenfalls berichtigt. Das Faktencheck-Team existiert seit 1,5 Jahren.

Bei der SDA läuft das Faktenchecking erst an. Zuständig ist eine einzige Person, die mit Journalismus noch nicht in Berührung kam. Seit vier Monaten läuft auf der Seite Factchecking: erst mal gar nichts. Der Pressesprecher aber macht auf Yoga: «Sie können davon ausgehen, dass die von Ihnen erwähnte Rubrik auf der Webseite bald mit Inhalten gefüttert wird.»

Eigentlich ist das gar nicht nötig. Die neue «Verification Officer (w)» müsste zuerst einmal die Homepage von Keystone-SDA aufräumen. Bis vor wenigen Tagen stand auf der Seite, dass die Agentur 13 Regionalbüros besitze. Richtig ist: 12. Wie ZACKBUM in Erfahrung bringen konnte, hat das Bundesamt für Kommunikation (Bakom) die Agentur darauf drängen müssen, den Fehler zu berichtigen. Eine Mediensprecherin:

Tatsache ist, dass die Keystone-SDA 12 Regionalbüros hat. Wie es mir auch die Keystone-SDA bestätigt hat, handelt es sich auf der Seite, die Sie erwähnen, um einen Fehler, der die Keystone-SDA korrigieren wird.

Damit wurde es auch langsam Zeit. Das letzte Regionalbüro (in Fribourg) wurde nämlich bereits im Jahr 2010 geschlossen. Keystone-SDA gab also über 10 Jahre lang eine falsche Zahl ihrer Regionalbüros an.

Keystone-SDA: Vier Mio. Bundesgelder als Defizitgarantie

12 zum Teil defizitäre Regionalbüros müssen bestehen bleiben

Das Bakom ist wie erwartet in ihren gestern publizierten Leistungsvereinbarungen auf die Maximalbitte der Nachrichtenagentur Keystone-SDA eingegangen. Das Uvek gewährt der Agentur eine jährliche Finanzhilfe von 4 Millionen Franken.

Die 4 Millionen Franken vom Bund sind als Defizitgarantie zu verstehen: «Finanziert werden nur Kosten, welche von der Keystone-SDA nicht auf dem Markt oder anderweitig refinanziert werden können.» Die Agentur erhält das Geld nur, wenn sie 2021 die 12 Regionalbüros auch weiterhin unterhält.

Und neu in der Leistungsvereinbarung ist auch, dass «Teile des Sport und der Zentrale berücksichtigt» werden, wie Keystone-SDA-Mediensprecher Iso Rechsteiner bereits Anfang Januar ausführte. Offensichtlich einigte man sich auf eine neue Definition. Sport und die Zentralredaktion können auch regional, wenn sie müssen.

Immerhin: Im laufenden Jahr darf die Agentur kein weiteres Personal kündigen, sonst kommt sich nicht an alle Bundesgelder heran. Das führt zu marktwidrigen Umständen: Einerseits müsste Keystone-SDA noch stärker auf die massiven Kundenabgänge reagieren, andererseits gelangt sie an die 4 Millionen Franken nur dann, wenn sie am Personal festhält und Defizite schreibt.

Jedes Quartal eine Million Defizit

Und von grossem Vertrauen ist im Vertrag wenig zu spüren. Die Nachrichtenagentur muss bei jeder Entlassung, die nicht wieder besetzt wird, das Bakom vorgängig informieren: «Sollte Keystone-SDA einen Personalabbau in den Redaktionen (…) erwägen, ist das Bakom vorgängig zu informieren.» Ausserdem muss es dem Bund neu Quartalsabschlüsse vorlegen,  dazu einen Mittelfristplan, das Budget und natürlich die Jahresrechnung.

Die 4 Millionen Franken fliessen in mehreren Tranchen. Der Bund übernimmt pro Quartal nur die Defizite. Schliesst die Agentur das erste Quartal mit einem Verlust von 1,5 Millionen Franken, werden «nur» eine Million übernommen. Beträgt das Quartalsdefizit eine halbe Million, bezahlt der Bund eine halbe Million.

Keystone-SDA tut also gut daran, jedes Quartal mit exakt einer Million Minus abzuschliessen. Marktwirtschaftlich macht das alles keinen Sinn. Aber darum geht es ja auch gar nicht.

Hinweis: Der Artikel wurde (am 24.01.2021) präzisiert.

Geheimniskrämerei um das 4-Millionen-Paket für Keystone-SDA

Obwohl Keystone-SDA allein 2019 gegen 10 Prozent der Stellen abbaute, wurden die Bundessubventionen nie in Frage gestellt.

2019 und 2020 bekam Keystone-SDA je zwei Millionen Franken Bundessubventionen. Nun wird der Betrag verdoppelt, wie Keystone-SDA und das Bundesamt für Kommunikation BAKOM gegenüber ZACKBUM.ch bestätigen. Doch bei den Details rund um die Leistungsvereinbarung wird es merkwürdig still. Gemäss der Leistungsvereinbarung 2019/2020 verpflichtete sich Keystone-SDA nämlich, das Netz der 13 Regionalredaktion zu sichern. In diesen Regionalredaktionen arbeiteten per 1.1.2019 41,3 Vollzeit-Beschäftigte (FTE). Davon entfielen 25,7 FTE auf die deutschsprachige Schweiz, 13,6 auf die französischsprachige Schweiz und 2 auf die italienischsprachige Schweiz.
12 oder 13 Regionalredaktionen?
Wie veränderte sich der Personalbestand seither? Bekannt ist, dass Keystone-SDA trotz den zweimal zwei Millionen Staatsgeldern enorm sparen und auch Leute entlassen musste, respektive Abgänge nicht wiederbesetzte. Das ist darum pikant, weil Keystone-SDA bei Leistungskürzungen gemäss Leistungsvereinbarung das BAKOM zumindest informieren müsste. Doch anscheinend machten alle Beteiligten gute Miene zum bösen Spiel. Keystone-SDA schöpfte den kompletten Subventionskredit von jeweils 2 Millionen Franken aus, wie Sprecher Iso Rechsteiner bestätigt. Für Caroline Sauser, Leiterin der BAKOM-Kommunikationsabteilung, war ebenfalls alles in Ordnung: «Die Leistungserfüllung 2018/2019 durch die Keystone-SDA-ATS AG entsprach der bisherigen Leistungsvereinbarung. Das BAKOM hatte daher keinen Anlass, die maximal zur Verfügung stehende Subvention zu kürzen.» Dabei geht das BAKOM gemäss Vereinbarung von 13 Regionalredaktionen aus. Rechsteiner hingegen spricht von 12 Regionalredaktionen. Wie sah der Stellenetat bei den Regionalredaktionen aus und vor allem, wie veränderte er sich? Auch auf Nachfrage will Rechsteiner nicht konkreter werden. Er verweist auf den Geschäftsbericht 2019. Und zur aktuellen Frage (gestellt am 30.12.2020) nach den Stellen antwortet er: «Unterjährig publiziert Keystone-SDA keine Stellenetats.»
17,75 Vollzeitstellen weniger
Laut dem Geschäftsbericht 2019 ist der Personalbestand von Keystone-SDA von 216,3 100%-Stellen auf 198,55 FTE (Full Time Equivalent) gesunken. Das macht 17,75 Vollzeitstellen oder über 8 Prozent weniger. Man muss es Iso Rechsteiner glauben. Im Regionalen wurde personell nicht gespart, nur offensichtlich sonst überall.  Oder bediente sich Keystone-SDA eines Kniffs? Rechsteiner: «In der neuen Leistungsvereinbarung, die das BAKOM nach der Unterzeichnung publiziert, werden nicht nur die Regionalredaktionen berücksichtigt. Es werden dort neu auch Teile des Sport und der Zentrale berücksichtigt.» Offensichtlich einigte man sich auf eine neue Definition. Sport und die Zentralredaktion können auch regional, wenn sie müssen.
Regionale Berichterstattung bleibt Bedingung
Caroline Sauser hält fest: «Die bestehende wie auch die künftige Leistungsvereinbarung verfolgen das Ziel, die regionale Berichterstattung der abgabefinanzierten Lokalradios und Regionalfernsehsender zu stärken. Namentlich sollen die publizistischen Leistungen der Nachrichtenagentur dazu dienen, die eigenen regionalen Informationsleistungen der lokalen Veranstalter in einen überregionalen Kontext zu stellen. Diese Vorgaben konnten erreicht werden. Die entsprechenden Leistungen der Agentur werden vom BAKOM im Rahmen der neuen Leistungsvereinbarung auch weiterhin ausgewertet und mit der Keystone-SDA-ATS AG diskutiert.»
«Kein Anlass für Kürzungen»
Auch beim geflossenen Geld scheint alles bestens: «Die Leistungserfüllung 2018/2019 durch die Keystone-SDA-ATS AG entsprach der bisherigen Leistungsvereinbarung. Das BAKOM hatte daher keinen Anlass, die maximal zur Verfügung stehende Subvention zu kürzen», so Caroline Sauser vom BAKOM.
Somit wurde die ab 2021 geltende Leistungsvereinbarung «kürzlich» unterschrieben, wie es übereinstimmend heisst. «Sie kann im gegenseitigen Einverständnis verlängert werden. Das jährliche Kostendach der Subvention beträgt vier Millionen Franken», erklärt Sauser. Die neue Leistungsvereinbarung ist für ein Jahr abgeschlossen, nicht mehr für zwei Jahre wie die bisherige. Das könnte damit zusammenhängen, dass Keystone-SDA fieberhaft versucht, seine AG in eine Stiftung umzuwandeln, wie COO Jann Jenatsch im SRF-Medientalk vom Dezember 2020 sagte.
Seitenwechsel Keystone-SDA zum BAKOM kein Thema
Eine spezielle Rolle spielt bei der Geschichte Bernhard Maissen. Er arbeitet seit zwei Jahren beim BAKOM, vorerst als Abteilungsleiter Medien. Seit dem 1. Juli ist er Direktor des BAKOM. Vorher arbeitete er (mit Unterbrüchen) 24 Jahre für die damalige SDA. Trat er deswegen in Ausstand? «Bernard Maissen hat dieses Geschäft in seiner Funktion als Abteilungsleiter bzw. BAKOM-Direktor begleitet, wie andere Geschäfte auch. Der Abschluss und die Unterzeichnung der Vereinbarung gehören in den Zuständigkeitsbereich des UVEK», sagt Caroline Sauser. UVEK, das bedeutet Eidgenössisches Departement für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation (UVEK). Folglich wird die Leistungsvereinbarung jeweils von der Chefin unterzeichnet. 2018 war es Doris Leuthard (CVP), aktuell war es Simonetta Sommaruga (SP). Keystone-SDA, so der Name seit der Übernahme der Fotoagentur Kestone 2018, wollte die spezielle Konstellation gar nicht kommentieren.
Die neue Vereinbarung wird vom BAKOM aufgeschaltet. Wann das der Fall ist, konnte  ZACKBUM bislang nicht in Erfahrung bringen.