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Rehash vom Rehash

Wenn Tamedia kopiert, was die «Süddeutsche Zeitung» kopiert …

Österreichische Medien kümmern sich natürlich hingebungsvoll um den Fall des Wunderwuzzi, der mit einem primitiven Ponzi-Schneeballsystem auch ansonsten zurechnungsfähige Anleger hereinlegte. Gerade hat die «Bild» saftige Details aus einem Enthüllungsbuch publiziert, dass der deutsche Milliardär Klaus-Michael Kühne dem Blender René Benko den Stecker zog.

Dafür liess er ihn nach Hamburg fliegen und in seinem Luxus-Restaurant Fontenay Platz nehmen. Nach zehn Minuten beendete Kühne das Gespräch und stand abrupt auf. Benko mailte ihm hektisch hinterher, worauf er von Kühne den Todesstoss erhielt: «Es tut mir leid – das Vertrauen ist zerstört, und ich habe Herrn Gernandt gebeten, Ihnen meinen Wunsch nach Rückabwicklung unserer Beteiligung an der Signa Prime Selection AG anzuzeigen.» So machen das die wirklichen Big Boys.

Das hat höheres Unterhaltungspotenzial – und wurde von «Inside Paradeplatz bereits am 23. April genüsslich ausgebreitet.

Medien wie die «Kronenzeitung» oder der «Standard» haben sich insbesondere in die Liechtenstein-Connection  von Benko verbissen, wo der ein paar Millionen an Notgroschen in Stiftungen verstaut hat und auch wahre Goldlager unter anderem in der Fürstenbank LGT bunkerte. Das alles ist längst bekannt und auch schon von der «Welt» beschrieben.

Kein Grund für die «Süddeutsche Zeitung», am 23. April nicht mit einem Rehash von all diesem Bekannten aufzuwarten, unter dem Titel «Wo René Benko sein Geld versteckt hat». Inhaltlich nix Neues, ausser einem grossartigen Quote eines ungenannten Liechtensteiners, der «einmal politische Verantwortung trug» und sagt: «Es wäre schön, wenn wir wenigstens einmal bei einem internationalen Finanzskandal aussen vor wären.»

Aber dafür sind nicht nur die Untreuhänder in der fürstlichen Räuberhöhle Liechtenstein zu geldgierig.

Es muss auch Geldgier sein, dass Tamedia seinen Lesern den lauwarmen Kaffee der SZ nochmals aufgewärmt zwei Tage später serviert:

Eigenleistung null. Pardon, die Spitzmarke «Signa-Pleite» wurde um «zieht Kreise» ergänzt. Da sieht man doch, es lohnt sich, eine eigene Auslandredaktion zu beschäftigen.

Immerhin wurde der Artikel nicht hinter der Bezahlschranke versteckt. Was ihn aber nicht weniger peinlich macht.

 

Unbefriedigendes Recycling

Was ist älter als eine neue «Blick»-Story?

Die gleiche «Blick»-Story. Es gibt die Autorin Saralisa Volm. Die hat ein Buch geschrieben. Zur Steigerung der Erregungsbewirtschaftung sagt sie so Sachen wie «Wir sehen selten Männer, die Frauen oral befriedigen». Ist vielleicht auch nicht fürs Zusehen geeignet.

Da macht nun der «Blick» mal wieder einen kostenlosen Alzheimer-Test bei seinen Lesern.

Und dann hätten wir diesen hier:

Unterschied? Öhm. Schwierige Frage? Stimmt, aber ZACKBUM lüftet das Geheimnis: die Datumszeile. Am 11. 12. 2023 wird etwas als neu serviert, was schon im Juli dieses Jahres durch alle Gazetten geisterte – natürlich auch durch das einzige Organ mit Regenrohr im Logo. Jedenfalls durch solche, die eine dermassen auf dümmlich-provokative Wirkung zielende Schlagzeile gerne bringen. Da sich ZACKBUM ungern wiederholt, verweisen wir darauf, was wir schon damals dazu gesagt haben …

Wir gestatten uns aber die Anmerkung, dass es schon nassforsch ist, für den gleichen Quatsch zweimal Geld zu verlangen.

Grossartig ist auch diese Schlagzeile des Intelligenzler-Blatts:

 

Ist das ein Aufruf zu Blutspenden für die Ukraine?

Dann hätten wir weitere News von einem Artikel, der wohl den Weltrekord mit geänderten Schlagzeilen aufstellen will. ZACKBUM-Leser erinnern sich; gestern zählten wir bis Version vier durch. Und schrieben seherisch: Fortsetzung folgt. Unser Wort ist «Blick» Befehl, et voilà:

Version fünf. Allerdings: die ist nicht ganz neu, sondern Version eins wird hier rezykliert. Also zurück zur Quelle des Slapsticks. Und wir fangen an, Lotto zu spielen. Wäre doch gelacht …

Dafür wechselt das People-Ressort nun brav jeden Tag den Aufmacher. Diesmal allerdings mit einer Story, die nur für Hardcore-Fans eines gewissen Musikstils (oder von aufgepumpten Brüsten) von Interesse sein dürfte:

Aber immerhin, eine aktuelle Eigenleistung. Aktuell? Eigenleistung? Wie der letzte Aufmacher vom deutschen Unterhaltungsprogramm-Ticker «Spot On» übernommen … Aber immerhin, nicht hinter einer Bezahlschranke.

Etwas festgefahren ist hingegen das Politik-Ressort:

Mit dieser brandheissen News erfreut «Blick» den Leser bereits seit Tagen. Da wäre ja Zeit für eigene Werke. Zum Beispiel über diese Lichtgestalt:

Eine Kriegerin für Frieden auf Erden, wunderbar. Allerdings: ein typischer, weichgespülter Jubel-Artikel aus der «Schweizer Illustrierte». Aber es soll ja doch «Blick»-Leser geben, die das bunte Blatt aus dem gleichen Haus nicht lesen.

Und noch als Absackerchen der Brüller des Tages:

Auch darauf würde der «Blick»-Leser beim Anlagegespräch über seine zwei Millionen Spielgeld nie selbst kommen. Nun sieht man das leider dem Banker hinter dem Besprechungstisch nicht an, ob er mit dem ÖV oder dem Ferrari zur Arbeitsstelle eilte. Nebenbei: Lamborghini oder McLaren ist okay? Aber wie auch immer, diese bahnbrechende Erkenntnis vermittelt Autor Harry Büsser dem «Blick»-Leser. Was er schon zuvor in der «Handelszeitung» für den «Handelszeitung»-Abonnenten tat.

Offensichtlich trägt der Abkauf aller gemeinsamen Blätter von Axel Springer bereits Früchte. Faule Früchte. ZACKBUM graust es dabei, wie man zusehen muss, wie ein einstmals originelles, wirkungsmächtiges, immer wieder für eine Kampagne oder einen Aufreger sorgendes Blatt mit Anlauf und Absicht gegen die Wand gefahren wird. Denn bei aller Liebe zu Umweltschutz, Rezyklieren und dem Geruch getragener und aufgewärmter Skisocken: das ist vielleicht ein Elend …

 

 

Kunst kommt von Können

Also wird’s etwas schwierig für Tamedia.

Redaktor Christoph Heim dekretiert: «Sammlung Bührle»: Was darf bleiben, was muss weg?» Der Mann hat schon seit der Eröffnung des Neubaus diese Attraktion Zürichs mit Häme und Geschimpfe verfolgt. Duftmarke: «Mit der Sammlung Bührle wird das Museum zum Schaufenster privater Sammler. Das ist ein Rückschritt in feudalistische Zeiten.»

Auch zur Nachfolge an der Spitze der Kunsthausgesellschaft hatte Heim eine klare Meinung: «So geht das nicht.» Jetzt übertrifft er sich aber selbst. Er hat nochmals den Provenienzbericht der Bührle-Stiftung «vom Dezember 2021 auf Hinweise durchsucht, welche Bilder auf der Kippe stehen und – vorbehaltlich genauerer Untersuchungen – wahrscheinlich zurückgegeben werden müssen».

Das tut er im Vorgriff auf die Überprüfung dieser Ergebnisse durch den Historiker Raphael Gross, deren Ergebnisse erst in einem Jahr zu erwarten sind. Zunächst macht sich Heim mal wieder lächerlich. Im Pluralis Majestatis schreibt er: «Wir haben exklusiv» diesen Bericht «durchsucht». Was soll an der Lektüre eines seit Jahren öffentlich einsehbaren Berichts «exklusiv» sein?

Oder würde Heim auch schreiben, wenn er einen Blick auf den SBB-Fahrplan geworfen hat, er habe den «exklusiv durchsucht»? Und vielleicht eine bisher unbekannte Verbindung gefunden? Wir wischen uns mal wieder die Lachtränen ab.

Wer übrigens auch ganz exklusiv diesen Bericht durchsuchen will: bitte sehr.

Das Ergebnis dieser Untersuchung war übrigens – wie ZACKBUM hier exklusiv enthüllt – folgendes:

«Nach Auffassung der Sammlung Emil Bührle können heute von den 203 Werken im Bestand 113 Werke der Kategorie A (lückenlos erforschte, unproblematische Provenienz) zugordnet werden. 90 können der Kategorie B (nicht lückenlos erforschte Provenienz, aber ohne Hinweis auf problematische Zusammenhänge) zugeordnet werden.
Werke der Kategorie C (nicht lückenlos erforschte Provenienz und Hinweis auf möglicherweise problematische Zusammenhänge) sind nach heutigem Kenntnisstand keine im Bestand, Werke der Kategorie D (eindeutig problematisch) gibt es seit 1948 keine mehr in der Sammlung Emil Bührle.»

Der Bericht hält zudem fest:

«Heute kann festgestellt werden, dass die als Dauerleihgabe im Kunsthaus Zürich gezeigte Sammlung Emil Bührle keine Fälle von ungeregelter Raubkunst enthält. Nach derzeitigem Wissen fallen fünf Werke im Bestand unter die Kategorie sogenannter Fluchtkunst, also Werke, die nach 1933 von ihren NS-verfolgten Eigentümern in die Schweiz transferiert und hier dem Kunsthandel übergeben wurden. Die Stiftung hat deren Erwerbsgeschichte detailliert analysiert und kann davon ausgehen, dass diese Werke unter Wahrung der Interessen ihrer früheren Eigentümer über den Schweizer Kunsthandel in den Besitz von Emil Bührle gelangt sind.»

Das lässt nun an Eindeutigkeit nichts zu wünschen übrig. Aber nicht für den Exklusiv-Forscher Heim. Er stapelt nochmals schon längst bekannten und abgetischten Unsinn aufeinander. Nehmen wir dafür sein erstes Beispiel. Gustave Courbet: «Portrait du sculptuteur Louis-Joseph Leboeuf». Heim zeichnete dessen Handänderungen nach und behauptet dann faktenfrei: «Wenn die Ullstein-Erbin aus Not verkauft haben sollte, dann gehört dieses Porträt zu den ersten Bildern, für die von der Bührle-Stiftung aktiv nach Erbberechtigten gesucht werden müsste.»

Im von Heim «exklusiv» durchforschten Bericht heisst es zu diesem Bild, es falle unter die Kategorie «A 5». Das bedeutet: Kategorie A steht für «lückenlos geklärt, unproblematisch», und Kriterium 5 bedeutet, dass das Werkt «als «Fluchtgut» nach der im Belgier-Bericht gegebenen Definition in die Schweiz gebracht und hier nachweislich unter Wahrung der Interessen ihrer Eigentümer verkauft wurde».

Nun kann man natürlich an der jahrelangen und unter Beizug international anerkannter Koryphäen erstellten Provenienz-Forschung der Bührle-Stiftung herummäkeln. Man kann sie als Gefälligkeitsgutachten, als überholt, als neueren Erkenntnissen oder Definitionen nicht mehr entsprechend kritisieren.

Aber auch das nächste von Heim als problematisch aufgeführte Werk, «Le Jardin de Monet à Giverny» wird laut der Bührle-Stiftung unter A 5 eingeordnet.

Völlig abstrus werden die Beispiele, an deren Verkauf der Kunsthändler Walter Feilchenfeldt beteiligt war. Dessen Sohn hat schon mehrfach öffentlich klargestellt, dass sein Vater Bührle ausgesprochen dankbar war, dass er ihn korrekt mit den Käufen von Kunstwerken unterstützte und dass sein Vater bis zu seinem seligen Ende nur in den höchsten und respektvollen Tönen über Bührle sprach, Wie man daraus eine Problematik nachträglich erfinden will, braucht schon eine gewisse Bösartigkeit.

Nachdem Heim diesen kalten Kaffee nochmals aufgewärmt und als exklusive Mischung angepriesen hat, kommt er zu absurden Schlussfolgerungen:

«Es ist also davon auszugehen, dass schon im Jahr 2024, wenn die Resultate der von Raphael Gross geleiteten Provenienzforschung der Bührle-Stiftung vorliegen, einige der hier besprochenen Werke aus der Ausstellung entfernt werden müssen.» Wieso sollte davon auszugehen sein? Weil Heim das behauptet?

Aber er geht noch einen Schritt weiter zur angeblichen Millionenfrage: Schliesslich stellt sich die alles dominierende Frage: Wer bezahlt die Millionenbeträge, wenn die Stiftung Bührle als Eigentümerin nicht einfach Bilder restituiert, sondern im Sinne einer fairen und gerechten Lösung mit den Erben einen Vergleich anstrebt, sodass die Bilder im Museum bleiben können

Wieso sollte die Bührle-Stiftung denn das tun, wenn es reine Spekulation ist, dass der rechtmässige Besitz an diesen Kunstwerken, die bereits unzählige Male auf ihre Provenienz untersucht wurden, angezweifelt werden sollte?

Zu diesem Thema hat sich auch schon die schreibende Schmachtlocke von der «Republik» unsterblich lächerlich gemacht. Daniel Binswanger kroch kritiklos einem Nachfahren eines einstmals wohlhabenden Exilanten in der Schweiz auf den Leim und blamierte sich ungeheuerlich.

Heim schreibt einfach ein weiteres Kapitel im unendlichen Fortsetzungsroman: Bührle, Waffenhändler, Raubkunst, Schweinerei. Diese Mischung ist natürlich auf den ersten Blick verführerisch. Ein Waffenhändler wird mit Geschäften mit Nazi-Deutschland reich und kauft damit verfolgten Juden auf der Flucht für Butterbrote ihre Kunstwerke ab.

Das passt schön ins Bilderbuch der Demagogie. Aber leider, leider: die Realität gibt’s nicht her.

Also erhebt sich doch bei Redaktor Heim die Frage: Darf er bleiben – oder muss er weg?

Kuba ist weit weg

Erschütterndes Niveau der Auslandberichterstattung bei Tamedia.

Am 5. August veröffentlichte der Redaktor der «Süddeutschen Zeitung» Benedikt Peters den Artikel «Ans Eingemachte. Auf der sozialistischen Karibikinsel öffnet nach vielen Jahren wieder eine Marmeladenfabrik. Doch den eklatanten Mangel kann das nicht überdecken», vermeldete der Recherchierjournalist, der für solche Analysen überqualifiziert erscheint: «Stammt aus Mönchengladbach und ist immer wieder gern im Rheinland, wo er inzwischen eine zauberhafte Nichte hat», vermeldet seine Autorenseite.

Diese News hat Peters natürlich nicht etwa vor Ort recherchiert, sondern im Internet. Denn schon vor einigen Wochen berichteten diverse spanischsprachige Medien innerhalb und ausserhalb der Insel darüber. Also kalter Kaffee aufs Brötchen, sozusagen. Aber nicht so alt, dass ihn Tamedia nicht nochmal aufwärmen würde.

Nach zehntätiger Bedenkzeit überrascht das Haus des Qualitätsjournalismus am 15. August mit diesem Artikel:

Einfach einen schlechteren Titel drüberkleben, den Lead etwas einschweizern, schon hat die Auslandredaktion ihres Amtes gewaltet. Wir vermissen nur einen fäustelnden Kommentar des Auslandchefs Christof Münger. Aber vielleicht kommt der noch.

Nun ist das Abschreiben spanischer Quellen die eine Sache. Das Recherchieren von zusätzlichen Fakten eine andere. Peters will einen Einblick in die Lebensmittelkosten geben. Ein Karton Eier koste inzwischen 1200 Pesos. Auf dem Schwarzmarkt. Das ist noch einigermassen realistisch, der Durchschnittspreis liegt bei 1000 Pesos für 30 Eier. Auch den Preis für einen Liter Speiseöl hat Peters korrekt gegoogelt: 700 Pesos.

Was dem fernen Kuba-Kenner allerdings entgangen ist: bis heute existiert noch die sogenannte «Libreta», eine Rationierungskarte, auf der Grundnahrungsmittel wie Reis, Bohnen, Zucker, Salz, Speiseöl oder Milchpulver für Kinder sowie spezielle Diätnahrung für Schwangere oder Chronischkranke zu staatlich subventionierten Preisen abgegeben werden. Zwar in bescheidenen Quantitäten, aber dafür kostet das alles den Kubaner kaum mehr als 50 Pesos.

Natürlich machen solche Zahlen nur Sinn, wenn man sie mit den Einkommen vergleicht. Und da hat Peters schwer danebengehauen beim Googeln. «Eine Ärztin», also wohl auch ein Arzt, verdiene «5000 Pesos im Monat». Da würden Ärztinnen und Ärzte aber eine Flasche Rum aufmachen, wäre das so. In Wirklichkeit oszilliert das Jahresgehalt zwischen 13’000 bis maximal 40’000 Pesos.

Wir betreten ganz dünnes Eis mit einer Angabe zum Durchschnittseinkommen in Kuba. Denn statistische Angaben sind auf der letzten Insel des Sozialismus eine ziemlich schmutzige kapitalistische Erfindung. So etwas wie ein statistisches Jahrbuch gibt es nicht, den Zahlen, die gelegentlich aus der Staatsbürokratie heraustropfen, kann man glauben – oder auch nicht. Aber sagen wir mal rund 1000 Pesos im Monat. Welche Kaufkraft haben die nun? Wenn wir den Wechselkurs zur weiterhin inoffiziellen Zweitwährung US-Dollar nehmen, entspricht das etwas mehr als 8 Dollar.

Nun weiss Peters noch, dass «seit dem Zusammenbruch der Sowjetunion Anfang der 1990er-Jahre und dem damit einhergehenden Wegfall der sozialistischen Wirtschaftshilfe Kuba in einer Art Dauerkrise» stecke. Auch das ist Unsinn; es gab die «spezielle Periode in Friedenszeiten» bis zur Jahrtausendwende, als in Venezuela eine linke Regierung an die Macht kam und die Rolle der Sowjetunion übernahm. Bis sie selbst vor ein paar Jahren in existenzielle Probleme geriet und die brüderliche Unterstützung zurückfahren musste.

Das und der Zusammenbruch der zweitwichtigste Deviseneinnahmequelle Tourismus durch die Pandemie treiben inzwischen Kuba an den Rand. Bis zu 18-stündige Stromausfälle im brütend heissen Sommer, mitverursacht durch ständige Ausfälle der angejahrten Ölkraftwerke. Versorgungsprobleme aller Art, Kleptokratie, Schlamperei, Korruption, Behördenversagen wie im Fall des Grossbrands eines Tanklagers in Matanzas, bei dessen Bekämpfung 17 Feuerwehrleute starben, das sind die wahren Probleme Kubas heute.

Peters sieht da ganz andere Ursachen: «Schuld an der Misere sind verunglückte Wirtschaftsreformen der Regierung ebenso wie US-Sanktionen, die zum grossen Teil noch unter Ex-Präsident Donald Trump beschlossen wurden.» Der zweite Grund ist die ewige Entschuldigung des Regimes für hausgemachtes Versagen. Abgesehen davon, dass die US-Sanktionen seit Jahrzehnten in Kraft sind. Eine fruchtbare subtropische Insel, die über 80 Prozent ihrer Nahrungsmittel importieren muss, darunter auch Zucker (und bis vor der Revolution Nettoexporteur von fast allem war), es braucht keine weiteren Zahlen, um das krachende Versagen der Revolution in der Landwirtschaft und in der Wirtschaft zu belegen.

Seit dem Tod des charismatischen Fidel und dem Rückzug seines Bruders Raúl Castro von öffentlichen Ämtern sieht man zum ersten Mal immer wieder Protestaktionen der Bevölkerung. Trotz drakonischen Strafen von bis zu 12 Jahren für die blosse Teilnahme an einer Manifestation gelingt es dem Regime nicht, solche Zeichen des zunehmenden Unbehagens zu unterdrücken.

Mit einem hat Peters dann allerdings wieder recht: alleine in den letzten Monaten haben über 140’000 Kubaner ihre Insel fluchtartig verlassen. Vor allem Jugendliche sehen keinerlei Zukunftsperspektive mehr und haben eigentlich nur einen Wunsch: nix wie weg.

DAS ist offenbar auch der unermüdlich arbeitenden Auslandredaktion von Tamedia aufgefallen. Denn, wozu gibt’s das Digitale, wieso nicht einen schlechten Titel durch einen anderen ersetzen und den Lead noch etwas umformulieren? Merkt doch keiner (leider doch). Also sah die Einschenke nach wenigen Stunden dann so aus:

Weg mit der Konfi im Titel, aber der Inhalt bleibt gleich …

Kuba ist kompliziert – und faszinierend. Oberflächliche und uninformierte Ferndiagnosen, aufgezäumt an einer völlig unwichtigen Ankündigung der möglichen Wiedereröffnung einer Marmeladenfabrik, sind eine Schande für ein Qualitätsorgan, das für solche Leistungen aus dritter Hand auch noch Geld verlangen will. Ein solcher Bericht ist keinen Peso wert.

Der Blöd-«Blick» verstolpert sich allerdings schon beim Setzen eines korrekten Titels, Luft nach unten ist immer:

Vielleicht hätte Erklärungsnot nicht mehr auf die Zeile gepasst, also wurde das Wort passend gemacht …

Ein Tagi wie jeder andere

Gefangen in der Wiederholungsschlaufe foltert Tamedia ihre Leser.

Vielleicht macht es doch Sinn, Medienclans mit einer Milliarde Steuergeldern unter die Arme zu greifen. Denn wie viele Leser zahlen weiterhin freiwillig einen Haufen Geld für dieses Angebot?

Nehmen wir als Stichprobe die online aufgeschalteten Artikel vom 29. Dezember 2021, am Morgen, wenn der Leser sich einen Überblick verschaffen will. Wir erfinden dabei nichts und verfälschen auch nichts, denn wir sind hier bei ZACKBUM, nicht bei Tamedia.

Zunächst Aufgewärmtes, dann Monothematisches

Zuoberst bietet der Tagi (was dann in alle Kopfblätter ausstrahlt) ein aufgewärmtes Recherchierstück über eine Genfer Bank, die sich einige Rügen der Finanzmarktaufsicht Finma eingefangen hat. Letztlich ein Propagandastück zum Boostern des Postulats einer SP-Nationalrätin, die verlangt, dass die Finma zukünftig «Bussen und weitere Sanktionen» gegen fehlbare Banken aussprechen könne.

Wieso Autor Christian Brönnimann allerdings behauptet, «nun kommt Bewegung in die Sache», das bleibt sein süsses Geheimnis. Vielleicht soll das auch nur die Einleitung zur «Podcast-Serie Pandora Papers: Dreckiges Geld, sauber versteckt» sein. Teil drei immerhin, aber ob sich noch jemand an diesen verröchelten Riesenskandal erinnern mag?

Aber auch all das ist nur Beigemüse zum Monothema des Tages, der Woche, des Monats, des Jahres. Dargeboten in der leicht atemlosen Kreischigkeit, die im Hause Tamedia zum schlechten Brauch geworden ist. Wir zählen kurz auf und mit:

  1. «Sollen auch Geimpfte in Quarantäne geschickt werden?»
  2. «Warum schweigt der Bundesrat?»
  3. «Omikron ist auf dem Vormarsch»
  4. «Omikron stellt die Wissenschaft vor ein Rätsel»
  5. «Kann die Gesellschaft nachhaltiger schädigen als ein Virus»
  6. «Wenn Omikron China lahmlegt, haben alle ein Problem»
  7. «Wie wird Covid-19 in der anthroposophischen Klinik behandelt?»
  8. «Taskforce wollte vor Weihnachten viel härtere Massnahmen»
  9. «Neue Rekordwerte in den USA»
  10. «Aktuelle Corona-Zahlen»

ZACKBUM hofft, dass wir damit nicht alle Leser verloren haben, woran der Tagi offenbar arbeitet. Ist sonst noch etwas Erwähnenswertes geschehen? Oh ja:

«Was braucht es, damit Strassenlampen nicht mehr reihenweise Insekten töten?»

Dann hat die Tochter Romy Schneiders ein Buch geschrieben. Schon diese News ist von mässigem Interesse. Sobald man liest, dass Nora Zukker die Rezension geschrieben hat, sinkt es auf null.

Die Tagi-Folterkammer für Leser

Noch mehr schlechte Nachrichten? Oh ja, «Bund warnt vor intensivem Dauerregen – Orkanböen in den Bergen». Dann bricht leichte Verzweiflung bei den Blattmachern des Tages aus, aber Hilfe ist nahe: «Die News-Bilder des Jahres». Auch immer beliebt gegen Jahresende: ein kleiner Sozialporno. Der «Blick» mischt schon «undercover» die Obdachlosenszene auf; der Reporter versucht’s sogar im Schlafsack unter der Brücke. Soweit will der Tagi nicht gehen, er besucht trockenen Fusses und feuchten Auges die «Dargebotene Hand».

Aber wer reicht die dem gequälten Leser? Vielleicht der Zürich-Lokalteil? Nun ja, «Polizei erwischt Ladendiebe am Flughafen» (hier fehlt ein «mutmasslich» samt der Unschuldsvermutung!), «Die neusten Zürcher Zahlen zur Corona-Pandemie», «Viele Hunde, die wir bekommen, sind typische Corona-Opfer», ein Stossseufzer Zürcher Tierheime.

Schliesslich noch eine letzte Hiobsbotschaft: «Wenn es nicht klappt mit Biden, kehrt Trump zurück».

Mal im Ernst, liebe Tagianer und Tagianerinnen. Es ist ja lobenswert, dass Ihr an diesem Tag das Thema Gendern, Diskriminierung und Ausgrenzung weitgehend ausgegrenzt habt. Aber trotz des anhaltenden sexistischen und demotivierenden Umfelds auf den Redaktionen: ist das alles, was Ihr hinkriegt? Warum genau soll jemand etwas dafür bezahlen? Worin besteht die interessante, lohnenswerte, lesenswerte, Erkenntnis vermittelnde Eigenleistung von Dutzenden von Journis?