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Die grüne Hölle

Edle Ziele, schäbige Jünger.

Klima, Umwelt, Artensterben, Abholzung des Regenwalds. Wer könnte etwas dagegen haben, sich dafür einzusetzen, dass hier Gutes und Richtiges und Nachhaltiges passiert.

Kurzstreckenflüge verbieten; umweltschädlich, alle Destinationen, die in 10 Stunden Zugfahrt erreichbar sind, dürfen nicht mehr angeflogen werden. Forderte lauthals – wie er vieles lauthals fordert, wenn der Tag lang ist – der Co-Präsident der SP Schweiz. Um sich in den Flieger zu setzen und für ein unscharfes Foto mit dem damaligen Wahlgewinner Olaf Scholz in Berlin zu posieren. Heuchler Cédric Wermuth.

Menschen, die ins KZ abtransportiert wurden, «die hatten eine kleine Chance zu überleben. Die Schweine, die fahren in den sicheren Tod». Dieser geschmacklose Vergleich zwang den grünen Nationalrat Jonas Fricker zum Rücktritt. Nun will er aufs Neue antreten, der Heuchler. Für ihn rückte übrigens Irène Kälin nach, die Kriegstouristin. Wie schrieb Philipp Loser, für einmal richtig: «Wir sehen Kälin in einem Zug bei Nacht. Wir sehen Kälin in einem Zug bei Tag. Ein diplomatischer Ausflug als Fotoroman.» Peinlich.

Das Aushängeschild der deutschen Klimabewegung, sozusagen die Antwort auf Greta, trägt inzwischen den Übernamen «Langstrecken-Luisa». Denn gerne postete sie Fotos aus Amerika, Afrika und Asien. Inzwischen hat Neubauer diese Peinlichkeiten gelöscht – was sie nicht ungeschehen macht. Die Heuchlerin.

Ganz allgemein fliegen Klimaschützer gerne um die Welt, um an wichtigen Klimaschutzkonferenzen teilzunehmen. Die haben zwei Eigenschaften: sie finden an exotischen Orten wie Sharm el Sheik statt – und bewirken überhaupt nichts. Reine Heuchelei.

Den Vogel schossen allerdings zwei deutsche Klima-Kleber ab. Die beiden Trottel verpassten im November ihren Gerichtstermin, wie die «Bild»-Zeitung genüsslich berichtet. Das kann ja passieren, aber dafür muss man dann einen Grund angeben. Hier war er sehr putzig: ferienhalber verhindert, die zwei weilten – angesichts des garstigen Wetters verständlich – lieber auf Bali.

Grossartig auch die Rechtfertigung eines Sprecher der Bewegung «Letzte Generation», das muss man über die Lippen bringen, ohne rot zu werden: «Sie haben den Flug als Privatleute gebucht, nicht als Klimaschützer. Das muss man auseinanderhalten können.» Bodenloser Heuchler.

Ganz ähnlich tönt es bei der «Extinction Rebellion Zürich», wie «Blick» herausfand: «Weil alle unsere Aktivist:innen den Ernst der Klima- und Biodiversitätslage verstanden haben, verhalten sie sich so gut wie alle privat sehr nachhaltig. Deshalb und auch prinzipiell geben wir unseren Aktivist:innen keine Empfehlungen ab.»

Eine Spitzenleistung in Sachen Heuchelei ist auch die Beschwerde, dass es schliesslich am System und der mangelnden Besteuerung von Kerosin liege, dass Flugreisen so verdammt billig seien. Grossartig, analog kann man sagen: Ich kann ja auch nichts dafür, wenn auf der Speisenkarte Froschschenkel und Gänseleber stehen.

Seit dem Bonusmeilen-Skandal um den deutschen Grünen Cem Özdemir zeichnen sich vor allem Vertreter dieser Partei, dieser Bewegung durch den Verrat aller Prinzipen aus. Özdemir trat dann 2002 zurück, machte im Bundestag Pause, und weil er ja von etwas leben musste, ging er halt ins Europa-Parlament. Um 2009 wieder in den Bundestag zurückzukehren. Heute ist er Landwirtschaftsminister.

Ein Extremfall ist auch die grüne deutsche Aussenministerin Baerbock. Als Vertreterin einer ehemaligen Friedenspartei, lässt sie Petra Kelly im Grab rotieren mit ihren schrillen Forderungen, dass die Ukraine den Krieg gewinnen müsse und überhaupt Europa im Krieg mit Russland sei.

Es ist das alte Lied. Moral und Anstand zu besitzen, das kann jeder behaupten. Prinzipientreu niemals von gewissen Positionen abzuweichen, das lässt sich leicht krakeelen, wenn das alles nicht einem Bewährungstest unterzogen wird. So wie eine Nonne im Kloster keinen grossen Versuchungen ausgesetzt ist, ihre Keuschheit verteidigen zu müssen.

Besonders widerlich wird es allerdings, wenn in aller Öffentlichkeit, ungeniert und mit absurden Erklärungen geheuchelt, geschwiemelt und alles verraten wird, auf das man mal heilige Eide ablegte.

All diese Wendehälse sind so von ihrer eigenen Rhetorik besoffen, dass sie nicht einmal merken, wie abstossend ihr Verhalten in der Öffentlichkeit wirkt.

Alles Taiwan oder was

Was passiert, wenn unvorbereitete Politiker und Journis auf ein neues Thema stossen?

Fürchterliches. Die deutsche Aussenministerin Annalena Baerbock, die gerne schneller spricht als denkt, wurde im grossen Saal der UNO grundsätzlich: «Wir akzeptieren nicht, wenn das internationale Recht gebrochen wird und ein grösserer Nachbar völkerrechtswidrig seinen kleineren Nachbarn überfällt – und das gilt natürlich auch für China

Leider teilte Baerbock nicht mit, ob das auch für ihren NATO-Partner Türkei gelte, der bekanntlich seinen Nachbarn Syrien überfallen hat. Oder für den grossen Bruder USA, die ebenfalls völkerrechtswidrig auf Kuba eine Militärbasis unterhalten, wo im rechtsfreien Raum angebliche Terroristen jahrelang ohne Gerichtsverfahren gefangen gehalten werden.

Vielleicht schützt Baerbock ihre Jugend, weshalb sie sich möglicherweise nie über die unzähligen Überfälle der USA in Zentral- und Lateinamerika geäussert hat.

Wo Politiker Gelegenheit zu Dummschwätzen sehen, ist einer nie weit weg. Richtig, der SP-Nationalrat und Spassflieger Fabian Molina. Der fordert forsch:

«Es ist höchste Zeit, dass auch die Schweiz ihre Haltung gegenüber Taiwan revidiert!»

Welche Haltung denn? Die Schweiz hat doch die gleiche Haltung wie die USA gegenüber Taiwan. Nämlich die Haltung eines Wackelpuddings. Die Haltung eines klaren «einerseits, andererseits, aber dann doch nicht». Einerseits schätzt man Taiwan als Handelspartner und als Stachel im Fleisch Chinas. Andererseits akzeptiert man den Alleinvertretungsanspruch Chinas über all seine Territorien. Schon längst wurden Hongkong und Macau Rotchina übergeben.

Aber hier hatten die alten Kolonialmächte das Sagen, in Taipeh herrschte bis zu seinem Tod 1975 der Diktator Chiang  Kai-Shek. Der erhob – mit Unterstützung der USA wohlgemerkt – seinerseits Anspruch auf ganz China. Dahinter steht eine komplizierte Geschichte um die Macht in China. Der Diktator verlor diesen Machtkampf gegen Mao und flüchtete Ende 1949 auf die Insel Formosa, deren Zugehörigkeit zu China niemals in Frage stand.

Mit dem wirtschaftlichen Erstarken Chinas und dem Ende des Ostblocks verlor der Westen weitgehend das Interesse an Taiwan, fast alle Länder der Welt akzeptierten Festland-Chinas Alleinvertretungsanspruch und stellten die diplomatischen Beziehungen mit der Insel ein, die ebenfalls aus fast allen internationalen Gremien flog.

Nun lenkte die nach Präsident und Vizepräsident dritthöchste Repräsentantin der USA mit ihrem Kurzbesuch das Licht der Weltöffentlichkeit auf diesen potenziellen Konfliktherd. Dummschwätzer Molina fordert weiter, der Bundesrat müsse klarmachen, dass er militärische Schritte gegen Taiwan «keinesfalls akzeptiere». Das erinnert an den grossartigen Streifen «Die Maus, die brüllte». Molina weiss auch noch: In internationalen Beziehungen gelte laut Uno-Charta ein absolutes Gewaltverbot. Leider ist es ihm nicht gegeben, die Problematik zu durchdringen, dass China, die Schweiz und eigentlich alle Staaten der Welt Taiwan als Bestandteil Chinas sehen, also kann es sich schlecht um internationale Beziehungen handeln.

Und die Medien? Die wurden zunächst auf dem falschen Fuss erwischt, aber Google Maps klärte viele Journalisten darüber auf, wo Taiwan eigentlich liegt. Ein Blick in Wikipedia verschaffte dann das nötige Rüstzeug, um gewichtige Kommentare abzusondern. «Unheilvolles Abschiedsgeschenk», runzelt die NZZ über die Stippvisite von Nancy Pelosi die Stirn. Sie hinterlasse «ihrem Land und der Welt ein hochexplosives Pulverfass, das jederzeit in die Luft fliegen kann», poltert der Blöd-«Blick». Die CH Medien wissen: «Taiwan braucht genau jetzt den Beistand des Westens. Pelosis Eintreten für Taiwans Demokratie ist richtig.»

Tamedia schliesslich leiht sich seine Meinung von der «Süddeutschen»: «Taiwan ist eine starke Demokratie, die sich von einer Militärdiktatur friedlich zu einem der progressivsten Staaten Asiens entwickelt hat. Es ist zwingend notwendig, die Insel im Rahmen der Ein-China-Politik gegen Chinas Drohungen zu verteidigen. Das ist eine Pflicht, der auch Europa bisher zu wenig nachkommt.»

Nun, wer Selenskij für einen lupenreinen Demokraten hält, meint auch, Taiwan sei eine westliche Demokratie. Vielleicht hülfe ein Blick in die Verfassung mit ihrer merkwürdigen fünffachen Gewaltentrennung sowie eine Auffrischung des Kurzzeitgedächtnisses. Denn bis 1990 war Taiwan alles andere als eine Demokratie, sondern ein autoritär nach dem Einparteienprinzip beherrschtes Land, das darin durchaus China imitierte. Welche Meinung der Diktator und seine bis 1992 herrschende Kuomintang über Demokratie hatte, könnte man nachlesen. Wenn man könnte und wollte und nicht aus dem Stegreif nachplappern würde.

Dass Politiker wie Molina das tun, gehört bei ihnen zum Handwerk. Aufregerthema, her mit einer Meinung und vor allem einer Forderung. Und tschüss. Taiwan wird aus Molinas Augenwinkel wieder verschwinden. So wie zuvor Afghanistan und unzählige weltweite Probleme mehr. So wie die Abschaffung der NATO.

Dass aber sogenannte Qualitätsmedien grösstenteils jämmerlich dabei versagen, zu einem aktuellen Thema Hintergründe und Aufklärung zu liefern: ein weiterer Sargnagel, eigenverantwortlich eingeschlagen.