Michael Hermann greift ein
Woran merkt man, dass ein Thema ausgelutscht ist?
Da gibt es inzwischen vier Möglichkeiten. Marko Kovic («Ich versuche, über Wichtiges nachzudenken») meldet sich zu Wort. Raphaela Birrer schreibt einen Leid-, Pardon, Leitartikel. Jacqueline Büchi verfasst eine «Analyse». Oder aber, der «Politgeograf» Michael Hermann gibt etwas zum Besten.
Das gerät meistens zum Lachschlager, wenn die Mietmeinung immer wieder ein Loblied auf die EU singt. Diesmal aber muss er sogar noch Büchi hinterherarbeiten, die im schrankenlos nach unten offenen Tagi bereits mit untauglichen Mitteln und kleinem Besteck an der Umfrage unter Uni-Studentinnen rumgenörgelt hatte.
Damit ist dieser Multiplikator für Hermann durch, in der NZZ hat Katharina Fontana zum Thema ein Niveau vorgelegt, dass Hermann nur unterbieten könnte. Also hat er sich, in der Not frisst der Teufel Fliegen, oder sagten wir das schon, für das Qualitätsorgan, das Intelligenzlerblatt «watson» entschieden.
Denn auch bei Politgeografen gilt: any news is good news. Sagt man länger nix, verschwindet man aus der Kurzwahlliste der Sparjournalisten, wenn die einen «Experten» brauchen. Mit seiner üblichen Fingerfertigkeit setzt «watson» schon mal den falschen Titel: «Kritik an Studentinnen-Studie wird lauter». Nein, Lautstärke ist leider auch kein Argument.
Den Artikel selbst muss man – ausser man leidet unter Schlaflosigkeit oder weiss wirklich nicht, was man mit seinem Leben anfangen soll – nicht lesen. Denn der Lead alleine genügt schon für einen kräftigen Lacher:
«Es sei «beelendend», wie die «SonntagsZeitung» über das Thema Gleichstellung berichte, sagt Politgeograf Michael Hermann. Seine Forschung belege, dass studierte Frauen sehr wohl arbeiten.»
Komisch, die Umfrage belegt keinesfalls das Gegenteil. Aber vielleicht hat Hermann eine angeschaut, in der tatsächlich stünde, dass studierte Frauen keineswegs arbeiteten. Selbst Hermann arbeitet. Allerdings an seinem «Forschungsinstitut» Sotomo. Dort forscht er gerne im Auftrag von staatlichen Behörden oder der SRG. Völlig unabhängig von seinen Zahlmeistern, darunter das BAG, gab er in seiner Tagi-Kolumne schon mal bekannt: «Trotz Verschwörungstheorien und neuen Freiheitsfreunden: Staatliche Massnahmen haben in einer Phase grösster Verunsicherung Sicherheit und Vertrauen geschaffen.»
Darauf angesprochen, dass da vielleicht ein Interessenkonflikt bestehe, den er doch dem Leser seiner Kolumne offenlegen sollte, meinte Hermann: «Wenn der Massstab wäre, alle Akteure in meiner Kolumne zu deklarieren, bei denen ich schon Aufträge hatte, müsste ich dies bei praktisch jeder tun.»
Der war nicht schlecht. Inzwischen ist er seine Kolumne los, umso grösser sein Bedürfnis, anderweitig Gehör zu finden. Aber gut, damit ist Hermann überstanden. Wir wappnen uns schon für den Auftritt von Birrer und Kovic.